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VwGH vom 29.06.1993, 92/08/0037

VwGH vom 29.06.1993, 92/08/0037

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Händschke als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schwächter, über die Beschwerde der M in W, vertreten durch Dr. O, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom , Zl. IVb/7022/7100 B, betreffend Widerruf und Rückforderung von Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Aufgrund ihres Antrages vom wurde der Beschwerdeführerin am ein Arbeitslosengeld in Höhe von täglich S 164,80 ab Antragstag zuerkannt. Mit Bescheid des Arbeitsamtes Versicherungsdienste vom wurde die Beschwerdeführerin jedoch zur Rückzahlung unberechtigt empfangenen Arbeitslosengeldes für die Zeit vom bis im Betrag von insgesamt S 7.251,-- (Restschuld S 5.292,--) mit der Begründung verpflichtet, sie sei laufend als Gesellschafterin bei der Firma E beschäftigt gewesen. Infolge der dagegen fristgerecht eingebrachten Berufung wurde dieser Bescheid mit Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien (aufgrund eines Beschlusses des Unterausschusses des zuständigen Verwaltungsausschusses) vom aufgehoben und dabei ausgesprochen, daß, "soweit von ihrer Leistung bereits etwas einbehalten wurde, dieses neuerlich an sie zur Auszahlung gelangen" werde. Die Anweisung der Nachzahlung erfolgte am , die Mitteilung über den nunmehr aufrechten Leistungsanspruch in Höhe von S 164,80 täglich ab Anfallstag ( bis voraussichtlich ) erfolgte am .

Mit Bescheid vom widerrief das Arbeitsamt Versicherungsdienste den Bezug des Arbeitslosengeldes für den Zeitraum vom bis und verpflichtete die Beschwerdeführerin gemäß § 25 Abs. 1 AlVG zur Rückzahlung des unberechtigt in diesem Zeitraum empfangenen Arbeitslosengeldes in Höhe von S 22.742,--. Als Begründung wurde die Tatsache herangezogen, daß die Beschwerdeführerin am ein Dienstverhältnis aufgenommen, jedoch das Arbeitslosengeld bis weiter bezogen habe. Sie hätte erkennen müssen, daß ihr das Arbeitslosengeld in dieser Höhe nicht gebühre.

Die belangte Behörde gab aufgrund eines Beschlusses des Unterausschusses des zuständigen Verwaltungsausschusses mit Bescheid vom der fristgerecht dagegen erhobenen Berufung der Beschwerdeführerin keine Folge und bestätigte den Bescheid des Arbeitsamtes Versicherungsdienste.

Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 91/08/0017, wurde dieser Bescheid (als Anlaßfall des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom , G 295/90 und Folgezahlen, womit § 56 Abs. 3 AlVG 1977 BGBl. Nr. 609 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 61/1983, betreffend die Zuständigkeit des Unterausschusses des zuständigen Verwaltungsausschusses zur Entscheidung über Berufungen gegen Bescheide der Arbeitsämter, als verfassungswidrig aufgehoben worden war) wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Mit dem nunmehr vom Landesarbeitsamt Wien erlassenen Bescheid vom wurde der Berufung der Beschwerdeführerin neuerlich keine Folge gegeben.

Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides habe die Beschwerdeführerin am die Aufnahme eines Dienstverhältnisses per gemeldet. Aus Anlaß der Aufhebung des vom Arbeitsamt Versicherungsdienste erfolgten Widerrufs sowie der Rückforderung des im Zeitraum vom bis bezogenen Arbeitslosengeldes, sei aber von seiten der Arbeitsmarktverwaltung darauf vergessen worden, diese Arbeitsaufnahme per zu berücksichtigen, weshalb die (nun) zu erbringende Leistung bis zum Höchstausmaß () zur Auszahlung gelangt sei. Da die Beschwerdeführerin bis Arbeitslosengeld bezogen habe, habe ihr infolge Arbeitsaufnahme auffallen müssen, daß ihr ab keine Leistung mehr hätte gebühren können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 24 Abs. 2 AlVG ist die Zuerkennung von Arbeitslosengeld zu widerrufen oder die Bemessung rückwirkend zu berichtigen, wenn sich die Zuerkennung oder die Bemessung des Arbeitslosengeldes als gesetzlich nicht begründet herausstellt.

Gemäß § 25 Abs. 1 AlVG ist in diesen Fällen der Empfänger des Arbeitslosengeldes zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen mußte, daß die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte.

Zutreffend sind beide Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens davon ausgegangen, daß im Beschwerdefall nur der dritte Fall des § 25 Abs. 1 AlVG zum Tragen kommen kann. Alleinentscheidende Frage ist daher im vorliegenden Fall, ob die belangte Behörde hinsichtlich des von der Beschwerdeführerin für den Zeitraum bis empfangenen Arbeitslosengeldes zu Recht den dritten Rückforderungstatbestand des § 25 Abs. 1 erster Satz AlVG angenommen hat, ob also die Beschwerdeführerin hätte erkennen müssen, daß die Leistung ihr nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. Dabei ist nach ständiger Judikatur des

Verwaltungsgerichtshofes nach dem Wortlaut "... wenn er

erkennen mußte, daß ..." der hier heranzuziehende Tatbestand nicht erst dann erfüllt, wenn der Leistungsempfänger die Ungebührlichkeit der Leistung an sich erkannt hat; das Gesetz stellt vielmehr auf das bloße Erkennenmüssen ab und statuiert dadurch eine - allerdings nicht näher definierte - Sorgfaltspflicht. Es entspricht jedoch ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. hg. Erkenntnis vom , Zl. 91/08/0163 und die dort angegebene Judikatur), daß zur Anwendung des dritten Rückforderungstatbestandes der zitierten Gesetzesbestimmung bereits Fahrlässigkeit genügt. Fahrlässige Unkenntnis davon, daß die Geldleistung nicht (oder nicht in dieser Höhe) gebührte, setzt voraus, daß die Ungebühr bei Gebrauch der (im Sinn des § 1297 ABGB zu vermutenden) gewöhnlichen Fähigkeiten erkennbar gewesen ist. Ob dies zutrifft, ist im Einzelfall zu beurteilen, wobei jedoch der Grad der pflichtgemäßen Aufmerksamkeit weder überspannt noch überdurchschnittliche geistige Fähigkeiten verlangt werden dürfen (vgl. auch hg. Erkenntnisse vom , Zl. 81/08/0151, Slg. Nr. 10.968/A und das bereits zitierte Erkenntnis vom , Zl. 91/08/0163).

Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, daß der Beschwerdeführerin mit Anweisung vom ein Betrag an Arbeitslosengeld in Höhe von S 34.608,-- nachgezahlt wurde. Im Hinblick darauf, daß der Beschwerdeführerin bereits vor diesem Zeitpunkt eine Mitteilung zugegangen war, wonach ihr für die Zeit vom bis Arbeitslosengeld in der Höhe von S 164,80 täglich gebühre, und auf den Umstand, daß sie ab in ein Dienstverhältnis trat, hätte ihr aus den obgenannten Betrag auffallen müssen, daß dieser Betrag um ein Beträchtliches höher war, als jener, den sie hätte erwarten dürfen.

Aus diesen Gründen kann Fahrlässigkeit im Sinn der oben stehenden Ausführungen nicht ausgeschlossen werden, weshalb der Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG ein Erfolg zu versagen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

Fundstelle(n):
UAAAE-34455

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