Suchen Hilfe
VwGH vom 22.06.1993, 92/08/0159

VwGH vom 22.06.1993, 92/08/0159

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schwächter, über die Beschwerde des C in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt, W, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom , Zl. IVb/7022/100 B, betreffend Rückersatz unberichtigt empfangener Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer beantragte am beim Arbeitsamt Angestellte (Wien) die Zuerkennung von Arbeitslosengeld. Als ordentlichen Wohnsitz gab er an: "K 7" (Wiener Adresse). Im gemeinsamen Haushalt mit ihm lebten seine Ehegattin und sein am geborener Sohn Alexander. Aufgrund dieses Antrages erhielt der Beschwerdeführer für die Zeit vom bis Arbeitslosengeld. In der ihm zugestellten "Mitteilung über den Leistungsanspruch" vom ist zwar der tägliche Anspruch angeführt, eine Differenzierung nach Grundbetrag und Familienzuschlägen findet sich darin aber nicht.

Am beantragte der Beschwerdeführer die Zuerkennung von Notstandshilfe. Als ordentlichen Wohnsitz führte er wiederum die Wiener Adresse an. Mit seiner Ehegattin "führe (er) keinen gemeinsamen Haushalt, lebe seit zwei Monaten getrennt." Auch in einem neuerlichen Antrag auf Zuerkennung der Notstandshilfe vom gab er als ordentlichen Wohnsitz die Wiener Adresse an und behauptete, daß seine Ehegattin nicht im gemeinsamen Haushalt mit ihm lebe, die "NÖ Adr." sei im Akt; für seinen Sohn bezahle er keine Alimente. Aufgrund dieser beiden Anträge erhielt der Beschwerdeführer Notstandshilfe für die Zeit vom bis .

Mit Bescheid des Arbeitsamtes Versicherungsdienste (Wien) vom wurde der Beschwerdeführer gemäß § 38 in Verbindung mit § 25 Abs. 1 AlVG zur Rückzahlung unberechtigt empfangener Notstandshilfe im Gesamtbetrag von S 48.061,-- verpflichtet. Begründet wurde diese Entscheidung damit, daß der Beschwerdeführer nicht gemeldet habe, daß seine Ehegattin seit in einem Dienstverhältnis stehe. Es habe sich daraus "eine Einkürzung der Notstandshilfe" ergeben, wodurch die im Spruch genannte Rückforderung entstanden sei.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wandte der Beschwerdeführer ein, es sei ihm nicht möglich gewesen, Angaben über die Einkommensverhältnisse der von ihm getrennt lebenden Ehegattin zu machen, weil er von ihr diesbezüglich keinerlei Informationen erhalte. Eine Herabsetzung der Notstandshilfe sei deshalb nicht zulässig, weil die Höhe seiner Ausgaben immer gleich bleibe, egal, ob seine Ehegattin mehr Geld zum Ausgeben habe oder nicht.

Mit dem aufgrund eines Beschlusses des Untersausschusses des zuständigen Verwaltungsausschusses ausgefertigten Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom wurde der Berufung keine Folge gegeben und der bekämpfte Bescheid bestätigt.

Dieser Bescheid wurde - nach Aufhebung des § 56 Abs. 3 AlVG, BGBl. Nr. 609/1977 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 61/1983, durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 295/90 und Folgezahlen - mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 92/08/0028, wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid, der für den Leiter des Landesarbeitsamtes Wien ausgefertigt wurde, gab die belangte Behörde der Berufung gegen den Bescheid des Arbeitsamtes Versicherungsdienste vom "betreffend Rückforderung unberechtigt empfangener

Notstandshilfe ... für die Zeit vom bis im

Differenzbetrag von S 48.061,--" keine Folge und bestätigte den bekämpften Bescheid.

In der Bescheidbegründung wird nach Wiedergabe von Bestimmungen des AlVG und der NHVO sowie des erstinstanzlichen Bescheides und der Berufung des Beschwerdeführers ausgeführt, der Beschwerdeführer habe vom bis Arbeitslosengeld inkl. zweier Familienzuschläge für seine Gattin und seinen Sohn bezogen, weil diese Personen mit ihm im gemeinsamen Haushalt gelebt hätten. Eine Aufgabe des gemeinsamen Haushaltes sei von ihm während des Leistungsbezuges ebensowenig gemeldet worden wie die Arbeitsaufnahme seiner Ehegattin am . Am habe seine Ehegattin ihren ordentlichen Wohnsitz nach Niederösterreich verlegt, sei jedoch auch weiterhin an der Wiener Adresse gemeldet geblieben. Auch bei ihrem Dienstgeber habe die Ehegattin des Beschwerdeführers die Wiener Adresse als Wohnadresse angegeben. Am habe der Beschwerdeführer beim Arbeitsamt Angestellte seinen Anspruch auf Notstandshilfe geltend gemacht, wobei er im Antragsformular angeführt habe, mit seiner Ehegattin seit zwei Monaten einen getrennten Haushalt zu führen. Belege für geleistete Unterhaltszahlungen habe er keine erbracht, weshalb ihm die Notstandshilfe ohne Familienzuschläge zuerkannt worden sei. Auch mit einem Schreiben vom habe er mitgeteilt, mit seiner Ehegattin keinen gemeinsamen Haushalt zu führen; eine Abmeldebestätigung könne er jedoch nicht vorlegen. Anläßlich seiner Einvernahme am (vor der erstinstanzlichen Behörde) habe er erklärt, seinen ordentlichen Wohnsitz in Wien zu haben. Mit seiner in Niederösterreich wohnenden Ehegattin führe er keinen gemeinsamen Haushalt. Alimente für sein Kind leiste er auch nicht. Seine Ehegattin habe (in einer niederschriftlichen Vernehmung vor dem Arbeitsamt Tulln in einem Verfahren auf Karenzurlaubsgeld aus Anlaß der Geburt eines weiteren Sohnes am ) angegeben, ca. Anfang April 1985 nach Niederösterreich übersiedelt zu sein; die Anmeldung in Niederösterreich sei aber erst am erfolgt. Weiters habe seine Ehegattin, die seit Karenzurlaubsgeld beziehe, wobei aus der Aktenlage hervorgehe, daß der Beschwerdeführer Vater beider Kinder sei, in dieser niederschriftlichen Vernehmung angegeben, daß der Beschwerdeführer seine Kinder gelegentlich besuche, für sie aber keine Unterhaltszahlungen leiste. Um dem Beschwerdeführer diesen Sachverhalt zur Kenntnis zu bringen, sei er für den geladen worden. Er habe jedoch telefonisch erklärt, nicht vorsprechen zu können; er werde aber die gewünschten Belege (über den Verwendungszweck eines von ihm aufgenommenen Kredites) übermitteln. In der Folge habe der Beschwerdeführer als Verwendungszweck des Kredites die Abdeckung der für den Lebensunterhalt in der Zeit von Jänner 1981 bis März 1983 entstandenen Schulden angegeben. Mit einem Schreiben vom habe der Beschwerdeführer erklärt, seit geschieden zu sein; dies habe er durch einen bezüglichen Scheidungsbeschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien nachgewiesen.

Die belangte Behörde sei nun "aus folgenden Gründen zur Ansicht (gelangt), daß der gemeinsame Haushalt mit Ihrer Gattin nur deshalb aufgegeben wurde, um der Anrechnung des Einkommens Ihrer Gattin zu entgehen": Der Beschwerdeführer und seine Ehegattin hätten übereinstimmend angegeben, bereits seit Anfang April (1985) keinen gemeinsamen Haushalt mehr zu führen. Hätte dies der Richtigkeit entsprochen, so wäre dieser Umstand vom Beschwerdeführer, weil er für seine Ehegattin einen Familienzuschlag beantragt und auch erhalten habe, dem Arbeitsamt umgehend zu melden gewesen. Zudem hätte seine Ehegattin ihrem Dienstgeber dann die allfällige neue Adresse bekannt gegeben, was aber nicht erfolgt sei. Des weiteren sei der belangten Behörde nicht glaubhaft erschienen, daß der Beschwerdeführer - wäre kein gemeinsamer Haushalt vorgelegen - den Antrag auf Notstandshilfe erst eine Woche nach Ende des Arbeitslosengeldbezuges gestellt hätte, wobei offensichtlich die am Tag vor der Antragstellung erfolgte Änderung des Hauptwohnsitzes seiner Ehegattin abgewartet worden sei. Letztlich widerspreche es auch der Lebenserfahrung, daß seine Ehegattin auf einen Unterhaltsanspruch wenigstens für das Kind (nunmehr auch für beide Kinder) verzichtet hätte, wäre ein getrennter Haushalt vorgelegen. Ein diesbezüglicher Unterhaltsanspruch sei auch dann nicht gestellt worden, als der Beschwerdeführer wieder in Beschäftigung gestanden sei und seine Ehegattin Karenzurlaubsgeld bezogen habe. Auch dies weise auf eine Versorgung "im Rahmen eines gemeinsamen Haushaltes (wenn auch an 2 verschiedenen ordentlichen Wohnsitzen)" hin. Das vom Beschwerdeführer vorgelegte Scheidungsdekret lasse überdies keinen gültigen Schluß zu, daß die Ehe bereits im spruchrelevanten Zeitraum nur mehr dem Papier nach bestanden habe. Dem widerspreche nämlich die darin beinhaltete Aussage, die eheliche Gemeinschaft sei seit einem halben Jahr aufgehoben (das heiße seit ), sowie die Tatsache, daß seine Ehegattin am einen Sohn geboren habe, dessen Vaterschaft der Beschwerdeführer nie bestritten habe. Seine Behauptung, im spruchrelevanten Zeitraum habe "kein gemeinsamer Haushalt - wenngleich mit zwei getrennten Wohnsitzen - bestanden", erscheine daher unglaubwürdig.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt der Beschwerdeführer zunächst, daß er zwar zur Rückzahlung angeblich unberechtigt empfangener Notstandshilfe verpflichtet worden sei, in den jeweiligen Sprüchen der Bescheide der erstinstanzlichen und der belangten Behörde sei aber nicht "über eine Einkürzung der Notstandshilfe bzw. Neubemessung" gemäß dem Erfordernis des § 24 AlVG abgesprochen worden, dies auch in keinem anderen Bescheid.

Dieser Einwand ist unberechtigt, weil mit der im erstinstanzlichen Bescheid ausgesprochenen Verpflichtung des Beschwerdeführers zur Rückzahlung "unberechtigt empfangener Notstandshilfe" in Verbindung mit der Bescheidbegründung gerade noch erkennbar zum Ausdruck gebracht wurde, daß damit auch über die rückwirkende Berichtigung der Bemessung der dem Beschwerdeführer gewährten Notstandshilfe gemäß den §§ 24 Abs. 2, 38 AlVG bescheidmäßig abgesprochen wurde (vgl. in diesem Sinne die Erkenntnisse vom , Zl. 82/08/0243, und vom , Zl. 88/08/0022). Daß der daraus ermittelte Differenzbetrag an zuviel bezahlter Notstandshilfe unrichtig errechnet worden sei, behauptet der Beschwerdeführer nicht.

Der Beschwerdeführer stellt in seiner Beschwerde auch nicht in Abrede, daß ihm - ausgehend von einem gemeinsamen Haushalt mit seiner Ehegattin im maßgeblichen Zeitraum vom bis - kein Anspruch auf Notstandshilfe zustand und unter dieser Voraussetzung die rückwirkende Berichtigung sowie die Rückforderung der Notstandshilfe dem Gesetz entsprach; er erachtet aber die Annahme der belangten Behörde, es habe im relevanten Zeitraum "ein gemeinsamer Haushalt, aufgeteilt auf zwei Wohnsitze" bestanden bzw. es sei "die Hausgemeinschaft nur deshalb aufgegeben worden, um der Anrechnung des Einkommens (der Ehegattin) zu entgehen" aus nachstehenden Umständen als mangelhaft begründet:

Es sei ihm gänzlich unbekannt gewesen, wie sich sein Arbeitslosengeldbezug zusammengesetzt habe, weil "nichts separat ausgewiesen" worden sei, also weder ein Familienzuschlag für seine Ehegattin noch für seinen Sohn (in der Mitteilung über den Leistungsanspruch) aufgeschienen sei. Dementsprechend sei es ihm auch völlig unbekannt gewesen, daß er das Verlassen des gemeinsamen ehelichen Haushaltes durch seine Ehegattin hätte dem Arbeitsamt bekanntgeben müssen. Die belangte Behörde gehe ferner einerseits davon aus, daß seine Ehegattin ihren ordentlichen Wohnsitz am nach Niederösterreich verlegt habe, und schließe aus dem Umstand, daß der Beschwerdeführer seinen Antrag auf Notstandshilfe am gestellt habe, darauf, daß seine Ehegattin den Wohnsitz nur zum Schein gewechselt habe, damit der Beschwerdeführer den genannten Antrag stellen könne. Andererseits stelle die belangte Behörde aber fest, daß der Beschwerdeführer und seine Gattin angegeben hätten, seit Anfang April 1985 nicht mehr im gemeinsamen Haushalt zu wohnen, seine Ehegattin vielmehr bereits Anfang April 1985 nach Niederösterreich übersiedelt sei. Auch vom Arbeitsamt Tulln sei ausdrücklich festgestellt worden, daß seine Ehegattin Anfang April 1985 einen anderen Wohnsitz bezogen habe. Wann die konkrete polizeiliche Ummeldung erfolgt sei, sei einerseits unerheblich und andererseits vom Beschwerdeführer nicht beeinflußbar. Er habe gar nicht wissen können, wann seine Ehegattin tatsächlich eine Anmeldung des neuen Wohnsitzes vorgenommen habe. Ob seine Ehegattin die neue Adresse ihrem Dienstgeber bekanntgegeben habe, könne nicht dem Beschwerdeführer zur Last gelegt werden, es entziehe sich auch seiner Kenntnis. Angeblich habe sie diese Mitteilung gemacht. Im Hinblick auf die dargestellte Situation sei es unerfindlich, warum die belangte Behörde behaupte, die Hausgemeinschaft sei nur deshalb aufgegeben worden, um der Anrechnung des Einkommens seiner Ehegattin auf die Notstandshilfe zu entgehen. Die Ausführungen zu wechselseitigen Alimentationsleistungen widersprächen jeglicher allgemeiner Lebenserfahrung. Denn danach hätte ihn einerseits seine Ehegattin auf Unterhaltsleistungen belangen sollen, andererseits hätte er seine Ehegattin aufgrund des gegenseitigen Unterhaltsanspruchs zur Leistung eines Unterhaltes veranlassen bzw. darauf klagen sollen. Es liege auf der Hand, daß seine Ehegattin deshalb keine Alimentationsansprüche an den Beschwerdeführer gestellt habe, weil sie seine konkrete materielle Situation gekannt habe, und daß auch der Beschwerdeführer in Anbetracht der konkreten Situation nicht auf Unterhalt habe klagen können. In seiner niederschriftlichen Vernehmung vom habe der Beschwerdeführer aber angegeben, daß er seiner Ehegattin auf freiwilliger Basis ohnedies S 10.000,-- für die Kinder übergeben habe. Die Ausführungen zum Scheidungsbeschluß seien nicht nachvollziehbar. Natürlich stehe darin, daß die eheliche Gemeinschaft seit mindestens einem halben Jahr aufgehoben sei; diese entspreche den gesetzlichen Erfordernissen. Es stehe im Beschluß aber nicht, seit wann die eheliche Gemeinschaft konkret aufgehoben sei. Abschließend sei nochmals darauf hinzuweisen, daß die übereinstimmenden Aussagen des Beschwerdeführers und seiner Ehegattin sowie die Erhebungen des Arbeitsamtes Tulln ausdrücklich ergeben hätten, daß seine Ehegattin seit April 1985 einen eigenen Wohnsitz, getrennt vom Beschwerdeführer, gehabt habe und keineswegs ein gemeinsamer Haushalt, aufgeteilt auf zwei Wohnsitze, vorgelegen sei.

Diese (zu Unrecht unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemachten) Verfahrensrügen sind aus nachstehenden Gründen nicht berechtigt:

Die entscheidungswesentliche Beurteilung, ob die rückwirkende Berichtigung der Bemessung der vom Beschwerdeführer im Zeitraum vom 1. Juni bis empfangenen Notstandshilfe berechtigt war, ist nach der in diesem Rückforderungszeitraum geltenden Rechtslage vorzunehmen (vgl. dazu u.a. das Erkenntnis vom , Zl. 92/08/0018, mit weiteren Judikaturhinweisen).

Sachverhaltsbezogen ist hiefür die Bestimmung des § 2 Abs. 2 NHVO, BGBl. Nr. 352/1973, in der Stammfassung maßgeblich, die lautet:

"Bei der Beurteilung der Notlage sind die gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse des Arbeitslosen selbst sowie der Angehörigen zu berücksichtigen. Im allgemeinen ist nur das Einkommen der im gemeinsamen Haushalt mit dem Arbeitslosen lebenden Angehörigen heranzuziehen. Von dieser Regel ist dann abzugehen, wenn der Arbeitslose die Hausgemeinschaft mit Eltern (Wahleltern, Stiefeltern) oder Ehegatten nur deshalb aufgegeben hat oder ihr ferngeblieben ist, um der Anrechnung des Einkommens dieser Personen zu entgehen, weiters dann, wenn das Einkommen unterhaltspflichtiger Angehöriger ein überdurchschnittliches ist."

Eine Anrechnung des Einkommens der Ehegattin des Beschwerdeführers (nach den Regeln des § 6 NHVO) setzte daher voraus, daß entweder der Beschwerdeführer im relevanten Zeitraum im gemeinsamen Haushalt mit seiner Ehegattin lebte oder ein solcher gemeinsamer Haushalt zwar nicht bestand, der Beschwerdeführer aber die Hausgemeinschaft mit seiner Ehegattin nur deshalb aufgegeben hat oder ihr ferngebelieben ist, um der Anrechnung ihres Einkommens auf die ihm gebührende Notstandshilfe zu entgehen, oder - trotz Fehlens auch der zuletzt genannten Voraussetzung - das Einkommen der (demnach nicht im gemeinsamen Haushalt mit ihm lebenden) unterhaltspflichtigen Ehegattin ein überdurchschnittliches war.

Die belangte Behörde hat sich mit der zuletzt genannten Voraussetzung nicht befaßt; mangels diesbezüglicher Feststellungen kann auch vom Verwaltungsgerichtshof nicht aus eigenem geprüft werden, ob diese Voraussetzungen im Beschwerdefall vorlagen (vgl. zum Begriff des "überdurchschnittlichen Einkommens" die Erkenntnisse vom , Zl. 88/08/0010, und vom , Zl. 88/08/0282). Die belangte Behörde ist vielmehr, wie sich aus dem einleitenden Satz der eigentlichen Erwägungen in der Bescheidbegründung sowie aus ihrer Deutung in der Gegenschrift ergibt, von der zweitgenannten Voraussetzung ausgegangen, nämlich daß der bestehende gemeinsame Haushalt des Beschwerdeführers mit seiner Ehegattin an der Wiener Adresse nur deshalb aufgegeben wurde und der Beschwerdeführer der Hausgemeinschaft mit seiner Ehegattin in deren neuer Wohnung nur deshalb ferngeblieben ist, um der Anrechnung des Einkommens seiner Ehegattin zu entgehen. In der näheren Begründung dieser "Ansicht" spricht die belangte Behörde zwar von einem Hinweis "auf eine Versorgung im Rahmen eines gemeinsamen Haushaltes (wenn auch an zwei verschiedenen ordentlichen Wohnsitzen)" und davon, daß kein "getrennter Haushalt vorgelegen" sei; diese Wendungen sind aber - mit der Konsequenz eines Widerspruchs zum Einleitungssatz der entscheidenden Begründung - nicht so zu verstehen, daß ihrer Auffassung nach im relevanten Zeitraum doch ein gemeinsamer Haushalt an gemeinsamen Wohnsitzen (in Wien und in Niederösterreich) bestanden habe. Im Zusammenhang mit der im Einleitungssatz zum Ausdruck gebrachten Ansicht, die unter anderem durch diese Wendungen begründet werden sollte, und der Feststellung, daß die Ehegattin des Beschwerdeführers ihren Wohnsitz am nach Niederösterreich verlegt habe, sind diese Wendungen vielmehr in der Gesamtdeutung der Geschehnisse durch die belangte Behörde so zu verstehen, daß die einseitige Verlegung des Wohnsitzes von Wien nach Niederösterreich durch die Ehegattin des Beschwerdeführers von den Ehegatten gemeinsam beschlossen worden sei, um einer Anrechnung des Einkommens der Ehegattin auf die Notstandshilfe des Beschwerdeführers zu entgehen, und diese dann diesen Beschluß auch entsprechend vollzogen hätten. Demnach habe dann zwar ein formal getrennter Haushalt, aber ohne die sonst an getrennte Haushalte von Ehegatten geknüpften Rechtsfolgen bestanden.

Mit seinen Einwänden gegen die Begründung dieser Ansicht bekämpft der Beschwerdeführer die Beweiswürdigung der belangten Behörde. Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 45 Abs. 2 AVG) bedeutet nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht, daß der in der Begründung des Bescheides niederzulegende Denkvorgang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt. Die Bestimmung des § 45 Abs. 2 AVG hat nur zur Folge, daß - sofern in den besonderen Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist - die Würdigung der Beweise keinen anderen, insbesondere keinen gesetzlichen Regeln unterworfen ist. Dies schließt aber eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind. Schlüssig sind solche Erwägungen nur dann, wenn sie unter anderem den Denkgesetzen, somit auch dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen (vgl. u.a. das Erkenntnis vom , Slg. Nr. 8.619/A). Unter Beachtung der nämlichen Grundsätze hat der Verwaltungsgerichtshof auch zu prüfen, ob die Behörde im Rahmen ihrer Beweiswürdigung alle in Betracht kommenden Umstände vollständig berücksichtigt hat (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 92/08/0071, mit weiteren Judikaturhinweisen).

Einer solchen Schlüssigkeitsprüfung hält die Begründung des angefochtenen Bescheides auch unter dem Blickwinkel des Beschwerdevorbringens stand. Denn es ist keineswegs realitätsfremd, wenn die belangte Behörde aus dem Ablauf der Ereignisse (Beginn des Dienstverhältnisses der Ehegattin des Beschwerdeführers am , polizeiliche Anmeldung an der niederösterreichischen Adresse am , Antrag auf Notstandshilfe durch den Beschwerdeführer am , also nach mehr als einer Woche nach Ablauf des Bezuges von Arbeitslosengeld) in Verbindung damit, daß die Ehegattin ihre neue Adresse ihrem Dienstgeber nicht bekanntgab und die eheliche Gemeinschaft zwischen ihr und dem Beschwerdeführer damals noch intakt gewesen sein dürfte, wie sowohl die Geburt des weiteren Kindes am als auch die Unterlassung der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen zunächst für ein Kind und dann für beide Kinder (und nicht für die Ehegattin selbst, wie der Beschwerdeführer meint) erweist, den Schluß gezogen hat, es sei (im obgenannten gemeinsamen Zusammenwirken) der gemeinsame Haushalt des Beschwerdeführers mit seiner Ehegattin nur deshalb aufgegeben worden (und der Beschwerdeführer der Hausgemeinschaft mit seiner Ehegattin in deren neuer Wohnung nur deshalb ferngeblieben), um der Anrechnung ihres Einkommens auf die ihm gebührende Notstandshilfe zu entgehen. Es ist auch nicht unschlüssig, wenn die belangte Behörde es aus diesen Gründen nicht für glaubwürdig erachtete, daß die Verlegung des Wohnsitzes von Wien nach Niederösterreich durch die Ehegattin des Beschwerdeführers schon Anfang April 1985 erfolgte. Entgegen dem Beschwerdevorbringen hat das Arbeitsamt Tulln derartiges nicht "erhoben und auch ausdrücklich festgestellt"; es hat vielmehr nur die dementsprechende Aussage der Ehegattin des Beschwerdeführers der erstinstanzlichen Behörde bekanntgegeben. Ob der Beschwerdeführer wußte, daß in seinem Arbeitslosengeldbezug nicht nur der Grundbetrag, sondern auch Familienzuschläge enthalten waren, ist angesichts der übrigen Argumente der belangten Behörde von nicht entscheidender Bedeutung; auffällig ist jedenfalls, daß er trotz einer entsprechenden Belehrung auf der Rückseite der "Mitteilung über den Leistungsanspruch" die angeblich schon Anfang April 1985 erfolgte Verlegung des ordentlichen Wohnsitzes seiner Ehegattin und seines Sohnes von Wien nach Niederösterreich dem Arbeitsamt nicht gemeldet hat. Was schließlich die behauptete Bezahlung von S 10.000,-- an die Ehegattin für die Kinder betrifft, so erfolgte diese Zahlung nach der niederschriftlichen Vernehmung des Beschwerdeführers vom erst im August 1986, also lange nach dem entscheidungsrelevanten Zeitraum.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

Fundstelle(n):
DAAAE-34841