VwGH 28.04.1987, 87/05/0016
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Normen | BauO OÖ 1976 §49 Abs1; BauRallg; |
RS 1 | Eine Baubewilligung ist als antragsbedürftiger Verwaltungsakt ohne einen diesbezüglichen Antrag gesetzwidrig. |
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RS 2 | Verzichtet ein Bauwerber auf einen Teil seines Vorhabens (der Verzicht betrifft hier die Errichtung eines offenen Kamines) und wird über das übrige Ansuchen rechtskräftig entschieden, so steht einem neuerlichen Ansuchen (im Umfang des Verzichtes) nicht "res indicata" entgegen. Ein Anrainer kann durch die aufrechte Erledigung eines solchen neuerlichen Ansuchens auch nicht in seinem Recht verletzt werden, daß eine zu seinen Gunsten entschiedene Bausache nicht neuerlich aufgerollt wird. |
Normen | BauO OÖ 1976 §49; BauRallg; |
RS 3 | Es steht einem Bauwerber frei, für ein Grundstück mehrere Baubewilligungen einzuholen und nach seinem Belieben eine dieser Bewilligungen zu konsumieren, es sei denn, der Gesetzgeber hätte ausdrücklich gegenteiliges angeordnet. (Hinweis auf E vom , 81/05/0146, VwSlg 11213 A/1983) |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Straßmann und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Würth, Dr. Degischer und Dr. Domittner als Richter, im Beisein des Schriftführers Landesregierungsrat Dr. Müllner, über die Beschwerde des FH und der IH in E, vertreten durch Dr. Helmut Peter, Rechtsanwalt in Linz, Museumstraße 20/I, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. BauR-6408/2-1986 Stö/Fei, betreffend Anrainereinwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. HS in A, vertreten durch Dr. Albrecht Schröder, Rechtsanwalt in Rohrbach, Linzerstraße 2, 2. Gemeinde A, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Oberösterreich
Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,--, den Erstmitbeteiligten
Aufwendungen in der Höhe von S 9.660,-- und der mitbeteiligten Gemeinde Aufwendungen in der Höhe von S 2.300,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Gemeinde wird abgewiesen.
Begründung
Nachdem die Oberösterreichische Landesregierung mit Bescheid vom den auf Grund des Bauansuchens des Erstmitbeteiligten im Instanzenzug ergangenen Baubewilligungsbescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben hatte, erging in Fortsetzung des Verfahrens der auf dem Beschluss vom beruhende Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom , mit welchem dem Erstmitbeteiligten die baubehördliche Bewilligung erteilt worden ist, im Rahmen der Erweiterung seines Gaststättenbetriebes in I Nr. 28 auf dem Grundstück Nr. 889/1 des Grundbuches über die Kat. Gemeinde A u. a. einen offenen Kamin zu errichten. Die dagegen erhobenen Einwendungen der Beschwerdeführer wurden unter Hinweis auf § 50 Abs. 1 und 3 der OÖ Bauordnung als "sachlich nicht gerechtfertigt" abgewiesen.
Der dagegen von den Beschwerdeführern erhobenen Vorstellung wurde mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom gemäß § 102 der OÖ Gemeindeordnung 1979 mit der Feststellung keine Folge gegeben, dass die Beschwerdeführer durch diesen Berufungsbescheid des Gemeinderates in ihren Rechten nicht verletzt worden sind.
In dem für das vorliegende verwaltungsgerichtliche Verfahren wesentlichen Teil der Begründung ihres Bescheides führte die Aufsichtsbehörde aus, dass die anlässlich einer gewerbebehördlichen Verhandlung abgegebene Erklärung des Bauwerbers, auf die Errichtung des offenen Kamines zu verzichten, auf den nunmehrigen Verfahrensgegenstand des baupolizeilichen Verfahrens keinen Einfluss haben könne. Ein vom Antragsteller selbst zurückgezogenes Ansuchen könne von ihm jederzeit neu eingebracht werden und den Gegenstand eines Verwaltungsverfahrens bilden, soferne die Behörde nicht bereits formal darüber abgesprochen habe und der Antrag daher gemäß § 68 Abs. 1 AVG 1950 wegen entschiedener Sache zurückzuweisen wäre. Die von den Bauwerbern abgegebene Erklärung, auf die Errichtung des offenen Kamines zu verzichten, sei daher zumindest aus öffentlichrechtlicher Sicht in keiner Weise verbindlich, sodass die Beschwerdeführer aus der Nichteinhaltung keine Verletzung ihrer subjektiv öffentlichen Rechte ableiten könnten.
Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung von Gegenschriften durch die belangte Behörde und die mitbeteiligten Parteien erwogen:
Die Beschwerdeführer berufen sich auf die anlässlich der Verhandlung vom abgegebene Erklärung der damaligen Bauwerber, auf die Errichtung des offenen Kamines zu verzichten, und halten den angefochtenen Bescheid lediglich aus dem Grund für rechtswidrig, weil die belangte Behörde die unrichtige Auffassung vertreten habe, dass die in Rede stehende Erklärung aus öffentlichrechtlicher Sicht in keiner Weise verbindlich sei und ein vom Antragsteller selbst zurückgezogenes Ansuchen jederzeit neu eingebracht werden und den Gegenstand eines Verwaltungsverfahrens bilden könne, soferne die Behörde darüber nicht bereits formal abgesprochen habe.
Zu diesem Vorbringen ist nachstehendes zu bemerken:
Mit dem dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom wurde dem Erstmitbeteiligten auf Grund des mit datierten diesbezüglichen Ansuchens, wie schon ausgeführt worden ist, die baubehördliche Bewilligung u.a. für die "Errichtung eines offenen Kamines (Grillecke)" erteilt, wobei vom Erstmitbeteiligten anlässlich der auf Grund dieses Ansuchens am gleichzeitig abgehaltenen gewerbe- und baubehördlichen Verhandlung entsprechend der bei dieser Gelegenheit aufgenommenen Verhandlungsschrift zusammenfassend lediglich erklärt worden ist, "zwecks Erhaltung der gut
nachbarschaftlichen Beziehungen ... die gesamte Betriebsanlage
bezüglich Rauch-, Geruch- und Lärmbelästigung anstandslos" zu "betreiben". Der Erstmitbeteiligte hat also anlässlich dieser Verhandlung keine Erklärung abgegeben, die als Verzicht auf die Errichtung des in Rede stehenden offenen Kamines und sohin im Sinne einer diesbezüglichen Projektsänderung verstanden werden könnte. Es kann daher nicht etwa davon ausgegangen werden, dass die erteilte Baubewilligung als ein antragsbedürftiger Verwaltungsakt (vgl. dazu aus der ständigen hg. Judikatur das Erkenntnis vom , Slg. N.F. Nr. 9660/A) mangels eines diesbezüglichen Antrages gesetzwidrig wäre. Im übrigen hat aber die von den Beschwerdeführern ins Treffen geführte, anlässlich der Verhandlung vom abgegebene Erklärung der Bauwerber, auf die Errichtung des offenen Kamines zu verzichten, dazu geführt, dass die auf Grund des Bauansuchens vom mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom unter Hinweis auf die einen wesentlichen Bestandteil desselben bildende Verhandlungsschrift vom rechtskräftig erteilte Baubewilligung nicht auch die Bewilligung zur Errichtung dieses offenen Kamines umfasst hat. Eine rechtskräftige baubehördliche Entscheidung über die Zulässigkeit des gegenständlichen offenen Kamines lag daher im Zeitpunkt der Erlassung des dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden Berufungsbescheides nicht vor, weshalb der aufrechten Erledigung des diesbezüglichen Ansuchens des Erstmitbeteiligten auch nicht "res judicata" entgegenstehen konnte. Die Beschwerdeführer konnten daher auch nicht in ihrem Recht verletzt werden, dass eine zu ihren Gunsten entschiedene Bausache nicht neuerlich aufgerollt wird (vgl. dazu die bei Hauer,
Der Nachbar im Baurecht, zweite Auflage, auf S. 203f. zitierte hg. Judikatur). Schließlich soll auch nicht unerwähnt bleiben, dass es einem Bauwerber frei steht, für ein Grundstück mehrere Baubewilligungen einzuholen und nach seinem Belieben eine dieser Bewilligungen zu konsumieren (vgl. dazu u.a. das Erkenntnis vom , Zl. 81/05/0146, BaurechtsSlg. Nr. 137), es sei denn, der Gesetzgeber hätte ausdrücklich Gegenteiliges angeordnet, wovon im Beschwerdefall jedoch nicht die Rede sein kann.
Es zeigt sich also, dass die behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht vorliegt, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 sowie Abs. 3 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit den Bestimmungen der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985. Der Zuspruch von Aufwandersatz für den Schriftsatzaufwand an die mitbeteiligte Gemeinde erfolgte im beantragten Ausmaß; ein Vorlageaufwand war ihr schon deshalb nicht zuzuerkennen, weil sie keine Verwaltungsakten an den Gerichtshof vorzulegen hatte.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Schlagworte | Baubewilligung BauRallg6 Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Besondere Rechtsgebiete Baurecht Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv öffentliche Rechte BauRallg5/1 Rechtsgrundsätze Verzicht Widerruf VwRallg6/3 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1987:1987050016.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
AAAAE-34398