TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 28.09.1999, 95/05/0269

VwGH vom 28.09.1999, 95/05/0269

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rätin Dr. Gritsch, über die Beschwerden 1. der Margarethe Janschitz in Krumpendorf am Wörthersee und 2. der Gemeinde Krumpendorf am Wörthersee, vertreten durch den Bürgermeister, beide vertreten durch

Mag. Dr. Friedrich Studentschnig, Rechtsanwalt in Klagenfurt,

Karfreitstraße 4/II, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom , Zl. 8 BauR1-135/4/1995, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Partei: Anna Waldhauser in Krumpendorf am Wörthersee, Pamperlallee 5), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Bundesland Kärnten hat der Erstbeschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.980,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Das dreieckige Baugrundstück der Erstbeschwerdeführerin, Nr. 78/5, wird an zwei Seiten von Verkehrsflächen (Pamperlallee und Berthastraße) umschlossen; an der Westseite grenzen die Grundstücke Nr. 422 der Mitbeteiligten (Pamperlallee Nr. 5) und das Grundstück Nr. 78/46 mit dem Gebäude Berthastraße Nr. 54 an.

Die erste aktenkundige Baubewilligung in Bezug auf das Baugrundstück stammt vom und betraf die Errichtung einer Toilett- und Waschanlage für den damals dort befindlichen Campingplatz, wobei dieses Gebäude lt. Bescheid eine Mindestentfernung von der westlichen Parzellengrenze von 3 m einzuhalten hatte.

Mit Bescheid vom wurde ein Anbau an der Südseite dieses Gebäudes, welcher eine Vergrösserung in Richtung zur Westgrenze beinhaltete, bewilligt.

Mit Bescheid vom wurde die Errichtung eines Verkaufskiosks und die Errichtung einer Spiel- und Lesehalle im Anschluss an den Verkaufskiosk auf diesem Grundstück bewilligt.

In der Baubewilligung vom ist erstmals von einem Gastgebäude die Rede; bewilligt wurde die Änderung der Fassade des Gastgebäudes.

Mit Bescheid vom erfolgte die Bewilligung zur Verglasung der offenen Terrasse und zum Einbau von sieben Zweibettzimmern in der Spielhalle.

Am suchte die Rechtsvorgängerin der Erstbeschwerdeführerin um die Erteilung der Baugenehmigung für einen Um- und Zubau eines Restaurants auf dem gegenständlichen Grundstück an. Nach der Baubeschreibung sollte der Altbestand an der Vorderseite einen erdgeschossigen Speisesaalzubau erhalten und weiters aufgestockt werden, wobei im Obergeschoß eine kleine Wohnung sowie zwei Personalzimmer entstehen sollten. Dieses Gebäude mit einer Grundfläche (laut Plan) von 9,30 m x 11,70 m, dessen westseitige Gebäudeflucht sich der Grundgrenze nähert, war, wie sich aus dem Lageplan 1:500 ergibt, von der Grundgrenze zur damaligen Parzelle Nr. 78/40, die offenbar der nunmehrigen Parzelle Nr. 422 entspricht, jedenfalls weniger als 3,0 m entfernt. Mit Bescheid vom wurde antragsgemäß die Baubewilligung erteilt.

Über Ansuchen der Rechtsvorgängerin der Erstbeschwerdeführerin fand am eine Verhandlung zwecks "Teilkollaudierung" statt. Dabei wurde festgestellt, dass die erdgeschossigen Räume fertig gestellt seien und sich in benützungsfähigem Zustand befänden. Gegen die Erteilung der Benützungsbewilligung bestünden keine Bedenken, wenn bei Vollausbau der Anlage sämtliche Türen nach außen aufgehend angeordnet würden. Festgestellt wurde weiters, dass die beantragte Aufstockung noch nicht ausgeführt worden sei.

Mit Bescheid vom erteilte der Bürgermeister der Zweitbeschwerdeführerin die Bewohnungs- und Benützungsbewilligung für die im Erdgeschoß um- bzw. zugebauten Räume unter Einhaltung gewisser Bedingungen.

In einem Schreiben vom erklärte die Rechtsvorgängerin der Erstbeschwerdeführerin, dass es ihr aus finanziellen Gründen nicht möglich sei, den zweiten Bauabschnitt des bereits bewilligten Vorhabens in absehbarer Zeit in die Wege zu leiten. Sie habe das Restaurant im Jahr 1970 an die nunmehrige Erstbeschwerdeführerin verpachtet. Die straßenseitige Fassade des Restaurants habe sie verputzt und Arbeiten für die Ableitung des Dachwassers seien im Gange. Wegen verschiedener Auslagen, insbesondere für die Kanalisation, sei es ihr derzeit nicht möglich, mit dem zweiten Bauabschnitt zu beginnen.

Am beantragte die Erstbeschwerdeführerin die Erteilung der Baubewilligung für "Instandsetzungsarbeiten". Bei der am durchgeführten Verhandlung erklärte der Vertreter des Rechtsvorgängers der Mitbeteiligten, dass das derzeit bestehende Objekt baubehördlich nicht bewilligt sei. Dies gehe daraus hervor, dass ein zu geringer Grenzabstand zu den im Westen angrenzenden Grundstücken bestehe, der auch den damals geltenden Bauvorschriften nicht entsprochen habe. Beim nunmehrigen Bauansuchen handle es sich bautechnisch um Zu- und Umbauten, sowie teilweise um Neubauten, mit denen offensichtlich auch eine Widmungsänderung hinsichtlich des bisherigen Bestandes beabsichtigt sei.

Hier gegenständlich ist das Ansuchen der Erstbeschwerdeführerin vom um Bewilligung von "Wiedererrichtungsarbeiten". In der Baubeschreibung wird darauf hingewiesen, dass das Dachgeschoß durch einen Brand derart verkohlt sei, dass Teile der Decke und des Dachstuhles ausgewechselt werden müssten, da die verkohlten Holzteile der erforderlichen Statik nicht mehr entsprächen. Das Obergeschoß werde in Zukunft als Dachboden dienen, sodass eine Stiege abmontiert und durch eine Dachbodentreppe ersetzt werde. Nach außen hin würde am Gebäude nichts verändert werden. Am südlichsten Teil werde die gesamte Flachdachkonstruktion abgetragen und durch ein neues Dach ersetzt. Die Dacheindeckung beim Satteldach werde, soweit es notwendig sei, erneuert. Die Giebelwände erhielten eine neue Außenschalung. Der mit dem Ansuchen vorgelegte Lageplan weist das Erdgeschoß des Gebäudes als Bestand aus; die Wiedererrichtungsarbeiten (gefärbelt dargestellt) betreffen die Decke über dem Erdgeschoß und das Dach. Der Abstand des Gebäudes zur westlichen Grundgrenze wird mit 1,90 m bis 1,10 m (soweit die Grenze der Mitbeteiligten betroffen ist) angegeben.

Mit diesem Bauansuchen wurde zunächst der Bauanwalt befasst, der keinen Versagungsgrund erkannte. Anlässlich der mündlichen Verhandlung vom erklärte die Erstbeschwerdeführerin, dass sie ihren Antrag vom , betreffend die Bewilligung für Instandsetzungsarbeiten, zurückziehe. Der Rechtsvorgänger der Mitbeteiligten verwies auf seine bisher erstatteten Einwendungen und brachte vor, es handle sich nicht nur um Wiedererrichtungsarbeiten, sondern jedenfalls um Neuerrichtungsarbeiten. Er verwies auf einen von ihm am eingebrachten Schriftsatz, mit welchem die Einleitung des "gesetzmäßigen Verfahrens und Überprüfung des konsensmäßigen Zustandes" und die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes begehrt wurde.

Mit Bescheid vom erteilte der Bürgermeister der zweitbeschwerdeführenden Gemeinde die Baubewilligung für Wiedererrichtungsarbeiten nach Maßgabe der vorgelegten Baupläne und der Baubeschreibung. Zu den Einwendungen der Mitbeteiligten wurde darauf hingewiesen, dass ausschließlich die beantragten Wiedererrichtungsarbeiten Gegenstand des Verfahrens seien und dass der Altbestand mit rechtskräftigem Bescheid vom bewilligt worden sei. Durch die Wiedererrichtungsarbeiten im Bereich des Dachstuhles seien die Abstandsflächen nicht betroffen.

In seiner Berufung machte der Rechtsvorgänger der Mitbeteiligten geltend, dass der Altbestand in rechtswidriger Weise mit Bescheid vom baurechtlich bewilligt worden sei, weshalb die Behörde von Amts wegen ein Nichtigkeitsverfahren gemäß § 22 der Kärntner Bauordnung hätte einleiten müssen. Der Altbestand hätte hinsichtlich der Abstandsflächen überprüft werden müssen.

Der von der Berufungsbehörde beigezogene Amtssachverständige verwies in seiner Stellungnahme vom darauf, dass die Unterschreitung der Abstandsfläche für die Errichtung des Erdgeschoßes im Bewilligungsbescheid vom für das Erdgeschoß genehmigt worden sei. Durch die beantragte Wiedererrichtung des Dachstuhles würden Abstandsflächen nicht berührt werden und die Bestimmungen des gültigen Bebauungsplanes der Gemeinde Krumpendorf nicht verletzt werden. Nach einer Stellungnahme des Rechtsvorgängers der Beschwerdeführerin äußerte sich der Amtssachverständige am abermals und führte aus, dass nach den geltenden Kärntner Bauvorschriften die Abstandsflächen unter gewissen Voraussetzungen unterschritten werden könnten. Bei plangemäßer Ausführung komme es zu keiner zusätzlichen Beeinträchtigung für das Anrainergrundstück; auch werde das Anrainergrundstück in seiner Belichtung nicht beeinträchtigt.

Mit Bescheid vom wies der Gemeindevorstand der zweitbeschwerdeführenden Gemeinde die Berufung als unbegründet ab. Der nach dem Brand verbliebene Objektsbestand sei im Sinne der Bewilligung vom als bewilligt anzusehen. Nach § 9 der Kärntner Bauvorschriften sei bei gegebenen Voraussetzungen eine Verringerung der Tiefe der Abstandsfläche zu genehmigen. Durch die Neuerrichtung des Daches sei keine Beeinträchtigung eines Nachbarrechtes ersichtlich.

Aufgrund der dagegen von der Erstbeschwerdeführerin erhobenen Vorstellung holte die belangte Behörde das Gutachten des Amtssachverständigen Dipl. Ing. S.R. ein. Er kam zum Ergebnis, dass durch die Figuration des gegenständlichen Grundstückes die Lage des Objekts als sinnvoll und zweckmäßig zu beurteilen sei. Durch die Unterschreitung der Abstandsflächen würden keine Interessen der Gesundheit oder der Sicherheit oder des Schutzes des Ortsbildes verletzt werden, weiters würden keine bestehenden oder zu errichtenden Gebäude mit Aufenthaltsräumen auf Eigengrund sowie auf dem benachbarten Grundstück des Vorstellungswerbers in ihrer Belichtung beeinträchtigt und letztlich auch die Errichtung von Gebäuden am Nachbargrundstück bei Einhaltung der sich aus §§ 4 bis 7 ergebenden Abstände nicht verhindert werden, weshalb die Voraussetzungen für eine Verringerung der Tiefe der Abstandsflächen gemäß der Bestimmung des § 9 der Kärntner Bauvorschriften 1985 gegeben seien.

Mit dem angefochtenen Bescheid hob die belangte Behörde den Berufungsbescheid des Gemeindevorstandes der zweitbeschwerdeführenden Gemeinde auf und wies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zurück. Die Vorstellungsbehörde ging zunächst davon aus, dass das mit Bescheid vom bewilligte Objekt nicht vollendet worden sei. Ein der Baubewilligungspflicht unterliegendes Objekt müsse - vorbehaltlich seiner Teilbarkeit - stets zur Gänze bewilligungsfähig sein, widrigenfalls die Baubewilligung zu versagen sei. Dies gelte auch für bauliche Anlagen, die nicht nur aus der eigentlichen baulichen Anlage bestünden, sondern über einen Bauteil eines Gebäudes fest mit dem Boden verbunden sind. Ist der Bauteil, über den das Bauvorhaben mit dem Boden verbunden ist, nicht baubehördlich bewilligt, dann dürfe auch für dieses Bauvorhaben eine Baubewilligung nicht erteilt werden. Die gegenständlichen Wiedererrichtungsarbeiten sollen bei dem auf der Parzelle befindlichen Gebäude, welches abweichend von der mit Bescheid vom erteilten Baubewilligung anstelle zweigeschossig nur eingeschossig, also konsenswidrig errichtet wurde, ausgeführt werden. Vor Erlangung eines Konsenses für dieses eingeschossige Gebäude sei es ausgeschlossen, der Erneuerung des Dachstuhles und der Decke die baubehördliche Bewilligung zu erteilen. Eine Bewilligungsfähigkeit dieser Wiedererrichtungsarbeiten werde erst nach positiver Erledigung eines aufgrund eines Bauansuchens eingeleiteten nachträglichen Baubewilligungsverfahrens zur Abänderung der mit Bescheid vom erteilten Baubewilligung gegeben sein. Da die gegenständliche Baubewilligung nicht zulässig sei, werde die Vorstellungswerberin durch die Entscheidung des Gemeindevorstandes in ihren Rechten verletzt.

Dagegen richten sich die zur hg. Zl. 95/05/0269 protokollierte Beschwerde der Bauwerberin und die zur hg. Zl. 95/05/0270 protokollierte Beschwerde der Gemeinde Krumpendorf am Wörthersee. Die Erstbeschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf antragsgemäße Bewilligung ihres Bauansuchens verletzt; die Zweitbeschwerdeführerin in ihrem Recht auf Einhaltung der gesetzlichen Schranken der Aufsichtsbefugnis der Gemeindeaufsichtsbehörde; durch den angefochtenen Bescheid werde "ohne gesetzliche Grundlage in die entschiedenen Sachen durch die rechtskräftigen Bescheide betreffend das ursprüngliche Bauwerk und die weiteren Zu- und Umbauten, insbesondere auch in Form des Bescheides vom geschaffene Rechtslage rechtswidrig eingegriffen".

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete zu beiden Beschwerden Gegenschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die beiden Beschwerden zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und erwogen:

Nach Auffassung der Vorstellungsbehörde wurde die mitbeteiligte Nachbarin durch die von den Gemeindebehörden erteilte Baubewilligung für Wiedererrichtungsarbeiten deshalb in ihren Rechten verletzt, weil diese Baubewilligung wegen des nach Auffassung der Vorstellungsbehörde konsenswidrigen Altbestandes "rechtswidrig" erteilt worden sei.

Nicht jede objektive Rechtswidrigkeit des Bescheides der obersten Gemeindebehörde kann zu dessen Aufhebung führen, die Aufhebung hat vielmehr zur Voraussetzung, dass subjektive Rechte des Vorstellungswerbers verletzt und diese entsprechend geltend gemacht worden sind (vgl. Hauer, Der Nachbar im Baurecht5, 156). Davon ausgehend ist zu prüfen, inwieweit mit der hier bewilligten Bauführung subjektiv-öffentliche Nachbarrechte verletzt worden sind.

Die Nachbarin erachtet sich nicht durch die Wiedererrichtung des Daches, sondern durch den Altbestand in ihren Rechten verletzt. Die belangte Behörde folgte der Auffassung der Nachbarin, dass durch die nicht vollständige Ausnützung der im Jahre 1965 erteilten Baubewilligung der Konsens für das Gebäude untergegangen sei. Dabei wird allerdings verkannt, dass § 19 Abs. 1 der Kärntner Bauordnung (LGBl. Nr. 26/1992; BO) ein "Erlöschen" der Baubewilligung nur für den Fall vorsieht, dass nicht zwei Jahre nach ihrer Rechtskraft mit der Ausführung begonnen worden ist; Abs. 2 erlaubt Verlängerungen dieser Frist; § 33 BO sieht weiters vor, dass die Baubehörde die Vollendung mittels Bescheides aufträgt.

Eine Bestimmung, wonach die Baubewilligung erlischt, wenn das Vorhaben binnen einer gewissen Zeit nach Baubeginn nicht fertig gestellt wurde, kennt die BO jedoch nicht (siehe beispielsweise § 38 Abs. 2 Oö. BauO 1994). Die Baubewilligung vom ist daher nach wie vor aufrecht und gültig.

Selbstverständlich kann die Behörde amtswegig (oder allenfalls über Antrag eines Nachbarn) ein Auftragsverfahren nach § 32 Abs. 1 BO einleiten, weil die tatsächliche Ausführung abweichend von der Baubewilligung erfolgte. Auch in einem solchen Fall wäre nach Abs. 2 dieser Bestimmung die Möglichkeit eingeräumt (nachträglich) um die Erteilung der Baubewilligung anzusuchen. Dem Bauwerber bleibt es wohl unbenommen, um die Genehmigung der vom Konsens abweichenden Ausführung schon vor einem solchen Auftrag anzusuchen. Ob dieses Ansuchen - wie im Regelfall - die tatsächliche seinerzeitige Ausführung sanieren soll oder wie hier, da diese Ausführung durch Brand teilweise untergegangen ist, die Bewilligung einer teilweisen Neuausführung bezweckt, spielt keine Rolle, weil ein Bauwerber, der sein Vorhaben vor der Bewilligung ausführt, nicht besser gestellt sein kann als jener, der zuerst um Bewilligung ansucht.

Hier handelt es sich jedenfalls um die Bewilligung der Abänderung eines Gebäudes im Sinne des § 4 lit. b BO. Diese Änderung betrifft ein in seiner Situierung in der Abstandsfläche bewilligtes einstöckiges Gebäudes, welches ebenerdig ausgeführt werden soll.

Gemäß § 21 Abs. 5 BO sind öffentlich-rechtliche Einwendungen der Parteien im Baubewilligungsverfahren nur zu berücksichtigen, wenn sie sich auf die Bestimmungen des Baurechtes oder der Bebauungspläne stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Hiezu gehören insbesondere alle Bestimmungen über die Bebauungsweise, die Ausnutzbarkeit des Baugrundstückes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von den Grundstücksgrenzen und von Gebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen auf Nachbargrundstücken, die Gebäudehöhe sowie jene Bestimmungen, die dem Schutz der Nachbarschaft in gesundheitlichen Belangen, im Interesse der Brandsicherheit oder gegen Immissionen dienen. Dem Nachbarn steht somit das Recht auf Einhaltung von Abstandsbestimmungen (§§ 4 bis 10 der Kärntner Bauvorschriften, LGBl. Nr. 56/1985; BauV) zu.

Gemäß § 4 Abs. 1 BauV sind oberirdische Gebäude und sonstige bauliche Anlagen entweder unmittelbar aneinander zu bauen oder so anzuordnen, dass sie voneinander und von der Grundstücksgrenze einen ausreichenden Abstand haben. Der Abstand ist in Abstandsflächen auszudrücken. Mit der Formulierung, Gebäude "sind anzuordnen" (siehe auch §§ 6 Abs. 1 und 7 Abs. 1 BauV) bringt der Gesetzgeber zum Ausdruck, dass damit neue Gebäude oder Änderungen der Aussenausmaße erfasst sind; wird ein vorhandenes Gebäude bloss umgebaut, aber nicht vergrössert, sodass sich an der Situierung nichts ändert, wird im Allgemeinen die "Anordnung des Gebäudes" unverändert bleiben. Eine gemäß § 4 lit. b BO bewilligungspflichtige Änderung des Gebäudes, mit der weder eine Veränderung der Situierung, noch eine Vergrößerung des Bauvolumens verbunden ist, kann in das Nachbarrecht auf Einhaltung der Abstandsfläche nicht eingreifen, weil eine solche Änderung auf die "Anordnung" des Gebäudes keinen Einfluss hat.

Die am in Geltung gestandene Kärntner Bauordnung (Gesetz vom 13. März 1866, LG und VBl. Nr. 12 in der zuletzt durch LGBl. Nr. 38/1951 geänderten Fassung) kannte ein Recht auf Freihalten eines Seitenabstandes nicht (siehe das hg. Erkenntnis vom , Slg. Nr. 7295/A). Die Abänderung des damals bewilligten einstöckigen Vorhabens durch die Bewilligung einer ebenerdigen Ausführung konnte keine Verletzung des Nachbarrechtes auf Freihaltung der Abstandsfläche bewirken.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG; die Pauschalgebühr deckt auch die Aufwendungen für die Umsatzsteuer. Hinsichtlich des Aufwandersatzes auf Seiten der Gemeinde gelangte § 53 Abs. 2 VwGG zur Anwendung.

Wien, am