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VwGH vom 21.08.2001, 2001/01/0057

VwGH vom 21.08.2001, 2001/01/0057

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Pelant, Dr. Mairinger und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des GA in U, vertreten durch Dr. Wolfgang Vacarescu, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Jakominiplatz 16/II, gegen die Steiermärkische Landesregierung wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Angelegenheit des Staatsbürgerschaftsgesetzes, gemäß § 42 Abs. 4 VwGG zu Recht erkannt:

Spruch

Der Antrag des Beschwerdeführers auf Verleihung der Staatsbürgerschaft wird gemäß § 10 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 abgewiesen.

Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom , bei der Steiermärkischen Landesregierung (der belangten Behörde) eingelangt am , beantragte der 1974 geborene Beschwerdeführer die Verleihung der Staatsbürgerschaft. Er sei rumänischer Staatsangehöriger und habe seit seinen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet; er gehe einer ordentlichen Erwerbstätigkeit nach, stehe der Republik Österreich bejahend gegenüber, sei unbescholten und keinem laufenden Strafverfahren bzw. Finanzstrafverfahren ausgesetzt; er verfüge über eine Niederlassungsbewilligung und über einen Befreiungsschein; im Hinblick darauf und angesichts der Dauer seines Aufenthaltes in Österreich berufe er sich auf den besonders berücksichtigungswürdigen Grund der "nachhaltigen beruflichen Integration".

Die belangte Behörde stellte Ermittlungen an und teilte dem Beschwerdeführer mit Vorhalt vom mit, dass sie keinen besonders berücksichtigungswürdigen Grund habe feststellen können. Dieser Vorhalt wurde dem Beschwerdeführer zuhanden seines im Verwaltungsverfahren ausgewiesenen Vertreters RA Dr. A. H. am zugestellt; von der ihm eingeräumten Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme binnen zwei Wochen hat der Beschwerdeführer - auch innerhalb des von ihm erbetenen Zeitraumes bis - keinen Gebrauch gemacht.

Mit Schriftsatz vom , beim Verwaltungsgerichtshof eingelangt am , erhob RA Dr. W. V. mit der Beifügung "Vollmacht gem. § 8 RAO erteilt" namens des Beschwerdeführers die vorliegende Säumnisbeschwerde.

Seitens des Verwaltungsgerichtshofs wurde mit Verfügung vom , bei der belangten Behörde eingelangt am , das Vorverfahren eingeleitet und der belangten Behörde aufgetragen, binnen drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliegt, und dazu gemäß § 36 Abs. 1 VwGG die Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen. Dieser Aufforderung kam die belangte Behörde nicht nach. Sie legte bloß (mit Note vom ) die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und wies - im Hinblick auf eine niederschriftlich aufgenommene Aussage des Beschwerdeführers vom , dass er "im gegenständlichen Verfahren" von RA Dr. A. H. vertreten werde - darauf hin, dass eine Vertretungsvollmacht für RA Dr. W. V. "im gegenständlichen Verfahren nicht zu erkennen" sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die belangte Behörde zieht nicht in Zweifel, dass bei Einbringung der gegenständlichen Säumnisbeschwerde die ihr nach § 27 Abs. 1 VwGG für die Erledigung des Antrages des Beschwerdeführers offen stehende sechsmonatige Frist bereits abgelaufen war. Erkennbar stellt sie sich jedoch auf den Standpunkt, RA Dr. W. V. ermangle es an der Vollmacht, namens des Beschwerdeführers diese Säumnisbeschwerde einzubringen. Dabei stützt sie sich darauf, dass für den Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren RA Dr. A. H. eingeschritten sei und dass der Beschwerdeführer selbst am angegeben habe, "im gegenständlichen Verfahren" (laut der im Akt erliegenden Niederschrift wörtlich: "Im Verfahren betreffend Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft") von RA Dr. A. H. vertreten zu werden. Außerdem sei eine Rückfrage an RA Dr. W. V. "um Vorlage der Vertretungsvollmacht" unbeantwortet geblieben.

Die belangte Behörde verkennt, dass es sich beim verwaltungsgerichtlichen Säumnisbeschwerdeverfahren und bei dem vor ihr abgeführten Verwaltungsverfahren um rechtlich selbständige Verfahren handelt. Abgesehen davon, dass eine Partei auch zwei Vertreter haben kann, steht daher einer Bevollmächtigung des Dr. A. H. im Verwaltungsverfahren einerseits und des nunmehr namens des Beschwerdeführers einschreitenden Rechtsanwaltes im verwaltungsgerichtlichen Verfahren andererseits nichts im Weg. Alleinige Aufgabe der belangten Behörde wäre es gewesen, nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens über den Antrag des Beschwerdeführers einen Bescheid zu erlassen, und zwar zuhanden des im Verwaltungsverfahren ausgewiesenen Rechtsanwaltes Dr. A. H.; Umstände, welche Zweifel am Bestand seiner Vollmacht erwecken könnten - er hatte sich "gem. § 8/1 RAO" auf die erteilte Vollmacht berufen und der Beschwerdeführer hat angegeben, weiter von ihm vertreten zu werden - sind nach der Aktenlage nicht erkennbar. Alleinige Aufgabe des Verwaltungsgerichtshofes ist es dagegen, die Frage der Vollmacht des vor ihm eingeschrittenen Rechtsanwaltes Dr. W. V. im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu beurteilen. Auch diesbezüglich liegen indes keine Anhaltspunkte vor, die Zweifel am Bestand des behaupteten Vollmachtsverhältnisses entstehen ließen und daher spezifische Ermittlungen rechtfertigen könnten.

Ist nach dem Gesagten davon auszugehen, dass RA Dr. W. V. zur Einbringung der gegenständlichen Säumnisbeschwerde bevollmächtigt war, so ist nunmehr darüber - mangels Nachholung des versäumten Bescheides durch die belangte Behörde - vom Verwaltungsgerichtshof gemäß § 42 Abs. 4 VwGG durch Erkenntnis in der Sache selbst zu entscheiden.

2. Der Beschwerdeführer verfügt laut eigenen Angaben erst seit über einen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet. Im Hinblick darauf erfüllt er nicht das Einbürgerungserfordernis des § 10 Abs. 1 Z 1 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG), weshalb sachverhaltsbezogen eine Verleihung der Staatsbürgerschaft nur dann in Betracht käme, wenn ein besonders berücksichtigungswürdiger Grund gemäß § 10 Abs. 4 Z 1 iVm § 10 Abs. 5 StbG vorläge.

Als derartigen besonders berücksichtigungswürdigen Grund hat der Beschwerdeführer schon bei Antragstellung seine "nachhaltige berufliche Integration" geltend gemacht. Damit hat er im Rahmen der demonstrativen Aufzählung des § 10 Abs. 5 StbG erkennbar Z 3 dieser Bestimmung angesprochen, welcher Tatbestand allerdings neben der beruflichen auch eine nachhaltige persönliche Integration voraussetzt. Zum Verständnis dieser mit der Staatsbürgerschaftsgesetznovelle 1998 neu geschaffenen Wendung führen die Erläuterungen zur Regierungsvorlage (1283 BlgNR 20. GP 8) im Übrigen aus:

"Der Nachweis nachhaltiger persönlicher und beruflicher Integration wird dann als erbracht gelten, wenn der Fremde sowohl beschäftigungsrechtlich (zB Arbeitserlaubnis, Befreiungsschein) als auch fremdenrechtlich (zB unbefristete weitere Niederlassungsbewilligung) eine bis auf weiteres gesicherte Position in Österreich hat und hier persönlich nachhaltig verankert ist (zB Familie lebt mit dem Fremden in Österreich, Kinder besuchen die Schule usw.)."

Der Beschwerdeführer, der seinen Angaben im vorgelegten Lebenslauf zufolge als Maurer arbeitet, verheiratet ist und zwei minderjährige Kinder hat, hat sich zwar auf einen Befreiungsschein und auf eine Niederlassungsbewilligung berufen, auf eine besondere persönliche Verankerung im Inland im Sinn der eben zitierten Erläuterungen vermochte er jedoch nicht zu verweisen, zumal er nicht behauptet hat, dass sich seine Ehefrau und seine beiden Kinder im Bundesgebiet befinden. Er hat auch sonst - trotz Vorhalts seitens der belangten Behörde - keine Umstände geltend gemacht, die dafür sprechen, dass seine Integration deutlich über dem Ausmaß liegt, welches von einem Fremden nach einem gleich langen inländischen Aufenthalt regelmäßig erwartet werden kann (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/01/0081). Der Tatbestand des § 10 Abs. 5 Z 3 StbG liegt daher nicht vor. Es existieren aber auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Voraussetzungen eines anderen Tatbestandes des § 10 Abs. 5 StbG gegeben seien oder dass der Beschwerdeführer aus anderen Gründen einen - in dieser Bestimmung nicht genannten - besonders berücksichtigungswürdigen Grund verwirkliche. Seinem Verleihungsbegehren musste daher spruchgemäß ein Erfolg versagt bleiben.

3. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auf § 55 Abs. 1 erster Satz VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am

Fundstelle(n):
PAAAE-34863