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VwGH vom 30.05.1990, 86/13/0044

VwGH vom 30.05.1990, 86/13/0044

Beachte

Besprechung in:

ÖStZB 1990/439;

Betreff

N gegen Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. 6/3-3249/85, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1978

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist Schauspielerin und erzielt als solche Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Anläßlich ihres Ausscheidens aus einem Theaterverein im Jahr 1977 erhielt sie als "Abgeltung aller Autoren-, Gagen- und sonstigen Dienstleistungsentgelte" einen Betrag von insgesamt S 500.000,-- zuzüglich 8 % Umsatzsteuer, der im Jahr 1978 mit einem Teilbetrag von S 270.000,-- ausbezahlt wurde. Der Rest wurde im Hinblick auf angemeldete Gegenforderungen zurückbehalten. Grund für die Abfertigung war, daß die Gagen- und Autorenbezüge während der Tätigkeit der Beschwerdeführerin im Rahmen des Theatervereins "äußerst niedrig" dotiert gewesen waren.

Im Zuge einer Betriebsprüfung für die Jahre 1974 bis 1980 stellte der Prüfer unter anderem fest, daß der gesamte vom Theaterverein unter dem Titel "Nachzahlung" geleistete Betrag im Jahr 1978 an den zwischenzeitig geschiedenen Ehemann der Beschwerdeführerin Herrn Dr. F. ausbezahlt, von diesem aber nur mit dem genannten Teilbetrag an die Beschwerdeführerin weitergeleitet worden war. Der Betriebsprüfer erblickte in dem zurückbehaltenen Teilbetrag ein privates Darlehen der Beschwerdeführerin an Dr. F. und behandelte die gesamte Nachzahlung als im Jahr 1978 von der Beschwerdeführerin vereinnahmt.

Das Finanzamt folgte den Prüfungsfeststellungen und erließ entsprechende Abgabenbescheide.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung. Der Theaterverein sei 1965 von ihr und Dr. F. gegründet worden, habe aber mit großen finanziellen Problemen zu kämpfen gehabt, sodaß jahrelang auf eigene Gagen weitgehend verzichtet werden mußte. Aus diesem Grunde sei im Jahr 1968 eine Vereinbarung zwischen der Beschwerdeführerin, Dr. F. und dem Theaterverein getroffen worden, wonach die Beschwerdeführerin Anspruch auf 150 % des kollektivvertraglichen Mindestlohnes für Schauspieler haben sollte. Der Differenzbetrag zwischen diesem Anspruch und den tatsächlich empfangenen Vergütungen sollte an die Beschwerdeführerin bzw. ihre Rechtsnachfolger ausbezahlt werden, sobald es die finanzielle Situation des Theatervereines erlaubte, spätestens aber sobald sich die Beschwerdeführerin aus welchen Gründen auch immer vom Theaterverein trennen würde. Nach ihrem Ausscheiden aus dem Verein im Jahr 1977 sei es zu einem außergerichtlichen Vergleich gekommen, wobei der der Beschwerdeführerin zustehende Betrag auf "S 540.000,-- heruntergehandelt" worden sei. Es sei unbestritten, daß dieser Betrag der Beschwerdeführerin im Jahr 1978 zur Gänze zugeflossen sei. Die Tarifbegünstigung des § 37 Abs. 2 Z. 1 EStG, die bereits im Betriebsprüfungsverfahren beantragt worden sei, werde daher geltend gemacht.

Bei der Nachzahlung handle es sich um die Entlohnung für eine Tätigkeit, die sich über mehrere Jahre erstreckt habe. Es sei nach dem Gesetz nicht erforderlich, daß diese Tätigkeit als "Sondertätigkeit" von der übrigen Tätigkeit hätte abgegrenzt werden können. Die Nachzahlung beruhe nicht auf einer willkürlichen Gestaltung, sondern sei durch die schlechte finanzielle Situation des Theatervereines bedingt gewesen. Außerdem lägen auch die Voraussetzungen des § 37 Abs. 2 Z. 4 EStG vor, weil die Nachzahlung unter den Begriff "Entschädigung als Ersatz für entgangene Einnahmen" subsummiert werden könne.

Die belangte Behörde wies die Berufung in der Frage der begünstigten Besteuerung der Nachzahlung gemäß § 37 EStG ab (in anderen Punkten, die nicht Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens sind, wurde der Berufung stattgegeben).

Die Anwendbarkeit der Bestimmung des § 37 Abs. 2 Z. 1 EStG setze nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes voraus, daß es sich um die Entlohnung einer mehrjährigen Sondertätigkeit handle. Im Beschwerdefall sei jedoch unbestritten, daß keine Sondertätigkeit, sondern normale, laufend erbrachte Leistungen der Beschwerdeführerin nachträglich entlohnt worden seien. § 37 Abs. 2 Z. 4 EStG komme ebenfalls nicht zum Tragen, weil die Nachzahlung keine Entschädigung für entgangene Einnahmen, sondern (unmittelbar) Einnahme für eine früher erbrachte Leistung darstelle.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Sind im Einkommen außerordentliche Einkünfte enthalten, so ist nach § 37 Abs. 1 EStG die darauf entfallende Einkommensteuer über Antrag nach einem ermäßigten Steuersatz zu bemessen. Abs. 2 der zitierten Bestimmung enthält eine taxative Aufzählung der außerordentlichen Einkünfte im Sinne des Abs. 1. Darunter fallen

1. Einkünfte, welche die Entlohnung für eine Tätigkeit darstellen, die sich über mehrere Jahre erstreckt,

....

4. Entschädigungen im Sinne des § 32 Z. 1.

Unter § 32 Z. 1 EStG fallen unter anderem Entschädigungen, die gewährt werden als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt der Tatbestand des § 37 Abs. 2 Z. 1 (Entlohnung für eine mehrjährige Tätigkeit) bei Beziehern von Einkünften aus selbständiger Erwerbstätigkeit voraus, daß in der entlohnten Tätigkeit eine Sondertätigkeit zu erblicken ist, die sich von der üblichen Tätigkeit des selbständig Erwerbstätigen abhebt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 83/13/0062, sowie vom , Zl. 87/13/0182, sowie die in diesen Erkenntnissen zitierte Vorjudikatur).

Der Gerichtshof begründete diese Rechtsauffassung im wesentlichen damit, daß bei einer selbständig ausgeübten Erwerbstätigkeit "außerordentliche Einkünfte" nicht schon deswegen vorlägen, weil Einnahmen für eine mehrjährige Tätigkeit zusammengeballt in einem Kalenderjahr anfallen. Dies sei nämlich bei Beziehern von Einkünften aus selbständiger Erwerbstätigkeit keineswegs unüblich. Um das vom Gesetz geforderte Merkmal der Außerordentlichkeit von Einkünften bejahen zu können, müsse eine Tätigkeit erbracht worden sein, die sich von der üblichen Tätigkeit des Abgabepflichtigen deutlich abhebe und aus diesem Grund zu außerordentlichen Einkünften führe.

Unbestritten ist, daß die Beschwerdeführerin die strittigen Einkünfte aus ihrer selbständig ausgeübten schauspielerischen Tätigkeit erzielte und daß keine von dieser Tätigkeit abgrenzbare Sondertätigkeit vorlag. Die vorstehenden Erwägungen haben daher auch im Beschwerdefall Gültigkeit. Es kommt im Wirtschaftsleben häufig vor, daß eine Leistung deswegen nicht in angemessener Höhe honoriert wird, weil der Leistungsempfänger nicht über die erforderlichen finanziellen Mittel verfügt. Bessert sich die finanzielle Situation des Leistungsempfängers, so kann dies dazu führen, daß Nachzahlungen geleistet werden, die ihrem rechtlichen Wesen nach nichts anderes sind, als verspätet zugeflossene Einnahmen. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die seinerzeit zu gering honorierte Tätigkeit jahrelang oder nur kurzfristig ausgeübt worden ist. Die der Beschwerdeführerin im Jahr 1978 zugeflossene Nachzahlung erfüllte daher nicht den Tatbestand des § 37 Abs. 2 Z. 1 EStG.

Aber auch der Tatbestand des § 37 Abs. 2 Z. 4 leg. cit. wurde nicht erfüllt. Nachzahlungen können nämlich nicht mit Entschädigungen gleichgesetzt werden. Entschädigungen sind Beträge zur Beseitigung einer bereits eingetretenen oder zur Verhinderung einer sonst drohenden Vermögensminderung, nicht jedoch Beträge, die unmittelbar für eine erbrachte Leistung vereinnahmt werden (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2071/77).

Im Beschwerdefall steht schließlich noch ein weiterer Gesichtspunkt einer Anwendung der Begünstigung des § 37 EStG entgegen. Wie der Gerichtshof aus dem Begriff "außerordentliche Einkünfte" und dem Sinne der zitierten Bestimmung in ständiger Rechtsprechung abgeleitet hat, kommt eine Besteuerung mit dem ermäßigten Steuersatz bei den in Abs. 2 genannten Tatbeständen grundsätzlich auch dann nicht in Betracht, wenn die betreffenden Einnahmen verteilt auf einen mehrjährigen Zeitraum zufließen, weil in solchen Fällen ohnedies bereits die mit § 37 EStG bezweckte Progressionsminderung eintritt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 83/14/0081, 0082, sowie die dort zitierte Vorjudikatur).

Mit der der Beschwerdeführerin im Jahr 1978 zugeflossenen Nachzahlung wurde nicht eine bestimmte Tätigkeit in ihrer Gesamtheit honoriert, sondern es wurde ein ursprünglich in zu geringer Höhe ausbezahltes Honora "ergänzt". Die Nachzahlung war somit Teil eines einheitlichen Honoraranspruches, der zumindest verteilt auf die Jahre der ursprünglichen Bezahlung und das Jahr der Nachzahlung zugeflossen sind. Auch dieser Umstand spricht gegen die Anwendbarkeit des begünstigten Steuersatzes nach § 37 EStG.

Da sich somit die Beschwerde in ihrer Gesamtheit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom , BGBl. Nr. 206.