VwGH vom 21.10.1986, 86/14/0034

VwGH vom 21.10.1986, 86/14/0034

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Hnatek, Dr. Pokorny und Dr. Karger als Richter, in Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Dorner, über die Beschwerde des LE in M, vertreten durch Dr. Anton und Dr. Peter Gradischnig, Rechtsanwälte in Villach, Moritschstraße 7, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Kärnten, Berufungssenat I, von , Zl. 226-3/81, betreffend Einkommensteuer für 1974 bis 1979 und Einkommensteuervorauszahlung 1981, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die 1969 verstorbene Ehegattin des Beschwerdeführers bestimmte in einem in diesem Jahr errichteten Testament einen Neffen zum Alleinerben. Der Nachlass umfasste laut angefochtenem Bescheid Aktiva von 1,7 und Passiva von 0,2 Mio Schilling und bestand aus einem gastgewerblichen Betrieb (Fremdenpension) sowie land- und forstwirtschaftlichem Grundbesitz. Dem Beschwerdeführer setzte die Verstorbene unter anderem neben Wohnrechten (Benützungsrechten) an Räumen des Betriebsgebäudes, freier Station (Heizung und volle Verpflegung) und dem Recht auf Wartung und Pflege bei Krankheit und im Alter eine monatliche wertgesicherte Rente von S 4.000,-- aus. Dieser Betrag ermäßigte sich auf monatlich S 3.000,-- wenn eine auf dem eigenen landwirtschaftlichen Besitz des Beschwerdeführers lastende Ausgedingsverpflichtung erlöschen sollte. Die Ansprüche des Beschwerdeführers aus dem Testament und damit auch der Rentenanspruch hatten für die Dauer des aufrechten Bestandes einer von Beschwerdeführer eingegangenen neuen Ehe zu ruhen.

Streit besteht im Beschwerdefall einzig und allein darüber, ob die im Testament als "Versorgungsrente" bezeichnete Rente beim Beschwerdeführer als wiederkehrender Bezug gemäß § 29 Z. 1 EStG 1972 der Einkommensteuer unterliegt oder ob es sich um einen Bezug handelt, der im Sinne des zweiten Satzes der Gesetzesstelle an eine gesetzlich unterhaltsberechtigte Person gewährt wurde und der demnach nicht dem Beschwerdeführer zuzurechnen wäre.

Die belangte Behörde nahm in dem in Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid Einkommensteuerpflicht in wesentlichen deshalb an, weil dem Beschwerdeführer die Rente entgegen seiner Auffassung nicht als gesetzlicher Unterhalt in Sinne des § 796 ABGB zukomme. Vielmehr treffe den Alleinerben eine Rentenverpflichtung, die mit der Übernahme des Nachlasses der verstorbenen Gattin des Beschwerdeführers durch den Neffen in einem engen Zusammenhang stehe, sodass im Beschwerdefall nicht mehr von einer auf gesetzlicher Grundlage beruhenden Unterhaltsleistung die Rede sein könne. Die verstorbene Gattin habe für den Beschwerdeführer durch die Aussetzung des Rentenlegats ausreichend gesorgt, sodass dieser gegenüber dem Alleinerben aus dem Titel des § 796 ABGB keine Ansprüche habe stellen können. Die Verpflichtung zur Rentenzahlung treffe den Erben (Neffen) vielmehr aus dem Rechtsgrund der Annahme der Erbschaft (Hinweis auf die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 1852/70, Slg. Nr. 4420/F, und vom , Zl. 1808/71, Slg. Nr. 4589/F). Zudem stelle der Verwaltungsgerichtshof Bezüge gesetzlich unterhaltsberechtigter Personen im Sinne des § 29 Z. 1 zweiter Satz EStG 1972 - so genannte "Unterhaltsrenten" - in Abrede, wenn die Leistungen auf einer wirtschaftlichen, vermögensrechtlichen Basis beruhten (Erkenntnis vom , Zl. 2003/54, Slg. Nr. 1394/F). Eine ähnliche Auffassung vertrete auch das Schrifttum, wobei sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid besonders auf die Ausführungen von Stoll, Rentenbesteuerung3, Seite 388 ff, bezog. Die testamentarische Verfügung, dass sich bei Wegfall der Ausgedingslast des Beschwerdeführers dessen Rentenanspruch vermindern solle, spreche keineswegs für das Vorliegen einer Unterhaltsrente, sondern sei ein Indiz dafür, dass für den Erblasser der für eine Versorgungsrente im Sinne des § 29 Z. 1 EStG 1972 geradezu typische Versorgungsgedanke im Vordergrund gestanden sei. Andererseits könne diese Testamentsklausel nichts daran ändern, dass den Erben (Neffen) die Rentenzahlungspflicht aus dem Rechtsgrund der Annahme der Erbschaft treffe.

Der Beschwerdeführer erhob zunächst beim Verfassungsgerichtshof Beschwerde, doch lehnte dieser deren Behandlung mit Beschluss vom , B 273/82, ab. In der antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof abgetretenen Beschwerde macht der Beschwerdeführer für das hg. Verfahren sowohl inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides als auch dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Die Beschwerdeausführungen zielen vor allem dahin, die Tatsache, dass die verstorbene Frau den Beschwerdeführer in ihrem Testament bereits mit dem fehlenden anständigen Unterhalt bedacht habe, könne den Rechtsanspruch des Beschwerdeführers auf den mangelnden Unterhalt nicht ändern. Im § 796 ABGB sei nur vorgesehen, dass sich der Beschwerdeführer auf diesen Anspruch die bereits im Testament gleichartig zuerkannten Leistungen anrechnen lassen müsse. Tatsächlich erhalte der Beschwerdeführer auf Grund der letztwilligen Verfügung seiner verstorbenen Frau gesetzliche Unterhaltsleistungen, die nur insofern im Zusammenhang mit der Verfügung über das Nachlassvermögen stünden, als die Vermögensbestandteile der Verlassenschaft in einer Hand, nämlich in der des Alleinerben verblieben und dieser die dem Beschwerdeführer zustehende Unterhaltsrente in Geld und nicht in Sachwerten zu überlassen habe. Für eine Unterhaltsrente spreche auch die Beschränkung des Rentenanspruches auf die Dauer des Witwerstandes und die testamentarisch verfügte Rentenminderung bei Wegfall der eigenen Ausgedingsverpflichtung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegende Rechtsmeinung, bei letztwillig vermachten Rentenbezügen treffe den Erben die Verpflichtung zur Rentenzahlung aus dem Rechtsgrund der Annahme der Erbschaft und nicht aus dem Gesetz, sodass nicht von Zuwendungen (Bezügen) an eine gesetzlich unterhaltsberechtigte Person im Sinne des § 29 Z. 1 EStG 1972 (früher § 22 Z. 1 des jeweils geltenden Einkommensteuergesetzes) gesprochen werden könne, brachte der Verwaltungsgerichtshof nicht nur in den beiden im angefochtenen Bescheid zitierten Erkenntnissen (Slg. Nr 4420/F und 4589/F), sondern auch in weiteren Erkenntnissen zum Ausdruck, aus denen vor allem die bereits zur Rechtslage nach dem Einkommensteuergesetz 1972 ergangenen Erkenntnisse vom , Zl. 2369/76, Slg. Nr. 5296/F, und vom , Zl. 82/13/0256, 0259, herausgehoben seien. Besonders aus der ausführlichen Begründung des Erkenntnisses Slg. Nr. 5296/F ist klar zu ersehen, warum sich der Verwaltungsgerichtshof der Auffassung der belangten Behörde anschließt und den Standpunkt des Beschwerdeführers nicht teilt. Es genügt daher gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG der Hinweis auf die bisherige Rechtsprechung mit dem Beifügen, dass die Änderung des § 796 ABGB durch das so genannte Eherechts-Änderungsgesetz, BGBl. Nr. 280/1978, schon deshalb keine andere Betrachtung gebietet, weil diese Änderung auf den Beschwerdefall nicht durchschlägt (Art. XXIII § 3 Abs. 2 dieses Gesetzes).

2. Zum selben Ergebnis wie die der Rechtsprechung zu Punkt 1. vornehmlich zu Grunde liegende rechtliche Betrachtungsweise führt im Beschwerdefall die wirtschaftliche Betrachtungsweise, wie sie im Vordergrund der von der belangten Behörde zitierten Ausführungen Stolls steht und ebenfalls Eingang in die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gefunden hat (siehe neben dem in angefochtenen Bescheid angeführten Erkenntnis Slg. Nr. 1394/F die Erkenntnisse vom , Zl. 378/61, Slg. Nr. 2470/F, vom , Z 1. 1275/69, Slg. Nr. 4235/F, vom , Zl. 1992/71, Slg. Nr. 4392/F, und vom , Zl. 1808/71, Slg. Nr. 4589/F). Stoll zeigt nun zutreffend auf, dass die Rentenbezüge, die wie im Beschwerdefall einem übergangenen gesetzlichen Erben zugedacht wurden, wirtschaftlich gesehen Ausgleich für den Entzug von Vermögen und nicht Unterhalt wären; sie fielen daher nicht unter den Begriff der Unterhaltsrenten (Zuwendungen an bzw. Bezüge von gesetzlich unterhaltsberechtigten Personen im Sinne des § 20 Abs. 1 Z. 4 bzw. ursprünglich Z. 3 und des § 29 Z. 1 zweiter Satz EStG 1972), die der Leistende nicht absetzen dürfe und der Empfänger nicht versteuern müsse, sondern unter den Begriff der (außerbetrieblichen) Versorgungsrenten, die beim Leistenden Sonderausgaben gemäß § 18 Abs. 1 Z. 1 und beim Empfänger wiederkehrende Bezüge im Sinne des § 29 Z. 1 EStG 1972 wären. Letztere Folgerung haben die Abgabenbehörden, wie der angefochtene Bescheid unwidersprochen festhält, im Beschwerdefall beim Rentenzahler und beim Rentenempfänger gezogen.

3. Dass der Beschwerdeführer im Sinne der Beschwerdeausführungen gegen die Verlassenschaft den Rechtsanspruch nach § 796 ABGB erheben hätte können, wenn im Testament für seinen Unterhalt keine Vorsorge getroffen worden wäre, ist nicht streitentscheidend; denn der auf § 796 ABGB selbst gegründete Unterhaltsanspruch wäre eben jener dem § 29 Z. 1 zweiter Satz EStG 1972 entsprechende gesetzliche Unterhaltsanspruch. Dieser gesetzliche Unterhaltsanspruch hätte keineswegs den gleichen Inhalt wie der testamentarische Unterhaltsanspruch, und zwar allein schon deshalb nicht, weil eigenes Vermögen und eigenes Einkommen den testamentarischen Unterhaltsanspruch nicht, den gesetzlichen aber sehr wohl beeinflussen würde (Kapfer, ABGB30, § 796 E 1).

Auf den Einwand, dass die Rente dem Beschwerdeführer nur auf die Dauer des Witwerstandes zu zahlen ist, einzugehen erübrigt sich, weil die entsprechende Testamentsanordnung als nicht beigesetzt anzusehen ist, wie aus den aktenkundigen, den Beschwerdeführer betreffenden Urteil des Obersten Gerichtshofes vom , 4 Ob 535/74, hervorgeht.

Auch die bei Wegfall einer eigenen Ausgedingsverpflichtung vorgesehene Rentenminderung macht den testamentarisch verfügten und auf die Annahme der Erbschaft gegründeten Rentenanspruch des Beschwerdeführers nicht zu einem gesetzlichen. Abgesehen davon widerspricht es auch nicht dem Wesen einer Versorgungsrente, diese verminderten Bedürfnissen des Anspruchsberechtigten anzupassen.

4. Der Beschwerdeführer vermochte somit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG und die Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 243.

Wien, am