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VwGH vom 15.10.1996, 95/05/0286

VwGH vom 15.10.1996, 95/05/0286

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der FP in N, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zlen. R/1-V-93002/02 und R/1-V-93002/01, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. W-Gesellschaft m.b.H in W, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, 2. Stadtgemeinde N, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der erstmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.860,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Ansuchen vom beantragte die erstmitbeteiligte Partei die baubehördliche Bewilligung "zum Neubau einer Wohnhausanlage mit 25 Wohnungen sowie einer Tiefgarage mit 26 Stellplätzen und 12 Abstellplätzen im Freien" auf ihrem, im "Bauland-Kerngebiet" liegenden Grundstück Nr. 34,

KG N.

Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin des Grundstückes Nr. 1080, Baufläche, der Liegenschaft EZ 1286, KG N, G-Gasse 8, welches getrennt durch die rund 7,5 m breite G-Gasse vom vorbezeichneten Grundstück der erstmitbeteiligten Partei entfernt ist. Plangemäß kämen die 12 PKW-Abstellplätze im Freien dem Grundstück der Beschwerdeführerin unmittelbar gegenüberliegend zur Ausführung.

In ihren schriftlichen Einwendungen vom trug die Beschwerdeführerin im wesentlichen vor, durch das geplante Projekt entstünden auf Staub und Abgase zurückzuführende gesundheitsschädigende Immissionen. In der mündlichen Verhandlung vom ergänzte die Beschwerdeführerin, daß die geplanten PKW-Abstellplätze eine gefährliche Anlage darstellten und "erhöhte Schutzabstände und Auflagenpunkte" erforderlich seien. Die subjektiv-öffentlichen Rechte der Beschwerdeführerin auf "Brandschutz und den Schutz vor anderen Gefahren" würden durch das geplante Projekt verletzt.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der zweitmitbeteiligten Partei vom wurde die beantragte baubehördliche Bewilligung unter Auflagen erteilt. Die Einwendungen der Beschwerdeführerin wurden "zurückgewiesen".

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung, welche fristgerecht am bei der Berufungsbehörde eingelangt ist. Auch Rechtsanwalt Dr. W berief gegen den Baubewilligungsbescheid des Bürgermeisters der zweitmitbeteiligten Partei vom unter Hinweis auf die ihm erteilte Vollmacht. Diese Berufung ist am bei der Berufungsbehörde eingelangt.

Dr. W gab am für die Beschwerdeführerin neuerlich eine gegen den Bescheid des Bürgermeisters der zweitmitbeteiligten Partei vom erhobene, bei der Berufungsbehörde am eingelangte Berufung zur Post.

Der Gemeinderat der Stadtgemeinde N hat mit Bescheid vom , Zl. III/19b/1994, die letztgenannte Berufung als verspätet zurückgewiesen, da die Frist zur Einbringung derselben mit geendet habe.

Mit Bescheid vom , Zl. III/19a/1994, wies hingegen der Gemeinderat der zweitmitbeteiligten Gemeinde die Berufung der Beschwerdeführerin vom gemäß § 66 AVG zur Gänze ab. Die von Dr. W für die Beschwerdeführerin erhobene Berufung wurde ebenfalls mit demselben Bescheid gemäß § 66 AVG abgewiesen und ausgesprochen, "daß die im Spruch zurückgewiesenen Einwände abgewiesen werden".

Gegen beide vorzitierten Berufungsbescheide erhob die Beschwerdeführerin Vorstellung.

Mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom wurden beide Vorstellungen als unbegründet abgewiesen.

Zur Vorstellung gegen den Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde N vom , Zl. III/19b/1994, (Spruchpunkt I.) führte die Vorstellungsbehörde aus, Dr. W vertrete die Beschwerdeführerin aufgrund von Vollmachtserteilungen in mehreren Bauverfahren. In keiner Vollmacht, die vor dem erteilt worden sei, sei jedoch ersichtlich gewesen, daß die Beschwerdeführerin Dr. W auch für das Verfahren III/19/1994 (betrifft das der Beschwerde zugrunde liegende Baubewilligungsverfahen) ausdrücklich zur Vertretung ermächtigt habe. Da es eine Generalvollmacht nicht gebe, sei die Ladung zur Bauverhandlung ordnungsgemäß an die Beschwerdeführerin selbst erfolgt. Im Bauakt der Stadtgemeinde N befände sich eine schriftliche Vollmacht vom , mit der die Beschwerdeführerin ihren Sohn GP mit der Vertretung für die Bauverhandlung und "in allen anfallenden Belangen" beauftragt habe. Aus der Niederschrift über die Bauverhandlung vom ergebe sich, daß GP der Baubehörde mitgeteilt habe, daß die Beschwerdeführerin auch von Rechtsanwalt Dr. W vertreten werde. Mit dieser Mitteilung während der Bauverhandlung hätten der Baubehörde die Vertretungsverhältnisse der Beschwerdeführerin bekannt sein müssen. Es genüge jedoch für eine rechtswirksame Zustellung eine solche an einen Vertreter; dies sei durch die Zustellung des Bescheides vom an GP geschehen. Im übrigen sei Dr. W tatsächlich der erstinstanzliche Baubewilligungsbescheid zugekommen. Seine Berufung sei innerhalb der Berufungsfrist erhoben worden. Die Beschwerdeführerin könne nicht ernstlich behaupten, im gegenständlichen Verfahren eine übergangene Partei zu sein.

Zur Vorstellung gegen den Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde N vom , Zl. III/19a/1994, (Spruchpunkt II.) führte die belangte Behörde in der Begründung aus, ein Bauwerber könne sich für ein und dasselbe Grundstück mehrere Projekte unterschiedlichen Inhaltes bewilligen lassen. Von einer Sachidentität könne nur dann gesprochen werden, wenn einerseits weder in der Rechtslage noch in den für die Beurteilung des Parteienbegehrens maßgeblichen tatsächlichen Verhältnissen eine Änderung eingetreten sei und sich andererseits das neue Parteibegehren im wesentlichen mit dem früheren decke. Sollten die nunmehr bewilligten

12 PKW-Abstellplätze an den Grundstücksgrenzen zu den Grundstücken Nr. 14 und Nr. 33 statt, wie früher, an der Grundstücksgrenze Nr. 43 errichtet werden, sei eine solche Identität nicht mehr gegeben, sodaß von einer entschiedenen Sache keine Rede sein könne. Darüber hinaus bedeute die Erteilung einer zweiten Baubewilligung für dasselbe Grundstück weder die Außerkraftsetzung der zuerst erteilten Baubewilligung, noch eine Abänderung derselben. Dem Bauwerber stehe es frei, zu entscheiden, welches Projekt er tatsächlich verwirklichen wolle. Bezüglich der bewilligten Stellplätze im Freien sei eine Überprüfung durch Sachverständige erfolgt, deren Gutachten die Grundlage für die von den Baubehörden erfolgten Vorschreibungen gewesen seien. Der technische Amtssachverständige habe in seinem Gutachten hinsichtlich der vom bewilligten Projekt ausgehenden Lärmimmissionen ausgeführt, daß die zu erwartenden Schallimmissionen beim Grundstück der Beschwerdeführerin niedriger seien als der zulässige Grenzwert laut Widmungskategorie. Berücksichtige man jedoch die Messungen des Dipl.Ing. F (Privatgutachter) bezüglich der ortsüblichen Schallimmissionen, so würde sich keine Erhöhung der ortsüblichen Schallimmissionen durch die zusätzlichen Schallquellen ergeben. Auch liege die prozentmäßige Erhöhung der Abgasmenge unter Zugrundelegung der vom Sachverständigen errechneten ortsüblichen Abgasmenge deutlich unter den gesundheitlich bedenklichen Grenzen. Lege man dem Gutachten des technischen Amtssachverständigen die vom Privatgutachter errechnete höhere ortsübliche Abgasimmissionsmenge zugrunde, so würde sich der prozentuelle Zuwachs an Abgas entsprechend verringern. Der von den Behörden beigezogene medizinische Sachverständige habe sich in seinem Gutachten ausdrücklich auf das vorgelegte technische Gutachten des Amtssachverständigen, das einen ausführlichen Befund enthalte, bezogen. Dem Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen könne auch ein Befund zugrunde gelegt werden, der von einem anderen Sachverständigen erhoben worden sei. Die Frage der Mangelhaftigkeit eines medizinischen Gutachtens sei im Zusammenhang mit den sonstigen Verfahrensergebnissen zu beurteilen. Da keine Erhöhung der ortsüblichen Lärmimmissionen durch die zusätzlichen Schallquellen eintreten und die prozentuelle Erhöhung der Abgasmenge deutlich unter der gesundheitlich bedenklichen Grenze bleibe, sei das auf diesen Ergebnissen basierende medizinische Gutachten schlüssig nachvollziehbar und mit den Denkgesetzen nicht in Widerspruch stehend.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Nichtbewilligung des gegenständlichen Bauvorhabens verletzt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete, ebenso wie die mitbeteiligte Bauwerberin, eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Aus dem Beschwerdevorbringen ist zu schließen, daß die Beschwerdeführerin den angefochtenen Bescheid auch insoweit in Beschwerde zieht, als damit die Vorstellung gegen den Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde N vom , Zl. III/19b/1994, betreffend die Zurückweisung der von Dr. W für die Beschwerdeführerin eingebrachten Berufung, als unbegründet abgewiesen worden ist. Die Zurückweisung dieser Berufung begründete die Berufungsbehörde mit verspäteter Einbringung derselben.

Gemäß § 63 Abs. 5 AVG ist die Berufung von der Partei binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides, im Fall bloß mündlicher Verkündung mit dieser. Wird eine Berufung innerhalb dieser Frist bei der Berufungsbehörde eingebracht, so gilt dies als rechtzeitige Einbringung; die Berufungsbehörde hat die bei ihr eingebrachte Berufung unverzüglich an die Behörde erster Instanz weiterzuleiten.

Gemäß § 10 Abs. 1 AVG können sich die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte Personen vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk. Schreitet ein Rechtsanwalt oder Notar ein, so ersetzt die Berufung auf die ihm erteilte Vollmacht deren urkundlichen Nachweis.

Ist eine im Inland wohnende Person gegenüber der Behörde zum Empfang von Schriftstücken bevollmächtigt, so hat die Behörde gemäß § 9 Abs. 1 Zustellgesetz, sofern gesetzlich nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, diese Person als Empfänger zu bezeichnen.

Ab dem Vorliegen einer Zustellungsbevollmächtigung nach § 9 Zustellgesetz hat die Behörde nur mehr an den Zustellungsbevollmächtigten und nicht mehr an den Vertretenen zuzustellen (vgl. hiezu die bei Hauer, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Seite 1225, referierte hg. Judikatur).

In der der Beschwerde zugrunde liegenden Verwaltungsangelegenheit hat die Beschwerdeführerin eine schriftliche Vollmacht vom vorgelegt, aus welcher sich ergibt, daß sie GP in allen diese Verwaltungsangelegenheit betreffenden Belangen mit ihrer Vertretung bevollmächtigt. In der mündlichen Verhandlung vom ist GP für die Beschwerdeführerin laut Vollmacht eingeschritten. Im Verfahren vor der Behörde erster Instanz - insbesondere auch nicht in der Verhandlung vom - hat die Beschwerdeführerin keine Erklärung des Inhaltes abgegeben, daß sie von Dr. W vertreten wird. Der Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde N vom wurde sowohl der Beschwerdeführerin als auch deren bevollmächtigtem Vertreter GP am zugestellt. Diese Zustellung ist aufgrund des festgestellten Sachverhaltes gemäß § 9 Abs. 1 Zustellgesetz erfolgt und hat den Lauf der Frist des § 63 Abs. 5 AVG ausgelöst. Die Berufungsfrist endete damit für die Beschwerdeführerin am . Die von Dr. W am zur Post gegebene Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde N vom , Zl. III/19/1994, war daher verspätet. Schon aus diesem Grunde haftet dem angefochtenen Bescheid hinsichtlich des Spruchpunktes I. kein Rechtsirrtum an.

Die Beschwerdeführerin behauptet einen Verstoß der Baubehörde erster Instanz gegen § 41 Abs. 2 AVG mit dem bereits in ihrer Vorstellung vorgetragenen Hinweis, daß sie vor der Bauverhandlung am der Behörde telefonisch angezeigt habe, Dr. W mit der Vertretung beauftragt zu haben. In der Bauverhandlung habe sie gerügt, daß ihrem Vertreter keine Ladung zugestellt worden sei. Weder der Vertretungshinweis noch die Rüge der unterlassenen Zustellung sei in das Protokoll aufgenommen worden.

Die Beschwerdeführerin wurde am von der über das Ansuchen der zweitmitbeteiligten Partei am durchzuführenden mündlichen Verhandlung verständigt. Warum ein Zeitraum von 14 Tagen zwischen Ladung und Bauverhandlung für die Beschwerdeführerin nicht ausreichend gewesen sein soll, hat die Beschwerdeführerin nicht begründet. Im übrigen kann in der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung auf einen gegen die Anordnung des § 41 Abs. 2 AVG verstoßenden zu kurzen Termin ein Verfahrensmangel von der betroffenen Partei nur dann vor dem Verwaltungsgerichtshof mit Erfolg geltend gemacht werden, wenn sie einen Vertagungsantrag gestellt hat und diesem von der Behörde nicht entsprochen worden ist (vgl. hiezu die bei Hauer, a.a.O., Seite 273, referierte hg. Judikatur). Es wäre im übrigen an der Beschwerdeführerin selbst gelegen gewesen, ihren - der Behörde gegenüber nicht ausgewiesenen - Vertreter selbst von der anberaumten mündlichen Verhandlung zu verständigen. Mangels Vorlage einer schriftlichen Vollmacht im Sinne des § 10 Abs. 1 AVG war die Behörde nicht verhalten, Rechtsanwalt Dr. W, der die Beschwerdeführerin in anderen Verwaltungsverfahren bereits vertreten hat, zur mündlichen Verhandlung zu laden, weil - wie die belangte Behörde bereits zutreffend ausgeführt hat - selbst das Vorliegen einer "Generalvollmacht" allein nicht für die Schlußfolgerung ausreicht, eine Partei wolle sich auch in weiteren Rechtssachen eines bestimmten Vertreters bedienen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 86/06/0229). Die im § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG einem Rechtsanwalt oder Notar eingeräumte Möglichkeit, sich anstelle des urkundlichen Nachweises auf die ihm erteilte Vollmacht zu berufen, erfordert dessen Erklärung im Falle des Einschreitens.

Die Beschwerdeführerin bemängelt, daß die Gutachten der Amtssachverständigen erst anläßlich der Verhandlung am zum Akt gegeben worden seien; dies sei mit einem Entzug der Parteienrechte gleichzusetzen. Es habe für die Beschwerdeführerin überhaupt keine realistische Möglichkeit bestanden, sich auf den komplexen Gegenstand des Gutachtens geordnet vorzubereiten.

Mit diesem Vorbringen rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung des Parteiengehörs im Sinne des § 45 Abs. 3 AVG.

Nach dieser Gesetzesstelle ist den Parteien Gelegenheit zu geben, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen.

Alle Feststellungen des Ermittlungsverfahrens, welche von der Behörde bei der Beweiswürdigung berücksichtigt werden, sind somit den Parteien von Amts wegen und unter Angabe der Beweismittel zur Kenntnis zu bringen. Auch Sachverständigengutachten unterliegen dem Parteiengehör. Die der Partei eingeräumte Frist zur Stellungnahme muß ausreichend sein, um etwa ein Gutachten durch ein Gegengutachten zu entkräften. § 45 Abs. 3 AVG bringt aber weder mit sich, daß Beweise nur in Anwesenheit der Parteien aufgenommen werden dürfen, noch ist daraus ein gesetzlich gewährleistetes Fragerecht der Parteien an Sachverständige oder Parteien abzuleiten (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 83/07/0319, uva). Die Unterlassung des Parteiengehörs in erster Instanz kann durch die Berufung saniert werden. Ein allfälliger Mangel des Parteiengehörs im Verfahren erster Instanz wird somit durch die im Berufungsverfahren mit der Berufung gegebene Möglichkeit der Stellungnahme geheilt (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/07/0112, uva).

Die Gutachten der Amtssachverständigen wurden in der mündlichen Verhandlung vor der Baubehörde erster Instanz am erörtert. Der Vertreter der Beschwerdeführerin ist diesen Gutachten mit einem Privatgutachten entgegengetreten, mit welchem sich die Amtssachverständigen auseinandergesetzt haben. Fragen wurden vom Vertreter der Beschwerdeführerin an die Sachverständigen nicht gestellt. Erst nachdem sich die medizinische Sachverständige entfernt hatte, gab der Vertreter der Beschwerdeführerin bekannt, noch Fragen an die Sachverständige stellen zu wollen, ohne diese zu konkretisieren.

Ausgehend von dieser Sach- und Rechtslage vermag der Verwaltungsgerichtshof eine Verletzung des Parteiengehörs der Beschwerdeführerin nicht zu erkennen. Die Beschwerdeführerin ist nämlich, obwohl sie dazu im Verwaltungsverfahren Gelegenheit hatte, den abschließenden Gutachten der Amtssachverständigen nicht mehr entgegengetreten. Selbst das Vorliegen des in der Beschwerde behaupteten Verstoßes einer hinreichenden Rechtsbelehrung im Sinne des § 13a AVG durch die Behörde erster Instanz ändert an dieser Beurteilung nichts, da die Beschwerdeführerin - wie oben dargelegt - im Berufungsverfahren die Möglichkeit hatte, zu den Ermittlungsergebnissen Stellung zu nehmen.

Die Beschwerdeführerin rügt weiters die mangelnde Schlüssigkeit des medizinischen Amtssachverständigengutachtens. Sie bezweifelt die fachliche Qualifikation einer praktischen Ärztin für das gegenständliche Verwaltungsverfahren aufgrund der Komplexität des Sachverhaltes. Es wäre erforderlich gewesen, Fachärzte aus diversen medizinischen Fachgebieten, z. B. aus dem Fachgebiet der Lungenheilkunde, Hals-, Nasen- und Ohrenspezialisten und gegebenenfalls noch weitere Spezialisten beizuziehen. Dem medizinischen Gutachten könne nicht einmal entnommen werden, welche Basis- bzw. Höchstwerte an Störungen durch Lärm bzw. Abgase aus der Sicht der Medizin vertretbar oder unvertretbar seien. Der Maßstab des "normal empfindenden Menschen" sei nicht nachvollziehbar. Aufgabe der medizinischen Sachverständigen wäre es gewesen, den unempfindlichen Normmenschen darzustellen bzw. darzustellen, welche Lärm- und Abgasimmissionen medizinischerseits jedenfalls ertragen werden können, ab welchen Werten eine gesundheitliche Beeinträchtigung stattfinden könne und welche Grenzwerte bereits jedenfalls zu Schäden führten.

Gemäß § 118 Abs. 8 der NÖ Bauordnung 1976 (BO) genießen als Anrainer alle Grundstückseigentümer Parteistellung gemäß § 8 AVG, wenn sie in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten berührt werden. Gemäß Abs. 9 dieses Paragraphen werden subjektiv-öffentliche Rechte der Anrainer durch jene Vorschriften begründet, welche nicht nur den öffentlichen Interessen dienen, sondern im Hinblick auf die räumliche Nähe auch dem Anrainer. Hiezu gehören insbesondere die Bestimmungen über


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1.
den Brandschutz;
2.
den Schutz vor anderen Gefahren, die sich auf die Anrainergrundstücke ausdehnen können;
3. die sanitären Rücksichten wegen ihres Einflusses auf die Umgebung;
4. die Bebauungsweise, die Bebauungshöhe und die Abstände der Fluchtlinien zur Erzielung einer ausreichenden Belichtung.
Die Beschwerdeführerin hat im verwaltungsbehördlichen Verfahren wegen der zu befürchtenden Lärm- und Staubbelästigung gegen das hier zu beurteilende Projekt fristgerecht Einwendungen erhoben (vgl. zur Beachtlichkeit fristgerechter Einwendungen das hg. Erkenntnis vom , Zl. 84/05/0043, BauSlg.Nr. 1021).
Gemäß § 62 Abs. 2 BO sind für Bauwerke, die nach Größe, Lage und Verwendungszweck erhöhten Anforderungen nach Festigkeit, Brandschutz, Sicherheit und Gesundheit entsprechen müssen oder die Belästigungen der Nachbarn erwarten lassen, welche das örtlich zumutbare Maß übersteigen, die zur Abwehr dieser Gefahren und Belästigungen nötigen Vorkehrungen zu treffen. Diese Auflagen haben sich insbesondere auf Größe und Ausstattung der Stiegen, Gänge, Ausfahrten, Ausgänge, Türen und Fenster, besondere Konstruktionen, Wände und Decken, die Errichtung von Brandwänden sowie die Anbringung von Feuerlösch- und Feuermeldeanlagen zu beziehen. Zur Vermeidung von Umweltbelastungen kann die Behörde auch die Pflanzung und Erhaltung von Grünanlagen vorschreiben.
Gemäß § 100 Abs. 2 BO ist die Bewilligung zu versagen, wenn durch die Ausführung des Vorhabens Bestimmungen dieses
Gesetzes, ... einer aufgrund dieser Gesetze erlassenen
Verordnung oder des Niederösterreichischen Raumordnungsgesetzes, LGBl. 8000, über die Zulässigkeit von Bauführungen auf Flächen mit bestimmten Widmungs- und Nutzungsarten, sowie über Vorbehaltsflächen und Bausperren verletzt werden.
§ 62 Abs. 2 leg. cit. verpflichtet somit die Baubehörde, wenn die in einer geplanten Baulichkeit nach deren Zweckbestimmung zu erwartenden Vorgänge erfahrungsgemäß das ortsübliche Maß übersteigende Belästigungen der Nachbarschaft erwarten lassen, durch Auflagen dafür Sorge zu tragen, daß durch eine entsprechende bautechnische Ausgestaltung der Baulichkeit ein erhöhter Schutz vor den zu erwartenden Belästigungen dieser Art sichergestellt ist. Diese Vorschrift dient nicht nur den öffentlichen Interessen, sondern im Hinblick auf die räumliche Nähe auch dem Anrainer (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/05/0284, mwN). Aus § 62 Abs. 2 BO in Verbindung mit § 118 Abs. 8 und 9 leg. cit. erwächst daher dem Nachbarn ein subjektiv-öffentliches Recht auf Schutz vor z.B. Lärm-, Staub- und Geruchsbelästigung. Der im § 62 Abs. 2 leg. cit. normierte allgemeine Schutz des Nachbarn vor Belästigungen durch Immissionen gewährt allerdings - anders als der durch einzelne Widmungs- und Nutzungsarten eingeräumte Immissionsschutz - keinen absoluten, zu einer Versagung des Bauvorhabens führenden Immissionsschutz des Nachbarn. Die Baubehörde hat aber jene Anordnungen zu treffen, die Belästigungen der Nachbarn, welche das örtlich zumutbare Ausmaß übersteigen, hintanhalten. Unter der Voraussetzung der Vereinbarkeit des Bauvorhabens mit der im Flächenwidmungsplan festgesetzten Widmungs- und Nutzungsart haben die Nachbarn einen Anspruch darauf, daß sie durch die Vorschreibung nötiger Vorkehrungen vor das örtlich zumutbare Maß übersteigenden Gefahren und Belästigungen geschützt werden (vgl. hiezu nochmals das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom , mwN). Die Grenze des zulässigen Ausmaßes an Immissionen richtet sich nach dem örtlichen Ausmaß, welches je nach der Umgebung der Örtlichkeit verschieden sein kann. Vorweg hat aber die Baubehörde zu prüfen, ob das Vorhaben mit der vorgeschriebenen Flächenwidmung vereinbar ist.
Daß auf einem Grundstück mit der Widmungs- und Nutzungsart Bauland-Kerngebiet die Errichtung eines Wohnhauses mit 25 Wohnungen sowie einer Tiefgarage mit 26 Stellplätzen samt Schaffung von 12 PKW-Abstellplätzen im Freien der hier zu beurteilenden Art zulässig ist, wird auch von der Beschwerdeführerin nicht bezweifelt. Der Verwaltungsgerichtshof hat diesbezüglich, ebenso wie die Baubehörden und die Vorstellungsbehörde, keine Bedenken (siehe § 16 Abs. 2 NÖ ROG).
Ob eine Gefahr oder Belästigung seitens eines - als zulässig erkannten - Bauwerkes zu befürchten ist, hat die Behörde im Ermittlungsverfahren festzustellen. Sie hat sich hiebei im allgemeinen der Mithilfe von Sachverständigen, und zwar eines technischen und eines medizinischen Sachverständigen, zu bedienen. Sache des technischen Sachverständigen ist es, über das Ausmaß der zu erwartenden Immissionen und ihre Art Auskunft zu geben, während es dem medizinischen Sachverständigen obliegt, seine Meinung hinsichtlich der Wirkungen der Immissionen auf den menschlichen Organismus darzulegen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/05/0217).
Der technische Amtssachverständige hat in seinem in der mündlichen Verhandlung erörterten schriftlichen schallimmissionstechnischen Gutachten aufgrund der von ihm durchgeführten Messungen den durch den Betrieb des zu errichtenden Bauprojektes zu erwartenden äquivalenten Dauerschallpegel beim Grundstück der Beschwerdeführerin berechnet und zusammenfassend ausgeführt, daß die zu erwartenden Schallimmissionen niedriger als der zulässige Grenzwert laut Widmungskategorie sein werden. Es wird keine Erhöhung der Schallimmissionen durch die zusätzlichen Schallquellen eintreten. Bezüglich der zu erwartenden Schadstoffimmissionen führte dieser Sachverständige in seinem Gutachten aus, daß eine 8,8 %ige Erhöhung der Abgasmenge gegenüber dem Ist-Stand durch das gegenständliche Bauprojekt eintreten werde. Unter Berücksichtigung des zur Verfügung stehenden Luftvolumens sei eine Erhöhung des CO-Gehaltes der Luft von nur 0,8 ppm/h anzunehmen. Die durchschnittliche Abgasmenge werde 0,0071 m3 CO/h betragen. Ausgehend von diesem Gutachten hat die medizinische Sachverständige ausgeführt, daß die errechneten Immissionen in bezug auf Lärm und Abgase von der Intensität her von sehr geringer Bedeutung seien und keine Störung des Wohlbefindens und keine Gefährdung der Gesundheit von Menschen darstellten. Eine negative Beeinflussung eines normal empfindenden Menschen sei nicht gegeben, weder gegen die Errichtung der Wohnhausanlage samt PKW-Garage noch gegen die Parkplatzanlage bestünde ein Einwand aus medizinischer Sicht.
Die Richtigkeit der von der medizinischen Amtssachverständigen aufgrund der Gutachten des technischen Amtssachverständigen gezogenen Schlußfolgerungen hat die Beschwerdeführerin weder im Berufungsverfahren noch gegenüber der Vorstellungsbehörde auf gleicher fachlicher Ebene entkräftet (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/07/0175). Die belangte Behörde konnte somit ohne Rechtsirrtum davon ausgehen, daß die Berufungsbehörde in einem mängelfreien Verfahren das nicht als unschlüssig zu erkennende medizinische Gutachten der Amtssachverständigen zu Recht als Grundlage für die Feststellungen herangezogen hat.
Der Hinweis der Beschwerdeführerin auf das von ihr vorgelegte Privatgutachten des Sachverständigen Dipl.Ing. Dr. techn. GF vom kann schon deshalb weder zur Entkräftung der Gutachten des technischen Amtssachverständigen im gegenständlichen Bauverfahren noch als Grundlage für die Feststellung der vom bewilligten Bauwerk ausgehenden Lärm- und Geruchsbelästigung herangezogen werden, weil sich dieses Gutachten allgemein auf die Lärm- und Abgasimmissionen, insbesondere durch den Straßenverkehr in der Gerichtsgasse, losgelöst vom gegenständlichen Bauprojekt, bezieht und auf die bewilligte gegenständliche Anlage schon im Hinblick auf die Erstellung dieses Gutachtens, welches vor Einbringung des hier gegenständlichen Baubewilligungsantrages erstellt wurde, nicht Bezug nehmen konnte.
Schon die Vorstellungsbehörde hat im angefochtenen Bescheid zutreffend darauf hingewiesen, daß ein Verstoß gegen den Grundsatz "ne bis in idem" - wie von der Beschwerdeführerin behauptet - durch die gegenständliche Baubewilligung nicht erfolgt ist. Aus den vorgelegten Verwaltungsakten ist zu entnehmen, daß die mitbeteiligte Bauwerberin bereits mit Ansuchen vom um die baubehördliche Bewilligung zum Abbruch von Teilen der Baulichkeiten und Durchführung von Zu- und Umbauten auf der Liegenschaft N, G-Gasse/S-Gasse, angesucht hat. Mit diesem Projekt war auch die Errichtung von 12 PKW-Abstellplätzen am anrainenden Grundstück Nr. 34 verbunden. (Das diesbezügliche Bauverfahren ist Gegenstand des hg. Beschwerdeverfahrens Zl. 96/05/0032.) Ungeachtet der Tatsache, daß die mitbeteiligte Bauwerberin mit Eingabe vom die im vorgenannten Projekt inbegriffene Errichtung von 12 PKW-Abstellplätzen am anrainenden Grundstück Nr. 34 zurückgezogen hat, liegt ein Verstoß gegen den Grundsatz "ne bis in idem" schon deshalb nicht vor, weil es sich bei der Baubewilligung um eine Polizeierlaubnis handelt, von der derjenige, der sie erwirkt hat, Gebrauch machen kann, aber nicht Gebrauch machen muß. Daraus folgt, daß eine Bindung des Bauwerbers an die einmal erwirkte Baubewilligung in dem Sinne, daß er verpflichtet wäre, nur so und nicht anders zu bauen, nicht besteht, vielmehr steht es ihm - die rechtzeitige Erwirkung einer weiteren, den geänderten Bauwillen deckenden Baubewilligung vorausgesetzt - jederzeit frei, nicht das ursprünglich bewilligte, sondern ein anderes Bauvorhaben auszuführen. Da es somit dem Bauwerber offensteht, auch während der Gültigkeitsdauer einer Baubewilligung für ein und denselben Bauplatz um mehrere Baubewilligungen unterschiedlichen Inhaltes anzusuchen, ist es ihm andererseits rechtlich auch nicht verwehrt, solange mit der Bauführung noch nicht begonnen wurde, auch auf eine frühere, noch gültige Baubewilligung zurückzugreifen, es sei denn, daß etwa bei zwei für denselben Bauplatz erteilten Baubewilligungen die spätere ausdrücklich in den Rechtsbestand der früheren eingreift oder deren Inhalt in rechtsförmiger Weise ändert (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom , Slg. Nr. 8.227/A, und vom , Slg. Nr. 9.804/A). Das hier zu beurteilende Projekt beruht auf dem Ansuchen der mitbeteiligten Bauwerberin vom betreffend den Neubau einer Wohnhausanlage mit 25 Wohnungen sowie einer Tiefgarage mit 26 Stellplätzen und
12 Abstellplätzen im Freien auf dem Grundstück Nr. 34, KG N. Dieses Ansuchen war Grundlage für den Baubewilligungsbescheid der Behörde erster Instanz. Andere Anträge der erstmitbeteiligten Partei auf Baubewilligung betreffend dasselbe Grundstück waren nicht Gegenstand des hier zu beurteilenden Baubewilligungsverfahrens und daher auch nicht von den Baubehörden zu berücksichtigen. Ob die vom Antrag der bauwerbenden mitbeteiligten Partei umfaßten 12 Abstellplätze im Freien benötigt werden, berührt keine subjektiv-öffentlichen Rechte der Beschwerdeführerin im Sinne des § 118 Abs. 9 BO.
Der angefochtene Bescheid erweist sich somit frei von Rechtsirrtum. Die unbegründete Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.