VwGH vom 12.04.1988, 87/05/0204
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Würth, Dr. Degischer und Dr. Domittner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hollinger, über die Beschwerde des Dipl.- Ing. KB in W, vertreten durch Dr. Friedrich Halzl, Rechtsanwalt in Wien I, Seilergasse 3, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom , Zl. MDR-B XVI-9/87, betreffend eine Bauangelegenheit, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.660,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am wurde dem Beschwerdeführer der mit datierte Verwaltungsakt des Magistrates der Stadt Wien, Mag. Abt. 37, zugestellt, in welchem unter "I. Mitteilung" gemäß § 49 Abs. 1 der Bauordnung für Wien "bekanntgegeben wird, daß für das auf der Liegenschaft EZ. 1925 der Kat.-Gem. XY, Grundstück 673/7 errichtete Gebäude die Orientierungsnummer 58 an der S-gasse festgesetzt wurde. Alle anderslautenden Orientierungsnummern sind zu löschen. Unter einem wird mitgeteilt, daß sich der Liegenschaftszugang an der S-gasse befindet".
Unter "II. Bescheid" derselben Erledigung wurde unter Berufung auf die genannte Gesetzesstelle "der Hauseigentümer beauftragt, die unter I. bekanntgegebene Orientierungsnummer nächst dem Liegenschaftszugang binnen 4 Wochen ab Rechtskraft dieses Bescheides anzubringen und stets lesbar zu erhalten".
Mit seinem Schriftsatz vom erhob der Beschwerdeführer "gegen den ...... Bescheid vom das Rechtsmittel der vollen Berufung" und stellte den Antrag, diesen Bescheid aufzuheben bzw. zu ändern, "da er auf unrichtigen Annahmen (Zugangsmöglichkeit von der S-gasse) beruht und somit der maßgebliche Sachverhalt nicht festgestellt wurde (Mangelhaftigkeit des Verfahrens)".
Unter der Überschrift "Begründung" führte der Beschwerdeführer sodann wörtlich folgendes aus:
"Es wurde im Bescheid mitgeteilt, daß für das Gebäude am Grundstück 673/7 der Liegenschaft EZ. 1925 KG XY die Orientierungsnummer S-gasse 58 festgesetzt wurde und daß sich der Liegenschaftszugang an der S-gasse befindet.
Es entspricht nicht den Tatsachen, daß sich der Liegenschaftszugang an der S-gasse befindet, daher grenzt die Liegenschaft auch nicht an die öffentliche Verkehrsfläche und ist daher die vorgeschriebene Anbringung einer Orientierungsnummer der S-gasse nicht möglich. Hingegen endet die S-gasse ca. 60 m von meiner Liegenschaftsgrenze entfernt und liegen noch einige Grundstücke dazwischen (Beilage 1).
Wie bereits in den Entscheidungsgründen zum Urteil 10 b 526/77 des Obersten Gerichtshofes vom ausgeführt wurde, besteht zwischen der Liegenschaft EZ. 1925 und öffentlichen Verkehrsflächen keine Verbindung, sohin auch nicht zur Sgasse und ist daher der Zugang und die Zufahrt einzig und allein über Grundstück 673/5 EZ. 3752 möglich (Beilage 2 - Grundbuchsauszug EZ. 3752 und EZ. 1925).
Seit Rechtskraft des OGH-Urteiles hat sich an den örtlichen Gegebenheiten nichts geändert."
Mit dem auf dem Sitzungsbeschluß vom beruhenden Bescheid der Bauoberbehörde für Wien gleichen Datums wurde diese Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 mit der Begründung "als unzulässig zurückgewiesen", daß eine Berufung gemäß § 63 Abs. 3 AVG 1950 nur gegen einen Bescheid zulässig sei, die Bekanntgabe der Orientierungsnummer und des Zuganges der Liegenschaft von der S-gasse jedoch nicht in Form eines anfechtbaren Bescheides, sondern als Mitteilung ergangen sei, gegen welche eine Berufung unzulässig sei. Im übrigen wurde noch darauf hingewiesen, daß sich zwischen der gegenständlichen Liegenschaft und dem ausgebauten westlichen Teil der S-gasse zum Straßengrund zurechenbare Grundteile bereits im öffentlichen Gut befänden, sodaß eine ununterbrochene Verbindung zu dem ausgebauten Straßenteil entstanden sei. Da in den seit 1977 verstrichenen Jahren am Ende des ausgebauten Straßenteiles Bauplatzschaffungen und Bauplatzführungen erfolgt seien, sei seit 1977 wohl eine Änderung der örtlichen Gegebenheiten erfolgt.
Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Wie der vorstehenden Sachverhaltsdarstellung zu entnehmen ist, wurde die Berufung des Beschwerdeführers mit dem Spruch des angefochtenen Bescheides "als unzulässig zurückgewiesen", also ein verfahrensrechtlicher Bescheid erlassen, sodaß auch nur die Frage der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung Thema des vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens sein kann, also nicht zu erörtern ist, ob die Behörde erster Instanz zu Recht von einem Anwendungsfall des § 49 Abs. 1 der Bauordnung für Wien ausgegangen ist. Auf das diesbezügliche Beschwerdevorbringen ist daher nicht einzugehen.
Die dem Beschwerdeführer zugegangene Erledigung des Magistrates der Stadt Wien, Mag. Abt. 37, vom enthielt, wie schon ausgeführt worden ist, unter Pkt. I. eine auf § 49 Abs. 1 der Bauordnung für Wien gestützte "Mitteilung", in welcher u.a. ausgeführt worden ist, "daß sich der Liegenschaftszugang an der S-gasse befindet", sowie unter Pkt. II.
den "Bescheid", demzufolge der Hauseigentümer die in Rede stehende
Orientierungsnummer anzubringen habe. Im zweiten Satz der
Begründung der vorstehend wörtlich wiedergegebenen Berufung hat
sich nun der Beschwerdeführer einerseits zwar gegen die Annahme
der Behörde erster Instanz gewandt, "daß sich der
Liegenschaftszugang an der S-gasse befindet", also die Richtigkeit
des dritten Satzes der nicht als Bescheid zu qualifizierenden
"Mitteilung" bestritten, andererseits aber auch ausgeführt, daß
"die vorgeschriebene Anbringung einer Orientierungsnummer der S-
gasse nicht möglich ist". Damit hat der Beschwerdeführer
unzweifelhaft zum Ausdruck gebracht, daß sich seine "Berufung"
auch gegen den "Bescheid", also den Pkt. II. des Verwaltungsaktes
vom richtet, mit welchem die Anbringung der
Orientierungsnummer aufgetragen worden ist. Abgesehen davon hat
der Beschwerdeführer in seiner Berufungserklärung ausdrücklich
ausgeführt, gegen den ihm "zugegangenen Bescheid vom
... das Rechtsmittel der vollen Berufung" zu ergreifen, woraus
angesichts der zum Pkt. II. der in Rede stehenden behördlichen
Erledigung gegebenen Rechtsmittelbelehrung ("Gegen diesen Bescheid
kann ... Berufung erhoben werden") jedenfalls nicht abgeleitet
werden kann, daß sich der Berufungsschriftsatz nur gegen die unter Pkt. I. dieses Verwaltungsaktes erfolgte "Mitteilung" richtet.
Die belangte Behörde ist daher zu Unrecht davon ausgegangen, daß mit der vorliegenden Berufung nicht auch der als "Bescheid" überschriebene Teil des Verwaltungsaktes vom bekämpft worden ist, weshalb die Berufung des Beschwerdeführers nicht zurückgewiesen werden durfte, sondern über das gegen diesen "Bescheid" gerichtete Vorbringen meritorisch zu entscheiden gewesen wäre.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit den Bestimmungen der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.
Wien, am