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VwGH vom 14.09.1993, 92/07/0049

VwGH vom 14.09.1993, 92/07/0049

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kratschmer, Dr. Hargassner, Dr. Bumberger und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde der Österreichischen Bundesforste in Wien III, Marxergasse 2, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. 8-LAS 16 Ra 2/15-91, betreffend Gewerbeholzbezug (mitbeteiligte Parteien: F in M), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Steiermark hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/07/0028, verwiesen, mit welchem der Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung (in der Folge: LAS) vom wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben wurde. Mit dem aufgehobenen Bescheid des LAS war die beschwerdeführende Partei rückwirkend ab zur Ausfolgung von Gewerbeholz im Ausmaß von 40,93 rm pro Jahr verpflichtet worden. Begründet wurde die Aufhebung im wesentlichen damit, von ausschlaggebender Bedeutung für den Beschwerdefall sei zunächst die Klärung des Umfanges des nach der maßgeblichen Regulierungsurkunde vom 24. September 1864 dem Gewerbeholzbezug zugrunde gelegenen Gewerbes - diese Urkunde weise lediglich den Vulgonamen "Naglschmied" der berechtigten Liegenschaft auf und enthalte keine sonstigen Angaben über ein bestimmtes Gewerbe - und weiters die Frage, ob die von den mitbeteiligten Parteien betriebene gewerbliche Tätigkeit als Ausübung eines Gewerbes im Sinne der maßgeblichen Regulierungsurkunde angesehen werden könne. Der LAS habe zu diesen Fragen, die zwischen den Verfahrensparteien strittig seien, Gutachten technischer und landwirtschaftlicher Amtssachverständiger eingeholt. Aus § 38 Abs. 5 des Steiermärkischen Einforstungs-Landesgesetzes 1983, LGBl. Nr. 1 (StELG), sei aber ersichtlich, daß in Zweifelsfragen, die einen Gewerbeholzbezug beträfen, jedenfalls ein Gutachten der Gewerbebehörde einzuholen sei. Diesem gesetzlichen Auftrag sei die belangte Behörde nicht nachgekommen. Da somit zu den bezeichneten beiden Fragen wesentliche Klarstellungen fehlten, habe die belangte Behörde Verfahrensvorschriften außer acht gelassen, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätten kommen können.

Im fortgesetzten Verfahren ersuchte die belangte Behörde die politische Expositur der Bezirkshauptmannschaft in Bad Aussee um Klärung des Umfanges des nach der maßgeblichen Regulierungsurkunde vom 24. September 1864 dem Gewerbeholzbezug zugrundeliegenden Gewerbes und um Beantwortung der Frage, ob die vom Berechtigten derzeit betriebene gewerbliche Tätigkeit als Ausübung eines Gewerbes im Sinne der maßgeblichen Regulierungsurkunde angesehen werden könne.

Die politische Expositur Bad Aussee übermittelte der belangten Behörde Erhebungen des Gendarmeriepostens M betreffend die derzeitige Gewerbeausübung und ein Gutachten der Handelskammer Steiermark zur Frage des Umfanges des nach der Regulierungsurkunde dem Gewerbeholzbezug zugrunde liegenden Gewerbes.

Mit Bescheid vom verpflichtete die belangte Behörde neuerlich die beschwerdeführende Partei, das der Liegenschaft EZ. 450 KG M (vlg. Naglschmied) aufgrund des Regulierungsvergleiches vom 24. September 1864, Zl. 1163, jährlich zustehende Gewerbeholz im Ausmaß von 40,93 rm rückwirkend ab (Zeitpunkt der Betriebsaufnahme) an die Eigentümer der Liegenschaft (derzeit die mitbeteiligten Parteien) auszufolgen.

In der Begründung wurde nach Wiedergabe des bisherigen Verwaltungsgeschehens ausgeführt, wenngleich die Regulierungsurkunde vom 24. September 1864 lediglich den Vulgonamen "Naglschmied" der berechtigten Liegenschaft ausweise und keine sonstigen Angaben über ein bestimmtes Gewerbe enthalte, sei die belangte Behörde doch zur Überzeugung gelangt, daß dem Gewerbeholzbezug nach der Urkunde das Nagelschmiedgewerbe zugrunde liege; darauf deute nicht nur der Vulgoname "Naglschmied" der Liegenschaft EZ. 450 KG M hin, sondern es fänden sich in der Urkunde auch noch andere Gewerbeholzbezüge, die mit Liegenschaften verbunden seien, deren Vulgoname auf die Ausübung eines bestimmten Gewerbes hinweise. Darüberhinaus werde seitens der verpflichteten Partei auch nicht in Abrede gestellt, daß sich das Holzbezugsrecht auf die Ausübung des Nagelschmiedgewerbes bezogen habe bzw. beziehe.

Was nun die Klärung des Umfanges des Nagelschmiedgewerbes anlange, so gehe aus dem gewerbebehördlichen Gutachten hervor, daß das Nagelschmiedgewerbe in der Gewerbeordnung 1859 unter den handwerksmäßigen Gewerben eingeordnet gewesen sei. § 1 Abs. 3 Z. 3 leg. cit. habe folgende Gewerbe vorgesehen:

Grobschmiede, Hakenschmiede, Pfannenschmiede, Ring- und Kettenschmiede, Nagelschmiede, Wagenschmiede, Wagenschlosser. Hiedurch sollte im Interesse der Gewerbetreibenden der Übergang von einem Gewerbe zu einem anderen innerhalb der Gruppe sowie der gleichzeitige Betrieb mehrerer derartiger Gewerbe ermöglicht werden. Das Nagelschmiedgewerbe sei unter die Roh- und Grobschmiede einzureihen. Das Nagelschmiedgewerbe beschäftige sich nicht nur mit der Erzeugung verschiedenster Sorten von Formen von Nägeln, sondern auch mit der Herstellung von Haken und Nieten, ferner würden auch Regelschmiedearbeiten durchgeführt. Der Nagelschmied sei auch zur Erzeugung und Reparatur von sogenanntem "Dangelzeug", Eishacken und anderen Werkzeugen berechtigt. Er dürfe auch sonstige Schmiedearbeiten vornehmen, die in andere Schmiedegewerbe als das Nagelschmiedgewerbe fielen, da es sich keineswegs um ganz verschiedene Gewerbe handle, sondern um Spezialarbeiten ein und desselben Gewerbes, das sich aufgrund der fortschreitenden Arbeitsteilung in mehrere Zweige gespalten habe.

Dementsprechend gehöre das Nagelschmiedgewerbe in die Kategorie Roh- und Grobschmiede und weise mit anderen Schmiedegewerben vielfache Berührungspunkte auf. Wie dazu Heller im Kommentar zur Gewerbeordnung, Wien 1937, Seite 164, bemerke, seien Schmiede, die ihren Gewerbeschein vor dem Inkrafttreten der Verordnung vom 21. Juni 1874, RGBl. Nr. 100, erworben hätten, durch die das Hufschmiedgewerbe unter die konzessionierten Gewerbe eingereiht worden sei, auch weiterhin zum Hufbeschlag berechtigt. Das Nagelschmiedgewerbe des Jahres 1864 sei somit bei weitem nicht auf die Erzeugung von Nägeln allein beschränkt gewesen, sondern die Nagelschmiede hätten sich in der Regel mit einer Reihe anderer Schmiedearbeiten beschäftigt. Da das Hufschmiede- bzw. Hufbeschlagsgewerbe offensichtlich erst im Jahre 1874 als konzessioniertes Gewerbe eingeführt worden sei, und andere Schmiedegewerbe, die sich vor diesem Zeitpunkt mit dem Hufbeschlag beschäftigt hätten, auch weiterhin zum Hufbeschlag berechtigt gewesen seien, sei erweislich, daß sich Nagelschmiede im Jahre 1864 auch mit Hufbeschlag beschäftigt hätten. Dies insbesondere aufgrund der verwandten bzw. gleichartigen Arbeitstechniken und der verwendeten Materialien und Werkzeuge. Wie das Ermittlungsverfahren aber auch ergeben habe, sei die vom Berechtigten betriebene gewerbliche Tätigkeit als Ausübung eines Gewerbes im Sinne der maßgeblichen Regulierungsurkunde anzusehen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die beschwerdeführende Partei bringt vor, Gewerbebehörde im Sinne des § 38 Abs. 5 StELG sei gemäß § 333 der Gewerbeordnung 1973 die Bezirksverwaltungsbehörde. Die Einholung einer Stellungnahme der zuständigen Fachabteilung der Handelskammer Steiermark könne nicht als Gutachten der Gewerbebehörde gewertet werden, da die Handelskammer als Interessensvertretung des Gewerbeholzbezugsberechtigten jenes Maß an Objektivität und Sachlichkeit vermissen lasse, das einem Gutachten der Gewerbebehörde nach dem Grundsatz der materiellen Wahrheitsfindung zugrundezulegen sei.

Dem Gewerbeholzbezug liege nach den Feststellungen der belangten Behörde nach der Regulierungsurkunde vom 24. September 1864 das Nagelschmiedgewerbe zugrunde. Die allgemeine Schlußfolgerung der belangten Behörde, daß sich Nagelschmiede im Jahre 1864 auch mit Hufbeschlag beschäftigt hätten, könne nicht nachvollzogen werden und sei auch nicht bewiesen worden. Es sei daher zu prüfen, ob sich der Naglschmied in M 112 tatsächlich mit dem Hufbeschlag beschäftigt habe. In M Nr. 56, Liegenschaft EZ. 132, habe zum maßgeblichen Zeitpunkt der Regulierung der Holzbezüge ein Hufschmied sein Gewerbe ausgeübt, dem gemäß dem Regulierungsvergleich vom 24. Juni 1865, Zl. 557/II, für seine Tätigkeit als Hufschmied ein Gewerbeholzbezugsrecht zugestanden sei. Auch das landwirtschaftlich sachverständige Mitglied des Landesagrarsenates habe im gegenständlichen Verfahren bestätigt, daß dieser Hufschmied in der Gemeinde Bad M tätig gewesen sei, und habe zudem ausgeführt, daß in diesem relativ kleinen Gebiet zum Zeitpunkt der Regulierung sechs Hufschmiede ihr Gewerbe ausgeübt hätten. Somit habe schlüssig kein Bedarf daran bestanden, daß der Eigentümer der Liegenschaft vlg. Naglschmied Hufbeschläge vorgenommen habe. Da somit der Eigentümer der berechtigten Liegenschaft durch die Ausübung des Hufbeschlages nicht mehr das urkundlich genannte Gewerbe ausübe, stünden die Feststellungen der belangten Behörde im Widerspruch zu § 38 Abs. 3 StELG und seien daher rechtswidrig.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens herrscht kein Streit über die Qualifikation des Holzes, zu dessen Bezug die Regulierungsurkunde vom 24. September 1864, im Rahmen des Gesetzes, berechtigt; auch der Verwaltungsgerichtshof hat keine Bedenken gegen dessen Bestimmung als Gewerbeholz. Nach § 38 Abs. 1 StELG handelt es sich dabei um Holz, dessen Bezug für die Ausübung eines auf einer berechtigten Liegenschaft betriebenen Gewerbes in der Regulierungsurkunde eingeräumt wurde.

Nach § 38 Abs. 3 StELG hat auf Verlangen des Verpflichteten die Agrarbehörde unter Bedachtnahme auf die besonderen Verhältnisse des einzelnen Falles und unter sorgfältiger Abwägung aller in Betracht kommenden Partei- und öffentlichen Interessen nach freiem Ermessen zu beurteilen, ob eine Verringerung der urkundlichen Gebühr einzutreten oder ob die Holznutzung auf die Dauer der Nichtausübung des Gewerbes zu ruhen hat, wenn das Gewerbe nicht ausgeübt wird.

Nach § 38 Abs. 5 StELG ist in Zweifelsfällen ein Gutachten der Gewerbebehörde einzuholen.

Die belangte Behörde geht in der Begründung des angefochtenen Bescheides davon aus, daß der Eigentümer der berechtigten Liegenschaft zum Zeitpunkt der Errichtung der Regulierungsurkunde vom 24. September 1864 zur Ausübung des Nagelschmiedgewerbes berechtigt gewesen sei und begründet diese Annahme damit, darauf deute nicht nur der Vulgoname "Naglschmied" der berechtigten Liegenschaft hin, sondern es fänden sich in der Urkunde auch noch andere Gewerbeholzbezüge, die mit Liegenschaften verbunden seien, deren Vulgoname auf die Ausübung eines bestimmten Gewerbes hinwiese. Dieser Argumentation ist zu folgen, so lange keine Beweismittel vorliegen, die Gegenteiliges indizieren. Bei der Errichtung der Regulierungsurkunde wurde offenbar davon ausgegangen, daß der Vulgoname eine so eindeutige Bezeichnung des vom Berechtigten ausgeübten Gewerbes sei, daß es einer näheren Beschreibung des Gewerbes nicht mehr bedurfte.

Wenn die belangte Behörde in der Gegenschrift die Meinung vertritt, die Regulierungsurkunde vom 24. September 1864 stelle nicht auf die Ausübung eines bestimmten Gewerbes ab, so steht dies im Widerspruch zur Begründung des angefochtenen Bescheides und findet auch keine Deckung in den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens.

Ist aber von einem urkundlich bestimmten Gewerbe auszugehen, dann kann von einer Gewerbeausübung im Sinne des § 38 Abs. 3 StELG nur die Rede sein, wenn sich das tatsächlich ausgeübte Gewerbe inhaltlich - nicht auch in quantitativer Hinsicht - im Rahmen des urkundlichen Gewerbes hält (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 87/07/0177).

Für die belangte Behörde stellte sich daher zunächst die Frage, ob das Gewerbe des Huf- und Klauenbeschlages (§ 103 Abs. 1 lit. b, Z. 29 GewO 1973), welches der Erstmitbeteiligte auszuüben behauptet, sich im Rahmen jenes Gewerbes bewegt, zu dessen Ausübung der Eigentümer der berechtigten Liegenschaft zum Zeitpunkt der Errichtung der Regulierungsurkunde im Jahre 1864 befugt war.

Die GewO 1859, RGBl. Nr. 227/1859, welche 1864 noch in ihrer Stammfassung in Geltung stand, unterschied in ihrem § 1 Gewerbe, die gegen bloße Anmeldung betrieben werden konnten (freie Gewerbe) und solche, die an eine besondere Bewilligung der Behörde gebunden waren (konzessionierte Gewerbe). Alle Gewerbe, welche nicht als konzessioniert erklärt wurden, waren freie Gewerbe (§ 3). Weder Nagl- noch Hufschmiede waren als konzessionierte Gewerbe erklärt, noch wurden sie sonst in der GewO 1859 in ihrer Stammfassung erwähnt (die im Handelskammer-Gutachten zititerte Fassung des § 1 Abs. 3 Z. 3 GewO 1859, in der auch die Nagelschmiede erwähnt sind, geht auf eine spätere Novellierung zurück). Nagel- und Hufschmiede waren nach der GewO 1859 in ihrer Stammfassung freie Gewerbe. Der Umfang eines Gewerberechtes bestimmte sich nach dem Inhalt des Gewerbescheines, oder der Konzession unter Berücksichtigung der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen (§§ 42 ff GewO 1859). Bestimmungen über den Umfang des Schmiedegewerbes, insbesondere auch darüber, ob Nagelschmiede auch Hufbeschlagsarbeiten durchführen durften, fanden sich in der GewO 1859 nicht.

§ 30 leg. cit. enthielt die Ermächtigung, durch Verordnung weitere, in der GewO 1859 selbst nicht unter die konzessionierten Gewerbe eingereihte Gewerbe als konzessionierte zu erklären. Von dieser Ermächtigung wurde durch die Verordnung vom 21. Juni 1874, RGBl. Nr. 100, Gebrauch gemacht und das Hufschmiedgewerbe unter die konzessionierten Gewerbe eingereiht.

Abs. 3 dieser Verordnung lautet:

"Die bisher im gesetzlichen Wege erlangten und im Betrieb befindlichen Hufschmiedgewerbe bleiben durch die vorstehende Verordnung unberührt."

Aus dem Umstand, daß diese Verordnung ausdrücklich auf die "bisher im gesetzlichen Weg erlangten und im Betrieb befindlichen HUFSCHMIEDGEWERBE" abstellt, ist abzuleiten, daß auch vor Erlassung dieser Verordnung nicht jedes Schmiedgewerbe gleichzeitig auch zum Hufbeschlag berechtigte. Dies geht deutlich auch aus den bei Frey-Maresch, Gutachten und Entscheidungen über den Umfang der Gewerberechte, Wien 1894, unter den Nummern 3010, 3011 und 11535 abgedruckten Gutachten hervor. So heißt es in dem unter Nr. 11535 wiedergegebenen Gutachten der Handelskammer Wien vom :

"Schmiede, Zeugschmiede und Grobschmiede, welche ihren Gewerbeschein in einer Zeit erworben haben, als das Hufschmiedegewerbe noch nicht konzessioniert war, deren Gewerbeschein mithin aus einem Zeitpunkte vor 1874 stammt, sind auch weiterhin zum Hufbeschlag berechtigt, ohne daß sie eine Konzession für das Hufschmiedegewerbe erbringen müssen, wenn sie vor dem Jahre 1874 schon aufgrund ihres Gewerbescheines den Hufbeschlag ausgeübt haben. Entscheidend ist auch, ob in jener Gegend, die in Betracht kommt, Zeugschmiede vor dem Jahre 1874 sich mit dem Hufbeschlag befaßt haben oder nicht."

In dem bei Frey-Maresch unter Nr. 3010 wiedergegebenen Gutachten der Handelskammer Bozen vom 10. Februar 1893 heißt es, daß auf all jene Schmiede, welche vor Eintritt der GewO 1859 den Hufbeschlag ausgeübt hätten, jedoch nur die Gerechtsame für das Personalschmiedegewerbe erlangt hätten, der Abs. 3 der Verordnung vom 21. Juni 1874 Anwendung finden solle und daß daher bei diesen anzunehmen sei, daß sie im gesetzlichen Wege das Hufschmiedegewerbe erlangt hätten. Dies sei ein Akt der Gerechtigkeit, da niemand in seinem bereits erworbenen Rechten verkürzt werden solle.

Aus diesen Äußerungen läßt sich entnehmen, daß bereits vor 1874 das Schmiedegewerbe verschiedene Zweige aufwies und die Frage, welchen dieser Zweige ein Schmied ausüben durfte, sich nach seiner erlangten Berechtigung, die im Gewerbeschein dokumentiert war, richtete. Insbesondere die Bezugnahme auf bereits erworbene Rechte, in die nicht eingegriffen werden dürfe, zeigt, daß nur diejenigen Schmiede, die vor 1874 bereits das Hufschmiedgewerbe tatsächlich (rechtmäßig) ausübten, als Inhaber eines entsprechenden Gewerberechtes angesehen wurden, in deren Rechte nicht eingegriffen werden durfte. Die im Gutachten der Handelskammer Steiermark zum Ausdruck gebrachte Auffassung, Nagelschmiede hätten sich im Jahre 1864 generell mit Hufbeschlag beschäftigt und seien daher auch zu dessen Ausübung berechtigt gewesen, trifft daher nicht zu.

Für den Beschwerdefall folgt daraus, daß nur dann davon ausgegangen werden kann, daß das vom Eigentümer der berechtigten Liegenschaft im Jahre 1864 ausgeübte Gewerbe auch die Berechtigung zur Ausübung des Hufschmiedegewerbes umfaßte, wenn sich nachweisen läßt, daß er dieses Gewerbe zum besagten Zeitpunkt auch tatsächlich ausgeübt hat. Ermittlungen in dieser Richtung hat die belangte Behörde nicht angestellt. Sie hat sich auch nicht mit dem von der beschwerdeführenden Partei in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Einwand auseinandergesetzt, in der Gemeinde M habe es zum Zeitpunkt der Regulierung einen eigenen Hufschmied gegeben - der landwirtschaftliche Sachverständige sprach sogar von sechs Hufschmieden in diesem Gebiet - , während der "Naglschmied" in M 122 keine Pferde beschlagen habe. Das Verfahren ist daher mangelhaft geblieben.

Sollte, wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift behauptet, nicht mehr nachvollziehbar bzw. erweislich sein, ob der "Naglschmied" in M 122 zum fraglichen Zeitpunkt im Rahmen des Nagelschmiedgewerbes auch das Hufbeschlagsgewerbe ausgeübt hat, so kann dies im Beschwerdefall nicht zu Lasten der beschwerdeführenden Partei gehen. In diesem Fall wäre davon auszugehen, daß er hiezu nicht berechtigt war, da der Nachweis der Berechtigung, wie gezeigt, vom Nachweis der tatsächlichen Ausübung abhängt.

Zu Recht rügt die beschwerdeführende Partei auch, daß das von der belangten Behörde herangezogene Gutachten der Handelskammer kein Gutachten der Gewerbebehörde sei. Zwar ist es der Gewerbebehörde unbenommen, sich bei der Erstellung des im § 38 Abs. 5 StELG. vorgesehenen Gutachtens der Mithilfe der Handelskammer zu bedienen, doch muß das Ergebnis der Begutachtung ein von der Gewerbebehörde getragenes Gutachten sein. Wenn das Gutachten der Handelskammer vollinhaltlich der Meinung der Gewerbebehörde entsprach und keiner Ergänzung bedurfte, dann hätte die Gewerbebehörde zum Ausdruck bringen müssen, daß sie sich diesem Gutachten anschließe. Die Gewerbebehörde hat der belangten Behörde aber lediglich das Gutachten der Handelskammer übermittelt, ohne zum Ausdruck zu bringen, daß sie sich damit identifiziere und das Gutachten gleichzeitig zu ihrem eigenen mache.

Aus den angeführten Gründen erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß § 42 Abs. 3 Z. 3 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung, BGBl. Nr. 104/1991.

Der beschwerdeführenden Partei stand der Ersatz für Schriftsatzaufwand in Höhe von S 11.120,-- zu. Das darüber hinausgehende Mehrbegehren war daher abzuweisen.