VwGH 15.06.1999, 95/05/0282
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Norm | BauO Wr §6 Abs1; |
RS 1 | Kein RS. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Dimitrije Adamovic und der Lujubinka Adamovic in Wien, beide vertreten durch Dr. Otto Schuhmeister, Dr. Rolf Schuhmeister und Dr. Walter Schuhmeister, Rechtsanwälte in Schwechat, Bruck-Hainburger Straße 7, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom , Zl. MD-VfR-B XI-9/95, betreffend Versagung einer Baubewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit einem am beim Magistrat der Stadt Wien eingelangten Ansuchen beantragten die Beschwerdeführer die Erteilung der nachträglichen Baubewilligung für ein Wohn- und Betriebsgebäude auf dem Grundstück Nr. 1364 in EZ 1425, KG Kaiserebersdorf (Kimmerlgasse 518). Aus dem nachgereichten Einreichplan vom Februar 1994 über den "Umbau mehrerer Wohnungen auf der Liegenschaft in Wien XI, Kimmerlgasse 518" geht hervor, dass in dem ebenerdigen, U-förmigen Gebäude mehrere "Wohneinheiten" errichtet werden sollen; ein Bad und drei WC's sind so angeordnet, dass sie jeweils nur vom Freien aus erreichbar sind. Nach der Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen vom liegt die gegenständliche Liegenschaft im Grünland, ländliches Gebiet.
Mit Gutachten vom führte der agrartechnische Amtssachverständige aus, von den Beschwerdeführern werde ein ca. 1500 m2 großer Teil der Liegenschaft unter teilweisem Einsatz von Folientunneln relativ intensiv zur Produktion von Gemüse genutzt. Obwohl die Beschwerdeführer auf Grund des geringen Ausmaßes an Produktionsfläche nicht Mitglieder der Wiener Landwirtschaftskammer seien (die Grenze liege bei 4000 m2) und die Bewirtschaftung der Flächen in einer für heutige Verhältnisse unüblichen Art und Weise praktisch zur Gänze händisch und ohne den Einsatz von gärtnerischen Maschinen und Geräten erfolge und daher dementsprechend zeitaufwendig sei, könne nach Ansicht des Sachverständigen im Hinblick auf die Produktionsweise bereits von einem Kleinstgartenbaubetrieb gesprochen werden. Es liege auf der gegenständlichen Liegenschaft somit eine widmungsgemäße berufsgärtnerische Nutzung vor. Zur ordnungsgemäßen Bewirtschaftung eines derart kleinen Betriebes sei das gegenständliche Gebäude nicht erforderlich. Es bestehe fast ausschließlich aus "Wohneinheiten", welche zum überwiegenden Teil von Personen, die nicht im Betrieb beschäftigt seien, und deren Mitarbeit für eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung der vorhandenen Produktionsflächen auch nicht notwendig sei, bewohnt würden, sodass das beantragte Gebäude hinsichtlich seiner Nutzung zum überwiegenden Teil nicht berufsgärtnerischen Zwecken diene. Lediglich der Wohnbereich der Beschwerdeführer, die auch die Bewirtschaftung des Betriebes durchführten, diene berufsgärtnerischen Zwecken, obwohl prinzipiell festzuhalten sei, dass es für die ordnungsgemäße Bewirtschaftung eines derart kleinen Betriebes aus agrartechnischer Sicht grundsätzlich nicht zwingend notwendig sei, im Betrieb wohnhaft zu sein. Zur Durchführung einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung eines Kleinstbetriebes mit dieser Produktionsweise (Gemüseanbau unter Einsatz von nicht beheizten Folientunneln) sei aus agrartechnischer Sicht lediglich ein Wirtschaftsgebäude (mit Geräteraum, Arbeitsraum, Aufenthaltsraum und WC) im Ausmaß von ca. 50 bis 60 m2 erforderlich. Durch das beantragte Gebäude werde daher das für die Bewirtschaftung der vorhandenen Produktionsflächen betriebsbedingt notwendige Ausmaß an Baulichkeiten deutlich überschritten.
Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Anwesenheit der Beschwerdeführer am , in der auf das agrartechnische Gutachten verwiesen wurde, versagte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, mit Bescheid vom gemäß § 70 und § 71 der Bauordnung für Wien die beantragte Baubewilligung. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, durch das gegenständliche Wohnhaus werde das betriebsbedingte notwendige Ausmaß im Sinne des § 6 Abs. 1 BO für Wien deutlich überschritten, weshalb eine Bewilligung gemäß § 70 leg. cit. ausscheide, eine Bewilligung gemäß § 71 BO auf Widerruf oder auf Zeit sei auszuschließen, da es sich bei dem auf Dauer angelegten Gebäude um kein Provisorium handle; das Gebäude werde größtenteils als Quartier für nicht betriebszugehörige Personen verwendet, die dort unter Verhältnissen wohnten, die bereits Anlass zu mehrfachem behördlichen Einschreiten gegeben hätten. Es widerspreche daher den öffentlichen Interessen, die bestehenden Verhältnisse durch deren Bewilligung zu verlängern.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung führten die nunmehr anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer aus, sie hätten die Liegenschaft im Jahre 1991 je zur Hälfte erworben. Sie hätten nicht im Entferntesten damit gerechnet, dass baurechtliche Probleme auftreten könnten, dies auch auf Grund der gesamten Umgebung, in der das Gebäude stehe. Aus nicht nachvollziehbaren Gründen habe sich die Baupolizei kurze Zeit nach dem Erwerb der Liegenschaft durch die Beschwerdeführer auf den nicht haltbaren Standpunkt gestellt, dass das Gebäude völlig ohne jede Bewilligung ausgeführt worden sei; sie habe einen Abtragungsauftrag erlassen, der am rechtskräftig geworden sei. Dies habe nur deshalb geschehen können, weil die Beschwerdeführer nicht verstanden hätten, worum es darin eigentlich gegangen sei. Es bestünden aber sehr wohl diverse Bewilligungen für das gegenständliche Gebäude, sodass die Behauptung, das Gebäude sei gänzlich ohne Bewilligung aufgeführt, jedenfalls unhaltbar sei. So sei bereits mit Bescheid der Gemeinde Wien (BH Simmering) vom die baubehördliche Bewilligung zum Ausbau eines Schuppens auf eine Zimmer-Küche-Wohnung sowie zum Zubau einer Wohnküche und einer Waschküche sowie eines Schuppens erteilt worden. Im Jahre 1967 sei eine wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung eines Brunnens erteilt worden, diesem sei ein Lageplan beigeschlossen, aus dem sich die nunmehr bestehende Form des Objektes ergebe. Aus dem Verteiler des Planes gehe hervor, dass sowohl der Bezirksvorsteher für den 11. Bezirk als auch die Baupolizei eine Abschrift dieses Bescheides erhalten hatten. Die Existenz sowie die Dimension des gegenständlichen Gebäudes hätte daher der zuständigen Baubehörde spätestens ab diesem Zeitpunkt bekannt sein müssen. Schließlich existiere ein Teilungsplan, den die Magistratsabteilung 64 am baubehördlich genehmigt habe. Der Teilungsplan weise den Gutsbestand des gegenständlichen Objektes auf. Zusammenfassend sei daher zu sagen, dass das Gebäude keinesfalls rechtlich als "Neubau" zu qualifizieren sei, sondern vielmehr seit 1938 in seiner wesentlichen Substanz bewilligt sei.
Mit Bescheid vom wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführer gegen den Bescheid vom als unbegründet ab. Im Wesentlichen wurde ausgeführt, dass entsprechend dem agrartechnischen Gutachten die Baubewilligung versagt werden müsse. Entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführer, dass das Gebäude, für das ein am rechtskräftig gewordener Abtragungsauftrag vorliege, baubehördlich genehmigt sei, zeige ein Vergleich dieses Planes mit dem Einreichplan, dass das 1938 genehmigte Objekt mit dem verfahrensgegenständlichen Projekt keinerlei Gemeinsamkeiten aufweise. Es stimmten weder die Grundrisse noch die Raumwidmungen überein. Den Beschwerdeführern sei auch offensichtlich bekannt, dass das Archiv der Baupolizei vollständig sei, da ihnen ja alte Baubewilligungen vorgelegen seien.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Dem Beschwerdevorbringen, die belangte Behörde habe den Antrag um nachträgliche Bewilligung von Sanierungsarbeiten zu Unrecht als Antrag auf nachträgliche Bewilligung eines Neubaues gewertet, ist entgegenzuhalten, dass im Akt kein Antrag auf nachträgliche Bewilligung von Sanierungsarbeiten einliegt. Das schriftliche Baugesuch lautet auf "nachträgliche Baubewilligung" für ein "Wohn- und Betriebsgebäude". Der Einreichplan ist zwar mit den Worten "Einreichplan über den Umbau mehrerer Wohnungen auf der Liegenschaft ..." überschrieben, im Plan wird aber kein Teil als Altbestand dargestellt. Ein Vergleich des Planes vom , der der Baubewilligung vom zu Grunde liegt, mit dem nunmehrigen Einreichplan zeigt, dass die beiden Bauvorhaben keinerlei Gemeinsamkeiten aufweisen. Das im Jahre 1938 bewilligte Vorhaben betraf "den Ausbau eines Schupfens auf eine Zimmer - Küchenwohnung Zubau einer Wohnküche und einer Waschküche sowie Vergrösserung eines Schupfens". Es wurde die Bewilligung für ein teils 7,50 m, teils 5,55 m breites und insgesamt 19,55 m langes Gebäude erteilt. Sanitäreinrichtungen sind nicht ausgewiesen.
Das gegenständliche Projekt ist in etwa U-förmig ausgebildet, mit einer Längenausdehnung von 23,54 m im Westen bzw. 20,45 m im Osten und einer Breite von 12,84 m im Süden und 16,87 m im Norden. Es weist insgesamt drei Zimmer, drei Kabinette, drei Kammern, mehrere Vor- und Abstellräume, drei Küchen und die bereits beschriebenen, nur von außen zugänglichen drei WC's und ein Bad auf. Abgesehen von dem Umstand, dass das nunmehr eingereichte Bauvorhaben wesentlich grösser ist als das im Jahre 1938 bewilligte, und somit jedenfalls ein Zubau vorläge, ist die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen, dass durch die völlige Umgestaltung der ursprüngliche Konsens untergegangen ist und somit das gegenständliche Objekt als Gesamtneubau zu betrachten war, selbst wenn einzelne Wände in den Neubau einbezogen worden sein sollten.
Gemäß § 6 Abs. 1 der Wiener Bauordnung sind ländliche Gebiete für die land- und forstwirtschaftliche oder berufsgärtnerische Nutzung bestimmt. In ländlichen Gebieten dürfen nur Gebäude oder Anlagen errichtet werden, die landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen oder berufsgärtnerischen Zwecken dienen und das betriebsbedingt notwendige Ausmaß nicht überschreiten. Hiezu gehören auch die erforderlichen Wohngebäude. Zulässig ist ferner die Errichtung von Bauten, die öffentlichen Zwecken dienen.
Auf Grund des Gutachtens des Amtssachverständigen, dem die Beschwerdeführer nicht substantiell entgegengetreten sind, durfte die belangte Behörde zu Recht davon ausgehen, dass durch das eingereichte Bauvorhaben das zur Bewirtschaftung des 1500 m2 großen Liegenschaftsteiles betriebsbedingt notwendige Ausmaß bei weitem überschritten wurde und das eingereichte Projekt in dieser Form daher nicht genehmigungsfähig war.
Der Rüge, die belangte Behörde hätte zu Unrecht auch die Baubewilligung für jenen Teil des Projektes versagt, der betriebsbedingt notwendig sei, ist entgegenzuhalten, dass das eingereichte Projekt in der vorliegenden Form keinen Hinweis auf eine allfällige Teilbarkeit bietet. Zu Recht hat daher die belangte Behörde die Baubewilligung für das gesamte Gebäude versagt.
Die Beschwerde erwies sich insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Norm | BauO Wr §6 Abs1; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1999:1995050282.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
EAAAE-34375