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VwGH vom 20.06.1990, 87/13/0160

VwGH vom 20.06.1990, 87/13/0160

Beachte

Besprechung in:

ÖStZB 1991, 38;

Betreff

H gegen Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 5-1668/4/87, betreffend Berücksichtigung erhöhter Werbungskosten für das Kalenderjahr 1985

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.650,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer bezieht als Berufsoffizier des Österreichischen Bundesheeres Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Für das Jahr 1985 machte er unter anderem Reisekosten im Sinne des § 16 Abs. 1 Z. 9 EStG als erhöhte Werbungskosten geltend und beantragte die Eintragung eines entsprechenden Freibetrages auf der Lohnsteuerkarte. Die Reisekosten betrugen insgesamt S 15.715,10 und setzten sich aus den Differenzbeträgen zwischen den vom Dienstgeber bezahlten Tages-, Nächtigungs- und Kilometergeldern und den diesbezüglichen Sätzen des § 26 Z. 7 EStG zusammen. Die Reisebewegungen umfaßten teilweise auch militärische Übungen.

Das Finanzamt berücksichtigte bei der Freibetragseintragung nur einen Betrag von S 12.377,69 als erhöhte Werbungskosten und versagte den Differenzbeträgen bei den Nächtigungsgeldern die Anerkennung als Werbungskosten mit der Begründung, daß der Dienstgeber Unterkünfte mit Schlafstellen zur Verfügung gestellt habe.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung, in der er zwar nicht bestritt, daß ihm vom Dienstgeber Übernachtungsmöglichkeiten zur Verfügung gestellt worden seien, in der er jedoch die Auffassung vertrat, daß ihm dessenungeachtet die pauschalen Nächtigungssätze des § 26 Z. 7 EStG als Werbungskosten im Sinne des § 16 Abs. 1 Z. 9 leg. cit. zustünden.

Die belangte Behörde gab der Berufung teilweise Folge, indem sie auch bei den Nächtigungsgeldern die Differenzbeträge zwischen den tatsächlich ersetzten und den steuerlich vorgesehenen Pauschsätzen als Werbungskosten berücksichtigte; teilweise änderte sie den erstinstanzlichen Bescheid jedoch zum Nachteil des Beschwerdeführers ab, weil sie die Auffassung vertrat, daß militärische Übungen nicht als Reisen im Sinne des § 16 Abs. 1 Z. 9 EStG anzusehen seien, sodaß bei Übungen die Geltendmachung pauschaler Reisekostensätze nicht in Betracht komme. Bezüglich einer Dienstreise nach M. wies die belangte Behörde darauf hin, daß diese um 7.30 Uhr begonnen und um

19.35 Uhr geendet habe, sodaß eine Nächtigung nicht erforderlich gewesen sei.

Der aus dem Titel "Reisekosten" berücksichtigte, auf der Lohnsteuerkarte eingetragene Freibetragsteil verminderte sich daher insgesamt von S 12.377,69 auf S 11.194,86.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 16 Abs. 1 Z. 9 EStG gehören Reisekosten bei ausschließlich beruflich veranlaßten Reisen zu den Werbungskosten. Diese Aufwendungen sind ohne Nachweis ihrer Höhe als Werbungskosten anzuerkennen, soweit sie die in § 26 Z. 7 EStG angeführten Sätze nicht übersteigen.

Der Beschwerdeführer rügt zunächst als Verfahrensmangel, daß ihm zur Abgrenzung der Reisen von den militärischen Übungen kein Parteiengehör gewährt worden sei. Weiters sei das Parteiengehör in der Frage verletzt worden, ob bei der Reise nach M. eine Nächtigung erforderlich gewesen sei.

Die erste der beiden Rügen könnte nur dann entscheidungsrelevant sein, wenn die vom Beschwerdeführer wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit bekämpfte Auffassung der belangten Behörde richtig wäre, daß militärische Übungen keine Reisen im Sinne des § 16 Abs. 1 Z. 9 EStG sind. Diese Auffassung ist jedoch verfehlt, sodaß eine Auseinandersetzung mit der behaupteten Verletzung des Parteiengehörs im Zusammenhang mit der Abgrenzung der Reisen von den militärischen Übungen unterbleiben kann.

Wie der Gerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 88/14/0197, ausgesprochen hat, sind auch Truppenübungen als "Reisen" anzusehen, wenn sie nicht im Nahebereich des Dienstortes (Kaserne) stattfinden und wenn nicht infolge ihrer Dauer an einem bestimmten Ort (zumindest eine Woche) dieser Ort selbst wiederum zu einem (weiteren) Mittelpunkt der Tätigkeit wird. Die dienstrechtlichen Überlegungen der belangten Behörde, wonach bei Übungen keine Reisegebühren zustehen, haben, wie der Beschwerdeführer zu Recht hervorhebt, für den Bereich des Einkommensteuerrechtes keine Bedeutung.

Ausgehend von dieser unrichtigen Rechtsauffassung hat die belangte Behörde nicht geprüft, ob und welche Übungen des Beschwerdeführers unter dem Aspekt ihrer Dauer (Aufenthalt von weniger als einer Woche) und dem Verlassen des Nahebereiches des üblichen Dienstortes des Beschwerdeführers als Reisen im Sinne des § 16 Abs. 1 Z. 9 EStG anzusehen wären.

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als inhaltlich rechtswidrig und war aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Gegenüber diesem prävalierenden Aufhebungsgrund tritt der Verfahrensmangel, den der Beschwerdeführer in der Verletzung des Parteiengehörs zur Frage erblickt, ob die Reise nach M. eine Nächtigung erforderlich gemacht habe oder nicht, in den Hintergrund. Mit Rücksicht auf verfahrensökonomische Erwägungen sei jedoch darauf hingewiesen, daß dem Beschwerdeführer im fortgesetzten Verfahren Gelegenheit zu bieten sein wird, die Umstände darzulegen, aus denen er genötigt war, TATSÄCHLICH im Zusammenhang mit seiner Reise nach M. auswärts zu nächtigen. Weiters wird die hg. Rechtsprechung zu beachten sein, wonach steuerlich keine Nächtigungsgelder zu berücksichtigen sind, wenn dem Steuerpflichtigen durch die Nächtigung keine Kosten erwachsen, weil ihm sein Dienstgeber ein entsprechendes Quartier zur Verfügung stellt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 88/13/0066).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom , BGBl. Nr. 206.

W i e n , am