VwGH vom 16.10.2001, 2000/09/0004
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde des A in W, vertreten durch Dr. Martin Zadra, Rechtsanwalt in 1190 Wien, Döblinger Hauptstraße 48, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom , Zl. 10/13115/896 886, betreffend Versagung eines Befreiungsscheines nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein bosnischer Staatsangehöriger, befand sich in der Zeit vom bis in Untersuchungshaft. Seine zuletzt erteilte Aufenthaltsbewilligung endete am . Den Antrag auf Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung stellte er erst nach seiner Haftentlassung am .
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde der am gestellte Antrag des Beschwerdeführers, ihm einen Befreiungsschein nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) auszustellen bzw. zu verlängern, gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 15a Abs. 1 AuslBG abgewiesen.
Zur Begründung ihrer Entscheidung führte die belangte Behörde nach Darlegung des Verfahrensverlaufes und der maßgebenden Rechtslage im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei im Besitz eines Befreiungsscheines mit der Gültigkeitsdauer vom bis gewesen. Der Antrag auf Verlängerung (vom ) sei demnach nicht innerhalb der Geltungsdauer der Berechtigung gestellt worden. Dem Begriff der "Verlängerung" sei eine Antragstellung innerhalb der Geltungsdauer einer Berechtigung immanent und entspreche auch dem § 19 Abs. 5 AuslBG, wonach der Antrag auf Verlängerung eines Befreiungsscheines vor Ablauf der jeweiligen Geltungsdauer einzubringen sei. § 15 Abs. 2 AuslBG räume einem ausländischen Staatsbürger nur die Hemmung der in Abs. 1 Z. 1 leg. cit. festgelegten Fristen ein, während derer der Ausländer in seinem Heimatstaat den Wehrdienst oder den Wehrersatzdienst ableiste, was im Beschwerdefall nicht zutreffe. Außerdem bewirke der Hemmungstatbestand des § 15 Abs. 2 AuslBG nur die Verlängerung des Beurteilungszeitraumes für die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen zur Ausstellung bzw. Verlängerung eines Befreiungsscheines, entbinde einen ausländischen Staatsbürger jedoch nicht von der rechtzeitigen Antragstellung im Sinne des § 19 Abs. 5 AuslBG. Nach § 15a Abs. 4 AuslBG, der auf die Gültigkeit des § 7 Abs. 7 und 8 AuslBG im Zusammenhang mit dem Antrag auf Verlängerung eines Befreiungsscheines verweise, gelte bei Einbringung eines Antrags auf Ausstellung eines Befreiungsscheines vor Ablauf der Beschäftigungsbewilligung diese bis zur rechtskräftigen Entscheidung darüber als verlängert. Es trete aber bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen für die begehrte Verlängerung die Wirkung der Nichtverlängerung erst mit jenem Zeitpunkt ein, der sich aus den die Rechte des Ausländers sichernden gesetzlichen Bestimmungen und Normen der kollektivvertraglichen Rechtsgestaltung ergebe. Dies sei für das Beschwerdeverfahren irrelevant, da es sich bei dem Anbringen vom nicht um eine Verlängerung des dem Beschwerdeführer bis ausgestellten Befreiungsscheines handle. § 19 Abs. 5 AuslBG bestimme auch unmissverständlich, dass der Antrag auf Verlängerung eines Befreiungsscheines vor Ablauf der jeweiligen Geltungsdauer einzubringen sei, und lasse keine andere Interpretation zu. Die Hinweise auf die Aufenthaltszeiten des Beschwerdeführers in Österreich sowie seine aufenthaltsrechtliche Situation seien für das gegenständliche Verfahren mangels entsprechender Regulative im AuslBG hinsichtlich der Verlängerung eines Befreiungsscheines von keiner Bedeutung. Für die Berechnung des Anbringens vom sei zur Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen gemäß § 15 Abs. 1 Ziff 1 AuslBG der Zeitraum vom bis bzw. im Hinblick auf die erstinstanzliche Entscheidung vom jener vom bis heranzuziehen gewesen. Der Beschwerdeführer sei in diesen Zeiträumen vom bis , vom bis , vom bis , bis , bis und vom bis , vom bis und bis sowie vom bis beschäftigt gewesen, was 1 Jahr, 4 Monaten und 27 Tagen, bzw. wie im erstinstanzlichen Bescheid ausgeführt 516 Tagen, entspreche. Somit sei das Erfordernis zur Ausstellung eines Befreiungsscheines gemäß § 15 Abs. 1 Ziff 1 AuslBG - Beschäftigungsdauer von 5 Jahren während der letzten 8 Jahre - nicht erfüllt. Auch sei das laufende Dienstverhältnis ab bis nicht zu berücksichtigen gewesen, da der Befreiungsschein mit Ablauf des seine Gültigkeit verloren habe und für den Beschwerdeführer keine weitere Arbeitsberechtigung erteilt worden sei, weshalb es sich bei dieser Beschäftigung um keine erlaubte Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG gehandelt habe. Im Übrigen würde sich selbst unter Heranziehung dieses Zeitraumes auch nur eine Gesamtbeschäftigungszeit von 3 Jahren, 11 Monaten und 27 Tagen ergeben, so dass die Anspruchsvoraussetzungen zur Ausstellung eines Befreiungsscheines auch in diesem Falle nicht gegeben gewesen wären.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichtete, von diesem nach Ablehnung ihrer Behandlung mit Beschluss vom , B 1797/98-10, an den Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde.
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Ausstellung bzw. Verlängerung des beantragten Befreiungsscheines nach dem AuslBG, "auf unselbständige Erwerbstätigkeit im Inland, auf Niederlassung im Inland, auf Aufrechterhaltung seiner Niederlassung bzw. Verbleib im Inland und auf ein mangelfreies Verfahren" verletzt.
Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Beschwerdeführer erstattete eine Replik.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 15 Abs. 1 Z. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl. Nr. 218/1975 in der Fassung BGBl. Nr. 314/1994 ist einem Ausländer auf Antrag ein Befreiungsschein auszustellen, wenn der Ausländer während der letzten acht Jahre mindestens fünf Jahre im Bundesgebiet im Sinne des § 2 Abs. 2 mit einer dem Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes unterliegenden Tätigkeit erlaubt beschäftigt war.
Nach Abs. 2 leg. cit. wird der Lauf der Fristen nach Abs. 1 durch Zeiten, während derer der Ausländer in seinem Heimatstaat den Wehrdienst oder den Wehrersatzdienst abgeleistet hat, gehemmt.
Nach Abs. 6 leg. cit. wird der Ablauf des Befreiungsscheines während der Dauer eines Lehrverhältnisses und der gesetzlichen oder kollektivvertraglichen Verpflichtung zur Weiterverwendung gehemmt.
Nach § 15a Abs. 1 AuslBG ist der Befreiungsschein gemäß § 15 Abs. 1 Z. 1 zu verlängern, wenn der Ausländer während der letzten fünf Jahre mindestens zweieinhalb Jahre im Bundesgebiet gemäß diesem Bundesgesetz beschäftigt (§ 2 Abs. 2) war. Die Hemmungsgründe gemäß § 15 Abs. 2 sind anzuwenden.
Nach Abs. 4 leg. cit. gilt § 7 Abs. 7 und 8 entsprechend.
Vorweg ist festzuhalten, dass Gegenstand des Beschwerdeverfahrens und des hierzu vorgelegten Verwaltungsaktes ausschließlich ein Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung bzw. Verlängerung des Befreiungsscheines vom ist; ein Antrag vom ist - trotz der in § 19 Abs. 9 AuslBG geforderten Schriftform - nicht aktenkundig und kann daher vom Verwaltungsgerichtshof auch nicht zum Gegenstand seiner Überlegungen gemacht werden.
Ausgehend von den vom Beschwerdeführer selbst dargestellten zeitlichen Abläufen ging die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid davon aus, dass der Beschwerdeführer die genannten zeitlichen Voraussetzungen der Beschäftigungsdauer für die begehrte Ausstellung des Befreiungsscheines bzw. der Antragstellung für eine Verlängerung nicht erfüllt habe.
Dass die Frist des § 15a AuslBG bzw. die in § 15 leg. cit genannten Beschäftigungszeiten - aus welchen Gründen auch immer - nicht eingehalten bzw. erreicht wurden, wird vom Beschwerdeführer nicht in Abrede gestellt. Er argumentiert jedoch im Wesentlichen damit, es seien ihm all jene "fiktiven" Beschäftigungszeiten anzurechnen, die ihm bei Wegdenken der nach seiner Darstellung ungerechtfertigten Untersuchungshaft (Anm.: vom 7. August bis ) und der angeblich dadurch verspätet eingebrachten Verlängerungsanträge betreffend seinen Aufenthaltstitel (Ablauf per , Verlängerungsantrag im November 1994) bzw. den ihm ausgestellten Befreiungsschein (Ablauf per , Verlängerungsantrag ) erzielbar und daher zu seinen Gunsten in Anrechnung zu bringen gewesen wären.
Dabei übersieht der Beschwerdeführer jedoch, dass das Gesetz eine fiktive Anrechnung von Beschäftigungszeiten nicht vorsieht. Eine dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/09/0202, ähnliche Konstellation lag hier nicht vor.
Die Beschwerde war daher schon aus diesem Grunde als unbegründet gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm § 41 AMSG und der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am