Suchen Hilfe
VwGH 22.03.2002, 2001/02/0129

VwGH 22.03.2002, 2001/02/0129

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Norm
FrG 1997 §103 Abs1;
RS 1
Die Frage einer (allfälligen) Rechtswidrigkeit der Schubhaft ist nicht im Zuge des Verfahrens betreffend die Kostenvorschreibung nach § 79 FrG 1993 zu prüfen (Hinweis E vom , Zl 96/02/0560). Diese auf der Basis des FrG 1993 angestellten Überlegungen haben auch in jenen Fällen Gültigkeit, in denen bei der Vorschreibung von Schubhaftkosten das FrG 1997 zur Anwendung kommt, weil sich insofern an der maßgebenden Gesetzeslage nichts geändert hat (Hinweis E vom , Zl 99/02/0296 und vom , Zl 98/02/0333).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 99/02/0247 E RS 1
Normen
AVG §38;
AVG §68 Abs1;
FrG 1997 §103;
FrG 1997 §72;
RS 2
Die Frage der Rechtswidrigkeit der Schubhaft ist in einem eigenen Verfahren nach § 51 ff FrG 1993 zu klären. Die belBeh hat in bezug auf die vorgeschriebenen Schubhaftkosten im Berufungsverfahren die Rechtskraft des über die Schubhaftbeschwerde des Fremden ergangenen Bescheides des UVS zu beachten (Hinweis E , 97/02/0111).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 98/02/0052 E RS 1 (hier ohne den ersten Satz)
Norm
AVG §38;
RS 3
§ 38 AVG begründet keine Verpflichtung der Behörde zur Aussetzung des Verfahrens.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2000/10/0147 E RS 4
Normen
FrG 1997 §103 Abs1;
FrG 1997 §103 Abs4;
FrG 1997 §61;
VStG §53d Abs2;
VStG §54d Abs1;
RS 4
Die Anhaltung in Schubhaft ist keine Strafe, weshalb die Bestimmungen der §§ 54d Abs 1 iVm 53d Abs 2 VStG im Verfahren gemäß § 103 Abs 1 und 4 FrG 1997 nicht anzuwenden sind.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde des JS, geboren 1980, vertreten durch Dr. Wolfgang Rainer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schwedenplatz 2/74, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom , Zl. Fr 1671/00, betreffend Kostenvorschreibung gemäß § 103 Abs. 1 und 4 FrG 1997 im Zusammenhang mit einer Schubhaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war vom bis einschließlich in Schubhaft.

Mit Spruchpunkt 1. des Bescheides des unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom wurde die an ihn gerichtete, auf § 72 Fremdengesetz 1997 (FrG) gestützte Beschwerde des Beschwerdeführers, soweit sie dessen Anhaltung in Schubhaft vom bis betraf, abgewiesen. In Spruchpunkt 2. dieses Bescheides wurde die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft vom bis zur Erlassung dieses Bescheides () für rechtswidrig erklärt. In Spruchpunkt 3. dieses Bescheides wurde festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlägen. Die nur gegen Punkt 3. dieses Bescheides gerichtete Beschwerde des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof wurde mit dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/02/0007, abgewiesen.

Mit Bescheid vom wies der unabhängige Verwaltungssenat im Land Niederösterreich eine hinsichtlich des Anhaltungszeitraumes ab erhobene Beschwerde gemäß §§ 72 f FrG als unzulässig zurück.

Mit Bescheid vom wies der unabhängige Verwaltungssenat im Land Niederösterreich eine hinsichtlich des Anhaltungszeitraumes ab erhobene Beschwerde gemäß §§ 72 f FrG als unzulässig zurück.

Beide Bescheide wurden mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 515/00, B 687/00, aufgehoben; der Beschwerdeführer war durch die beiden Bescheide im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.

Mit Bescheid vom wies der unabhängige Verwaltungssenat im Land Niederösterreich eine hinsichtlich des Anhaltungszeitraumes ab erhobene Beschwerde gemäß §§ 72 f FrG als unbegründet ab. Dieser Bescheid wurde mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 583/00, aufgehoben; der Beschwerdeführer war durch den Bescheid in dem durch das Bundesverfassungsgesetz BGBl. Nr. 390/1973 verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt worden. Die wesentliche Begründung dieses Erkenntnisses lautet, der unabhängige Verwaltungssenat im Land Niederösterreich habe "jegliche Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt" (nämlich hinsichtlich der Gültigkeit und Tauglichkeit des am bei der Behörde eingelangten, von der Vertretungsbehörde von Gambia ausgestellten Heimreisezertifikates) "unterlassen und damit Willkür geübt".

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden vom wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 103 Abs. 1 und Abs. 4 FrG 1997 der Ersatz von Kosten in der Höhe von S 45.982,80, die bei der Durchsetzung des Aufenthaltsverbotes gegen ihn entstanden seien, vorgeschrieben. Der dagegen erhobenen Berufung wurde mit dem Bescheid der belangten Behörde vom keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

Die "Kosten für die Schubbehandlung" würden sich folgendermaßen aufgliedern:

Für die Schubhaft


Tabelle in neuem Fenster öffnen
"vom bis a ATS 321,20
 
 
gesamt
ATS
19.914,40
vom bis a ATS 321,20
 
 
gesamt
ATS
9.957,20
vom bis a ATS 328,80
 
 
gesamt
ATS
16.111,20"

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Breiten Raum widmet der Beschwerdeführer der Behauptung, er habe die Anhaltung seit mit Schubhaftbeschwerden bekämpft und in diesen und im Kostenersatzverfahren die Rechtswidrigkeit der Anhaltung in Schubhaft vorgebracht. Es liege im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides kein rechtskräftiger Abspruch über die Rechtmäßigkeit des Anhaltungszeitraumes ab vor. Die belangte Behörde hätte die Vorfrage der Rechtmäßigkeit der Schubhaft auf Grund seiner Argumente so zu lösen gehabt, dass sie diesen Zeitraum der Anhaltung als rechtswidrig ansähe. Sie habe nicht begründet dargelegt, dass die Anhaltung in Schubhaft rechtmäßig erfolgt sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , Zl. 99/02/0247 mwN., zum wiederholten Male dargelegt, dass die Frage einer (allfälligen) Rechtswidrigkeit der Schubhaft nicht im Zuge des Verfahrens betreffend die Kostenvorschreibung nach § 103 FrG 1997 zu prüfen ist.

Der Beschwerdeführer vermag sich somit nicht mit Erfolg gegen die Vorschreibung von Schubhaftkosten mit Argumenten wenden, die die Rechtmäßigkeit der Schubhaft betreffen.

Richtig bringt der Beschwerdeführer vor, dass die belangte Behörde die Rechtskraft der über Schubhaftbeschwerden ergangenen Bescheide zu beachten hat (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/02/0052). Dem ist die belangte Behörde im gegenständlichen Fall jedoch nachgekommen, hat sie doch die während der als rechtswidrig erkannten Schubhaft zwischen bis entstandenen Kosten nicht vorgeschrieben. Hinsichtlich des Zeitraumes bis konnte sich die belangte Behörde auf den rechtskräftigen Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom stützen, in welchem die Schubhaft für diesen Zeitraum als rechtmäßig erkannt worden war. Den Zeitraum ab betreffend hat der Verfassungsgerichtshof mit den bereits zitierten Erkenntnissen jeweils vom nicht die Rechtswidrigkeit der Anhaltung in Schubhaft ab ausgesprochen, sondern die angefochtenen Bescheide aus verfahrensrechtlichen Gründen aufgehoben. Somit lag zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides keine die Rechtswidrigkeit der Schubhaft ab aussprechende Entscheidung vor. Sollte die für die Klärung dieser Frage zuständige Behörde über die Rechtmäßigkeit der Schubhaft nachträglich anders entscheiden als von der belangten Behörde zugrunde gelegt (sie ging mit knapper Begründung von der Rechtmäßigkeit der Schubhaft zu jenen Zeiten aus, für welche die Kostenvorschreibung erfolgte), so rechtfertigt dies nach § 69 Abs. 1 Z. 3 AVG die Wiederaufnahme des Kostenvorschreibungsverfahrens.

Insoweit der Beschwerdeführer vorbringt, die belangte Behörde hätte das Verfahren bis zum Vorliegen einer rechtskräftigen Erledigung seiner Schubhaftbeschwerden auszusetzen gehabt, genügt es, darauf hinzuweisen, dass aus der Kann-Bestimmung des § 38 AVG eine Verpflichtung der Behörde zur Aussetzung des Verfahrens nicht abgeleitet werden kann (vgl. die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), Seite 521, E 103, 104, wiedergegebene hg. Rechtsprechung).

Zuletzt bringt der Beschwerdeführer vor, die belangte Behörde habe sich mit seinem im Kostenvorschreibungsverfahren vorgetragenen Argument nicht beschäftigt, er habe während seiner Anhaltung in Schubhaft Arbeiten verrichtet bzw. sich dazu bereit gehalten, sodass gemäß §§ 54d Abs. 1 iVm 53d Abs. 2 VStG kein Anspruch der Vollzugsbehörde auf Ersatz von Schubhaftkosten bestehe. Mit diesem Argument zeigt der Beschwerdeführer schon deshalb keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, weil sich die von ihm genannten Normen ausdrücklich auf den Vollzug von Freiheitsstrafen im Rahmen der Strafvollstreckung beziehen. Die Anhaltung in Schubhaft ist jedoch keine Strafe, weshalb diese Bestimmungen im gegenständlichen Verfahren nicht anzuwenden sind.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
AVG §38;
AVG §68 Abs1;
FrG 1997 §103 Abs1;
FrG 1997 §103 Abs4;
FrG 1997 §103;
FrG 1997 §61;
FrG 1997 §72;
VStG §53d Abs2;
VStG §54d Abs1;
Schlagworte
Rechtskraft Besondere Rechtsprobleme Berufungsverfahren
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2002:2001020129.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
YAAAE-35268

Ihre Datenbank verwendet ausschließlich funktionale Cookies,

die technisch zwingend notwendig sind, um den vollen Funktionsumfang unseres Datenbank-Angebotes sicherzustellen. Weitere Cookies, insbesondere für Werbezwecke oder zur Profilerstellung, werden nicht eingesetzt.

Hinweis ausblenden