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VwGH vom 30.01.1991, 87/13/0093

VwGH vom 30.01.1991, 87/13/0093

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Drexler, Dr. Pokorny und Dr. Graf als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des Dipl. Ing. Dr. techn. C gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. 6/2-2098/87, betreffend Einkommenssteuer für das Jahr 1984, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.470,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer erklärte für das Jahr 1984 neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Einkünfte aus selbständiger Arbeit im Ausmaß von S 12.188,--, für die er die Begünstigung des § 37 in Verbindung mit § 38 Abs. 4 EStG beantragte.

Auf Vorhalt teilte der Beschwerdeführer dem Finanzamt mit, daß die Einkünfte aus selbständiger Arbeit aus der Mitarbeit an einem Wörterbuch der japanischen Sprache stammten.

Das Finanzamt wies den Antrag auf begünstigte Besteuerung mit der Begründung ab, daß Einkünfte aus dem Verfassen von Wörterbüchern und Übersetzungen nicht als solche aus der Verwertung selbstgeschaffener Urheberrechte anzusehen seien.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Er habe unter Leitung von Univ. Doz. Dipl.-Ing. Dr. N. an der Erstellung eines neuartigen Wörterbuches der japanischen Sprache sowie an anderen technischen Wörterbüchern mitgewirkt.

Univ. Doz. Dr. N. bestätigte dieses Vorbringen mit Schreiben vom . Der Beschwerdeführer sei als Mitarbeiter "für seine wissenschaftliche Tätigkeit und die dadurch entstandenen Urheberrechte" honoriert worden.

In der mündlichen Berufungsverhandlung stellte der Steuerberater des Beschwerdeführers den Antrag, den "Rechtsgutachter des Bundesministeriums für Justiz" Dr. D. sowie den Univ. Doz. Dr. N. einzuvernehmen, um Feststellungen darüber zu treffen, daß der Beschwerdeführer Einkünfte aus der Verwertung von selbstgeschaffenen Urheberrechten erzielt habe. Die belangte Behörde wies die Berufung ohne Einvernahme der genannten Personen ab. Es sei zwar richtig, daß die Tätigkeit des Beschwerdeführers "unter den Urheberrechtsschutz falle"; der Beschwerdeführer habe aber keine Einkünfte aus der Verwertung von Urheberrechten erzielt, weil das von Dr. N. bezahlte Honorar nicht dazu bestimmt gewesen sei, eine urheberrechtlich geschützte Leistung zu entlohnen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 38 Abs. 4 EStG ist der begünstigte Steuersatz nach § 37 auch auf Einkünfte aus der Verwertung von selbstgeschaffenen literarischen oder künstlerischen Urheberrechten anzuwenden, sofern diese Einkünfte als Nebeneinkünfte erzielt werden.

Unbestritten ist, daß jene Einkünfte, für die der Beschwerdeführer die begünstigte Besteuerung begehrt, sowohl die Voraussetzung des Vorliegens eines selbstgeschaffenen Urheberrechtes als auch von Nebeneinkünften erfüllen.

Die belangte Behörde bestreitet lediglich, daß der Beschwerdeführer die Einkünfte als ENTLOHNUNG FÜR eine urheberrechtlich geschützte Leistung erzielt hat. Dies begründet sie damit, daß von einer Verwertung von Urheberrechten nur gesprochen werden könne, wenn eine Verwertung i.S. der §§ 14 ff in Verbindung mit § 24 Abs. 1 UrhG vorliege. In der Gegenschrift erläutert die belangte Behörde diese Auffassung unter Zitierung des § 11 UrhG, der den Fall der gemeinsamen Schaffung eines Urheberrechtes durch mehrere Personen als Miturheber regelt. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung bedarf es zur Verwertung eines solchen gemeinsam geschaffenen Werkes des Einverständnisses aller Miturheber. Werde dieses Einverständnis eines Miturhebers gegen Entgelt erteilt, - davon geht die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid aus - so liege kein Verwertungstatbestand im Sinne der §§ 14 ff in Verbindung mit § 24 UrhG vor, weil die letztzitierte Bestimmung die Überlassung der Verwertung an dritte Personen, nicht aber an einen Miturheber regle.

Mit dieser Rechtsansicht verkennt die belangte Behörde, daß auch ein Miturheber, der gemäß § 11 UrhG sein Einverständnis zur Verwertung des gemeinschaftlichen Urheberrechtes gibt, Einkünfte aus der Verwertung von Urheberrechten erzielt, soweit er für die Erteilung dieses Einverständnisses ein Entgelt erhält. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob er das Entgelt von einem Miturheber oder von einer anderen Person erhält, der eine Werknutzungsbewilligung oder ein Werknutzungsrecht im Sinne des § 24 UrhG eingeräumt wird. Wesentlich ist lediglich, daß das Entgelt als Gegenleistung dafür bestimmt ist, daß der Miturheber seine Einwilligung zur Verwertung des gemeinschaftlichen Urheberrechtes im Sinne der §§ 14 ff UrhG gibt, sei es, daß die Verwertung durch einen der Miturheber selbst oder durch eine andere Person erfolgt.

In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, daß sich der Gerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 84/14/0006, - wenn auch nur am Rande - mit der Frage der Verwertung eines gemeinschaftlich durch mehrere Miturheber geschaffenen Urheberrechtes befaßt und darin ein Urheberrecht jedes einzelnen Miturhebers im Sinne des § 38 Abs. 4 EStG erblickt hat. Weiters hat der Gerichtshof in dem zitierten Erkenntnis festgestellt, daß eine Verwertung des Urheberrechtes sowohl durch den Urheber selbst bzw. einen der Miturheber als auch durch eine andere Person erfolgen kann. Gerade die Verwertung eines gemeinschaftlich geschaffenen Urheberrechtes durch einen der Miturheber regelt § 11 UrhG, der hiefür das Einverständnis der übrigen Miturheber für erforderlich erklärt. Wird dieses Einverständnis gegen Entgelt gegeben, so liegt ein Verwertungstatbestand im Sinne des § 38 Abs. 4 EStG vor.

Die Feststellung der belangten Behörde, daß der Beschwerdeführer LEDIGLICH für eine wissenschaftliche Leistung honoriert worden sei, ist durch den Akteninhalt nicht gedeckt. Dr. N. hat ausdrücklich betont, daß der Beschwerdeführer "für seine wissenschaftliche Tätigkeit und die dadurch entstandenen Urheberrechte" honoriert worden sei. Bedenkt man, daß die wissenschaftliche Tätigkeit des Beschwerdeführers ausschließlich der Schaffung literarischer Werke (Wörterbuch der japanischen Sprache, technische Literatur in japanischer Sprache) diente, die ihrer Art nach zweifellos zur Verbreitung bestimmt waren, so kann nicht gesagt werden, daß der Beschwerdeführer LEDIGLICH eine wissenschaftliche Tätigkeit entfaltet habe. Vielmehr drängt sich geradezu der Schluß auf, daß die wissenschaftliche Tätigkeit des Beschwerdeführers auf das Ziel gerichtet war, als Miturheber an der Schaffung eines gemeinschaftlichen Urheberrechtes mitzuwirken und dieses in der Folge zu verwerten. Daß die Tätigkeit wissenschaftlicher Art war, vermag an dieser Beurteilung nichts zu ändern, weil literarische Urheberrechte häufig auf wissenschaftlicher Tätigkeit beruhen.

Da die belangte Behörde dies verkannt hat, erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom , BGBl. Nr. 206, insbesondere deren Artikel III Abs. 2.