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VwGH vom 23.04.1991, 87/05/0190

VwGH vom 23.04.1991, 87/05/0190

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Würth, Dr. Degischer und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde 1) der A und 2) des B gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. II/2-655-1973, betreffend Verlängerung der Baubeginnsfrist (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde C, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der (ehemaligen) Gemeinde D vom war den Beschwerdeführern gemäß §§ 16 und 26 der Bauordnung für Niederösterreich die Bewilligung zur Errichtung eines Wochenendhauses-Einfamilienhauses auf der Parzelle Nr. 510/8, KG D, erteilt worden. Mit einem am bei der Gemeinde D eingelangten Ansuchen beantragte der Zweitbeschwerdeführer, die Frist für den Beginn des Bauvorhabens zu verlängern. Mit dem beim Marktgemeindeamt C am eingelangten Ansuchen beantragten die Beschwerdeführer den Übergang der Zuständigkeit auf den Gemeinderat, da der Bürgermeister über das Ansuchen um Verlängerung der Baubeginnsfrist nicht entschieden habe.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom wurde dem Devolutionsantrag stattgegeben, gleichzeitig wurde das Ansuchen um Verlängerung der Baubeginnsfrist gemäß § 103 Abs. 5 der NÖ Bauordnung abgewiesen. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, der Devolutionsantrag sei berechtigt, da die Baubehörde erster Instanz über den Antrag um Verlängerung der Baubeginnsfrist nicht fristgerecht entschieden habe. Das Ansuchen um Verlängerung der Baubeginnsfrist habe jedoch abgewiesen werden müssen, weil der Flächenwidmungsplan der Katastralgemeinde D im Bezug auf das Bauvorhaben gegenüber dem Zeitpunkt der Erlassung des Baubewilligungsbescheides vom nicht unverändert geblieben sei. Damit fehle eine gesetzliche Voraussetzung zur Verlängerung der Baubeginnsfrist.

Die dagegen eingebrachte Vorstellung der Beschwerdeführer vom wies die belangte Behörde erst mit Bescheid vom als unbegründet ab.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser hat mit Beschluß vom , Zlen. B 1090/86-14, B 1091/86-14, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. Zur Begründung führte der Verfassungsgerichtshof aus, die Beschwerde behaupte die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums durch Anwendung eines gesetzwidrigen Flächenwidmungsplanes. Vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu diesem Recht lasse das Vorbringen angesichts der Aktenlage die behaupteten Rechtsverletzungen, aber auch die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen, daß sie - unter dem Blickwinkel der vom Verfassungsgerichtshof zu prüfenden Rechtsverletzungen - keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.

In der vorliegenden Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht. Die Beschwerdeführer seien in ihrem Recht auf Verlängerung der Baubewilligung schon deshalb verletzt worden, weil gegen § 18 (gemeint wohl: des NÖ. Raumordnungsgesetzes) verstoßen worden sei. Danach würden Verfahren, die im Zeitpunkt der Kundmachung bereits anhängig gewesen seien, durch die Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes nicht berührt. Im Zeitpunkt des Ansuchens um Verlängerung der Baubeginnsfrist () habe der Flächenwidmungsplan nicht bestanden. Er hätte daher richtigerweise keinen Einfluß auf das Verfahren haben dürfen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 103 Abs. 1 der Niederösterreichischen Bauordnung, LGBl. Nr. 166/1969, erlischt das Recht aus Bescheiden gemäß §§ 92, 93 und 94, wenn die Ausführung des Vorhabens nicht binnen zwei Jahren nach Rechtskraft der Bescheide begonnen wurde (§ 106 Abs. 1) oder die Vorhaben nicht innerhalb von fünf Jahren nach Beginn der Ausführung vollendet sind. Nach § 103 Abs. 5 ist die Frist für den Beginn der Ausführung über Antrag zu verlängern, wenn der Flächenwidmungs- und der Bebauungsplan in bezug auf das Vorhaben unverändert geblieben sind und der Beginn der Ausführung ohne Verschulden des Bewilligungswerbers verzögert wurde.

Nach dem Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. N.F. Nr. 9315/A, hat die Behörde im allgemeinen das im Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides geltende Recht anzuwenden. Eine andere Betrachtungsweise wird dann geboten sein, wenn etwa der Gesetzgeber in einer Übergangsbestimmung zum Ausdruck bringt, daß auf anhängige Verfahren noch das bisher geltende Gesetz anzuwenden ist. Weiters wird eine andere Betrachtungsweise auch dann Platz zu greifen haben, wenn darüber abzusprechen ist, was an einem bestimmten Stichtag oder in einem konkreten Zeitraum Rechtens war.

Die Übergangsbestimmungen der Niederösterreichischen Bauordnung LGBl. Nr. 166/1969 lauteten wie folgt:

"§ 120

Übergangsbestimmungen

(1) Die Gemeinden haben bis längstens einen Bebauungsplan gemäß Abschnitt II dieses Gesetzes zu erlassen.

(2) Die auf Grund § 5 der Bauordnung für Niederösterreich, LGBl. Nr. 36/1883, erlassenen Regulierungspläne gelten hinsichtlich der Regelung der Bebauung bis zum Inkrafttreten der Verordnung gemäß Abs. 1 als vereinfachte Bebauungspläne im Sinne der Abs. 3 und 4, unbeschadet einer Geltung als vereinfachte Flächenwidmungspläne zufolge § 24 Abs. 2 NÖ. Raumordnungsgesetz.

(3) Die Gemeinden, welche keinen Regulierungsplan oder einen Regulierungsplan ohne Regelung der Bebauung erlassen haben, sind, unbeschadet der Bestimmung des Abs. 1, verpflichtet, bis längstens einen vereinfachten Bebauungsplan (Abs. 4) zu erlassen.

(4) Im vereinfachten Bebauungsplan sind jedenfalls die Straßenfluchtlinien und die vorderen Baufluchtlinien festzulegen.

(5) Für die Änderung der Regulierungspläne und der vereinfachten Bebauungspläne gilt § 8 sinngemäß.

(6) Bei der Beurteilung von Teilungsplänen gemäß § 11 Abs. 3 Z. 1 ist sowohl ein vereinfachter Bebauungsplan gemäß Abs. 2 oder 3 als auch ein vereinfachter Flächenwidmungsplan gemäß § 24 Abs. 2 oder 3 NÖ. Raumordnungsgesetz zu berücksichtigen.

(7) Eine Bewilligung gemäß §§ 92 oder 93 ist in Gemeinden, in denen nur ein vereinfachter Bebauungsplan gemäß Abs. 2 oder 3 gilt - abgesehen von den im § 100 Abs. 4 aufgezählten Gründen -, zu versagen, wenn


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1.
das geplante Vorhaben auf einem Grundstück vorgesehen ist, welches durch eine ohne baubehördliche Bewilligung erfolgte Grundabteilung entstanden ist;
2.
innerhalb der geschlossenen Ortschaft das geplante Vorhaben zur bestehenden Bebauung in einem auffallenden Widerspruch steht oder
3.
außerhalb der geschlossenen Ortschaft das geplante Vorhaben die geordnete Entwicklung der Bau- und Siedlungstätigkeit der Gemeinde gefährdet.

(8) Eine Bewilligung gemäß §§ 92 oder 93 darf in Gemeinden, in denen noch kein Bebauungsplan gemäß Abs. 1 und auch kein vereinfachter Bebauungsplan gemäß Abs. 2 oder 3 gilt, nur unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des Abs. 7 erteilt werden. Außerdem sind in jeder Bewilligung die Straßenflucht- und Baufluchtlinien zu bestimmen.

§ 121

Geltende Rechte und laufende Verfahren.

(1) Bewilligungen, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits bestanden, bleiben bestehen. Die Fristen für die Ausübung und für das Erlöschen dieser Rechte sind nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zu errechnen, jedoch mit der Maßgabe, daß die Bauvollendungsfrist gemäß § 103 Abs. 1 frühestens am endet.

(2) Bewilligungen, die auf Widerruf erteilt wurden, erlöschen spätestens fünf Jahre nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes. Befristete Bewilligungen werden durch das Inkrafttreten dieses Gesetzes nicht berührt.

(3) Die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits in erster Instanz abgeschlossenen Verfahren sind nach den bisherigen Bestimmungen zu Ende zu führen. Alle anderen anhängigen Verfahren sind nach den Bestimmungen dieses Gesetzes durchzuführen.

(4) Bewilligte Baulichkeiten werden, unbeschadet der Bestimmungen des Abschnittes VIII, durch dieses Gesetz nicht berührt.

(5) Für nunmehr gemäß § 93 Z. 2, 3 und 4 bewilligungspflichtige Vorhaben ist die Bewilligung binnen einem Jahr nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes zu beantragen, widrigenfalls die Baubehörde die konsenslose Fortsetzung untersagen kann."

Aus diesen Bestimmungen läßt sich nicht ableiten, daß ein zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde bestehender vereinfachter Flächenwidmungsplan nicht zu berücksichtigen wäre. Der von den Beschwerdeführern angezogene § 18 des Niederösterreichischen Raumordnungsgesetzes, LGBl. Nr. 275/1968, lautet:

"§ 18

Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes.

(1) Ein örtliches Raumordnungsprogramm gemäß § 10 Abs. 2 darf nur abgeändert werden:


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1.
wegen Aufstellung oder Änderung eines Raumordnungsprogrammes des Landes oder anderer rechtswirksamer überörtlicher Planungen,
2.
wegen wesentlicher Änderung der Grundlagen (§ 2 Abs. 3),
3.
zur Abwehr schwerwiegender volkswirtschaftlicher Nachteile für die in der Gemeinde verkörperte Gemeinschaft oder
4.
wegen Löschung des Vorbehaltes gemäß § 16 Abs. 3 oder 14.

(2) Verfahren, die im Zeitpunkt der Kundmachung (§ 17 Abs. 1) bereits anhängig waren, werden durch die Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes gemäß § 10 Abs. 2 nicht berührt.

(3) Für das Verfahren gelten die Bestimmungen des § 17 sinngemäß."

Die Übergangsbestimmung des § 18 Abs. 2 des Niederösterreichischen Raumordnungsgesetzes (ROG), die die Beschwerdeführer zitierten, konnte im gegenständlichen Verfahren schon deshalb nicht angewendet werden, weil sich diese Bestimmung nur auf die im Beschwerdefall nicht gegebene Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes durch die Gemeinde (§ 10 ROG) bezieht.

Zum Zeitpunkt der Erlassung des Baubewilligungsbescheides vom war nach der Aktenlage für die ehemalige Gemeinde D kein, auch kein vereinfachter Flächenwidmungsplan rechtswirksam. Mit Verordnung des Regierungskommissärs vom wurde für die Gemeinde D ein vereinfachter Flächenwidmungsplan erlassen. Dieser Flächenwidmungsplan wurde nach Abschluß des Begutachtungsverfahrens mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom gemäß § 17 Abs. 7 ROG aufsichtsbehördlich genehmigt. Die entsprechende Verordnung ist nach Kundmachung in der Zeit vom 7. Dezember bis mit rechtswirksam geworden. Nach diesem vereinfachten Flächenwidmungsplan liegt das Grundstück Nr. 510/8, KG D, im Grünland. Da bei Erlassung des Baubewilligungsbescheides vom kein Flächenwidmungsplan rechtswirksam war, bei der Erlassung des Bescheides betreffend das Ersuchen um Verlängerung der Baubeginnsfrist jedoch ein vereinfachter Flächenwidmungsplan vorlag (mit dem für die gegenständliche Liegenschaft die Widmungsart Grünland festgelegt wurde), kam der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde zutreffend zu dem Schluß, daß die Voraussetzungen für die Verlängerung der Baubeginnsfrist gemäß § 103 Abs. 5 der Niederösterreichischen Bauordnung für ein Wochenend- oder Einfamilienhaus nicht vorlagen. Zu Recht hat daher die Gemeindeaufsichtsbehörde die Vorstellung der Beschwerderführer abgewiesen.

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.