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VwGH vom 03.12.2003, 2001/01/0547

VwGH vom 03.12.2003, 2001/01/0547

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Pelant, Dr. Thoma und Dr. Berger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Stieger, über die Beschwerde des G in S, geboren 1980, vertreten durch Mag. Dr. Bernhard Rosenkranz, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Plainstraße 23, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom , Zl. 14.206.151/0-V/13/01, betreffend § 14 AsylG (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach dem Inhalt der von der belangten Behörde u.a. vorgelegten erstinstanzlichen Akten wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom dem damals noch minderjährigen Beschwerdeführer, einem aus dem Kosovo stammenden, der albanischen Volksgruppe angehörenden und zusammen mit seiner Mutter und seinen Geschwistern im August 1998 in das Bundesgebiet eingereisten Staatsangehörigen der (ehemaligen) Bundesrepublik Jugoslawien, gemäß § 11 Abs. 1 AsylG durch Erstreckung Asyl gewährt und gemäß § 12 AsylG festgestellt, dass ihm kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukomme. Diese Entscheidung stützte sich darauf, dass der Mutter des Beschwerdeführers mit Bescheid der belangten Behörde vom gemäß § 7 AsylG Asyl gewährt worden sei.

Mit Schreiben des Bundesasylamtes vom wurde dem Beschwerdeführer vorgehalten, er sei einem Vermerk in seinem Konventionsreisedokument zufolge am in den Kosovo eingereist und habe sich damit wieder unter den Schutz seines Heimatstaates gestellt, weshalb "wegen des Endigungsgrundes nach Art. 1 Abschnitt C Ziffer 1 der Genfer Flüchtlingskonvention ein Asylaberkennungsverfahren" gegen ihn eingeleitet werde.

Der Beschwerdeführer führte mit Schriftsatz vom zu den Umständen seiner Reise aus, er habe sich bereit erklärt, nach den Angehörigen eines Onkels zu suchen. Diese hätten sich einem Gerücht zufolge in Albanien aufgehalten, weshalb sich der Beschwerdeführer zunächst dorthin begeben habe. Die Suche habe ihn von Albanien nach Mazedonien geführt, wo er erfahren habe, die Angehörigen seines Onkels hielten sich in ihrem Heimatort B. im Kosovo auf. Der Beschwerdeführer habe Geld für die Angehörigen seines Onkels mitgehabt und damit rechnen müssen, dass sie in größter Armut lebten. Da es gegolten habe, ihnen zu helfen, habe er nicht lange überlegt und sich nach B. begeben, wo er die Angehörigen seines Onkels in psychisch schwer belastetem Zustand und mittellos angetroffen, ihnen das Geld übergeben und ihnen versichert habe, dass ihnen sein Onkel - der ihren Aufenthaltsort bis dahin nicht gekannt habe - nunmehr zur Seite stehen könne.

Dem folgten in der Stellungnahme des Beschwerdeführers noch Ausführungen dazu, dass er sich durch seinen insgesamt etwa zweiwöchigen Aufenthalt im Kosovo schon wegen der Ausübung der dortigen Gebietsgewalt durch Organe der Vereinten Nationen nicht unter den Schutz seines Heimatstaates gestellt habe, er aber aus näher dargestellten Gründen im Kosovo auch keine Existenzgrundlage hätte und deshalb auf die weitere Asylgewährung in Österreich angewiesen sei.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom wurde das dem Beschwerdeführer gewährte Asyl "gemäß § 14 Abs. 1 Z 2" AsylG aberkannt und gemäß § 14 Abs. 2 AsylG festgestellt, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft nicht mehr zukomme. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, ausschlaggebend sei "einzig" die Tatsache, dass der Beschwerdeführer "ohne äußeren Zwang freiwillig in den Kosovo" zurückgekehrt sei. Er habe sich dort offenkundig völlig frei und ungehindert bewegen können, um seine Angehörigen zu suchen, und sei nicht Gefahr gelaufen, von den Behörden seines Heimatstaates in asylrelevanter Weise bedroht zu werden. Gemäß § 14 Abs. 1 Z 2 AsylG sei Asyl von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn Asyl durch Erstreckung gewährt worden sei, der hiefür maßgebliche Grund weggefallen sei und kein anderer Grund für Asylerstreckung bestehe. Die Voraussetzungen dieser Bestimmung seien "vollinhaltlich erfüllt".

In seiner Berufung gegen diese Entscheidung machte der Beschwerdeführer als Verfahrensmangel geltend, seine Stellungnahme sei nicht berücksichtigt worden. Der Bescheid sei aber auch inhaltlich rechtswidrig, weil dem Beschwerdeführer Asyl durch Erstreckung des seinem Vater (gemeint wohl: seiner Mutter) gewährten Asyls gewährt worden und der Vater (gemeint wohl: die Mutter) des Beschwerdeführers nach wie vor anerkannter Flüchtling sei, sodass die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Z 2 AsylG nicht vorlägen.

Mit dem angefochtenen, ohne weiteres Ermittlungsverfahren erlassenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung "gemäß § 14 Abs. 1 Z 1 und § 14 Abs. 2 AsylG" ab. Sie führte aus, der Beschwerdeführer habe nach seiner Einreise in das Bundesgebiet "einen Antrag auf Asylgewährung" gestellt. Mit dem Bescheid vom sei dem "Asylantrag" stattgegeben und dem Beschwerdeführer "gemäß § 7 AsylG Asyl gewährt" worden. Das Bundesasylamt habe ihm das Asyl "gemäß § 14 Abs. 1 Ziffer 1 AsylG aberkannt".

Ihre davon ausgehenden Erwägungen zur Entscheidung über die Berufung leitete die belangte Behörde mit folgenden Feststellungen ein:

"Der Berufungswerber ist am von Mazedonien kommend in die Bundesrepublik Jugoslawien, Provinz Kosovo, eingereist und wurde diese seine Einreise durch einen UNO-Beamten im Rahmen der Grenzkontrolle in den (gemeint: dem) ihm am ausgestellten österreichischen Konventionsreisedokument vermerkt.

Nicht festgestellt werden kann, dass der Berufungswerber etwa nicht freiwillig in die Provinz Kosovo gereist wäre."

Zur Beweiswürdigung wurde - nach einem nochmaligen Hinweis auf den Vermerk im Reisedokument - ausgeführt:

"Es ergeben sich aus dem gesamten Akteninhalt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Einreise des Berufungswerbers in den Heimatstaat nicht freiwillig erfolgt wäre. Insbesondere enthält die Berufung keine diesbezügliche Bestreitung, obwohl im angefochtenen Bescheid ausdrücklich von einer freiwilligen Unterschutzstellung ausgegangen wurde."

In rechtlicher Hinsicht stützte die belangte Behörde ihre Entscheidung nach einer Darstellung von Inhalten des § 14 AsylG und des Art. 1 Abschnitt C FlKonv auf folgende Überlegungen:

"Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erfüllt auch die Rückkehr in den 'Verfolgerstaat' den Tatbestand der Unterschutzstellung im Sinne des Art. 1 Abschnitt C Z 1 GFK (vgl. , unter Hinweis auf das Erkenntnis vom , 96/01/0912). Ein anderes Ergebnis als die Annahme der Unterschutzstellung kann im Einzelfall dann gewonnen werden, wenn Umstände vorgebracht werden, die die Freiwilligkeit des zu beurteilenden Verhaltens in Frage stellen ( und 97/01/0802).

3.2.2. Für den vorliegenden Fall folgt daraus, dass durch die Einreise in den Herkunftsstaat indiziert wird, dass sich der Berufungswerber freiwillig dem Schutz seines Heimatstaates unterstellt hat. Weder die Einreise in den Herkunftsstaat noch das Vorliegen der Freiwilligkeit der Unterschutzstellung wurden bestritten, obwohl der Berufungswerber dazu im Rahmen des vom Bundesasylamt bereits gewährten Parteiengehörs sowie der Berufung dazu Gelegenheit hatte. Der Berufungswerber wendete in der Berufung lediglich ein, dass er sich mit seiner Einreise in den Kosovo nicht unter den Schutz seines Heimatstaates im Sinne des Artikels 1 Abschnitt C Ziffer 1 der GFK gestellt habe. Dieses Vorbringen ist jedoch nicht geeignet, das Nichtvorliegen einer freiwilligen Unterschutzstellung darzutun, weil nicht erkennbar ist, inwieweit die behauptete derzeitige Situation im Herkunftsland die Annahme des Bundesasylamtes, es liege eine freiwillige Unterstellung unter den Schutz des Heimatlandes vor, entkräften soll."

Abschließend wies die belangte Behörde noch darauf hin, dass die Provinz Kosovo weiterhin Teil der Bundesrepublik Jugoslawien sei, deren Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführer nach wie vor besitze, und dass der Schutz der in dieser Provinz lebenden Bevölkerung "an Stelle jugoslawischer Behörden" von Organen der Vereinten Nationen ausgeübt werde. Der Beschwerdeführer habe sich daher im Sinne des Art. 1 Abschnitt C Z 1 FlKonv dem Schutz des Landes unterstellt, dessen Staatsangehörigkeit er besitze.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

1. § 14 AsylG lautet in den hier maßgeblichen Teilen wie folgt:

"Verlust des Asyls

§ 14. (1) Asyl ist von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn

1. Asyl auf Grund eines Asylantrages oder von Amts wegen gewährt wurde und einer der in Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Endigungsgründe eingetreten ist;

2. Asyl durch Erstreckung gewährt wurde, der hiefür maßgebliche Grund weggefallen ist und kein anderer Grund für Asylerstreckung besteht;

3. die Fremden den Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen in einem anderen Staat haben;

4. einer der in Art. 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Ausschlussgründe eingetreten ist;

5. die Fremden aus gewichtigen Gründen eine Gefahr für die Sicherheit der Republik darstellen oder von einem inländischen Gericht wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden sind und wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeuten. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine solche durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht.

(2) In den Fällen einer Aberkennung hat die Behörde mit der Aberkennung die Feststellung zu verbinden, dass damit dem Betroffenen die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt."

Gemäß Art. 1 Abschnitt C FlKonv wird dieses Abkommen auf eine Person, die unter die Bestimmungen des Abschnittes A fällt,

"nicht mehr angewendet werden, wenn sie

1. sich freiwillig wieder unter den Schutz ihres Heimatlandes (of the country of his nationality; du pays dont elle a la nationalite) gestellt hat; oder

2. die verlorene Staatsangehörigkeit freiwillig wieder erworben hat; oder

3. eine andere Staatsangehörigkeit erworben hat und den Schutz ihres neuen Heimatlandes genießt; oder

4. sich freiwillig in dem Staat, den sie aus Furcht vor Verfolgung verlassen oder nicht betreten hat, niedergelassen hat; oder

5. wenn die Umstände, auf Grund deren sie als Flüchtling anerkannt worden ist, nicht mehr bestehen und sie es daher nicht weiter ablehnen kann, sich unter den Schutz ihres Heimatlandes zu stellen. (...);

6. staatenlos ist und die Umstände, auf Grund deren sie als Flüchtling anerkannt worden ist, nicht mehr bestehen, sie daher in der Lage ist, in ihr früheres Aufenthaltsland zurückzukehren. (...)"

2. Die belangte Behörde behauptet, dem Beschwerdeführer sei mit dem Bescheid vom gemäß § 7 AsylG (und nicht durch Erstreckung gemäß § 11 AsylG) Asyl gewährt und das Asyl sei ihm vom Bundesasylamt gemäß § 14 Abs. 1 Z 1 AsylG i.V.m. Art. 1 Abschnitt C Z 1 FlKonv (und nicht gemäß § 14 Abs. 1 Z 2 AsylG wegen Wegfalls der Erstreckungsvoraussetzungen) aberkannt worden. In ihren Erwägungen hält sie dem Beschwerdeführer u.a. vor, im Aberkennungsbescheid (und nicht nur im Vorhalt vom ) sei "ausdrücklich von einer freiwilligen Unterschutzstellung ausgegangen" worden. In der Berufung habe er "lediglich" eingewendet, sich "nicht unter den Schutz seines Heimatstaates im Sinne des Artikels 1 Abschnitt C Ziffer 1 der GFK gestellt" zu haben (und seine Rechtsrüge somit nicht auf § 14 Abs. 1 Z 2 AsylG bezogen).

Das alles wird zwar in der Beschwerde nicht bestritten, widerspricht aber dem Inhalt der vorliegenden Akten des Bundesasylamtes. Die Aktenwidrigkeiten sind - abgesehen von der Frage einer Verletzung der Verhandlungspflicht wegen des Austausches des Aberkennungsgrundes - gravierend, weil der von der belangten Behörde herangezogene, auf Art. 1 Abschnitt C FlKonv verweisende Verlusttatbestand des § 14 Abs. 1 Z 1 AsylG voraussetzt, dass "Asyl auf Grund eines Asylantrages oder von Amts wegen gewährt wurde". Dies trifft nicht zu, wenn Asyl durch Erstreckung gewährt wurde, worauf sich der Verlusttatbestand des § 14 Abs. 1 Z 2 AsylG bezieht (vgl. demgegenüber etwa die Bezugnahme auf alle drei Formen der Asylgewährung in § 12 AsylG). Die unzutreffende Behauptung, dem Beschwerdeführer sei nicht durch Erstreckung, sondern gemäß § 7 AsylG Asyl gewährt worden, ist vor diesem Hintergrund ein den Beschwerdeführer benachteiligender Verstoß gegen Verfahrensvorschriften.

Für die hier zu fällende Entscheidung kommt dem keine Bedeutung zu, weil der angefochtene Bescheid - ausgehend von den Sachverhaltsannahmen der belangten Behörde - aus den im Folgenden darzustellenden Gründen inhaltlich rechtswidrig ist.

3. Zur Begründung ihrer Rechtsmeinung, die Reise des Beschwerdeführers habe eine Unterschutzstellung im Sinne des Art. 1 Abschnitt C Z 1 FlKonv bedeutet, stützt sich die belangte Behörde auf zwei Erkenntnisse, die den letzten Stand der diesbezüglichen - aber noch zum Asylgesetz 1991 ergangenen und daher nicht im Sinne des § 13 Abs. 1 Z 1 VwGG zu beachtenden - Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes repräsentieren. Das ergänzend ins Treffen geführte Erkenntnis vom , Zlen. 97/01/0302, 0802, behandelte die Annahme einer Unterschutzstellung durch Beantragung eines Reisepasses, nicht durch Reisen in den Herkunftsstaat.

Die hg. Judikatur zur Unterschutzstellung durch Reisen betraf - im Gegensatz zu den viel häufigeren Fällen, in denen es um die Beantragung von Reisepässen ging - stets Feststellungen des Asylverlustes (§ 5 Abs. 1 Z 3 des Asylgesetzes 1991) gegenüber bereits anerkannten Flüchtlingen. Sie nahm ihren Ausgang von dem Erkenntnis vom , Zl. 94/01/0795. In dem damals zu beurteilenden Fall hatte die Berufungsbehörde ergänzend zu einer auf Art. 1 Abschnitt C Z 5 FlKonv gestützten Begründung auch eine "zumindest temporäre" Unterschutzstellung durch mehrere Heimataufenthalte angenommen. Der Verwaltungsgerichtshof bestätigte die darauf gestützte Feststellung des Asylverlustes mit Ausführungen, die in den hier wesentlichen Teilen nur die Beweiswürdigung bezüglich der - strittigen - Reisen betrafen.

Im Erkenntnis vom , Zl. 95/01/0055, wurde unter Hinweis auf das Vorerkenntnis der Rechtssatz geprägt, die "mehrmalige, nicht unter Umgehung der Grenzkontrolle erfolgte Einreise in das Heimatland" - ob dies auch schon bei einmaliger Einreise der Fall sei, könne unerörtert bleiben - stelle "gewöhnlich eine Unterschutzstellung unter das Heimatland dar". Einen Sachverhalt, der eine davon abweichende Beurteilung erfordern würde, habe der Beschwerdeführer nicht vorgebracht. Im weiteren Text des Erkenntnisses wurde - allerdings nur im Zusammenhang mit dem vorrangig zugrunde gelegten Erwerb eines tschechoslowakischen Reisepasses - dem Gesichtspunkt eines Weiterwirkens der Unterschutzstellung (in Bezug auf einen der inzwischen entstandenen Nachfolgestaaten) Bedeutung beigemessen.

Im Fall des Erkenntnisses vom , Zl. 95/20/0153, lag ein bloß einmaliger, aber mehrmonatiger Heimataufenthalt vor. Der Verwaltungsgerichtshof verband die Aufhebung des nur auf Art. 1 Abschnitt C Z 5 FlKonv gestützten und insofern unzureichend begründeten Bescheides mit dem Hinweis, nach dem Erkenntnis vom (gemeint: das daran anschließende vom ) könne bei mehrmaliger Einreise - hinsichtlich der einmaligen sei dies unerörtert geblieben - eine Unterschutzstellung vorliegen. Es sei aber immer im Einzelfall zu prüfen, ob nicht ein Sachverhalt behauptet werde, der eine solche Annahme verbiete. In dieser zuletzt genannten Hinsicht wurde zwar nicht auf die Behauptung, dass der (durch eine eigene Erkrankung verlängerte) Heimataufenthalt dem Besuch der erkrankten Mutter gedient habe, wohl aber auf das Vorbringen, die Heimatbehörden hätten von dem Besuch keine Kenntnis erlangt, Bezug genommen. Ob grundsätzlich auch eine einmalige Einreise genügen solle, um eine Unterschutzstellung anzunehmen, oder gegenüber dem Gesichtspunkt der Einmaligkeit die erhebliche - aber behauptetermaßen bloß krankheitsbedingte - Dauer des Aufenthaltes maßgeblich sei, blieb offen.

Der dem Erkenntnis vom , Zl. 95/01/0417, zugrunde liegende Bescheid erwähnte im Zusammenhang mit der Annahme des Beendigungstatbestandes des Art. 1 Abschnitt C Z 5 FlKonv zwei Heimatreisen als Indizien für mangelnde Furcht vor Verfolgung und stützte die zusätzliche Anwendung des Art. 1 Abschnitt C Z 1 FlKonv nur auf die Beantragung eines Reisepasses des Herkunftsstaates. Der Verwaltungsgerichtshof bestätigte den Bescheid wegen der zuletzt erwähnten Begründung, wobei dem Umstand, dass der Pass einen Besuch beim 80-jährigen kranken Vater des Beschwerdeführers ermöglichen sollte, keine die "Freiwilligkeit" des Verhaltens berührende Bedeutung beigemessen wurde. Dies wurde nur nebenbei mit einem Hinweis auf die zweite, nicht näher begründete Reise verbunden.

Auch in dem - im vorliegenden Fall von der belangten Behörde zitierten - Erkenntnis vom selben Tag, Zl. 96/01/0912, bestätigte der Verwaltungsgerichtshof die auf die Beantragung eines Reisepasses gegründete Annahme einer Unterschutzstellung. Mehrere Jahre zuvor war der Beschwerdeführer - nach der Öffnung der Grenze zu Ungarn - für einen kurzen Weihnachtsbesuch in den Herkunftsstaat gereist, was im Berufungsbescheid (insoweit im Erkenntnis nicht wiedergegeben) noch nicht als "beabsichtigte" Unterschutzstellung gewertet wurde. Der Verwaltungsgerichtshof merkte in Bezug auf den Reisepass an, eine Unterschutzstellungsabsicht sei nicht erforderlich, und fügte hinzu, er habe "bereits mehrfach ausgesprochen, dass auch die Rückkehr in den 'Verfolgerstaat' den Tatbestand einer 'Unterschutzstellung' im Sinne des Art. 1 Abschnitt C Z 1 der Genfer Konvention erfüllt (vgl. das hg. Erkenntnis vom (richtig: 1995), Zl. 95/01/0055)".

Die verbleibenden drei Erkenntnisse zum Asylverlust durch Reisen gingen von der zuletzt wiedergegebenen Formulierung aus. Dass eine "Rückkehr" - scheinbar ohne weitere Voraussetzungen - eine "Unterschutzstellung" bedeute, wurde zunächst in den Erkenntnissen vom , Zl. 95/01/0051 und Zl. 95/01/0151, als "Judikatur" bzw. "ständige Judikatur" des Verwaltungsgerichtshofes bezeichnet. In beiden Fällen wurden die angefochtenen Bescheide aufgehoben, weil die jeweils mehrmaligen Rückreisen strittig waren und die Feststellungen darüber auf mangelhaften Verfahren beruhten.

Schließlich wurde aber mit dem - von der belangten Behörde im vorliegenden Fall zitierten - Erkenntnis vom , Zl. 95/01/0326, die Feststellung eines Asylverlustes bestätigt, weil der Beschwerdeführer der in einem mangelhaften Verfahren gewonnenen Feststellung, unter Zuhilfenahme eines "Blattvisums" für die Durchreise durch Ungarn "im Dezember 1994 in Rumänien gewesen" zu sein, in der Beschwerde nicht konkret genug entgegen trat. Im Berufungsbescheid war von einer "wenn auch nur temporär" erfolgten Unterschutzstellung die Rede, und in der Beschwerde wurde als inhaltliche Rechtswidrigkeit das Fehlen näherer Feststellungen über die Dauer und die näheren Umstände des angeblichen Heimataufenthaltes gerügt. Das Erkenntnis enthielt in materiellrechtlicher Hinsicht nur eine Wiederholung der im Erkenntnis vom , Zl. 96/01/0912, geprägten Formulierung.

4. In dem zum geltenden Asylgesetz ergangenen Erkenntnis vom , Zl. 2001/01/0499, auf dessen nähere Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, setzte sich der Verwaltungsgerichtshof mit der Abweisung eines Asylantrages wegen "Unterschutzstellung" durch die Beantragung eines Reisepasses des Herkunftsstaates auseinander. Er stellte in diesem Erkenntnis zunächst dar, dass § 7 AsylG - trotz der scheinbar nur punktuellen Anknüpfung an einzelne Merkmale des Flüchtlingsbegriffes des Art. 1 Abschnitt A Z 2 FlKonv - auf die dort normierten Voraussetzungen der Flüchtlingseigenschaft insgesamt abstelle und schon bei der Entscheidung über die Asylgewährung u.a. die Bedachtnahme auf die Beendigungstatbestände des Art. 1 Abschnitt C FlKonv ausdrücklich vorsehe. Die Beendigungstatbestände ließen sich in der Regel als Gegenstück eines korrespondierenden Tatbestandsmerkmals in Art. 1 Abschnitt A Z 2 FlKonv deuten, könnten dabei aber - über dessen Wegfall hinaus - zusätzliche Voraussetzungen enthalten. Der Asylwerber sei im Entscheidungszeitpunkt Flüchtling, wenn er die Flüchtlingseigenschaft im Sinne der Konvention - in der Regel mit dem Verlassen des Herkunftsstaates - erworben habe und kein Beendigungstatbestand erfüllt sei.

Davon ausgehend erörterte der Verwaltungsgerichtshof allgemein den auch im vorliegenden Fall - hier im Zusammenhang mit einer Asylaberkennung - maßgeblichen Beendigungstatbestand des Art. 1 Abschnitt C Z 1 FlKonv. Dieser gelte als negatives "Spiegelbild" der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 FlKonv enthaltenen Voraussetzung, wonach eine nicht staatenlose Person, die sich aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung außerhalb ihres Heimatlandes befindet, nur Flüchtling ist, wenn sie "nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen" (sogenannte "protection clause"). Nach Hinweisen auf internationales Schrifttum sowohl zu dieser Voraussetzung der Flüchtlingseigenschaft als auch zu dem ihr entsprechenden Beendigungstatbestand des Art. 1 Abschnitt C Z 1 FlKonv kam der Verwaltungsgerichtshof zu dem Ergebnis, dass an der zu den früheren Asylgesetzen ergangenen Vorjudikatur betreffend eine "Unterschutzstellung" durch Beantragung eines Reisepasses nicht uneingeschränkt festzuhalten sei. Für eine Subsumtion unter Art. 1 Abschnitt C Z 1 FlKonv sei neben den Voraussetzungen des tatsächlichen Erhaltes des Schutzes und der Freiwilligkeit seiner Inanspruchnahme auch das im Schrifttum einhellig vertretene Erfordernis eines - im Sinne einer Normalisierung der Beziehungen zum Herkunftsstaat - auf die Unterschutzstellung als solche abzielenden Willens maßgeblich.

In dem Erkenntnis wurde auch darauf eingegangen, dass die Beendigungswirkung des erörterten Tatbestandes keine endgültige sei. Sowohl für die Asylgewährung (§ 7 AsylG) als auch im Beendigungsverfahren (§ 14 Abs. 1 Z 1 AsylG) komme es auf die Flüchtlingseigenschaft im Sinne der Flüchtlingskonvention zum Zeitpunkt der Entscheidung an. Habe eine Unterschutzstellung stattgefunden, so sei dem Betroffenen Gelegenheit zu geben, die neuerliche Erfüllung der Voraussetzungen der Flüchtlingseigenschaft darzutun, wobei in Bezug auf die Verfolgungsgefahr nicht nur Umstände in Betracht kämen, die erst nach der Unterschutzstellung eingetreten seien.

5. Sieht man von der - in den Bescheiden wiederholt erwähnten - Besonderheit der bloß "temporären" Unterschutzstellung durch Besuchsreisen in den Herkunftsstaat ab, so scheinen sich diese Fälle von denjenigen der erfolgreichen Beantragung eines Reisepasses zunächst dadurch zu unterscheiden, dass aus der bloßen Anwesenheit auf dem Territorium des Herkunftsstaates nicht ohne Weiteres auf die Inanspruchnahme von "Schutz" geschlossen werden kann (vgl. in dieser Hinsicht die Bezugnahme auf die Nichtumgehung der Grenzkontrolle in dem zitierten Erkenntnis vom und die Erwägungen in dem Erkenntnis vom ). Unter dem Gesichtspunkt der "Freiwilligkeit" - der in Bezug auf die Rückkehr in den Herkunftsstaat in der Regel im Zusammenhang mit Art. 1 Abschnitt C Z 4 FlKonv erörtert wird - scheiden zunächst etwa Auslieferungen oder Abschiebungen (vgl. zur Rechtslage nach dem Asylgesetz 1991 das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/20/0101), aber auch - soweit es auf die Aufenthaltsdauer ankommt - durch Erkrankung oder ähnliche Hindernisse erzwungene Aufenthaltsverlängerungen aus (vgl. in der zuletzt genannten Hinsicht den Sachverhalt des Erkenntnisses vom ; zur Inhaftierung im Herkunftsstaat Grahl-Madsen, The Status of Refugees in International Law I (1966) 373). Davon abgesehen stellen sich Fragen nach den Motiven der Reise in den Herkunftsstaat, die mit denjenigen nach den Gründen für die Beantragung eines Reisepasses - sofern dieser für eine solche Reise Verwendung finden soll - identisch sein können.

Misst man im Sinne des zitierten Erkenntnisses vom der dritten Voraussetzung für die Annahme einer "Unterschutzstellung" - nämlich dem Erfordernis des Willens, die Beziehungen zum Herkunftsstaat zu normalisieren und sich wieder unter dessen Schutz zu stellen - Bedeutung bei, so erübrigt es sich aber in der Regel, auch unter dem Gesichtspunkt der Freiwilligkeit auf die Erfüllung familiärer Verpflichtungen und ähnliche Beweggründe für das Verhalten einzugehen (vgl. in diesem Sinn Fitzpatrick in dem im Vorerkenntnis vom zitierten Papier und jetzt Fitzpatrick/Bonoan in Feller/Türk/Nicholson (Hrsg.), Refugee Protection in International Law (2003) 525 und 540; zur Unterscheidung von Unterschutzstellungsabsicht und Freiwilligkeit in der deutschen Rechtsprechung BVerwGE 89, 231 (236 ff)). Aus der erwähnten dritten Voraussetzung folgt auch das Erfordernis einer gewissen Nachhaltigkeit der Zuwendung zum Heimatstaat (vgl. die Bezugnahmen auf eine "veränderte Einstellung zum Heimatstaat" und die "dauerhafte" Wiederherstellung der Beziehungen zu ihm in der zitierten deutschen Entscheidung; gegen die Einbeziehung etwa des bloßen Besuchs eines alten oder kranken Elternteils auch das UNHCR-Handbuch über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, Abs. 125).

6. Die Anwendung des Art. 1 Abschnitt C Z 1 FlKonv auf vorübergehende Aufenthalte im Herkunftsstaat stößt darüber hinaus - im Gegensatz zur erfolgreichen Beantragung eines Reisepasses, die stets als Hauptfall einer "Unterschutzstellung" galt - auf den prinzipiellen Einwand, dass die freiwillige Rückkehr in den Herkunftsstaat in Art. 1 Abschnitt C Z 4 FlKonv geregelt ist, weshalb sich etwa Hathaway (The Law of Refugee Status (1991) 198 f) mit der allenfalls schädlichen Wirkung länger dauernder oder regelmäßiger Heimatbesuche im Zusammenhang mit diesem Beendigungstatbestand und nicht im Hinblick auf eine Subsumtion unter Art. 1 Abschnitt C Z 1 FlKonv auseinandersetzt. Art. 1 Abschnitt C Z 4 FlKonv setzt allerdings voraus, dass sich der Flüchtling wieder im Herkunftsstaat "niedergelassen" hat. Nach Hathaway (a.a.O., m.w.N.) wurde diese Formulierung bewusst gewählt, um in den Fällen einer bloß temporären Rückkehr keine Beendigungswirkung eintreten zu lassen. Hathaway hebt hervor, dass es auch ein Hindernis für freiwillige Repatriierungen wäre, wenn kurze Heimataufenthalte den Verlust des Flüchtlingsstatus zur Folge hätten (ähnlich jetzt Fitzpatrick/Bonoan, a.a.O., 529 und 541).

Hinzu kommt, dass sich die Schlüsse, die aus der - kürzeren oder längeren, ein- oder mehrmaligen - Rückkehr in den Herkunftsstaat zu ziehen sind, in Bezug auf Flüchtlinge mit der Staatsangehörigkeit des Herkunftsstaates einerseits und staatenlose Flüchtlinge andererseits nicht zu unterscheiden scheinen. Art. 1 Abschnitt C Z 1 FlKonv gilt aber - im Gegensatz zu Art. 1 Abschnitt C Z 4 FlKonv - nur für Flüchtlinge mit der Staatsangehörigkeit ihres Herkunftsstaates. Dies hängt mit dem weiteren Umstand zusammen, dass nur Staatsangehörige in den Genuss diplomatischen Schutzes gelangen können und bei der "Unterschutzstellung" im Sinne des Art. 1 Abschnitt C Z 1 FlKonv vor allem an die Inanspruchnahme der Auslandsvertretung des jeweiligen Heimatlandes gedacht war (so - unter ausdrücklicher Ausklammerung der Rückkehr in den Heimatstaat - die zitierte Entscheidung des deutschen Bundesverwaltungsgerichtes; vgl. etwa auch Hathaway, a.a.O., 192 ff). Die fehlende Möglichkeit oder der fehlende Wille zur Inanspruchnahme dieser Art von "Schutz" außerhalb des Herkunftsstaates war auch mit der für Staatenlose gleichfalls nicht geltenden Voraussetzung der Flüchtlingseigenschaft in Art. 1 Abschnitt A Z 2 FlKonv, auf deren Wegfall sich Art. 1 Abschnitt C Z 1 FlKonv bezieht, gemeint (vgl. zu Entstehung und Funktion der "protection clause" Grahl-Madsen, a.a.O., 254 ff, 261, 379 ff, 402 ff; Grahl-Madsen, The Yale Journal of International Law, Vol. 11 No. 2 (1986) 362 ff; Kälin, Non-State Agents of Persecution and the Inability of the State to Protect (2001), abrufbar unter www.oefre.unibe.ch/oe-forsc.htm; Fortin, International Journal of Refugee Law, Vol. 12 No. 4 (2001) 548 ff; gegen Letzteren - in diesem Punkt zu Unrecht - Hathaway/Foster in Feller/Türk/Nicholson, a.a.O., 357 (372 ff)).

Die grundsätzliche, in Abs. 125 des UNHCR-Handbuches als Meinung "einiger Staaten" referierte Annahme, Aufenthalte im Herkunftsstaat könnten die Flüchtlingseigenschaft bei Nichterfüllung der Voraussetzungen des Art. 1 Abschnitt C Z 4 FlKonv auch gemäß Art. 1 Abschnitt C Z 1 FlKonv erlöschen lassen, liegt bei Bedachtnahme auf diese Zusammenhänge - entgegen der oben dargestellten Vorjudikatur zum Asylgesetz 1991 - nicht nahe.

7. Für den vorliegenden Fall käme es - ausgehend von den Sachverhaltsannahmen der belangten Behörde - auf die zuletzt angestellten Erwägungen nicht an. Beachtet man die im Erkenntnis vom allgemein und in Bezug auf die Beantragung eines Reisepasses behandelten Voraussetzungen für die Annahme einer "Unterschutzstellung" und deren oben erwähnte Implikationen für den Fall einer Anwendung auf Reisen in den Herkunftsstaat, so ergibt sich sogleich, dass die hier zu beurteilende Reise schon angesichts ihrer Einmaligkeit und kurzen Dauer sowie der Gründe für ihr Zustandekommen nicht unter Art. 1 Abschnitt C Z 1 FlKonv subsumierbar ist. Auf die Besonderheit, dass der Staat, vor dessen Verfolgung die Familie des Beschwerdeführers geflohen ist, im Kosovo derzeit keine Gebietsgewalt ausübt, braucht dazu nicht mehr eingegangen zu werden (vgl. aber etwa Hailbronner, Ausländerrecht, 23. Erg.-Lfg. Juli 2000, Rz 12 zu § 72 dAsylVfG).

Der angefochtene Bescheid war aus diesen vorrangig wahrzunehmenden Gründen gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am