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VwGH vom 27.09.1994, 92/07/0069

VwGH vom 27.09.1994, 92/07/0069

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerde des A. und der P., beide in L, beide vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. 8-64 Pa 8/7-91, betreffend Maßnahmen nach dem Steiermärkischen Betriebsflächenschutzgesetz (mitbeteiligte Partei: S in L), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die mitbeteiligte Partei (mP), vertreten durch ihre Tochter, zeigte der Bezirkshauptmannschaft (in der Folge: BH) an, daß ihr Ertragseinbußen auf ihrem landwirtschaftlich genutzten Grundstück (Grundstück Nr. 1513) durch Beschattung entstünden, die durch eine an der Grundgrenze der Liegenschaft der Beschwerdeführer befindliche, ca. 2 m hohe Thujenhecke, durch Haselnußsträucher und diverse Sträucher, die teilweise in das Grundstück der mitbeteiligten Partei hineinreichten, verursacht würden.

Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Ortsaugenschein am erließ die BH unter dem Datum einen Bescheid mit folgendem Spruch:

"Gemäß § 3 Abs. 3 des Gesetzes vom , betreffend den Schutz landwirtschaftlicher Betriebsflächen, LGBl. Nr. 61/1982, wird festgestellt, daß die Nutzung der landwirtschaftlichen Betriebsflächen Grst. Nr. 1513, KG. L., durch Schatten von Gewächsen, die über 2 m hoch sind, beeinträchtigt ist.

Nach § 5 leg. cit. wird den Grundeigentümern (Nutzungsberechtigten) Herrn A. und Frau A. P., wohnhaft in L, ..., entsprechend dem Ergebnis der Verhandlung vom aufgetragen, bis zum folgende Maßnahmen durchzuführen:

1. Auf dem Grst. Nr. 1514/2, KG. L., (landwirtschaftliche Nutzfläche laut Kataster), sind Gewächse (Bäume, Sträucher und Hecken), wenn sie näher als 0,50 m zur Grenze des Grst. Nr. 1513, KG. L., stocken, zu entfernen. Gewächse, ausgenommen Einzelbäume gemäß § 4 Z. 3 des Betriebsflächenschutzgesetzes, LGBl. Nr. 14/1989, die in einem Streifen von 0,50 bis 2 m von der Grenze des Grst. Nr. 1513, KG. L., stocken, sind entweder zu entfernen oder ständig durch laufendes Stutzen unter einer Höhe von 2 m zu halten.

2. Gewächse, die sich auf dem Grst. Nr. 1514/3, KG. L., (Garten laut Kataster), befinden, werden als solche gemäß § 4 Abs. 1 lit. a angesehen, weil sie sich in einem Hofraum befinden, die Nutzung der angrenzenden landwirtschaftlichen Betriebsflächen zwar beeinträchtigen, sie aber nicht gefährden. Auf diese gelten die Vorschriften des § 3 leg. cit. solange nicht, als eine Gefährdung der angrenzenden Nutzung nicht gegeben ist. Es wird daher empfohlen, die vorhandene Thujenhecke stets unter 2 m Höhe zu halten."

Weiters wurden den Beschwerdeführern die Verfahrenskosten vorgeschrieben.

Die dagegen von den Beschwerdeführern erhobene Berufung wurde nach Durchführung von ergänzenden Ermittlungen insbesondere durch Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens, zu dem die Parteien des Verwaltungsverfahrens im Zuge einer mündlichen Verhandlung mit Ortsaugenschein Stellung nehmen konnten, mit Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom gemäß § 66 Abs. 4 i.V.m. den §§ 1, 2, 3, 5 und 9 des Gesetzes über den Schutz landwirtschaftlicher Betriebsflächen, LGBl. Nr. 61/1982 in der Fassung LGBl. Nr. 14/1990 (in der Folge: BflSchG) als unbegründet abgewiesen und den Spruch des erstinstanzlichen Bescheides wie folgt geändert:

"1. Gemäß § 3 Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 2 des Gesetzes vom über den Schutz landwirtschaftlicher Betriebsflächen, LGBl. Nr. 61 in der Fassung LGBl. Nr. 14/1990, wird festgestellt, daß die Nutzung der landwirtschaftlichen Betriebsfläche Grst. Nr. 1513, KG. L. (dzt. Eigentümer G.S., in L.) durch Schatten von Gewächsen, die über 2 m hoch sind, auf den Grst. Nr. 1514/2 und Nr. 1514/3 je KG. L., (dzt. Eigentümer A. und A. P., in L.) gefährdet ist, und liegen somit die Voraussetzungen nach § 3 Abs. 2 leg. cit. vor.

2. Die Eigentümer der Grst. Nr. 1514/2 und Nr. 1514/3 je KG. L. sind gehalten, die auf den vorbezeichneten Grundstücken befindlichen Gewächse, die über 2 m hoch sind, entlang des angrenzenden Grst. Nr. 1513 KG. L. innerhalb eines 4 m breiten Streifens entweder zu entfernen oder auf die entsprechende Höhe (2 m) zu stutzen."

Weiters wurden den Beschwerdeführern die Verfahrenskosten vorgeschrieben.

Die belangte Behörde begründete den angefochtenen Bescheid im wesentlichen damit, daß auf Grund des Gutachtens ihres Amtssachverständigen sowie des durchgeführten Ortsaugenscheines die Nutzung der landwirtschaftlichen Betriebsfläche auf Grundstück Nr. 1513, KG. L., durch Schatten von Gewächsen, die über 2 m hoch sind und sich auf den Grundstücken der Beschwerdeführer befinden, gefährdet sei. Diese Gefährdung bestehe vor allem in einer Minderung der Sonneneinstrahlung aus Süden, was letztlich zu einer Ertragsminderung führe. Trotz des geringen Ausmaßes der Liegenschaft der mitbeteiligten Partei handle es sich um eine landwirtschaftliche Betriebsfläche, da sie zu einem landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne der land- und forstwirtschaftlichen Betriebszählung gehöre. Im Zuge dieser Zählung würden alle Betriebe, die eine Wirtschaftsfläche unter 1 ha aufweisen oder überhaupt keine Fläche bewirtschaften, erfaßt, soferne z.B. mindestens fünf Schafe oder Ziegen gehalten werden. Letzteres treffe auf die mitbeteiligte Partei zu.

Bezüglich der Abänderung des Spruches habe sich die belangte Behörde auf § 66 Abs. 4 AVG gestützt. Die Verpflichtung zur Einhaltung der Abstandsbestimmungen gemäß § 3 Abs. 1 und 2 BflSchG stelle nur einen deklaratorischen Hinweis dar, da sich diese bereits aus dem Gesetz ergebe.

Mit Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom , Zl. B 874/91, wurde die Behandlung der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Mit der vorliegenden Beschwerde machen die Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gegen den angefochtenen Bescheid geltend.

Sie erachten sich auf Grund des gesamten Beschwerdevorbringens in ihren einfachgesetzlichen Rechten auf Durchführung eines mängelfreien Verfahrens mit ausreichender Feststellung des Sachverhalts und auf Abweisung des Begehrens der mitbeteiligten Partei auf Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen gemäß § 3 Abs. 2 des BFlSchG sowie insbesondere auf Nichtvorschreibung der im angefochtenen Bescheid festgesetzten Maßnahmen nach diesem Gesetz verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte. Auch die mP gab eine Stellungnahme zur Beschwerde ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 1 des BFlSchG wird unter einer landwirtschaftlichen Betriebsfläche im Sinne dieses Gesetzes jede zusammenhängende Fläche eines oder mehrerer landwirtschaftlicher Grundstücke (Abs. 2) desselben Eigentümers verstanden.

Nach Abs. 2 des selben Paragraphen sind landwirtschaftliche Grundstücke im Sinne dieses Gesetzes Grundflächen (Grundstücke und Grundstücksteile), die im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes der Erzeugung von Pflanzen, ihrer Bringung oder ihrer Verwertung dienen, einschließlich der Wohn- und Wirtschaftsgebäude samt Hofräumen und Gärten.

Nach § 3 Abs. 1 leg. cit. dürfen Gewächse (insbesondere Bäume, Sträucher und Hecken) nur in einem Mindestabstand von 0,50 m gepflanzt oder, wenn sie über 2 m hoch sind, nur in einem Mindestabstand von 2 m von der Grenze einer landwirtschaftlichen Betriebsfläche eines anderen Eigentümers oder Nutzungsberechtigten belassen werden.

Gemäß Abs. 2 des selben Paragraphen sind, wenn die Nutzung einer landwirtschaftlichen Betriebsfläche durch Schatten von Gewächsen, die über 2 m hoch sind, gefährdet ist, entlang des angrenzenden Grundstücks eines anderen Eigentümers oder Nutzungsberechtigten innerhalb eines 4 m breiten Streifens diese Gewächse entweder zu entfernen oder unter Beachtung des Abs. 1 auf die entsprechende Höhe zu stutzen.

Nach Abs. 4 dieses Paragraphen hat die Behörde von Amts wegen oder auf Antrag mit Bescheid festzustellen, ob die Voraussetzungen nach Abs. 2 vorliegen.

Gemäß § 5 leg. cit. ist dem Eigentümer oder Nutzungsberechtigten, der den Bestimmungen des § 3 Abs. 1 und 2 zuwiderhandelt, mit Bescheid unter Festsetzung einer angemessenen Frist aufzutragen, den gesetzmäßigen Zustand herzustellen.

Unbestritten ist auf Grund der Feststellung der von den Verwaltungsbehörden beigezogenen Amtssachverständigen, daß auf den Grundstücken der Beschwerdeführer, Grst. Nr. 1514/3 und 1514/2, beide KG. L., entlang der Grenze zum Grundstück Nr. 1513 der mP eine Hecke (zum überwiegenden Teil aus Thujen, ansonsten aus Fichten bestehend) in einem Abstand von ca. 0,5 m und mit einer Höhe von ca. 2 m befindet. Ferner sind verschiedene Forstpflanzen (z.B. Fichten, Lärche, Birke) sowie sonstige Gewächse (z.B. Zypresse, Haselnuß, Essigbaum) in einem Abstand von 0,5 m bis 4 m zum Grundstück der mP und mit einer Höhe von 3 bis 8 m vorhanden, wobei ein Großteil dieser Forstpflanzen und sonstigen Gewächse ca. 10 Jahre alt ist. Trotz dieses Alters der Pflanzen geht die belangte Behörde zu Recht von der grundsätzlichen Anwendbarkeit des BFlSchG aus, da dieses keine Ausnahme- oder Übergangsbestimmung für Pflanzen, die vor dessen Inkrafttreten (gemäß § 11 Abs. 1 leg. cit. war dies der ) gesetzt wurden, vorsieht.

Auch wurde vom Amtssachverständigen der belangten Behörde die landwirtschaftliche Nutzung als Acker des nördlich an die Liegenschaften der Beschwerdeführer angrenzenden Grundstücks der mP festgestellt, das ein Gesamtausmaß von 0,5137 ha hat, sowie festgestellt, daß die mP insgesamt 6 Ziegen, davon 4 Mutterziegen, hält und daher eine Einbeziehung in die land- und forstwirschaftliche Betriebszählung als landwirtschaftlicher Betrieb erfolgt ist.

Unwidersprochen seitens der Beschwerdeführer blieb auch die Feststellung des Amtssachverständigen, daß die Nutzung "dieser landwirtschaftlichen Betriebsfläche" (der mP) durch den Schatten der Gewächse auf den Grundstücken der Beschwerdeführer, die über 2 m hoch sind und sich innerhalb eines 4 m breiten Streifens befinden, gefährdet werde. Im Zuge des Verwaltungsverfahrens wurde von den Beschwerdeführern der mP eine Entschädigung für den allfälligen Minderertrag angeboten, die diese jedoch abgelehnt hat.

Im Zuge der Rechtsrüge meinen die Beschwerdeführer, daß "auf Grund des geringen Ausmaßes des Anwesens der mP (insgesamt 0,49 ha) bzw. der teilweisen Lage im allgemeinen Wohngebiet die Anwendung des oben genannten Gesetzes nicht in Frage komme". Hiezu verwies die belangte Behörde im Ergebnis zu Recht auf die sogar nach der land- und forstwirtschaftlichen Betriebszählung gegebene Erhebungswürdigkeit dieses Betriebes, weil mehr als 5 Schafe gehalten werden. Im übrigen wurde bereits vom Amtssachverständigen zweifelsfrei die landwirtschaftliche Nutzung des Grundstücks der mP als Acker festgestellt, sodaß die belangte Behörde vom Vorliegen einer - wenngleich sehr kleinen - landwirtschaftlichen Betriebsfläche im Sinne des BFlSchG ausgehen konnte. Dem steht auch nicht eine teilweise Umwidmung des Grundstücks der mP in einem Teilbereich als allgemeines Bauland entgegen, da - wie die belangte Behörde nach Einholung einer Stellungnahme der Stadtgemeinde L. zutreffend ausführte - das Steiermärkische Raumordnungsgesetz die landwirtschaftliche Nutzung in diesem Zusammenhang nicht regelt und diese durch den Flächenwidmungsplan nicht eingeschränkt wird.

Die Rüge, der angefochtene Bescheid liefere keine Begründung dafür, weshalb die Bescheiderlassung "zum Schutz landwirtschaftlicher Betriebsflächen im öffentlichen Interesse einer qualitativ hochwertigen und quantitativ günstigen landwirtschaftlichen Produktion im Sinne der Bestimmungen des § 1 leg. cit." erforderlich sei, ist unberechtigt, weil diese Zielbestimmung des Gesetzes unmittelbar durch die Mindestabstandsbestimmungen des § 3 Abs. 1 und 2 leg. cit. verwirklicht wird. Gemäß § 5 dieses Gesetzes ist für die Erteilung entsprechender Aufträge keine gesonderte Begründung im Sinne der Zielbestimmung des § 1 leg. cit., sondern lediglich das Zuwiderhandeln gegen die Bestimmungen des § 3 Abs. 1 und 2 leg. cit. erforderlich, sodaß die belangte Behörde zu Recht keine gesonderte Begründung für die Erfüllung der Zielbestimmung des § 1 leg. cit. in den angefochtenen Bescheid aufzunehmen hatte. Es erübrigt sich daher auch das Eingehen auf weitere, in diesem Zusammenhang vorgebrachte Rügen der Beschwerdeführer.

Die Beschwerdeführer machen auch geltend, daß das Ermittlungsverfahren der Verwaltungsbehörden (insbesondere der belangten Behörde) unvollständig geblieben sei, "da von der belangten Behörde nicht dezidiert festgestellt wurde, welchen Umfang der landwirtschaftliche Betrieb der mP" aufweise. Dem ist entgegenzuhalten, daß sich die belangte Behörde auf Feststellungen über die Lage, Größe und landwirtschaftliche Nutzung des Grundstückes der mP und insbesondere auf deren Haltung von Nutztieren (6 Ziegen) ihres Amtssachverständigen stützte, die insgesamt im Verwaltungsverfahren auch von den Beschwerdeführern nicht in Frage gestellt wurden, sodaß die belangte Behörde eine ausreichende Beurteilungsgrundlage für die Subsumtion des Grundstückes der mP als Teil eines landwirtschaftlichen Betriebes hatte.

Da auch sonst keine Gründe für eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides hervorgekommen sind, erweist sich die Beschwerde sohin als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.