VwGH vom 07.04.1992, 87/08/0086
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Puck, Dr. Müller und Dr. Novak als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse in 4010 Linz, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom , Zl. SV-750/6-1987, betreffend Rückforderung zu Ungebühr entrichteter Beiträge gemäß § 69 Abs. 1 ASVG (mitbeteiligte Partei: Dr. NN), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Der Mitbeteiligte war im Jahre 1984, dem strittigen Beitragszeitraum, mit einem remunerierten Lehrauftrag an der Johannes Kepler Universität in Linz (Vorlesungen aus Steuerrecht) betraut und war als solcher seit dem im Sinne des § 4 Abs. 1 Z. 1 ASVG pflichtversichert. Dienstgeber war gemäß § 35 Abs. 1 ASVG der Bund (Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung).
Mit "Erlaß" (Bescheid) des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung vom , intimiert mit Bestellungsdekret des Dekans der Sozial- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Johannes Kepler Universität Linz vom wurde der Mitbeteiligte gemäß § 26 Abs. 4 des Allgemeinen Hochschul-Studiengesetzes, BGBl. Nr. 177/1966 (im folgenden: AHStG), zum Prüfungskommissär für "Österreichisches Finanzrecht" (1. Diplomprüfung) und "Finanz- und Steuerrrecht" (2. Diplomprüfung) der Prüfungskommission für die Erste und Zweite Diplomprüfung der sozial- und wirtschaftswissenschaftlichen Studienrichtungen an der genannten Universität jeweils für den Rest der laufenden Funktionsperiode, das ist bis zum , bestellt bzw. weiterbestellt.
1.2. Mit Bescheid vom stellte die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse fest, daß die an den Mitbeteiligten für das Jahr 1984 zur Auszahlung gelangten Prüfungsentschädigungen gemäß § 4 des Bundesgesetzes vom über die Abgeltung von Lehr- und Prüfungstätigkeiten an Hochschulen, BGBl. Nr. 463 (im folgenden: LPG 1974), beitragspflichtiges Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1 ASVG darstellten. Der vom Mitbeteiligten im Sinne des § 69 Abs. 1 ASVG gestellte Antrag auf Rückzahlung der für das Kalenderjahr 1984 für Prüfungsentschädigungen entrichteten Sozialversicherungsbeiträge werde abgelehnt. Nach der Begründung dieses Bescheides stünden Lehrbeauftragte an Universitäten auf Grund ihrer Tätigkeit in einem sozialversicherungsrechtlichen Dienstverhältnis. Gelangten neben den laufenden Remunerationen für den Lehrauftrag auch Entschädigungen für geleistete Prüfungstätigkeiten zur Auszahlung, seien auch diese als Bezüge anzusehen, die auf Grund des Dienstverhältnisses gewährt würden. Dies ungeachtet des Umstandes, daß das Bestehen eines Dienstverhältnisses nicht unbedingte Voraussetzung für die Bestellung zum Prüfer sei.
Der Mitbeteiligte erhob Einspruch.
1.3. Mit Bescheid vom gab der Landeshauptmann von Oberösterreich diesem Einspruch Folge und erkannte gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Abänderung des Bescheides der Gebietskrankenkasse zu Recht, daß die vom Mitbeteiligten für das Jahr 1984 für Prüfungsentschädigungen entrichteten Sozialversicherungsbeiträge gemäß § 69 Abs. 1 ASVG zurückzuzahlen seien. Nach der Begründung dieses Bescheides ergebe sich aus § 26 Abs. 4 AHStG, daß ein Prüfer nicht unbedingt Lehrbeauftragter sein müsse, wenngleich es eher selten vorkommen werde, daß eine geeignete Persönlichkeit nicht gleichzeitig auch Lehrbeauftragter sei. Einerseits sei der Mitbeteiligte mit der Abhaltung von Lehrveranstaltungen betraut worden und stehe daher in einem sozialversicherungsrechtlichen Dienstverhältnis, andererseits sei er mit Dekret vom gemäß § 26 Abs. 4 AHStG bis zum zum Prüfungskommissär bestellt worden. Der Lehrauftrag werde jeweils nur für ein Semester erteilt; die Bestellung zum Prüfer gelte für vier Jahre. Die Funktion als Prüfer bleibe auch in der vorlesungsfreien Zeit sowie für den Fall der Nichtbetrauung mit einem weiteren Lehrauftrag aufrecht.
Zu bemerken sei, daß die vorliegende Frage auch Gegenstand der Beratungen bei der Expertenkonferenz der Leiter der Sozialversicherungsabteilungen aller Bundesländer in Wien am
25. und gewesen sei. Auch hier seien sehr verschiedene Meinungen vertreten worden: Es handle sich um getrennte Bestellungsvorgänge. Es könne eine gesonderte Leistung angenommen werden, wenn eine Prüfungstätigkeit gesondert bezahlt werde. Es könne in diesem Fall durchaus ein Werkvertrag vorliegen. Andererseits sei auch die Auffassung vertreten worden, daß Lehren und Prüfen eine Gesamtheit darstelle, weshalb bei einem Lehrer, der auch prüfe, ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis angenommen werden müsse.
Der Landeshauptmann "neige aber doch eher zur Annahme, daß es sich im gegenständlichen Fall um getrennte Rechtsverhältnisse" handle, "die nur mittelbar miteinander zu tun haben". Die Prüfungsentgelte stellten daher keine Bezüge dar, die auf Grund des Dienstverhältnisses als Lehrbeauftragter gewährt würden und seien somit kein Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1 ASVG auf Grund des Lehrauftrages.
1.4. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Nach der Begründung dieser Beschwerde komme es erfahrungsgemäß selten vor, daß ein Prüfer nicht gleichzeitig auch Lehrbeauftragter sei. In der großen Mehrzahl der Fälle sei der Lehrbeauftragte nebenher zum Prüfungskommissär bestellt. Daraus sei zu schließen, daß die Übertragung von Aufgaben im Rahmen von Prüfungstätigkeiten im ursächlichen Zusammenhang mit dem Lehrauftrag, der ein Dienstverhältnis begründe, gesehen werden müsse. Die Tätigkeit als Prüfer sei letztlich Ausfluß der bestehenden Lehrtätigkeit. Zwischen Lehrtätigkeit und Prüfertätigkeit bestehe ein unmittelbarer Zusammenhang. Die Leistungen würden in beiden Fällen nur an einen Dienstgeber erbracht. Auch das Entgelt werde nur von einem Dienstgeber geleistet. Die Prüfungsentschädigungen stellten deshalb beitragspflichtiges Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1 ASVG dar.
1.5. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Gemäß § 69 Abs. 1 ASVG können zu Ungebühr entrichtete Beiträge zurückgefordert werden.
§ 69 Abs. 6 ASVG in der Fassung BGBl. Nr. 31/1973 lautet:
"Die Rückforderung ungebührlich entrichteter Beiträge steht dem Versicherten zu, soweit er die Beiträge selbst getragen hat, im übrigen dem Dienstgeber."
Gegenstand des Spruches des angefochtenen Bescheides ist der Ausspruch, daß die vom Mitbeteiligten für das Jahr 1984 für Prüfungsentschädigungen entrichteten Sozialversicherungsbeiträge gemäß § 69 Abs. 1 ASVG zurückzuzahlen sind. Unter den vom Mitbeteiligten entrichteten Beiträgen sind nach dem klaren Wortlaut des Spruches die Dienstnehmeranteile zu verstehen.
Aus der wiedergegebenen Bestimmung des § 69 Abs. 6 ASVG folgt - ungeachtet des Umstandes, daß der Dienstgeber Schuldner der Beitragsschuld auch hinsichtlich der Dienstnehmeranteile ist (§ 58 Abs. 2 ASVG) -, daß hinsichtlich der Rückforderung zu Ungebühr entrichteter Beiträge, die der - vermeintlich - Versicherte selbst getragen hat, ein Verwaltungsrechtsverhältnis unmittelbar zwischen dem Versicherten und dem Sozialversicherungsträger besteht, wobei über den geltend gemachten Rückforderungsanspruch im Verwaltungsrechtsweg durch Bescheid gemäß § 410 Abs. 1 Z. 7 ASVG zu entscheiden ist.
Unter dem Begriff der "entrichteten" Beiträge, soweit sie der Versicherte "selbst getragen" hat, sind nicht nur jene Beiträge zu verstehen, die der Versicherte selbst entrichtet (im Sinne von "bezahlt") hat, sondern auch jene Anteile an den vom Dienstgeber entrichteten Beiträgen, die als Dienstnehmeranteile infolge Ausübung des Abzugsrechtes des Dienstgebers gemäß § 60 Abs. 1 ASVG vom Dienstnehmer selbst getragen, nämlich von seinem Entgelt in barem abgezogen werden. Der Gesetzgeber hätte andernfalls nicht von "selbst getragen", sondern von "selbst gezahlt" im § 69 Abs. 6 ASVG gesprochen. Statt dessen hat er den Terminus der Beitragstragung verwendet, der immer im Zusammenhang mit der Aufteilung der Beitragslast verwendet wird (z.B. im § 53 Abs. 1 und 2 sowie im § 52 ASVG in Verbindung mit § 51 Abs. 3 leg. cit.; vgl. KREJCI, Das Sozialversicherungsverhältnis, 265).
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher nicht etwa schon deswegen als rechtswidrig, weil dem Mitbeteiligten ein Antragsrecht auf Rückzahlung der Dienstnehmeranteile an den vom Dienstgeber entrichteten Beiträgen von vornherein nicht zustünde.
2.2.1. § 49 Abs. 1 ASVG lautet:
"Unter Entgelt sind die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer (Lehrling) aus dem Dienst(Lehr)verhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienst(Lehr)verhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält."
§ 4 Abs. 2 ASVG lautet:
"Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes ist, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschafticher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen."
Unbestritten ist, daß der Mitbeteiligte nach § 38 Abs. 1 lit. c in Verbindung mit Abs. 4 UOG mit der Abhaltung von Lehrveranstaltungen wissenschaftlichen Charakters auf Grund eines remunerierten Lehrauftrages gemäß § 43 UOG im Jahr 1984 betraut war. Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen davon aus, daß dieser Lehrauftrag ein sozialversicherungsrechtliches Dienstverhältnis zwischen dem Mitbeteiligten und dem Bund im Sinne des § 4 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 ASVG begründet hat und finden sich dabei in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Slg. N.F. Nr. 4495/A, vom , Zl. 1580/59, vom , Zl. 1104/77 = ZfVB 1980/4/1205, und vom , Slg. N.F. Nr. 11.648/A = ZfVB 1985/4/1462; diese Rechtsauffassung liegt auch dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 9753 = ZfVB 1984/1/331, zugrunde; daß eine andere Betrachtungsweise bei nicht remunerierten Lehraufträgen hinsichtlich der Kollegiengeldabgeltung geboten ist, hat der Verwaltungsgerichtshof in letzter Zeit in seinem Erkenntnis vom , Zl. 89/08/0097, ausgesprochen).
2.2.2. Strittig ist, ob die an den Mitbeteiligten gezahlten Prüfungsentschädigungen, die er auf Grund seiner Eigenschaft als gemäß § 26 Abs. 4 AHStG bestelltes Mitglied der Diplomprüfungskommission bezog, Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1 ASVG im Rahmen seines Dienstverhältnisses als Lehrbeauftragter sind. Diese Frage wird von der belangten Behörde verneint.
§ 4 Abs. 1 LPG 1974 lautet:
"Für die Abnahme von Prüfungen (§ 23 Allgemeines Hochschul-Studiengesetz, BGBl. Nr. 177/1966) mit Ausnahme der Kolloquien (§ 23 Abs. 2 lit. a und Abs. 4 Allgemeines Hochschul-Studiengesetz), für den Vorsitz in Prüfungssenaten (§ 26 Abs. 10 Allgemeines Hochschul-Studiengesetz) sowie für die Beurteilung des Erfolges der Teilnehmer an Lehrveranstaltungen (§ 29 Abs. 1 Allgemeines Hochschul-Studiengesetz) gebührt eine Entschädigung."
Im § 4 Abs. 2 LPG 1974 wird die Höhe der Entschädigung für Prüfer gemäß § 26 Abs. 2 bis 5, 7, 8 und 10 AHStG, im § 4 Abs. 4 LPG 1974 die Höhe der Entschädigung für die Beurteilung des Erfolges an einer Lehrveranstaltung im Sinne des § 29 Abs. 1 AHStG festgelegt.
Es ist daher jedenfalls zwischen der Abnahme von Prüfungen und der Beurteilung des Erfolges der Teilnahme an einer Lehrveranstaltung (etwa an einem Proseminar, einer Pflichtübung oder einem Praktikum) zu unterscheiden. Dieser zweitgenannte Fall, in dem keine gesonderte und ausdrückliche Bestellung zum Prüfungskommissär erfolgt, steht hier nicht in Diskussion. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die Entschädigung für Prüfungstätigkeit in Form der Erfolgsbeurteilung der Teilnahme an einer Lehrveranstaltung wegen des sich aus dem Lehrauftrag ergebenden sachlichen und rechtichen Zusammenhanges zwischen der Vermittlung von Wissen und Fähigkeiten mit der Erfolgsbeurteilung neben der Lehrauftragsremuneration einen weiteren auf Grund des Lehrauftragsverhältnisses gebührenden Entgeltbestandteil im Sinne des § 49 Abs. 1 ASVG bildet.
Zu beurteilen ist vielmehr der erstgenannte Fall der Bestellung zum Prüfungskommissär.
2.2.3. Der Mitbeteiligte war zufolge des Bestellungsdekretes im strittigen Beitragszeitraum und auch über diesen hinaus bis zum gemäß § 26 Abs. 4 AHStG zum Prüfungskommissär für "Österreichisches Finanzrecht" (1. Diplomprüfung) und "Finanz- und Steuerrecht"
(2. Diplomprüfung) der Prüfungskommission für die Erste und Zweite Diplomprüfung der sozial- und wirtschaftswissenschaftlichen Studienrichtungen an der Johannes Kepler Universität in Linz bestellt.
§ 26 Abs. 3 und 4 AHStG in der Fassung BGBl. Nr. 332/1981 und 112/1982 (in der Fassung vor BGBl. Nr. 369/1990) lauteten:
"(3) Zur Abhaltung von Diplomprüfungen sind Prüfungskommissionen zu bilden. Der Präses und die erforderliche Zahl seiner Stellvertreter sind vom Bundesminister für Wissenschaft und Forschung auf Antrag der zuständigen akademischen Behörde aus dem Kreis der Universitätsprofessoren bzw. Hochschulprofessoren zu bestellen. Die Universitätslehrer gemäß § 23 Abs. 1 lit. a UOG der Universität (Fakultät) sind für die Fächer ihrer Lehrbefugnis Mitglieder der Prüfungskommission. Im Bedarfsfall sind auch Ordentliche und Außerordentliche Universitätsprofessoren, ferner Honorarprofessoren und Universitätsdozenten anderer inländischer Universitäten (Fakultäten) für die Fächer ihrer Lehrbefugnis gemäß § 23 Abs. 1 lit. a UOG sowie Hochschulprofessoren im Rahmen ihres Faches als Mitglied der Prüfungskommission zu bestellen. Zu Mitgliedern der Prüfungskommissionen sind österreichische Staatsbürger zu bestellen.
(4) Außerdem können bei Bedarf auf Antrag des Präses und nach Anhörung der zuständigen akademischen Behörde vom Bundesminister für Wissenschaft und Forschung sonstige beruflich oder außerberuflich besonders qualifizierte Fachleute zu Prüfungskommissären bestellt werden, die nach Möglichkeit aus dem Kreise der Lehrbeauftragten zu berufen sind."
Gemäß § 24 Abs. 2 AHStG sind die Diplomprüfungen als Gesamtprüfungen durchzuführen. Diese können gemäß § 24 Abs. 3 AHStG a) als kommissionelle Prüfungen vor dem gesamten Prüfungssenat oder b) als Teilprüfungen abgehalten werden. Sie sind mit einer Gesamtnote zu beurteilen. Die besonderen Studiengesetze haben die Art der Gesamtprüfungen festzulegen.
Aus diesen Regelungen läßt sich erkennen, daß es sich ungeachtet des (möglichen, aber nicht zwingenden) Zusammenhanges zwischen dem Lehrauftrag für eine Vorlesung und der Prüfungstätigkeit als Diplomprüfungskommissär um zwei voneinander, sowohl was den Rechtsgrund als auch was den Inhalt der entfalteten Tätigkeit anlangt, völlig verschiedene öffentlich-rechtliche Funktionen handelt. Die Bestellung in die beiden Funktionen erfolgt durch verschiedene Verwaltungsakte auf Grund verschiedener inhaltlicher und verfahrensrechtlicher Voraussetzungen. Wie bereits die belangte Behörde zutreffend herausgestellt hat, sollen die Prüfungskommissäre "nach Möglichkeit" aus dem Kreis der Lehrbeauftragten berufen werden. Eine gesetzliche Voraussetzung ist dies nicht. Umgekehrt ist es auch faktisch keineswegs so, daß alle Lehrbeauftragten üblicherweise zu Diplomprüfungskommissären bestellt werden, diese Prüferfunktion sozusagen zu den üblichen Pflichten des Lehrbeauftragten gehörte und die Bestellung durch einen eigenen öffentlich-rechtichen Verwaltungsakt (im Beschwerdefall:
Intimationsbescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung; nach der AHStG-Novelle 1990 durch einen auf Antrag des Präses der Prüfungskommission durch einen als Bescheid zu qualifizierenden Bestellungsakt des zuständigen Fakultätskollegiums) eine bloße Formalität wäre. Die Unabhängigkeit der beiden Betrauungsverhältnisse zeigt sich auch einprägsam im möglichen zeitlichen Auseinanderklaffen. Während der Lehrauftrag jeweils für ein Semester erteilt wird und die daraus resultierenden Pflichten mit dem betreffenden Semester enden - die Praxis ist von der Erteilung sogenannter Dauerlehraufträge abgekommen; ein solcher liegt hier auch nicht vor - umfaßt die Funktionsperiode als Prüfungskommissär vier Jahre (§ 26 Abs. 5 AHStG). Es ist daher schon aus diesem Grund ganz undenkbar, die Funktion als Mitglied der Diplomprüfungskommission als eine Art Nebenpflicht aus dem Lehrauftrag aufzufassen.
Die belangte Behörde ist daher in der Begründung ihres Bescheides zumindest insofern im Recht, als die Prüfungsentschädigungen nicht ohne weitere Prüfung ihres Rechtsgrundes und ihres rechtlichen Charakters als ein Entgelt aus dem Lehrauftragsverhältnis aufgefaßt werden durften, wie dies im Bescheid der beschwerdeführenden Gebietskrankenkasse vertreten wurde.
2.3.1. Aus dem bisherigen Ergebnis folgt allerdings noch nicht die Rechtmäßigkeit des Spruches des angefochtenen Bescheides, nämlich daß der Rückforderungsanspruch des Mitbeteiligten zu Recht bestehe. Dies träfe nur dann zu, wenn das durch die Bestellung zum Prüfungskommissär begründete Rechtsverhältnis zum Bund nicht als ein Dienstverhältnis im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG, sondern als ein einem freien Dienstvertrag vergleichbares öffentlich-rechtliches Betrauungsverhältnis - das die belangte Behörde zu Unrecht als "Werkvertrag" bezeichnet - aufzufassen wäre. Vor dem Hintergrund der im Punkt 2.2.3. dargestellten Verschiedenartigkeit der beiden öffentlich-rechtlich begründeten Funktionsverhältnisse verbietet es sich diesfalls, ausgehend von einem einheitlichen Beschäftigungsverhältnis, von einem Überwiegen der Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit zu sprechen. Lägen hingegen die Merkmale eines Beschäftigungsverhältnisses in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG auch für die Prüfungstätigkeit - für sich betrachtet - vor, dann wäre für die Zeit des Nebeneinanderbestehens der beiden Beschäftigungsverhältnisse - sozialversicherungsrechtlich - von einer einheitlichen Rechtsbeziehung (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 08/3687/80 = ZfVB 1984/4/1592, und vom , Slg. N.F. Nr. 12.722/A = ZfVB 1989/5/1619), nach Beendigung des Lehrauftrages während der weiterlaufenden Funktionsperiode als Prüfungskommissär hingegen lediglich vom Bestand dieses letzteren Beschäftigungsverhältnisses auszugehen.
2.3.2. Hinsichtlich der Qualifikation der Funktion des
Mitbeteiligten als Diplomprüfungskommissär erschöpft sich nun
der angefochtene Bescheid in der Wiedergabe der Ratlosigkeit
einer Expertenkonferenz der Leiter der
Sozialversicherungsabteilungen der Bundesländer, wenn
ausgeführt wird, "es könne ..... durchaus ein Werkvertrag
vorliegen"; es könnte aber auch ein einheitliches
Vertragsverhältnis angenommen werden; die belangte Behörde
neige "aber doch eher zur Annahme, daß es sich .... um
getrennte Rechtsverhältnisse handelt". Die belangte Behörde
- die offenbar der Ansicht zuneigt, es liege ein besonderes,
nicht als "Dienstvertrag" zu wertendes öffentlich-rechtliches
Betrauungsverhältnis vor - hat allerdings ungeprüft gelassen,
ob die Merkmale einer Beschäftigung in persönlicher und
wirtschaftlicher Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG
vorliegen. Dies wird im fortgesetzten Verfahren zu prüfen und
im einzelnen zu begründen sein. Dabei wird vor dem Hintergrund
der gemäß § 26 Abs. 5 AHStG auf die
Prüfungskommissionsmitglieder sinngemäß anzuwendenden
Bestimmungen des Beamten-Dienstrechtsgesetzes, BGBl.
Nr. 333/1979, hinsichtlich des Disziplinarrechtes, auf die Praxis bei der Einteilung der Mitglieder der Prüfungskommissionen zu Prüfungen Bedacht zu nehmen sein, von der amtsbekannt ist, daß jedenfalls ein nicht dem Dienststand der Universität angehöriges Kommissionsmitglied nicht gegen seinen Willen eingeteilt wird, was für den extraneus eine weitestgehende Selbstbestimmung hinsichtlich des Zeitpunktes der Arbeitserbringung, faktisch aber auch hinsichtlich des Umfanges derselben, bedeutet.
Bejaht die belangte Behörde die Beschäftigungsmerkmale im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG, wird
- sozialversicherungsrechtlich - ein den Lehrauftrag und die Prüfungstätigkeit umfassendes Beschäftigungsverhältnis mit einem zusammenzurechnenden Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1 ASVG anzunehmen sein. Verneinendenfalls erwiese sich der Spruch des angefochtenen Bescheides als zutreffend.
2.4. Aus diesen Erwägungen folgt, daß der von der belangten Behörde festgestellte Sachverhalt noch in wesentlichen Punkten einer Ergänzung bedarf. Die belangte Behörde hat daher den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet.
Der angefochtene Bescheid war infolge dessen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG aufzuheben.
2.5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 1 und Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
2.6. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.