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VwGH vom 17.11.1992, 92/08/0170

VwGH vom 17.11.1992, 92/08/0170

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell und Dr. Müller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schwächter, über die Beschwerde der M in P, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom , Zl. 121.270/1-7/92, betreffend Versicherungspflicht nach dem BSVG (mitbeteiligte Partei: Sozialversicherungsanstalt der Bauern, 1031 Wien, Ghegastraße 1), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß die Beschwerdeführerin als Alleineigentümerin eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes am anläßlich ihrer Eheschließung mit ihrem Ehegatten einen Ehepakt über eine allgemeine Gütergemeinschaft abgeschlossen hat, aufgrund derer (zunächst) der Ehegatte der Beschwerdeführerin der Pflichtversicherung in der Bäuerlichen Sozialversicherung unterlegen war.

Nach der Aktenlage wurde der Ehegatte der Beschwerdeführerin mit von dieser Pflichtversicherung "wegen Annahme einer unselbständigen Erwerbstätigkeit" abgemeldet und in der Folge die Beschwerdeführerin mit in die Pflichtversicherung nach dem BSVG einbezogen.

Mit Bescheid vom sprach die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt der Bauern aus, daß für die Beschwerdeführerin vom bis in der Pensionsversicherung der Bauern keine Versicherungspflicht bestanden habe (Spruchpunkt 1) und sie in diesem Zeitraum in der Pensionsversicherung der Bauern auch nicht formalversichert gewesen sei (Spruchpunkt 2). In der Begründung dieses Bescheides heißt es u.a., daß der Ehegatte der Beschwerdeführerin mit "seine unselbständige Erwerbstätigkeit" beendet und in der Folge vom bis Arbeitslosengeld bezogen habe. Entsprechend den Bestimmungen des BSVG sei der Ehegatte der Beschwerdeführerin für den Zeitraum vom bis in die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung einbezogen worden, da er bereits vor Aufnahme der unselbständigen Erwerbstätigkeit der bäuerlichen Pensionsversicherung unterlegen sei (Hinweis auf § 2a Abs. 2 BSVG) und überdies der ältere Ehegatte sei. Es habe daher im genannten Zeitraum für die Beschwerdeführerin keine Versicherungspflicht bestanden. Die Unterlassung der Abmeldung habe nicht zu einer Formalversicherung geführt, weil zum Entstehen einer solchen die Entgegennahme von Beiträgen aufgrund einer vorbehaltlosen, nicht vorsätzlich unrichtigen Neuanmeldung notwendig gewesen wäre und der Zeitraum überdies nicht die in § 12 BSVG geforderten sechs Monate abgedeckt habe.

Die Beschwerdeführerin erhob Einspruch, worin sie betreffend die Frage der Pflichtversicherung ausführte, daß sie mit ihrem Ehegatten bei Antritt von dessen unselbständiger Erwerbstätigkeit im Mai 1981 vereinbart habe, daß die Betriebsführung (ergänze: betreffend den landwirtschaftlichen Betrieb) der Beschwerdeführerin obliege. Als der Ehegatte der Beschwerdeführerin im Dezember 1983 in den "Genuß des Arbeitslosengeldes" gekommen sei, habe sich hinsichtlich der Betriebsführung nichts geändert. Die Beschwerdeführerin habe alle Ein- und Ausgaben zu verrechnen und die Arbeiten im Stall und Feld zu besorgen gehabt sowie die Betriebsmittel eingekauft, wie überhaupt die Bewirtschaftung des Hofes "ihre Sache" gewesen sei. Infolge der klaren Bewirtschaftungsverhältnisse sei es auch nicht erforderlich gewesen, eine Erklärung im Sinne des § 2a Abs. 2 BSVG abzugeben. Die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt habe in Kenntnis des Arbeitslosengeldbezuges des Ehegatten der Beschwerdeführerin die Sozialversicherungsbeiträge weiterhin der Beschwerdeführerin allein vorgeschrieben, die diese Beiträge auch rechtzeitig bezahlt habe. Daher sei sie der Auffassung, daß für sie auch in der hier fraglichen Zeit die Pflichtversicherung in der bäuerlichen Pensionsversicherung bestanden habe. Die weiteren Ausführungen des Einspruches wenden sich gegen die Verneinung der Formalversicherung durch den mitbeteiligten Sozialversicherungsträger.

Mit Bescheid vom hat der Landeshauptmann von Oberösterreich dem Einspruch der Beschwerdeführerin keine Folge gegeben und den Bescheid der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt der Bauern vollinhaltlich bestätigt.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung, worin sie - im wesentlichen - den schon im Einspruch vertretenen Rechtsstandpunkt aufrechterhielt und sich insbesondere auch gegen die Verneinung der Formalversicherung wendete.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Berufung der Beschwerdeführerin betreffend die Versicherungspflicht vom bis in der Pensionsversicherung der Bauern gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1, Abs. 2, Abs. 3 und § 2a Abs. 1 Z. 3 BSVG in Verbindung mit § 66 Abs. 4 AVG keine Folge gegeben und der Einspruchsbescheid bestätigt. Soweit sich die Berufung der Beschwerdeführerin auf die Formalversicherung bezog, wurde sie gemäß § 66 Abs. 4 in Verbindung mit § 415 ASVG und § 182 BSVG als unzulässig zurückgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit dem Bemerken vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand zu nehmen, und beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt der Bauern hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie ebenfalls die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Zur Frage der Pflichtversicherung für den Zeitraum vom bis

Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 BSVG sind aufgrund dieses Bundesgesetzes, soweit es sich um natürliche Personen handelt, in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen u.a. Personen, die auf ihre Rechnung und Gefahr einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb im Sinne der Bestimmungen des Landarbeitsgesetzes vom , BGBl. Nr. 140, führen oder auf deren Rechnung und Gefahr ein solcher Betrieb geführt wird, pflichtversichert. Nach Abs. 2 und 3 der zitierten Gesetzesstelle ist für die Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung jeweils ein bestimmter Mindesteinheitswert Voraussetzung, der im Beschwerdefall unbestritten vorliegt.

Für den Fall, daß ein landwirtschaftlicher Betrieb auf Rechnung und Gefahr von Ehegatten geführt wird, trifft § 2a BSVG (seit der 2. Novelle zum BSVG, BGBl. Nr. 532/1979) dahin Sonderregelungen, daß in diesen Fällen nicht beide, sondern immer nur einer der Ehegatten pflichtversichert sein soll. Im hier maßgebenden Zeitraum bis ist die genannte Bestimmung in der Fassung der 3. und 4. Novelle zum BSVG (d.h. vor Inkrafttreten der 9. Novelle zum BSVG), BGBl. Nr. 587/1980 und 384/1981), anzuwenden; diese Bestimmung lautet in den im Beschwerdefall maßgebenden Teilen:

"(1) Führen Ehegatten ein- und denselben land(forst)wirtschaftlichen Betrieb auf gemeinsame Rechnung und Gefahr, so ist in der Pensionsversicherung nur ein Ehegatte im Sinne des § 2 pflichtversichert, wenn der andere Ehegatte

1. aufgrund anderer bundesgesetzlicher Vorschriften in einer Pensionsversicherung pflichtversichert ist oder aufgrund einer solchen Pflichtversicherung eine Leistung aus einem Versicherungsfall des Alters oder der geminderten Arbeitsfähigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit bezieht, oder


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2.
...
3.
Anspruch auf Kranken- oder Wochengeld aus der Krankenversicherung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz hat, auch wenn dieser Anspruch ruht, oder
...

(2) Treffen die Voraussetzungen des Abs. 1 für keinen der beiden Ehegatten oder treffen sie für beide Ehegatten zu, so ist nur ein Ehegatte in der Pensionsversicherung nach § 2 pflichtversichert, und zwar derjenige, der innerhalb von sechs Monaten ab Beginn der gemeinsamen Betriebsführung bzw. nach Wegfall der Voraussetzungen des Abs. 1 dem Versicherungsträger bekanntgegeben wird. Wird eine solche Erklärung nicht fristgerecht abgegeben oder wird sie innerhalb dieser Frist für beide Ehegatten abgegeben, so gilt als Pflichtversicherter

1. wenn nur ein Ehegatte vor Eintritt eines Tatbestandes nach Abs. 1 in der Pensionsversicherung nach diesem Bundesgesetz pflichtversichert war, dieser Ehegatte,

2. in allen übrigen Fällen der ältere Ehegatte."

Die Beschwerdeführerin zieht nicht in Zweifel, daß ihr Ehegatte ab bis nicht aufgrund anderer bundesgesetzlicher Vorschriften in einer Pensionsversicherung (insbesondere in jener des ASVG) pflichtversichert war oder aufgrund einer solchen Pflichtversicherung eine Leistung aus einem der in § 2a Abs. 1 Z. 1 BSVG genannten Versicherungsfälle erhalten hat. Es wird auch nicht bestritten, daß der Ehegatte der Beschwerdeführerin keinen Anspruch auf Krankengeld im Sinne der Z. 3 der genannten Gesetzesstelle hatte; er stand vielmehr in diesem Zeitraum im Arbeitslosengeldbezug (der Bezug einer solchen Geldleistung wurde erst durch die 9. Novelle zum BSVG, BGBl. Nr. 113/1986, mit Wirkung vom dem Anspruch auf Kranken- oder Wochengeld aus der Krankenversicherung gleichgestellt).

Auch wird nicht behauptet, daß die in § 2a Abs. 2 BSVG vorgesehene Erklärung fristgerecht abgegeben worden wäre; die Beschwerdeführerin vertritt vielmehr die Auffassung, daß die Abgabe einer derartigen Erklärung schon deshalb nicht erforderlich gewesen sei, weil sie (die Beschwerdeführerin) schon ab 1981 als "alleinige Betriebsführerin" des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes aufgetreten sei.

Damit vermag die Beschwerdeführerin jedoch eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen:

Ein landwirtschaftlicher (forstwirtschaftlicher) Betrieb wird nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann auf Rechnung und Gefahr einer Person (auf gemeinsame Rechnung und Gefahr mehrerer Personen) im Sinne des Sozialversicherungsrechtes der Bauern geführt, wenn diese aus der Betriebsführung im Außenverhältnis (also im Verhältnis zu Dritten) berechtigt und verpflichtet wird (werden). Wer in diesem Sinne aus der Betriebsführung berechtigt und verpflichtet wird, ist eine Rechtsfrage, die letztlich nur aufgrund rechtlicher Gegebenheiten beantwortet werden kann. Das Eigentum bzw. das Miteigentum am Betrieb ist eine solche rechtliche Gegebenheit (vgl. dazu die Erkenntnisse vom , Zl. 08/558/79, und vom , Zl. 87/08/0119).

Bereits in dem zuvor erwähnten Erkenntnis vom hat der Verwaltungsgerichtshof mit ausführlicher Begründung dargelegt, daß der Abschluß eines Ehepaktes der Gütergemeinschaft unter Lebenden bedeutet, daß ein Ehegatte auch aus den - eine grundsätzlich von der Gütergemeinschaft umfaßte Liegenschaft - betreffenden Geschäften berechtigt wird, selbst wenn ihm an dieser Liegenschaft noch keine bücherlichen Rechte zustünden, es sei denn, er hätte - in der gemäß § 1 Abs. 1 lit. a Notariatszwangsgesetz, RGBl. Nr. 76/1871, für Ehepakte vorgeschriebenen Form (also mittels Notariatsaktes oder gerichtlichen Vergleichs: OGH, JBl. 1968, Seite 32) - auf die Einbeziehung in die Gütergemeinschaft verzichtet. Im Beschwerdefall wurde und wird nicht behauptet, daß der Ehegatte der Beschwerdeführerin eine diesbezügliche - auch den Formerfordernissen für Ehepakte Rechnung tragende - Erklärung zu irgendeinem Zeitpunkt nach Abschluß des Ehepaktes abgegeben hat. Es ist daher auch davon auszugehen, daß der land- und forstwirtschaftliche Betrieb seit stets auf Rechnung und Gefahr beider Ehegatten geführt wurde.

Die von der Beschwerdeführerin - wie im Verwaltungsverfahren, so auch in der Beschwerde - vorgetragenen Umstände, wonach sie im Zeitpunkt des Antritts einer unselbständigen Beschäftigung durch ihren Ehegatten mit diesem eine Vereinbarung (des oben wiedergegebenen Inhalts) dahin getroffen habe, künftig den Betrieb allein zu führen, vermögen an der sich aus dem erwähnten Ehepakt ergebenden Zurechnung der Rechte und Pflichten aus den Rechtsgeschäften des landwirtschaftlichen Betriebes nichts zu ändern, weil damit zwar eine (Verwaltungs-)Vereinbarung über die tatsächliche Wirtschaftsführung dargetan wird, diese aber keine Änderung der Zurechnungskriterien hinsichtlich der Berechtigung und Verpflichtung aus den im Betrieb abgeschlossenen Rechtsgeschäften bewirkt (vgl. u.a. die Erkenntnisse vom , 88/08/0248, vom , Zl. 89/08/0234, und vom , Zl. 90/08/0128).

2. Zur Frage der Formalversicherung

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom , Zlen. 82/08/0034, 0035, (auf welches gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird) dargelegt hat, steht in Angelegenheiten der Formalversicherung die Berufung an den Bundesminister für soziale Verwaltung nicht zu, weil es sich dabei um keine Angelegenheit der Versicherungspflicht oder der Berechtigung zur Weiter- oder Selbstversicherung handelt.

Davon abzurücken, gibt auch das Beschwerdevorbringen nicht Anlaß: Es trifft nämlich nicht zu, wie die Beschwerdeführerin meint, daß es sich bei der Formalversicherung und bei der Frage der Versicherungspflicht um "ein- und dieselbe Angelegenheit" handelt. Die Beschwerdeführerin räumt in ihrer Beschwerde selbst ein, daß die Formalversicherung (zwar) das Fehlen der Versicherungspflicht im gleichen Zeitraum zur Voraussetzung hat (insoweit ist die Entscheidung über die Versicherungspflicht im Verfahren betreffend die Formalversicherung Vorfrage im Sinne der §§ 38, 69 Abs. 1 Z. 3 AVG), darüber hinaus jedoch auch noch von anderen (hier in § 12 BSVG näher genannten) Voraussetzungen abhängig ist.

Da die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid sohin im Rahmen der Beschwerdepunkte in ihren Rechten nicht verletzt worden ist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.