VwGH 19.12.1995, 95/05/0249
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | BauRallg; VVG §4 Abs1; VVG §4 Abs2; |
RS 1 | Der Eintritt der wirtschaftlichen Abbruchreife hindert nicht die Vollstreckung im Wege der Ersatzvornahme und die Erlassung eines Kostenvorauszahlungsauftrages (Hinweis Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, vierte Auflage, E 18a und b zu § 4 VVG). |
Normen | VVG §2 Abs1; VVG §4 Abs2; |
RS 2 | Das aus § 2 Abs 1 VVG ableitbare Schonungsprinzip verpflichtet die Vollstreckungsbehörde nicht, mit der Erlassung eines Kostenvorauszahlungsauftrages nach § 4 Abs 2 VVG solange zuzuwarten, bis der Verpflichtete anstelle der aufgetragenen Sanierung den Abbruch des Objektes beantragt und schließlich von der erteilten Bewilligung Gebrauch macht. |
Normen | VVG §2 Abs2; VVG §4 Abs2; |
RS 3 | Bei Erlassung eines Kostenvorauszahlungsauftrag nach § 4 Abs 2 VVG als Schaffung eines Exekutionstitels ist die Gefährdung des Unterhalts des Verpflichteten erst bei der Vollstreckung des Vorauszahlungsauftrages nach Maßgabe des § 2 Abs 2 VVG zu prüfen (Hinweis E , 1648/63, 0369/64, 0750/64, 0758/64, 1037/64, 1543/64, E , 1812/71, 1813/71). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 84/05/0035 E VS VwSlg 12942 A/1989 RS 5 |
Normen | |
RS 4 | Es fällt nicht in die Zuständigkeit des VwGH, die Rechtswirkungen unterinstanzlicher Bescheide, wie Rechtskraft und Vollstreckbarkeit aufzuheben. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde der E in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. R/1-B-9512, betreffend Anordnung der Ersatzvornahme und Kostenvorauszahlungsauftrag in einer Bausache, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom hat der Bürgermeister der Stadtgemeinde K als Baubehörde erster Instanz der Beschwerdeführerin den Auftrag erteilt, bestimmte Baumängel an einem der Beschwerdeführerin gehörenden Objekt binnen sechs Monaten ab Erhalt des Bescheides zu beheben. Der Auftrag war in sechs Punkte gegliedert. Gegen diesen Bescheid brachte die Beschwerdeführerin die Berufung ein, die mit Bescheid des Gemeinderates der genannten Stadtgemeinde vom abgewiesen wurde. Aufgrund der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung behob die belangte Behörde mit Bescheid vom den Bescheid des Gemeinderates und verwies die Angelegenheit an diesen zurück. Im neuerlichen Rechtsgang erließ der Gemeinderat der Stadtgemeinde K den Bescheid vom , in dem aufgrund der Berufung der Beschwerdeführerin die Aufträge aus dem Bescheid vom zu den Punkten zwei, drei und vier abgeändert wurden, der Auftrag zu Punkt sechs wurde gemäß § 66 Abs. 2 AVG aufgehoben, das Verfahren diesbezüglich zur Durchführung einer neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Baubehörde erster Instanz verwiesen, hinsichtlich der Punkte eins und fünf wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Am stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Vorstellungsfrist, verbunden mit der Ausführung der Vorstellung und einem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.
Mit Bescheid vom hat die Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung den Antrag der Beschwerdeführerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen und die Vorstellung als verspätet zurückgewiesen. Aufgrund der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof hat dieser mit Erkenntnis vom , Zl. 95/05/0060, den angefochtenen Bescheid betreffend die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Dieses Erkenntnis wurde den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens am zugestellt.
Mit Schreiben vom hat die Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung der Beschwerdeführerin die Ersatzvornahme angedroht und für die Erbringung der Leistung nochmals eine Frist von zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens eingeräumt.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung vom wurde die Durchführung der Ersatzvornahme laut Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde K vom angeordnet, als Vorauszahlung wurde ein Kostenerlag von S 628.000,-- aufgetragen; die Behörde erster Instanz hat einer allfälligen Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt. Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung der Beschwerdeführerin hat die belangte Behörde mit Bescheid vom als unbegründet abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Titelbescheid für die Anordnung der gegenständlichen Ersatzvornahme und den Kostenvorauszahlungsauftrag ist der rechtskräftige Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Klosterneuburg vom . Entgegen der Rechtsansicht der Beschwerdeführerin wurde mit dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/05/0060, nicht in die Rechtskraft des Titelbescheides eingegriffen, sondern, wie schon aus der Sachverhaltsdarstellung hervorgeht, lediglich die Entscheidung betreffend die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Vorstellungsfrist wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Da der Vorstellung gemäß § 61 Abs. 2 lit. c der Niederösterreichischen Gemeindeordnung 1973, LGBl. 1000-8, keine aufschiebende Wirkung zukommt, ist der Titelbescheid rechtskräftig und vollstreckbar.
Die Beschwerdeführerin behauptet die wirtschaftliche Unzumutbarkeit der Instandsetzung, weil die letzte Mieterin in nächster Zeit ausziehen werde und Vergleichsverhandlungen vor dem Abschluß stünden, sodaß das aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr herstellbare Haus dann abgebrochen werden könne. Mit dem Hinweis auf die wirtschaftliche Abbruchreife vermag aber die Beschwerdeführerin die Rechtswidrigkeit der Vollstreckung im Wege der Ersatzvornahme und die Erlassung eines Kostenvorauszahlungsauftrages nicht darzutun (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, zu § 4 VVG unter Nr. 18a und b zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Der Verwaltungsgerichtshof sieht keine Veranlassung, von dieser Rechtsprechung abzugehen.
Das aus § 2 Abs. 1 VVG ableitbare Schonungsprinzip verpflichtet die Vollstreckungsbehörde nicht, mit der Erlassung eines Kostenvorauszahlungsauftrages nach § 4 Abs. 2 VVG solange zuzuwarten, bis die Beschwerdeführerin anstelle der aufgetragenen Sanierung den Abbruch des Objektes beantragt und schließlich von der erteilten Bewilligung Gebrauch macht. Die Frage der Gefährdung des notdürftigen Unterhaltes (§ 2 Abs. 2 VVG) ist erst bei der Einbringung der Geldleistung zu prüfen (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Slg. Nr. 12.942/A), weshalb die Ausführungen der Beschwerdeführerin, aufgrund der Vorschreibung der Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme in Höhe von S 628.000,-- werde der notdürftige Unterhalt der Beschwerdeführerin gefährdet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun vermögen.
Durch den Ausschluß der aufschiebenden Wirkung einer allfälligen Berufung gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung vom liegt keine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende Rechtsverletzung der Beschwerdeführerin vor, da zwischenzeitlich der (nunmehr in Beschwerde gezogene) Berufungsbescheid vom ergangen ist. Da zwischen der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides vom und der Erlassung des Berufungsbescheides keine Vollstreckungsmaßnahmen gesetzt worden sind, erübrigt sich eine gesonderte Überprüfung, ob die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung rechtmäßig war oder nicht.
Dem mit der Beschwerde verbundenen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof schon während des Vorverfahrens entsprochen. Einem Eventualantrag der Beschwerdeführerin, die Rechtswirkungen der angefochtenen unterinstanzlichen Bescheide, wie Rechtskraft und Vollstreckbarkeit aufzuheben, konnte mangels Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes nicht entsprochen werden.
Da sich die Beschwerde sohin als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | AVG §56; AVG §68 Abs1; BauRallg; B-VG Art131; VVG §1; VVG §2 Abs1; VVG §2 Abs2; VVG §4 Abs1; VVG §4 Abs2; VwGG §30 Abs2; VwGG §34 Abs1; VwRallg; |
Schlagworte | Maßgebender Bescheidinhalt Inhaltliche und zeitliche Erstreckung des Abspruches und der Rechtskraft Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Diverses Begriff der aufschiebenden Wirkung Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde Baupolizei Vollstreckung Kosten BauRallg10 Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1995:1995050249.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
JAAAE-34288