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VwGH vom 08.11.2001, 2000/21/0079

VwGH vom 08.11.2001, 2000/21/0079

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde des P in Furth/Göttweig, geboren am , vertreten durch Dr. Frank Riel, Rechtsanwalt in 3500 Krems, Gartenaugasse 1, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom , Zl. Fr 3755/99, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Feststellung gemäß § 75 Fremdengesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit in Rechtskraft erwachsenem Bescheid vom erließ der Bürgermeister der Stadt Krems gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Singapur, gemäß § 36 iVm § 39 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot. Dem lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer wegen eines Suchtgiftdeliktes zu einer achtjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden war.

Am stellte der Beschwerdeführer folgenden

Antrag:

"Betrifft:

Aufenthaltsverbot, Abschiebung nach Singapur

Zahl: I/3-Fr-9577/98

Gegen mich wurde ein unbefristetes Aufenthaltsverbot für die Republik Österreich erlassen. Ich bin singaporesischer Staatsbürger. Bei einer Abschiebung nach Singapur laufe ich Gefahr der Todesstrafe unterworfen zu werden, da Drogendelikte in Singapur zwingend mit dem Tode bestraft werden.

Eine Kopie eines Auszuges aus dem "World Factbook of Criminal Justice Systems" und einen Auszug aus dem "Misuse of Drugs Act", ebenfalls aus dem World Factbook lege ich bei.

Ich beantrage daher aus den genannten Gründen von einer Abschiebung nach Singapur abzusehen, da stichhaltige Gründe bestehen, dass ich in Singapur der Gefahr der Todesstrafe ausgesetzt wäre."

Der Bürgermeister der Stadt Krems wies diesen Antrag gemäß § 75 Abs. 2 FrG als verspätet zurück, weil bei seiner Einbringung das über den Beschwerdeführer verhängte Aufenthaltsverbot bereits in Rechtskraft erwachsen sei. In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, dass die Einschränkung der Antragstellung nach § 75 Abs. 2 FrG verfassungswidrig sei. Es werde daher der Antrag gestellt, "der Berufung stattzugeben, den bezeichneten Bescheid vom ... aufzuheben und festzustellen, dass meine Abschiebung nach Singapur unzulässig ist".

Mit Bescheid vom gab die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich (die belangte Behörde) der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge. Der Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung sei von der Erstbehörde gemäß § 75 Abs. 2 FrG zu Recht als verspätet zurückgewiesen worden.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt zunächst vor, dass die Verwaltungsbehörden im Hinblick auf das von ihm zu verantwortende Delikt (Suchtgifthandel) und im Hinblick auf seine Staatsangehörigkeit (Singapur) bereits von Amts wegen § 57 Abs. 1 FrG wahrzunehmen gehabt hätten. Daran ist richtig, dass die Fremdenpolizeibehörden jederzeit und unabhängig von allenfalls gestellten Anträgen der Verpflichtung der genannten Gesetzesstelle, wonach die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig ist, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass sie Gefahr liefen, dort einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden, Rechnung zu tragen haben (siehe auch die vom Beschwerdeführer zitierten Erläuterungen in der Regierungsvorlage zum FrG, 685 BlgNR 20. GP, 83). Konkret bedeutet das, dass die Fremdenpolizeibehörden bei Zutreffen der Behauptungen des Beschwerdeführers seine Abschiebung nach Singapur nicht vornehmen dürften und dass sie ihm, wenn eine Abschiebung in einen anderen Staat nicht in Frage käme, gegebenenfalls von Amts wegen gemäß § 56 Abs. 2 FrG einen Abschiebungsaufschub zu erteilen hätten. Tatsächlich ist eine Abschiebung nach Singapur nicht vorgenommen worden. Dass die Fremdenpolizeibehörden aber allenfalls ihrer Verpflichtung zur Erteilung eines Abschiebungsaufschubes nicht nachgekommen sind, kann den vorliegenden, nicht über diese Frage absprechenden Bescheid nicht mit Rechtswidrigkeit belasten.

Der Beschwerdeführer macht weiter geltend, dass die Verwaltungsbehörden verpflichtet gewesen wären, seinen eingangs wiedergegebenen Antrag vom als Antrag auf Erteilung eines Abschiebungsaufschubes nach § 56 Abs. 2 FrG aufzufassen. Diesbezüglich ist ihm zuzubilligen, dass der erwähnte Antrag auch in diese Richtung deutbar gewesen wäre. Die erstinstanzliche Behörde hätte diesen Antrag daher nicht ohne weiteres als solchen nach § 75 Abs. 1 FrG behandeln dürfen, zumal Parteienerklärungen im Zweifel nicht so auszulegen sind, dass ein von vornherein aussichtsloses Rechtsschutzbegehren unterstellt wird (vgl. in diesem Sinn die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998) unter E 49 f. zu § 13 AVG zitierte hg. Judikatur). Die erstinstanzliche Behörde hätte vielmehr vor Erlassung ihres Bescheides auf eine Klarstellung des mehrdeutigen Anbringens dringen müssen. Dass sie dies unterlassen hat, ist für den gegenständlichen Beschwerdefall jedoch ohne Relevanz. Die Berufungsausführungen des Beschwerdeführers haben die gebotene Klarstellung nämlich nachträglich erbracht, und zwar dergestalt, dass - wie von der erstinstanzlichen Behörde unterstellt - in der Tat ein Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung nach Singapur gestellt worden sei. Das ergibt sich eindeutig daraus, dass in der Berufung auf § 75 Abs. 2 FrG Bezug genommen wird - ohne Erwähnung des Rechtsinstituts nach § 56 Abs. 2 FrG - und dass sie den Antrag enthält, die Unzulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers nach Singapur festzustellen. Die Beschwerdeausführungen vermögen die so erfolgte Klarstellung nicht in Frage zu stellen. Dass es dem Beschwerdeführer unbenommen bleibt, nunmehr einen Antrag auf Erteilung eines Abschiebungsaufschubes nach § 56 Abs. 2 FrG zu stellen, bedarf keiner weiteren Begründung. Nicht zuletzt im Hinblick auf diese Möglichkeit gehen auch die verfassungsrechtlichen Bedenken des Beschwerdeführers gegen § 75 Abs. 2 FrG ins Leere, wobei des Näheren gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das zur inhaltsgleichen Bestimmung des § 54 Abs. 2 Fremdengesetz 1992 ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/21/0306, verwiesen wird (siehe zuletzt auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/21/0082).

Im Ergebnis vermag die Beschwerde daher keine Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheid aufzuzeigen, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am