VwGH 22.03.1991, 87/13/0099
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Norm | EStG 1972 §2 Abs2; |
RS 1 | Nur Tätigkeiten, die auf Dauer gesehen Gewinne erwarten lassen, kommen als Einkunftsquelle in Betracht und sind mit ihrem Ergebnis bei der Ermittlung des steuerlichen Einkommens zu berücksichtigen. Fehlt dagegen bei einer Tätigkeit (einem Betrieb) objektiv gesehen die Möglichkeit, Gewinne zu erzielen, oder mangelt es einem Abgabepflichtigen an der entsprechenden Absicht, so liegt keine Einkunftsquelle, sondern Liebhaberei in steuerrechtlichem Sinn vor. Dabei ist zu beachten, daß nach der stRsp des VwGH bei der Beurteilung des jeweiligen Falles in erster Linie auf die objektiven Merkmale (Gewinnerzielungsmöglichkeit) Bedacht genommen werden muß, während den subjektiven Merkmalen (Absicht des Steuerpflichtigen) nur untergeordnete Bedeutung zukommt. Ob nun eine Tätigkeit nach den genannten Kriterien einer bestimmten Einkunftsart zuzuordnen oder als Liebhaberei im weiteren, steuerlichen Sinn zu werten ist, kann regelmäßig erst nach einem gewissen Zeitraum beurteilt werden. Diese Regel gilt allerdings nicht auch dann, wenn bei einer Tätigkeit nach den besonderen Umständen des einzelnen Falles die Erzielung von (positiven) Einkünften (Gewinnen) von vornherein aussichtslos erscheint (Hinweis E , 86/14/0105). |
Norm | EStG 1972 §2 Abs2; |
RS 2 | Wird die Vercharterung eines Schiffs nur wenig erfolgversprechend betrieben (von Anfang an bestehende Absicht, das Schiff zu verkaufen; kein Vercharterungsversuch nach Beendigung eines kurzfristigen Vertragsverhältnisses mit einem Schiffsführer, zwei Jahre Trockendock, um von allfälligen Kaufinteressenten besichtigt werden zu können; Verkauf unter dem Buchwert nach wenigen Jahren; in den beiden Jahren, in denen das Schiff verchartert wurde, betrugen die Verluste ein mehrfaches der Einnahmen), so lässt dies auf Dauer gesehen keine positiven Erträge erwarten. |
Entscheidungstext
Beachte
Besprechung in:
ÖStZB 1992, 459;
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Drexler, Dr. Pokorny und Dr. Graf als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des
1) Mag. F, 2) E und 3) H gegen den Bescheid der FLD für Wien, NÖ und Bgld vom , Zl. 6/1-1285/85, betreffend Nichtfestsetzung von Umsatzsteuer für die Jahre 1982 bis 1984, Nichtfeststellung von Einkünften für das Jahr 1982 sowie Nichtfeststellung eines Einheitswertes des Betriebsvermögens zum , zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die drei Beschwerdeführer bildeten gemeinsam eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die im Jahr 1982 zum Zweck der Vercharterung eines Segelschiffes (Kreuzercatamaran für acht Passagiere) gegründet wurde. Streit besteht im verwaltungsgerichtlichen Verfahren darüber, ob die GesbR eine unternehmerische Tätigkeit im Sinne des Umsatzsteuergesetzes entfaltet hat bzw. ob die Gesellschafter Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Sinne des Einkommensteuergesetzes erzielt haben, oder ob steuerlich unbeachtliche Liebhaberei vorlag.
Die Beschwerdeführer erklärten folgende Betriebsergebnisse:
Jahr Erlöse aus Vercharterung Verlust
1982 S 138.630,-- S 785.755,95
1983 S 126.980,-- S 368.953,21
1984 S 0,-- S 230.282,80
1985 S 0,-- S 218.833,05.
Im Jahr 1986 wurde das Schiff um S 500.000,-- (unter seinem damaligen Buchwert von S 550.000,--) verkauft und mit der Liquidation des Betriebes begonnen.
Die Beschwerdeführer haben ihre Tätigkeit im wesentlichen wie folgt beschrieben:
Mit Vertrag vom habe sich W den Beschwerdeführern gegenüber verpflichtet, das Schiff in eigener Verantwortung zu betreiben und aus den erzielten Einnahmen sämtliche anfallenden Betriebskosten (wie z.B. Versicherungsprämien, Kosten für Instandhaltung, Reparaturen und den Schiffsführer) abzudecken. Weiters sei vereinbart gewesen, daß aus den Einnahmen auch ein jährlicher Betrag von S 180.000,-- an die GesbR zu entrichten sei, um die "Kapitalkosten" der Gesellschaft abzudecken. Über die genannten Kosten hinausgehende Einnahmen sollten bis zu einer Höhe von S 770.000,-- jährlich W zustehen. Weitere Einnahmen sollten zwischen der GesbR und W im Verhältnis 1:1 aufgeteilt werden. Den Beschwerdeführern sei das Recht eingeräumt worden, das Schiff während jener Zeiten selbst zu benutzen, zu denen es "nicht voll gebucht ist".
Im Jahr 1983 sei das Vertragsverhältnis mit W wiederum gelöst und die Veräußerung des Schiffes ins Auge gefaßt worden.
Das Finanzamt stellte mit Bescheid vom fest, daß für das Jahr 1982 keine einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften gemäß § 187 BAO (richtig wohl § 188 BAO) vorzunehmen sei und eine Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens zum zu unterbleiben habe. In der Vercharterung des Segelschiffes sei keine Einkunftsquelle im Sinne des Einkommensteuerrechtes zu erblicken, weil auch in Zukunft keine Gewinne erwartet werden könnten. Mit der gleichen Begründung wurde gemäß § 21 Abs. 7 UStG für die Jahre 1982 bis 1984 keine Umsatzsteuer festgesetzt bzw. den geltend gemachten Vorsteuerbeträgen die Abzugsfähigkeit versagt.
Die Beschwerdeführer erhoben Berufung. Es sei unverständlich, wieso das Finanzamt zu der Auffassung gelangt sei, aus der Vercharterung des Segelschiffes könnten auf Dauer keine Gewinne erzielt werden. Die Anheuerung eines "Profi-Schiffsführers" (= W) beweise das Bemühen um eine kaufmännische Betriebsführung. Es könne daher nicht die Behauptung aufgestellt werden, die Beschwerdeführer hätten keine Gewinnerzielungsabsicht gehabt. Ebensowenig könne bezweifelt werden, daß aus der Vercharterung von Schiffen Gewinne erzielt werden könnten. Allerdings sei dies erst nach einer "Amortisationszeit" von fünf bis sechs Jahren möglich. Die Beschwerdeführer hätten mit diversen Reisebüros fixe Vereinbarungen abgeschlossen.
Über Vorhalt der belangten Behörde teilte die Beschwerdeführerin mit, daß 1984 und 1985 keine Einnahmen mehr erzielt worden seien, weil sie bereits 1983 den Verkauf des Schiffes beabsichtigt hätten. Zu diesem Zweck (Besichtigungsmöglichkeit) sei das Schiff im Trockendock gelegen. Weiters legten die Beschwerdeführer eine schriftliche Kalkulation vor, wonach bereits bei 50 prozentiger Auslastung des Schiffes mit einem jährlichen Gewinn von S 170.000,-- zu rechnen gewesen wäre. Aus einem ebenfalls vorgelegten Schreiben vom ging hervor, daß einer der Beschwerdeführer bereits zu diesem Zeitpunkt versucht hatte, das Schiff zu verkaufen und zwar durch Plazieren eines entsprechenden Inserates in einem englischen Magazin.
Die belangte Behörde wies die Berufung ab.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 2 Abs. 2 EStG ist Einkommen der Gesamtbetrag der Einkünfte aus den im Abs. 3 bezeichneten Einkunftsarten nach Ausgleich von Verlusten, die sich aus den einzelnen Einkunftsarten ergeben, und nach Abzug der Sonderausgaben.
Aus der Umschreibung der Begriffe "Einkommen" und "Einkünfte" haben Schrifttum und Rechtsprechung abgeleitet, daß nur Tätigkeiten, die auf Dauer gesehen Gewinne erwarten lassen, als Einkunftsquelle in Betracht kommen und mit ihrem Ergebnis bei der Ermittlung des steuerlichen Einkommens zu berücksichtigen sind. Fehlt dagegen bei einer Tätigkeit (einem Betrieb) objektiv gesehen die Möglichkeit, Gewinne zu erzielen, oder mangelt es einem Abgabepflichtigen an der entsprechenden Absicht, so liegt keine Einkunftsquelle, sondern Liebhaberei in steuerrechtlichem Sinn vor. Dabei ist zu beachten, daß nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei der Beurteilung des jeweiligen Falles in erster Linie auf die objektiven Merkmale (Gewinnerzielungsmöglichkeit) Bedacht genommen werden muß, während den subjektiven Merkmalen (Absicht des Steuerpflichtigen) nur untergeordnete Bedeutung zukommt. Ob nun eine Tätigkeit nach den genannten Kriterien einer bestimmten Einkunftsart zuzuordnen oder als Liebhaberei im weiteren, steuerlichen Sinn zu werten ist, kann regelmäßig erst nach einem gewissen Zeitraum beurteilt werden. Diese Regel gilt allerdings nicht auch dann, wenn bei einer Tätigkeit nach den besonderen Umständen des einzelnen Falles die Erzielung von (positiven) Einkünften (Gewinnen) von vornherein aussichtslos erscheint (vgl. insbesondere das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 86/14/0105, sowie die dort zitierte Rechtsprechung und Literatur).
Auch auf umsatzsteuerrechtlichem Gebiet hat die Beurteilung einer Tätigkeit als Liebhaberei Konsequenzen. Es trifft zwar zu, daß die Bestimmung des § 2 Abs. 5 Z. 2 UStG, wonach eine Tätigkeit, die auf Dauer gesehen Gewinne oder Einnahmenüberschüsse nicht erwarten läßt (Liebhaberei), nicht als Unternehmertätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG anzusehen ist (daher keine Umsatzsteuerfestsetzung), erstmals bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 1984 anzuwenden war. Da aber die für die Vorjahre geltende Rechtslage für die Beschwerdeführer insoweit nachteiliger war, als einerseits zwar Lieferungen und Leistungen aus einer Liebhaberei -Tätigkeit der Umsatzsteuer unterlagen, andererseits aber im § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. b UStG ein diesbezügliches Vorsteuerabzugsverbot normiert war, können sich die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in ihren subjektiven Rechten dann nicht verletzt erachten, wenn die belangte Behörde die Vercharterung des Schiffes zu Recht als Liebhaberei beurteilt hat. Dies trifft aus folgenden Überlegungen zu:
Die Beschwerdeführer bringen vor, daß sie zwar ursprünglich beabsichtigt hätten, die Vercharterung des Schiffes in der Rechtsform einer GmbH zu betreiben, daß sie aber in der Folge auf Grund organisatorischer Schwierigkeiten die Rechtsform einer GesbR vorgezogen hätten. Zunächst fällt auf, daß bereits im Gründungsjahr der GesbR versucht wurde, das Schiff zu verkaufen. Dies deutet darauf hin, daß von Anfang an eine Vercharterung nicht ernsthaft beabsichtigt war, sondern die Beschwerdeführer nur bemüht waren, sobald als möglich aus dem "Schiffsgeschäft" wiederum kostengünstig "auszusteigen".
In der vorgelegten schriftlichen Kalkulation betreffend die Vercharterung des Schiffes sind als Aufwand für die Schiffsführung jährlich S 200.000,-- angesetzt. Auf dieser Kostenkalkulation beruht die Annahme eines möglichen Gewinnes von jährlich S 170.000,-- bis S 300.000,--, je nach Auslastungsgrad. Die Beschwerdeführer haben aber mit W einen Vertrag geschlossen, wonach dieser für die Schiffsführung S 770.000,-- jährlich nach Abdeckung aller Kosten erhalten sollte. Die Kosten für die Schiffsführung wären demnach um S 570.000,-- höher anzusetzen gewesen als in der Kalkulation, woraus folgt, daß bei vertragsgemäßer Vorgangsweise auch auf lange Sicht keine Gewinne zu erzielen gewesen wären.
Daran ändert es nichts, daß mit Reisebüros Abmachungen getroffen, Prospektmaterial aufgelegt sowie Törnpläne und Formulare für allgemeine Reisebedingungen ausgearbeitet wurden.
Wie wenig erfolgversprechend die Vercharterung des Schiffes betrieben wurde, zeigt nämlich nicht nur die von Anfang an bestandene Absicht, das Schiff zu verkaufen, sondern auch der Umstand, daß nach Beendigung des kurzfristigen Vertragsverhältnisses mit W keine weiteren Versuche unternommen wurden, das Schiff zu verchartern. Vielmehr wurde es ca. 2 Jahre lang auf Trockendock gelegt, um von allfälligen Kaufinteressenten besichtigt werden zu können. Schließlich erfolgte im Jahr 1986 ein Verkauf unter dem Buchwert. Berücksichtigt man weiters, daß selbst in den beiden Jahren, in denen das Schiff verchartert wurde, die Verluste ein mehrfaches der Einnahmen betrugen (Ü), so kann der belangten Behörde keine Rechtswidrigkeit angelastet werden, wenn sie zu dem Ergebnis gekommen ist, daß aus der Vercharterung des Schiffes, in der Art, in der sie betrieben wurde, auf Dauer gesehen keine positiven Erträge zu erwarten waren.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Norm | EStG 1972 §2 Abs2; |
Schlagworte | Liebhaberei, Schiff |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1991:1987130099.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
AAAAE-35224