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VwGH vom 26.04.1995, 92/07/0197

VwGH vom 26.04.1995, 92/07/0197

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerde

1) des KG und 2) der AG, beide in H, beide vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in E, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom , Wa - 200123/10 - 1992/Hz/Fr/Ro, betreffend Zurückweisung eines Antrages wegen entschiedener Sache, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Das Stadtamt E. teilte der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land (BH) mit Schreiben vom mit, daß im Bereich der Gemeindegrenze E./H. am rechten Ufer des P.- bzw. R.-Baches auf einer Länge von 250 Metern Aufschüttungsmaßnahmen durchgeführt worden seien, wodurch sich die Abflußverhältnisse verändert hätten.

Mit Bescheid der BH vom wurde den Beschwerdeführern aufgrund einer am durchgeführten mündlichen Verhandlung gemäß den §§ 38, 98 und § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 aufgetragen, die wasserrechtlich nicht bewilligten Aufschüttungen am rechten Ufer des P.- bzw. R.-Baches und des T.-Baches zu beseitigen, die über die ursprüngliche Uferlinie des P.-Baches hinausreichenden Schüttungen zu entfernen sowie die ursprünglichen Böschungen und die ursprüngliche Geländehöhe herzustellen.

Die gegen diesen Bescheid von den Beschwerdeführern eingebrachte Berufung wurde von der belangten Behörde mit Bescheid vom abgewiesen und die zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes eingeräumte Frist neu festgesetzt.

In weiterer Folge wurde die gegen diesen Bescheid der belangten Behörde eingebrachte Beschwerde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , 90/07/0107, als unbegründet abgewiesen. In den Entscheidungsgründen führte der Verwaltungsgerichtshof unter anderem aus, daß aufgrund der sachverständigen Feststellungen, denen die Beschwerdeführer nicht auf gleicher fachlicher Basis entgegengetreten sind, die von den Beschwerdeführern errichteten Anlagen den Hochwasserabfluß im Bereich des P.- und T.-Baches verändern und den Retentionsraum verringern. Die belangte Behörde konnte somit zu Recht von einer Gefahr für die öffentlichen Interessen ausgehen und den Beseitigungsauftrag auf § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 stützen, wenn sie dabei auch von der unrichtigen Annahme ausging, daß die Dammschüttungen nach § 38 WRG 1959 und nicht richtigerweise nach § 41 Abs. 1 WRG 1959 bewilligungspflichtig sind.

Mit Eingabe vom beantragten die Beschwerdeführer unter anderem die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für die von ihnen errichtete Dammaufschüttung.

Dieser Antrag wurde von der BH mit Bescheid vom wegen entschiedener Sache als unzulässig zurückgewiesen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom wies die belangte Behörde die von den Beschwerdeführern gemeinsam erhobene Berufung gegen den Bescheid der BH gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab.

Begründend führte die belangte Behörde aus, daß sich im gegenständlichen Fall die Dammschüttung im Hochwasserabflußbereich befinde. Nach den Ausführungen der Sachverständigen in deren Gutachten komme es durch die Dammschüttung zu einer wesentlichen Veränderung des Ablaufes der Hochwässer des R.-Baches, weil durch die Dammschüttungen ein nicht unwesentlicher Retentionsraum verloren gegangen sei. Da der Damm größtenteils aus Erdmaterial errichtet worden sei, welches hinsichtlich wasserbaulicher Zwecke nicht standfest sei und auch durch keine geeigneten technischen Maßnahmen standfest gemacht werden könne, sei der Damm nicht geeignet, dauernden Wasserangriffen, insbesondere größeren Hochwässern, zu widerstehen. Der Damm sei in der ausgeführten Form nicht konsensfähig. Es sei daher im öffentlichen Interesse gemäß § 138 Abs. 1 WRG 1959 vorzugehen gewesen.

Da sich weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert habe, werde mit dem Antrag auf wasserrechtliche Bewilligung der Dammschüttung die Entscheidung in einer Sache begehrt, über die bereits rechtskräftig abgesprochen worden sei. Ein auf § 138 Abs. 1 WRG 1959 gegründeter rechtskräftiger Abtragungsauftrag schließe die nachträgliche Erteilung einer Bewilligung für das gleiche Vorhaben aus.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluß vom , B 886/92, die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde abgelehnt und diese zur Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG abgetreten.

Für den Fall der Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof haben die Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlaß zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Nach § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 ist unabhängig von Bestrafung und Schadenersatz derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen.

Gemäß § 138 Abs. 2 WRG 1959 hat die Wasserrechtsbehörde in allen anderen Fällen einer eigenmächtig vorgenommenen Neuerung oder unterlassenen Arbeit eine angemessene Frist zu bestimmen, innerhalb derer entweder um die erforderliche wasserrechtliche Bewilligung nachträglich anzusuchen, die Neuerung zu beseitigen oder die unterlassene Arbeit nachzuholen ist.

Die Beschwerdeführer behaupten, ein rechtskräftiger Abtragungsauftrag schließe die nachträgliche Erteilung einer Bewilligung für das gleiche Vorhaben nicht aus; dem ist entgegenzuhalten, daß die zur Unterstütztung dieser Rechtsansicht zitierten hg. Erkenntnisse eine von der vorliegenden Fallkonstellation verschiedene betreffen. In seinem Erkenntnis vom , 86/07/0001, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, daß es, um über das Begehren eines Betroffenen auf Beseitigung eigenmächtig vorgenommener Neuerungen absprechen zu können, nicht des Zuwartens auf die Entscheidung über den Antrag auf nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung der Anlage bedarf. Ein solcher Abspruch ist nicht Tatbestandselement des § 138 Abs. 1 WRG 1959. Auch bildet nach dem hg. Erkenntnis vom , 88/07/0022, die Entscheidung über ein Ansuchen des Verpflichteten um wasserrechtliche Bewilligung in bezug auf jene Neuerung, deren Beseitigung von einem Betroffenen verlangt wurde, keine Vorfrage für die Entscheidung gemäß § 138 Abs. 1 WRG 1959 über dieses Verlangen.

Die Rechtsmeinung, nur eine schon von vornherein als bewilligungsunfähig anzusehende Maßnahme rechtfertige über Verlangen des Betroffenen einen wasserpolizeilichen Auftrag im Sinne des § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959, findet im Gesetz keine Deckung. Insoweit genügt eine eigenmächtig (ohne den erforderlichen behördlichen Konsens) vorgenommene Neuerung (siehe das hg. Erkenntnis vom , 86/07/0267).

Zwischen dem Antrag auf Bewilligung eines Vorhabens und dem Begehren eines Betroffenen auf Beseitigung des Ausgeführten herrscht somit nicht Identität der Sache im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom , 92/07/0178).

Der Antrag eines Betroffenen ermöglicht es somit der Wasserrechtsbehörde dennoch, eine konsenslose Neuerung durch nachträgliche Bewilligung zu sanieren, wenn die vorerst ohne wasserrechtliche Bewilligung gesetzte Maßnahme konsensfähig ist.

Anderes muß jedoch gelten, wenn - wie im vorliegenden Fall - aus öffentlichen Rücksichten die Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes notwendig ist.

In einem solchen Fall ist nicht nur ein Alternativauftrag nach § 138 Abs. 2 WRG zur Erwirkung einer nachträglichen Bewilligung unzulässig (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom , 86/07/0220, und vom , 91/07/0016), sondern auch die Möglichkeit der Erwirkung einer nachträglichen wasserrechtlichen Bewilligung für dasselbe Vorhaben, das bereits Gegenstand eines rechtskräftigen Abtragungsauftrages nach § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 im öffentlichen Interesse gewesen ist, ausgeschlossen (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , 1491/63).

Ergeht somit - wie im vorliegenden Fall - ein wasserpolizeilicher Auftrag nach § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 von Amts wegen im öffentlichen Interesse (das Schreiben des Stadtamtes E. kann in diesem Zusammenhang nicht als Antrag eines Betroffenen gewertet werden, da diesem im gegebenen Fall nach der Sachlage eine Betroffeneneigenschaft nicht zukommt), wird damit unter einem darüber abgesprochen, daß eine Anlage in der bestehenden Form nicht bewilligungsfähig ist.

Tatbestandselement eines im öffentlichen Interesse ergehenden wasserpolizeilichen Auftrages nach § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 ist somit die Unmöglichkeit der nachträglichen Bewilligung für dasselbe Vorhaben.

Zwischen einem im öffentlichen Interesse ergangenen rechtskräftigen wasserpolizeilichen Auftrag und einem Antrag auf wasserrechtliche Bewilligung desselben Vorhabens liegt Identität der Sache vor. Ein solcher wasserpolizeilicher Auftrag spricht implizit über die Bewilligungsunfähigkeit desselben Vorhabens ab.

Entschiedene Sache liegt vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert haben (vgl. dazu die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, S. 580 ff wiedergegebene hg. Judikatur).

Eine Änderung der Rechtslage liegt nun nicht vor. Insbesondere haben die für die Erlassung des wasserpolizeilichen Auftrages im vorliegenden Fall relevanten gesetzlichen Bestimmungen auch durch die WRG-Novelle 1990, BGBl. Nr. 252, keine Änderung erfahren.

Eine Änderung der Sachlage ist ebenfalls nicht eingetreten. Die Beschwerdeführer haben die Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung für die Dammschüttung, so wie sie zum Zeitpunkt der Erlassung des wasserpolizeilichen Auftrages bestand, beantragt. Eine Modifikation des Projektes wurde von den Beschwerdeführern nicht behauptet.

Die Beschwerdeführer meinen, daß der nunmehr vierjährige Bestand des Dammes die ursprünglichen Prognosen der Sachverständigen widerlege. Die Verhältnisse hätten sich wesentlich geändert. Es habe sich damit im nachhinein herausgestellt, daß der Damm aus standfestem, dauernden Wasserangriffen widerstehendem Material bestünde, was als neue entstandene Tatsache zu werten sei.

Mit dieser Argumentation übersehen die Beschwerdeführer, daß die Beurteilung des Begriffes "Identität der Sache" oder "unveränderte Sachlage" aus einer RECHTLICHEN Betrachtungsweise vorzunehmen ist (siehe das hg. Erkenntnis vom , 83/07/0138).

Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben - nochmals - zu überprüfen; die Rechtskraftwirkung besteht ja gerade darin, daß die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf (siehe dazu die bei Ringhofer, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze 1987, bei E 45 zu § 68 AVG zitierten hg. Erkenntnisse). Wesentlich ist, daß das einer fachkundigen Beurteilung unterzogene Vorhaben unverändert geblieben ist.

Es liegt nun keine nachträgliche Änderung der Sachlage in rechtlicher Hinsicht vor, wenn aufgrund neuer empirischer Tatsachen (hier des vierjährigen Bestandes des Dammes) eine allenfalls neue fachkundige Beurteilung unverändert gebliebener Tatsachen (hier der Beschaffenheit des Dammes) möglich ist.

Die belangte Behörde ist somit zutreffend davon ausgegangen, daß eine bereits rechtskräftig entschiedene Sache vorliegt.

Die Beschwerdeausführungen im Zusammenhang mit einer von den Beschwerdeführern gesehenen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bezwecken eine erneute Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache, weshalb darauf nicht näher einzugehen ist. Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.