VwGH vom 21.04.2004, 2000/08/0107
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Strohmayer und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des W in W, vertreten durch Dr. Matthias Öhler, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Bartensteingasse 4, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom , Zl. LGSW Abt. 10-ALV/1218/56/1999-2567, betreffend Höhe des Arbeitslosengeldes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der 1949 geborene Beschwerdeführer bezog vom 30. März bis zum sowie vom bis zum Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung. Vom 11. Jänner bis zum war der Beschwerdeführer arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt. Am stellte er wiederum einen Antrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld. Nach dem von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice eingeholten Ausdruck aus der zentralen Datenspeicherung des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger war für das Jahr 1997 die Beitragsgrundlage in der Weise gespeichert, dass für den Arbeitslosengeldbezug 304 Beitragstage, eine Beitragssumme von S 145.833,-- und die durchschnittliche Monatsbeitragsgrundlage von S 14.391,-- zu berücksichtigen war. Auf dieser Grundlage wurde dem Beschwerdeführer mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle vom gemäß § 21 Abs. 1 AlVG das Arbeitslosengeld ab bis in der Höhe von S 214,90 täglich zuerkannt.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung und brachte vor, er habe vom bis zum bei der Firma A. und vom bis zum bei der Firma H. gearbeitet. Das erstgenannte Dienstverhältnis sei ein Teilzeitbeschäftigungsverhältnis (als Betriebsberater) gewesen. Es würde außerdem eine "Lohnklassengarantie für ältere Arbeitnehmer" geben.
Die belangte Behörde holte am einen weiteren Ausdruck aus der zentralen Datenspeicherung des Hauptverbandes ein, in dem neben dem bereits genannten Arbeitsverhältnis aus dem Jahre 1997 auch das Arbeitsverhältnis aus dem Jahre 1999 aufschien, und zwar mit der Anmerkung "Beitragsglg. nicht geprüft".
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Gemäß § 21 Abs. 1 AlVG sei die Lohnklasse anhand der beim Hauptverband gespeicherten Jahresbeitragsgrundlage des letzten Jahres, sohin des Jahres 1998, zu bestimmen gewesen. Für dieses Jahr würde jedoch keine Beitragsgrundlage vorliegen. Es sei daher nach der angeführten Gesetzesbestimmung die letzte vorliegende Jahresbeitragsgrundlage eines vorhergehenden Jahres heranzuziehen, sohin die ausgewiesene Beitragsgrundlage aus dem Jahr 1997. Entscheidend sei, ob in diesem Zeitraum eine arbeitslosenpflichtige Beschäftigung vorgelegen sei. Das Ausmaß der Beschäftigung (Teilzeitbeschäftigung oder Vollbeschäftigung) sei ohne Belang. Nach den im Zeitpunkt der Antragstellung () geltenden gesetzlichen Bestimmungen sei ein Rückgriff auf eine frühere Lohnklasse nicht möglich gewesen, weil der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der (vorhergehenden) Geltendmachung des Arbeitslosengeldes im November 1997 das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet gehabt habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ist - bei Erfüllung der Leistungsvoraussetzungen - bereits im Zeitpunkt seiner Geltendmachung verwirklicht. Daraus folgt, dass die zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Gegebenheiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auch für die Höhe des Arbeitslosengeldes maßgebend sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/02/0103, mwN). Für die Beurteilung des vorliegenden, am beantragten Anspruches des Beschwerdeführers ist daher § 21 Abs. 1, 2 und 8 AlVG in der am in Kraft getretenen Fassung BGBl. I Nr. 417/1998 anzuwenden. Diese Bestimmungen lauten:
"§ 21. (1) Der Grundbetrag des Arbeitslosengeldes wird nach Lohnklassen bemessen. Für die Festsetzung der Lohnklasse ist bei Geltendmachung bis 30. Juni das Entgelt des vorletzten Kalenderjahres aus den beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger gespeicherten Jahresbeitragsgrundlagen aus arbeitslosenversicherungspflichtigem Entgelt, mangels solcher aus anderen für Zwecke der Sozialversicherung gespeicherten Jahresbeitragsgrundlagen heranzuziehen. Bei Geltendmachung nach dem 30. Juni ist das Entgelt des letzten Kalenderjahres heranzuziehen. Liegen die nach den vorstehenden Sätzen heranzuziehenden Jahresbeitragsgrundlagen nicht vor, so sind jeweils die letzten vorliegenden Jahresbeitragsgrundlagen eines vorhergehenden Jahres heranzuziehen. Zeiten, in denen der Arbeitslose infolge Erkrankung (Schwangerschaft) nicht das volle Entgelt oder wegen Beschäftigungslosigkeit kein Entgelt bezogen hat, sowie Zeiten des Bezuges einer Lehrlingsentschädigung, wenn es für den Arbeitslosen günstiger ist, bleiben bei der Heranziehung der Beitragsgrundlagen außer Betracht. In diesem Fall ist das Entgelt durch die Zahl der Versicherungstage zu teilen und mit 30 zu vervielfachen. Jahresbeitragsgrundlagen, in denen eine Herabsetzung der Arbeitszeit im Sinne des § 27 Abs. 1 oder der Bezug von Karenz(urlaubs)geld bei Teilzeitbeschäftigung oder eine Beschäftigung neben einer Gleitpension (§ 253c ASVG) vorliegt, bleiben außer Betracht. Sind die heranzuziehenden Jahresbeitragsgrundlagen zum Zeitpunkt der Geltendmachung des Arbeitslosengeldes älter als ein Jahr, so sind diese mit dem/den Aufwertungsfaktor/en gemäß § 108 Abs. 4 ASVG des betreffenden Jahres/der betreffenden Jahre aufzuwerten.
(2) Liegen noch keine Jahresbeitragsgrundlagen vor, so ist für die Festsetzung der Lohnklasse das Entgelt der letzten sechs Kalendermonate vor der Geltendmachung des Arbeitslosengeldes heranzuziehen. Sonderzahlungen im Sinne der gesetzlichen Sozialversicherung (§ 49 ASVG) sind anteilsmäßig zu berücksichtigen. Abs. 1 fünfter und sechster Satz ist anzuwenden.
(...)
(8) Abweichend von Abs. 1 ist ein für den Anspruch auf Arbeitslosengeld herangezogenes Entgelt auch bei weiteren Ansprüchen auf Arbeitslosengeld so lange heranzuziehen, bis entweder arbeitslosenversicherungspflichtige Beschäftigungszeiten mit einer Gesamtdauer von 26 Wochen vorliegen oder sich ein höheres maßgebliches Entgelt ergibt. War im Zeitpunkt des Eintrittes der Arbeitslosigkeit bei Männern das 50., bei Frauen das 45. Lebensjahr vollendet, so ist das hiebei für den Anspruch auf Arbeitslosengeld herangezogene Entgelt auch bei weiteren Ansprüchen auf Arbeitslosengeld so lange heranzuziehen, bis sich ein höheres maßgebliches Entgelt ergibt."
Unter Hinweis darauf, dass er bei der Firma H. vom 11. Jänner bis zum "länger als sechs Monate" in einem arbeitslosenversicherungspflichtigen Dienstverhältnis gestanden sei, bringt der Beschwerdeführer vor, für die Festsetzung der Lohnklasse hätte gemäß § 21 Abs. 2 AlVG das Entgelt der letzten sechs Kalendermonate vor der Geltendmachung des Arbeitslosengeldes berücksichtigt werden müssen.
Diese Auffassung ist verfehlt. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung, ob bereits Beitragsgrundlagen aus dem letzten Kalenderjahr beim Hauptverband vorliegen, ist der erste Tag der Arbeitslosigkeit als frühestmöglicher Zeitpunkt der rechtlich wirksamen Geltendmachung des Arbeitslosengeldes (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/08/0352). Im Beschwerdefall ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer das Arbeitslosengeld am geltend gemacht hat und dass damals beim Hauptverband (nur) die Jahresbeitragsgrundlagen für das Jahr 1997 gespeichert waren. Ein Fall des § 21 Abs. 2 AlVG, nämlich das Fehlen jeglicher dokumentierter Jahresbeitragsgrundlagen, ist daher nicht gegeben (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/08/0328).
Gemäß § 21 Abs. 1 zweiter Satz AlVG wäre bei Geltendmachung nach dem 30. Juni das Entgelt des letzten Kalenderjahres, sohin des Jahres 1998, heranzuziehen. Da für dieses Kalenderjahr keine Beitragsgrundlagen ausgewiesen wurden, waren nach dem dritten Satz der zitierten Gesetzesbestimmung jeweils die letzten vorliegenden Jahresbeitragsgrundlagen eines vorhergehenden Jahres heranzuziehen. Die belangte Behörde ist daher zutreffend von den Jahresbeitragsgrundlagen des Jahres 1997 ausgegangen. Für die Heranziehung des Entgeltes im Kalenderjahr ist es unerheblich, ob der Versicherte in diesem Zeitraum vollbeschäftigt oder teilzeitbeschäftigt war (vgl. nochmals das Erkenntnis Zl. 98/08/0328).
Unter Hinweis auf § 21 Abs. 8 AlVG macht die Beschwerde ferner geltend, dass die belangte Behörde das für einen (früheren) Anspruch auf Arbeitslosengeld zu Grunde gelegte Entgelt auch für den vorliegenden Anspruch auf Arbeitslosengeld so lange hätte heranziehen müssen, bis sich ein höheres maßgebliches Entgelt ergeben hätte.
Auch mit dieser Auffassung ist der Beschwerdeführer nicht im Recht. Wie sich aus § 21 Abs. 8 AlVG in der hier antragsbezogen anzuwendenden, oben zitierten Fassung BGBl. I Nr. 417/1998 ergibt, kann nur jenes für den Anspruch auf Arbeitslosengeld herangezogene Entgelt auch bei weiteren Ansprüchen auf Arbeitslosengeld herangezogen werden, das bei einem Eintritt der Arbeitslosigkeit nach der Vollendung des 50. Lebensjahres bei Männern der Berechnung des Arbeitslosengeldes zu Grunde gelegt worden ist. Beim vorliegenden Antrag auf Arbeitslosengeld handelt es sich jedoch um den ersten, den der Beschwerdeführer nach der Vollendung des 50. Lebensjahres gestellt hat. Ein Rückgriff auf früher herangezogene Entgelte kommt nach der für den vorliegenden Antrag anzuwendenden Regelung schon aus diesem Grund nicht in Betracht.
Mit BGBl. I Nr. 179/1999 wurde § 21 Abs. 8 zweiter Satz AlVG wie folgt geändert:
"Hat ein Arbeitsloser das 45. Lebensjahr vollendet, so ist ein für den Anspruch auf Arbeitslosengeld herangezogenes Entgelt auch bei weiteren Ansprüchen auf Arbeitslosengeld so lange heranzuziehen, bis sich ein höheres maßgebliches Entgelt ergibt."
Diese Bestimmung, auf die sich der Beschwerdeführer beruft, ist gemäß § 79 Abs. 53 AlVG erst mit dem in Kraft getreten. Sie findet damit auf den vorliegenden Fall keine Anwendung, weil - wie bereits ausgeführt - die im Zeitpunkt der Antragstellung geltende Rechtslage maßgebend war.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Zu seinem Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist der Beschwerdeführer darauf zu verweisen, dass der Sachverhalt im Beschwerdefall geklärt ist und die Rechtsfragen durch die bisherige Rechtsprechung beantwortet sind. Es wurden in der Beschwerde keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung verlangt hätte (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 2000/08/0072). Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am