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VwGH vom 16.12.1993, 92/06/0208

VwGH vom 16.12.1993, 92/06/0208

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des F und der M, beide in P, beide vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. 03-12 Sa 56-92/1, betreffend Kanalanschlußpflicht (mitbeteiligte Partei: Gemeinde S, vertreten durch den Bürgermeister) zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 1.011,66 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom wurden die Beschwerdeführer als Eigentümer einer näher bezeichneten Liegenschaft gemäß den §§ 1, 2, 4 und 6 des Kanalgesetzes 1988, LGBl. 79/1988, zum Anschluß an das öffentliche Kanalnetz der mitbeteiligten Gemeinde verpflichtet. Dagegen erhoben sie Berufung mit der wesentlichen Begründung, sie hätten zwei Sammelgruben mit einer Größe von

ca. 60.000 Liter, und benötigten das Abwasser dringend für die Bewässerung ihrer Obstgärten. Außerdem hätten sie genügend Grund zur Ausbringung. Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Partei vom wurde die Berufung mit der Begründung abgewiesen, daß ein Aufbringen von häuslichen Schmutzwässern auf landwirtschaftlichen Flächen keinesfalls als ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Nutzung bezeichnet werden könne, da auch im landwirtschaftlichen Haushalt Putz-, Reinigungs- und Lösungsmittel verwendet würden, welche chlorierte Kohlenwasserstoffe, Polyphosphate, harte Tenside und andere Stoffe enthielten, weshalb deren Verwertung gemeinsam mit Wirtschaftsdünger oder zu Bewässerungszwecken aus hygiene-medizinischer und umwelthygienischer Sicht abzulehnen sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die von den Beschwerdeführern gegen die Berufungsentscheidung erhobene Vorstellung abgewiesen. Zusammenfassend trat sie den Erwägungen der Berufungsbehörde bei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber in einem gemäß § 12 Abs. 2 Z. 1 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerdeführer ziehen nicht in Zweifel, daß die Voraussetzung über den grundsätzlichen Anschlußzwang hinsichtlich ihrer Liegenschaft gegeben sind, machen aber einen Ausnahmetatbestand geltend.

Während § 5 des Steiermärkischen Kanalgesetzes 1955, LGBl. Nr. 70, idF Novelle LGBl. Nr. 165/1968, nach seinem Abs. 4 noch Ausnahmen von der Anschlußverpflichtung bei Schmutzwässern vorsah, wenn diese nachweisbar zu Dungzwecken benötigt wurden, ist diese, ausdrücklich Dungzwecke betreffende Ausnahmebestimmung im § 4 des Kanalgesetzes 1988 nicht mehr vorgesehen. Vielmehr ist in Abs. 5 eine allgemeine Ausnahmebestimmung nur für den Fall der schadlosen Entsorgung der Abwässer normiert. Nicht entscheidend ist demnach, ob die Abwässer, wie die Beschwerdeführer vortragen, zur ordnungsgemäßen Düngung und Bewässerung ihres landwirtschaftlichen Betriebes erforderlich sind.

Gemäß § 4 Abs. 5 des Kanalgesetzes 1988, LGBl. Nr. 79, sind Ausnahmen von der Verpflichtung nach Abs. 1 von der Baubehörde für Bauten vorübergehenden Bestandes, für untergeordnete Nebengebäude und Bauteile sowie für Bauten mit einer nach den Erfahrungen der technischen Wissenschaften, den Erfordernissen des Umweltschutzes und der Hygiene entsprechenden Schmutzwasserentsorgung zu erteilen, wenn dadurch eine schadlose Entsorgung der Abwässer nach § 1 Abs. 1 gewährleistet ist und eine Schädigung öffentlicher Interessen sowie ein Nachteil für die Nachbarschaft nicht entsteht. Der Nachweis des Vorliegens der Voraussetzungen für die Ausnahme von der Verpflichtung nach Abs. 1 obliegt dem Ausnahmewerber.

Schon aus dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung ("der Nachweis des Vorliegens") geht hervor, daß der Nachweis für die tatsächlich schon vorhandene schadlose Schmutzwasserentsorgung schon zum Zeitpunkt der Entscheidung der Gemeindebehörde über die beantragte Ausnahmebewilligung vorliegen muß. Demnach erfüllen erst geplante und in der Zukunft zu errichtende Kläranlagen diese Voraussetzung nicht (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 92/06/0248) sodaß für die Beschwerdeführer aus ihrer (überdies erstmals in der Beschwerde erfolgten) Ankündigung, die Entsorgung der Abwässer über eine biologische Pflanzenkläranlage zu planen, nichts zu gewinnen ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinen Erkenntnissen vom , Zl. 92/06/0046, wie auch vom , Zl. 92/06/0256, ausgeführt, daß die Aufbringung von häuslichen Abwässern gemeinsam mit den anfallenden Stallabwässern auf landwirtschaftlichen Betriebsflächen, abgesehen von besonders gelagerten Einzelfällen, nicht dem im § 5 Abs. 4 des Kanalgesetzes 1988 normierten Kriterien entspreche, weil sie zumeist Tenside und Haushaltschemikalien enthalten. Das Vorbringen der Beschwerdeführer, daß ihre häuslichen Abwässer nur zu einem sehr geringen Ausmaß mit chemischen Schadstoffen belastet wären "und schon jetzt zumindest 80 % des Wassers rein sind und zur Viehtränke, Stallreinigung etc. verwendet werden" gibt keinen Anlaß, von dieser Wertung abzugehen, weil damit nicht aufgezeigt wird, daß sie ALLE ihre Abwässer im Sinne der §§ 1 Abs. 1 und 4 Abs. 5 des Kanalgesetzes 1988 schadlos entsorgten.

Durch den angefochtenen Bescheid wurden daher subjektiv-öffentliche Rechte der Beschwerdeführer nicht verletzt, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die belangte Behörde hat in dieser Beschwerdesache sowie in den gleichgelagerten Beschwerdesachen 92/06/0209 und 92/06/0210 zu den inhaltsgleichen Beschwerden (alle Beschwerdeführer werden durch denselben Rechtsfreund vertreten) gegen die drei gesondert ergangenen Vorstellungsentscheidungen EINE (einheitliche) Gegenschrift erstattet; auch wurden die Verfahren in allen drei Sachen in einem Verwaltungsakt geführt. Bei dieser Konstellation erscheint es sachgerecht, den Aufwandersatz insgesamt nur einfach und nicht dreifach, daher in dieser Beschwerdesache nur zu einem Drittel, zuzuerkennen.