VwGH vom 27.08.1996, 95/05/0154

VwGH vom 27.08.1996, 95/05/0154

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des F in E, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. BauR-250627/6-1994 Ru/Lg, betreffend Enteignung gemäß §§ 35 und 36 Oö. Straßengesetz 1991 (mitbeteiligte Partei: Land Oberösterreich, Landesstraßenverwaltung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.840,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Auf Antrag des Landes Oberösterreich, Landesstraßenverwaltung, wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom gemäß §§ 31 und 32 Oö. Straßengesetz 1991 unter Vorschreibung von Auflagen die straßenrechtliche Bewilligung zum Ausbau der Traunufer Landesstraße L 365 im Baulos "F" erteilt.

Mit Bescheid vom selben Tag wurde von der belangten Behörde u. a. gegenüber dem Beschwerdeführer die Enteignung in bezug auf das Grundstück Nr. nn/6, KG E, in der Größe von 390 m2 ausgesprochen (Spruchpunkt I). Durch das verfahrensgegenständliche Bauvorhaben des Ausbaues der Traunufer Landesstraße im Baulos "F" im Gebiet der Landeshauptstadt Linz sollten die derzeit ungenügenden Sichtweiten und die ungenügende Breite der Verkehrsfläche ebenso beseitigt werden, wie der Mangel des Bestehens eines Geh- und Radweges. Bezüglich der von der belangten Behörde zu beurteilenden Kriterien betreffend den Gegenstand, die Notwendigkeit und den Umfang der Enteignung sei grundsätzlich festzustellen, daß zur Verwirklichung des angeführten Straßenbauvorhabens die im Spruch des Bescheides angeführten Grundstücksflächen unbedingt benötigt würden. Dies gehe sowohl aus den vorgelegten Einreichunterlagen als auch aus den Gutachten des der mündlichen Verhandlung beigezogenen technischen Amtssachverständigen hervor. So sei beispielsweise festgehalten worden, daß die Traunufer Landesstraße im gegenständlichen Baulosbereich höchst unterschiedliche Sichtverhältnisse aufweise, die durch Häuser, die derzeit direkt neben der Fahrbahn lägen, noch herabgesetzt würden. Außerdem müßten Verdrückungen, Risse und aufgerissene Fahrbahnränder einer dringenden Sanierung unterzogen werden, wobei die Ursache für diese Fahrbahnschäden im Ausweichen von Schwerfahrzeugen auf die Bankette, bedingt durch die zu geringe Fahrbahnbreite liege. Zusätzlich sei derzeit weder ein Gehsteig noch ein Radweg vorhanden, sodaß auf Grund des hohen Verkehrsaufkommens und dem zugehörigen Schwerverkehrsanteil die Leichtigkeit, Sicherheit und Flüssigkeit des Verkehrs nicht mehr gewährleistet sei. Die projektierte Fahrbahnbreite von 7 m ergebe zwei Fahrstreifen mit je 3,27 m sowie einen beidseitig vorhandenen befestigten Randstreifen von je 0,25 m. Dies entspreche dem geringsten Straßenquerschnitt, der im Gegenverkehr - bei dem im Befund beschriebenen Schwerverkehrsanteil - noch gefahrlos befahren werden könne. Die linksseitige Miterrichtung des Gehsteiges mit einer Breite von 1,5 m diene nach Meinung des Sachverständigen der Sicherheit der Fußgänger und sei auf Grund des Nahebereiches zwischen Linz-E und Ansfeld-Haid ebenfalls notwendig. Weiters habe der Sachverständige ausgeführt, daß die gewählte Radwegbreite von 2,5 m, die durch einen begrünten Trennstreifen von 1,5 m von der Fahrbahn abgegrenzt sei, für das Befahren mit Fahrrädern im Gegenverkehr als unbedingt erforderlich angesehen werden müsse. Die Breite des Grünstreifens sei für die Aufstellung von Verkehrszeichen samt dem jeweils frei zu haltenden Lichtraum ebenso notwendig. Hingewiesen werde auch darauf, daß sowohl der Gehsteig als auch der Radweg neben dem gegebenen Verkehrsaufkommen zusätzlich dem Netzschluß zwischen dem Baulos "W" und "F" diene, wo sie ebenfalls in der projektierten Art und Form ausgeführt seien. Zu den Einwendungen des Beschwerdeführers sei festzuhalten, daß eine Einschränkung der künftigen Bebaubarkeit seines Grundstückes deshalb nicht durch das Projekt gegeben sei, weil es sich beim gegenständlichen Grundstück um Grünland im Sinne des Raumordnungsgesetzes handle und nach einer Mitteilung der Stadt Linz nicht damit gerechnet werden könne, daß dieses Grundstück in absehbarer Zeit in Bauland umgewidmet würde. Zur monierten Breite des Grünstreifens werde auf das Gutachten des beigezogenen technischen Amtssachverständigen verwiesen, wobei sich aus der durch die straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften vorgegebenen Breite von Verkehrszeichen die Notwendigkeit des Grünstreifens in der projektierten Breite von 1,5 m ergebe. Das der Enteignung zugrundeliegende Projekt sei daher im Interesse der Verkehrssicherheit gelegen bzw. sei es zur notwendigen sicheren und flüssigen Verkehrsabwicklung als notwendig anzusehen. Dieser Argumentation, die auf das vorliegende Sachverständigengutachten gestützt werden könne, seien die Grundeigentümer (u.a. der Beschwerdeführer) ebenfalls nicht "in gleicher qualifizierter Weise" entgegengetreten.

Die Behandlung der zunächst beim Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde wurde von diesem mit Beschluß vom , B 2852/94-5, abgelehnt. Auf Grund eines nachträglich gestellten Antrages wurde die Beschwerde in der Folge mit Beschluß vom , B 2852/94-7, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

In der gemäß § 34 Abs. 2 VwGG ergänzten Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Oö. Straßengesetzes 1991, LGBl. Nr. 84/1991, lauten:

"§ 35

Enteignung

(1) Für den Bau einer öffentlichen Straße kann das Eigentum an Grundstücken oder die dauernde oder zeitweilige Einräumung, Einschränkung oder Aufhebung von dinglichen und obligatorischen Rechten an solchen im Wege der Enteignung in Anspruch genommen werden. ....

§ 36

Enteignungsverfahren

(1) Um die Enteignung ist unter Vorlage der zur Beurteilung der Angelegenheit erforderlichen Pläne und sonstigen Behelfe, insbesondere eines Verzeichnisses der hievon betroffenen Personen, der beanspruchten dinglichen Rechte und des voraussichtlichen Ausmaßes der beanspruchten Grundfläche sowie der erforderlichen Grundbuchsauszüge, die nicht älter als drei Monate sind, bei der Behörde anzusuchen. Zudem hat die antragstellende Straßenverwaltung glaubhaft zu machen, daß sie in offensichtlich geeigneter Weise, aber erfolglos, versucht hat, eine entsprechende privatrechtliche Vereinbarung über die Grundabtretung zu erwirken.

(2) Über die Notwendigkeit, den Gegenstand und Umfang der Enteignung entscheidet die Behörde unter sinngemäßer Anwendung des Eisenbahnenteignungsgesetzes 1954, BGBl. Nr. 71, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 137/1975, wobei auch auf die Wirtschaftlichkeit der Bauausführung Bedacht zu nehmen ist.

.... "

Nach Auffassung des Beschwerdeführers ist die in Anspruch genommene Grundfläche aus straßentechnischen Gründen nicht, jedenfalls nicht im vorgesehenen Ausmaß, notwendig. Dies gelte insbesondere für die Trassenführung und für die Breite des vorgesehenen Grünstreifens. Bei anderer Trassenführung müßte das Grundstück des Beschwerdeführers überhaupt nicht in Anspruch genommen werden, die Realisierung eines Grünstreifens in der Breite von 1,5 m sei als wesentlich zu breit anzusehen und daher verkehrstechnisch keinesfalls erforderlich.

Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß das in Rede stehende Straßenbauvorhaben entsprechend der Begründung des angefochtenen Bescheides bereits Gegenstand eines straßenrechtlichen Baubescheides war, sodaß von einer Fixierung des neuen Trassenverlaufes dieser Landesstraße auszugehen ist und auf die Frage der Notwendigkeit des konkreten Straßenbauvorhabens an sich im Enteignungsverfahren nicht mehr einzugehen war (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 86/05/0163). Im Enteignungsverfahren ist nämlich - abgesehen vom Gegenstand und Umfang der Enteignung sowie von der Wirtschaftlichkeit der Bauausführung - nur mehr die Frage zu prüfen, ob die Enteignung der für die Realisierung des Straßenbauvorhabens vorgesehenen Grundstücke im beantragten Umfang erforderlich ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/05/0202, und die dort zitierte Vorjudikatur). Die Rechtskraft des straßenrechtlichen Bewilligungsbescheides schränkt somit die Prüfung der Notwendigkeit der Enteignung wesentlich ein. Der Beschwerdeführer hat gar nicht behauptet, daß sein von der Enteignung betroffenes Grundstück für die Verwirklichung des bescheidmäßig bewilligten Straßenbauprojektes nicht notwendig sei. Wenn sich der Beschwerdeführer gegen die Trassenführung wendet, ist darauf zu verweisen, daß diese - wie bereits erwähnt - im rechtskräftigen straßenrechtlichen Bewilligungsbescheid festgelegt wurde.

Soweit der Beschwerdeführer weiters geltend macht, daß dem Kriterium der Wirtschaftlichkeit des § 36 Abs. 2

Oö. Straßengesetz 1991 nicht entsprochen worden sei, da der vom Landesstraßenerhalter beabsichtigte Zweck auch durch eine 6,5 m breite Straße erreicht hätte werden können und die Errichtung eines Radweges überhaupt überflüssig sei, Bedarfsuntersuchungen nicht durchgeführt worden seien und das Projekt überdimensioniert sei, handelt es sich um ein erstmals in der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erstattetes Vorbringen, das gemäß dem aus § 41 VwGG abzuleitenden Neuerungsverbot im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht mehr berücksichtigt werden kann. Angemerkt wird allerdings, daß diese zu spät relevierten Umstände - wie bereits dargelegt - im Enteignungsverfahren keine Rolle mehr spielen.

Der Beschwerdeführer macht weiters geltend, die belangte Behörde habe über seine Einwendungen in der mündlichen Verhandlung nicht abgesprochen. Dies trifft nicht zu. Im Hinblick auf die Rüge der Einschränkung der zukünftigen Bebaubarkeit seines Grundstückes wies die belangte Behörde darauf hin, daß es sich bei dem Grundstück des Beschwerdeführers um Grünland im Sinne des Raumordnungsgesetzes handle und nach Mitteilung der Stadt Linz nicht damit gerechnet werden könne, daß dieses Grundstück in absehbarer Zeit in Bauland umgewidmet würde. Die vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang relevierte Erforderlichkeit der Breite des Grünstreifens ist aber - wie bereits ausgeführt - im Enteignungsverfahren nicht mehr Gegenstand der Prüfung.

Soweit der Beschwerdeführer ganz allgemein und ohne nähere Begründung die Auffassung vertritt, daß die belangte Behörde es unterlassen habe, die Enteignungsvoraussetzungen der §§ 35 f Oö. Straßengesetz 1991 hinreichend zu prüfen und die erforderlichen Beweisaufnahmen durchzuführen, ist ihm entgegenzuhalten, daß sich die belangte Behörde zutreffend darauf berufen hat, daß zur Verwirklichung des angeführten Straßenbauvorhabens die Enteignung der in dem angefochtenen Bescheid angeführten Grundstücke in dem vorgesehenen Umfang unbedingt erforderlich sei, wie sich dies sowohl aus den vorgelegten Einreichunterlagen als auch aus den in der mündlichen Verhandlung erstatteten Gutachten des technischen Amtssachverständigen ergeben habe. Im übrigen wird vom Beschwerdeführer in keiner Weise näher begründet, daß das verfahrensgegenständliche Grundstück in dem vorgesehenen Umfang zur Verwirklichung des vorliegenden Straßenbauvorhabens nicht erforderlich sein sollte.

Sofern der Beschwerdeführer in seiner ergänzten Beschwerde auf Ausführungen in der beim Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde verweist bzw. in dieser Beschwerde sich weiters ein Verweis auf die Ausführungen des Beschwerdeführers in der Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof gegen den straßenrechtlichen Bewilligungsbescheid befindet, wird darauf hingewiesen, daß gemäß der hg. Judikatur (vgl. u.a. das Erkenntnis vom , Zl. 81/12/0194) Verweisungen auf den Inhalt eines in einem anderen Verfahren eingebrachten Schriftsatzes keine gesetzmäßige Darlegung der Beschwerdegründe im Sinne des § 28 Abs. 1 Z. 5 VwGG darstellen und daher unbeachtlich sind.

Da der Beschwerdeführer somit durch den angefochtenen Bescheid in keinen Rechten verletzt wurde, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.