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VwGH vom 13.12.2001, 2000/07/0088

VwGH vom 13.12.2001, 2000/07/0088

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde des D in V, vertreten durch Dr. Heinz Bauer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Boznerplatz 1/III, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom , Zl. U-3937/6, betreffend Feststellung nach § 10 des Altlastensanierungsgesetzes (mitbeteiligte Partei: Bund, vertreten durch das Hauptzollamt Innsbruck in 6021 Innsbruck, Innrain 30), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird im Umfang des in Bezug auf § 6 Abs. 2 und 3 Altlastensanierungsgesetz getroffenen Ausspruches (§ 10 Abs. 1 Z. 4 leg. cit.) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Das Hauptzollamt Innsbruck (die mitbeteiligte Partei) stellte mit Schreiben vom an die Bezirkshauptmannschaft Schwaz (die Erstbehörde) den Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides gemäß § 10 Altlastensanierungsgesetz, BGBl. Nr. 299/1989 idgF (ALSAG), und begründete diesen damit, dass seine Beamten am am Betriebsgelände des Beschwerdeführers dessen Schottergrube besichtigt und dort erhebliche Mengen von nicht aufbereiteten mineralischen Baurestmassen und kleinere Mengen von Asphaltaufbruch und Betonabbruch sowie auf einem weiteren, an der Schottergrube angrenzenden Grundstück des Betriebsgeländes erhebliche Mengen von Wurzelstöcken festgestellt hätten.

Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am und Einholung eines Amtssachverständigengutachtens erließ die Erstbehörde den Bescheid vom , in dem sie gemäß § 10 Abs. 1 und § 21 ALSAG folgenden Ausspruch traf:

"1. Bei den im Bereich der Schottergrube des D ... gelagerten Bauschutt- und Wurzelstöcken handelt es sich gemäß § 2 Abs. 1 - 4 Abfallwirtschaftsgesetz, BGBl. 325/1990, i.V.m. § 2 Abs. 4 und Abs. 5 ALSAG um Abfall.

2. Der unter Ziff. 1 angeführte Abfall unterliegt gemäß § 3 Abs. 1 Ziff. 1 ALSAG dem Altlastenbeitrag.

3. Beim vorgefundenen und im Befund beschriebenen Bauschutt handelt es sich um die Abfallkategorie Baurestmassen gemäß § 6 Abs. 1 Ziff. 1 ALSAG und bei den Wurzelstöcken um übrige Abfälle gemäß § 6 Abs. 1 Ziff. 4 ALSAG.

4. Die Voraussetzungen, die Zuschläge gemäß § 6 Abs. 2 oder 3 ALSAG nicht anzuwenden, liegen nicht vor."

In ihrer Begründung stützte sich die Erstbehörde auf den Befund und das Gutachten des von ihr beigezogenen Amtssachverständigen für Abfalltechnik und führte aus, dass es sich bei den festgestellten Baurestmassen (Bauschutt mit der Schlüsselnummer 31409 gemäß Abfallkatalog ÖNORM S 2100 mit geringen Mengen von Fremdstoffen, z. B. Heraklitplatten, geringen Teilen Asbestzementabfällen und geringen Mengen von Asphalt- und Betonabbruch) um Material handle, das von Dritten zum Zweck der Entledigung übernommen worden sei. Bei den zwischengelagerten Wurzelstöcken handle es sich ebenfalls um Material, das zum Teil von Dritten übernommen worden sei, die sich dieser Wurzelstöcke entledigt hätten. Auf beide Materialien treffe der Abfallbegriff im Sinn des § 2 Abs. 1 bis 4 des Abfallwirtschaftsgesetzes - AWG zu, und es lägen die Voraussetzungen gemäß § 2 Abs. 5 ALSAG nicht vor. Da das Material zum Teil bereits mehrere Jahre dort (zwischen-)gelagert sei, sei von einem langfristigen Ablagern von Abfällen gemäß § 3 Abs. 1 Z. 1 ALSAG auszugehen. Laut Auskunft des Vertreters des Beschwerdeführers würden die gelagerten Baumstöcke samt Erdmaterial frühestens in ca. fünf Jahren zur Sanierung und zur Wiederbepflanzung verwertet werden. Ferner sei vom Vertreter des Beschwerdeführers darauf hingewiesen worden, dass es sich (beim Unternehmen des Beschwerdeführers) um einen Bergbaubetrieb handelte und die Zwischenlagerung von Material iS der Bergbautätigkeiten u. a. für die Herstellung von Abschluss- und Rekultivierungsböschungen vorgesehen wäre und diesbezüglich der Bergbaubereich entsprechende gesetzliche Verpflichtungen hätte. Diesbezüglich sei festzuhalten, dass die Baurestmassen nicht im Rahmen des Bergbaubetriebes angefallen seien, sondern von außerhalb des Bergbaubetriebes angeliefert worden seien und bereits zum Teil mehrere Jahre auf Grundstücken des Unternehmensareals abgelagert würden. Wann überhaupt der angelieferte bzw. angefallene Abfall einer Verwertung zugeführt werde, könne konkret noch nicht angegeben werden. Unzweifelhaft sei jedoch, dass frühestens in einigen Jahren überhaupt mit einer Verwertung der Abfälle begonnen werde. Bis dahin bleibe der Abfallcharakter aufrecht. Im Hinblick auf die bereits andauernde und zu erwartende noch lang andauernde Lagerung sei von einem langfristigen Ablagern von Abfällen auszugehen und unterliege dieses dem Altlastenbeitrag. Weiters habe festgestellt werden können, dass das überprüfte Zwischenlager weder über ein Deponiebasisdichtungssystem noch über eine vertikale Umschließung verfüge. Laut der vom Beschwerdeführer in Auftrag gegebenen bodenmechanischen Begutachtung der zwischengelagerten mineralischen Baurestmassen auf ihre bautechnische Eignung könnten die vorhandenen Baurestmassen unter bestimmten Bedingungen und einzuhaltenden Verfahren als Stützmaterial verwendet werden. Dies stehe jedoch nicht im Widerspruch zu diesem Bescheid. Gemäß § 2 Abs. 3 AWG gelte eine Sache nämlich so lange als Abfall, bis sie oder die aus ihr gewonnenen Stoffe einer zulässigen Verwendung oder Verwertung zugeführt würden.

Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Berufung im Wesentlichen mit der Begründung, aus dem von ihm mit der Berufung vorgelegten Rundschreiben der Berghauptmannschaft Tirol ergebe sich zwingend der Nachweis dafür, dass er im Rahmen seiner Schottergrube zeitlich absehbar von der Behörde auferlegte Abschlussmaßnahmen im Grubenbereich in Form von Aufschüttungen und Geländekorrekturen sowie abstützungsnotwendige Böschungssicherungen durchzuführen habe. Der Bergwerkbetrieb erfordere somit die Zwischenlagerung von Material für diese Bergbautätigkeiten, wobei es sich nicht um eine Kann-Maßnahme, sondern um eine verpflichtende Maßnahme handle. Dass die Baurestmassen nicht im Rahmen des Bergbaubetriebes angefallen seien, sei rechtlich bedeutungslos. Das angelieferte Material einschließlich der Wurzelstöcke, diese hätten einen besonderen Befestigungscharakter, werde für die Schottergrube zum Zweck der Erfüllung der diesbezüglichen Auflagen verwendet, sodass die Qualifikation des Abfalls im Sinn des Bescheides nicht gegeben sei. Ferner spreche das Gesetz nicht davon, ob und inwieweit eine beitragsfreie Lagerung dann ermöglicht werden könne, wenn die beabsichtigte Verwendung des Materials schon innerhalb der einjährigen Lagerung (§ 2 Abs. 7 ALSAG) feststehe, die bestimmungsgemäße Verwertung aber erst nach Ablauf dieser Lagerzeit möglich sei. Auch die Zollverwaltung habe im Rahmen der Antragstellung auf Erlassung des Feststellungsbescheides ausgeführt, dass die Erklärung des Betriebsleiters des Beschwerdeführers, wonach die Materialien zwischengelagert und nach Bedarf zur Wiederverwendung aufbereitet werden würden, glaubwürdig erschiene. Bei der Erlassung des Erstbescheides seien keine ausreichenden Gründe für die Annahme vorgelegen, dass es sich um Abfall im eigentlichen Sinn des ALSAG handelte und der Ausnahmegrund gemäß § 2 Abs. 5 Z. 1 leg. cit. nicht gegeben wäre.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol (der belangten Behörde) vom wurde gemäß § 66 Abs. 4 AVG die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass es sich bei den auf dem Betriebsareal befindlichen Baurestmassen und Wurzelstöcken um Abfall im Sinn des § 2 Abs. 4 ALSAG iVm § 2 Abs. 1 bis 4 AWG handle. Unbestritten sei, dass die Baurestmassen zur Gänze und die Wurzelstöcke zumindest teilweise von Dritten übernommen worden seien. Diese hätten sich der angeführten Materialien entledigt. Lediglich im Fall einer Wiederverwendung oder stofflichen Verwertung gemäß § 2 Abs. 5 Z. 1 ALSAG würden diese Materialien nicht als Abfälle gelten. Eine "Weiterverwendung" sei gegeben, wenn eine Sache zwar nicht bestimmungsgemäß, jedoch zulässig verwendet werde. Eine "stoffliche Verwertung" liege vor, wenn ein Abfall unmittelbar zur Herstellung eines neuen Produktes eingesetzt werde bzw. die aus einem Abfall gewonnenen Stoffe nachweislich eingesetzt würden. Bei einer "stofflichen Verwertung" müsse ein nach dem Verwertungsvorgang gewonnener Stoff nachweislich einer zulässigen Verwendung zugeführt werden und müsse der gewonnene Stoff ein marktfähiges Produkt mit entsprechenden Qualitätsanforderungen darstellen. Im gegenständlichen Fall befänden sich die Baurestmassen und Wurzelstöcke bereits seit mehreren Jahren auf dem Betriebsgelände des Beschwerdeführers und sollten diese in Zukunft bei den notwendigen Abschlussmaßnahmen der Schottergrube verwendet werden. Wann dies der Fall sein werde, sei weder in der Verhandlung am festgelegt worden, noch fänden sich dazu konkrete Aussagen in der Berufung. Weder derzeit noch in absehbarer Zeit fände eine Wiederverwendung oder eine stoffliche Verwertung der im Erstbescheid genannten Materialien statt. Die Voraussetzungen für die Anwendung des § 2 Abs. 5 Z. 1 ALSAG seien daher nicht gegeben. Dass sich insbesondere die gegenständlichen Baurestmassen unter Beachtung bestimmter Rahmenbedingungen für verschiedene Verwendungszwecke eignen würden, sei unter den gegebenen Umständen rechtlich irrelevant. Die Erstbehörde habe daher zu Recht die gegenständlichen Materialien als Abfälle im Sinn des § 2 Abs. 4 ALSAG qualifiziert. Auf Grund der gegebenen Umstände - mehrjährige "Zwischenlagerung", Unklarheiten über die tatsächliche Verwertung - sei die Erstbehörde zulässigerweise von einer langfristigen Ablagerung ausgegangen und habe sie zu Recht die Beitragspflicht im Sinn des § 3 Abs. 1 Z. 1 ALSAG bejaht. Die Zuordnung des Bauschutts zur Abfallkategorie "Baurestmassen" gemäß § 6 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. und der Wurzelstöcke zur Abfallkategorie "übrige Abfälle" gemäß § 6 Abs. 1 Z. 4 leg. cit. sei ebenfalls zu Recht erfolgt. Da das Areal, auf dem die Zwischenlagerung der Materialien erfolgt sei, weder über ein Deponiebasissystem noch über eine vertikale Umschließung verfüge, seien die Voraussetzungen, die Zuschläge gemäß § 6 Abs. 2 oder 3 ALSAG nicht anzuwenden, nicht gegeben gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 10 Abs. 1 des Altlastensanierungsgesetzes (ALSAG), BGBl. Nr. 299/1989, in der bei Erlassung des angefochtenen Bescheides geltenden Fassung BGBl. I Nr. 151/1998, lautet:

"§ 10. (1) Die Behörde (§ 21) hat in begründeten Zweifelsfällen auf Antrag des in Betracht kommenden Beitragsschuldners oder des Hauptzollamtes des Bundes durch Bescheid festzustellen,

1. ob eine Sache Abfall ist,


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2.
ob ein Abfall dem Altlastenbeitrag unterliegt,
3.
welche Abfallkategorie gemäß § 6 Abs. 1 oder 5 oder welcher Deponietyp gemäß § 5 Abs. 4 vorliegt,
4. ob die Voraussetzungen vorliegen, die Zuschläge gemäß § 6 Abs. 2 oder 3 nicht anzuwenden."

Dem Beschwerdefall liegt nach den insoweit unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde zu Grunde, dass bereits vor mehreren Jahren Bauschuttmaterialien (Baurestmassen) und Wurzelstöcke auf Grundstücke des Beschwerdeführers im Bereich von dessen Schottergrube verbracht worden sind, wobei hinsichtlich des Verbringungszeitpunktes im angefochtenen Bescheid keine näheren Feststellungen getroffen wurden. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/07/0099, mwN), sind bei der Beurteilung der Beschaffenheit von Sachen im Sinn des § 10 Abs. 1 ALSAG jene materiell-rechtlichen Bestimmungen dieses Gesetzes anzuwenden, die im Zeitpunkt der Verwirklichung des beitragspflichtigen Sachverhaltes (der Ablagerung, des Zwischenlagerns udgl.) gegolten haben. In Anbetracht des im angefochtenen Bescheid dargestellten Inhalts des § 2 Abs. 4 bzw. des § 2 Abs. 5 Z. 1 ALSAG ergibt sich, dass die belangte Behörde ihrer Beurteilung die materiell-rechtlichen Bestimmungen dieses Gesetzes idF der Novellen BGBl. Nr. 201/1996 und BGBl. I Nr. 96/1997 zu Grunde gelegt hat, sodass sie offensichtlich davon ausgegangen ist, dass die Verbringung der besagten Materialien erst nach dem erfolgt ist. Im Hinblick darauf, dass die Beschwerde nicht behauptet, dass diese Materialien bereits vor dem auf die Grundstücke des Beschwerdeführers verbracht worden seien, begegnet die - unbekämpfte - Auffassung der belangten Behörde, dass für die vorliegende Beurteilung § 2 Abs. 4 und § 2 Abs. 5 Z. 1 ALSAG idF der vorzitierten Novellen heranzuziehen seien, keinem Einwand.

Gemäß § 2 Abs. 4 ALSAG sind Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes Abfälle gemäß § 2 Abs. 1 bis 4 des AWG, BGBl. Nr. 325/1990, in der jeweils geltenden Fassung, soweit Abs. 5 nicht anderes bestimmt. Gemäß § 2 Abs. 1 AWG sind Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes bewegliche Sachen, (Z. 1) deren sich der Eigentümer oder Inhaber entledigen will oder entledigt hat, oder (Z. 2) deren Erfassung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse (§ 1 Abs. 3) geboten ist; die Erfassung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse kann auch dann geboten sein, wenn für eine bewegliche Sache ein Entgelt erzielt werden kann.

§ 6 Abs. 1 bis 3 ALSAG idF BGBl. Nr. 201/1996 hat folgenden Wortlaut:

"§ 6. (1) Der Altlastenbeitrag beträgt für das langfristige Ablagern oder das Befördern von Abfällen zur langfristigen Ablagerung außerhalb des Bundesgebietes je angefangene Tonne für

1. Baurestmassen ...


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2.
Erdaushub ...
3.
Abfälle, soweit sie den Kriterien für Baurestmassendeponien der Deponieverordnung (Anlage 1, Tabellen 3 und 4), BGBl. Nr. 164/1996, entsprechen, ...
4. alle übrigen Abfälle ...
sofern die Abs. 2 bis 4 nicht anderes bestimmen.

(2) Werden Abfälle auf einer Deponie abgelagert und verfügt die Deponie weder über ein Deponieabdichtungssystem noch über eine vertikale Umschließung, erhöht sich der Beitrag je angefangene Tonne ...

Im Falle der Einbringung in geologische Strukturen (Untertagedeponien) ist der Zuschlag nicht abzuführen, wenn das anstehende Gestein einen Wassereintritt dauerhaft verhindert.

(3) Verfügt eine Deponie mit der Bewilligung zur Ablagerung von Hausmüll und hausmüllähnlichen Gewerbeabfällen über keine dem Stand der Technik entsprechende Deponiegaserfassung und - behandlung, erhöht sich der Beitrag je angefangene Tonne für alle übrigen Abfälle (Abs. 1 Z. 4) zusätzlich um 400 S."

Nach den insoweit unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörden wurden die Baurestmassen zur Gänze und die Wurzelstöcke zumindest teilweise von Dritten übernommen, die sich ihrer entledigt haben. Dafür, dass die Verbringung der restlichen Wurzelstöcke auf das Betriebsgelände des Beschwerdeführers durch deren Eigentümer bzw. Inhaber nicht mit dem Willen erfolgt sei, sich dieser Sachen zu entledigen, ergeben sich weder aus der Beschwerde noch dem angefochtenen Bescheid oder dem übrigen Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten Anhaltspunkte. Die Auffassung der belangten Behörde, dass die besagten Baurestmassen und Wurzelstöcke zur Gänze dem Abfallbegriff des § 2 Abs. 4 ALSAG iVm § 2 Abs. 1 AWG unterliegen, begegnet daher keinen Bedenken.

Die Beschwerde wendet sich gegen die Beurteilung der belangten Behörde, dass die Voraussetzungen des Ausnahmetatbestandes gemäß § 2 Abs. 5 Z. 1 ALSAG nicht erfüllt seien, und bringt vor, dieser Tatbestand sei verwirklicht, weil der Beschwerdeführer bescheidmäßig veranlasst sei, nach Abschluss des Schotterabbaues in seinem Schotterbetrieb den alten Zustand in vorgeschriebener Form herbeizuführen und die Geländestrukturen diesen Vorschreibungen entsprechend zu schaffen, wofür die gegenständlichen Bauschuttmassen sich nicht nur eigneten, sondern zur Gänze verwertet werden müssten. Es wäre nicht einzusehen, wenn der Beschwerdeführer für das hiefür vorgesehene und schon länger gelagerte Material den Altlastenbeitrag entrichten müsste.

§ 2 Abs. 5 Z. 1 ALSAG idF der Novelle BGBl. Nr. 201/1996 lautet:

"§ 2. (5) Nicht als Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten:

1. Abfälle, die einer Wiederverwendung oder stofflichen Verwertung zugeführt werden, ausgenommen Verfüllungen von Geländeunebenheiten und das Vornehmen von Geländeanpassungen mit Abfällen einschließlich deren Einbringung in geologische Strukturen sowie Baumaßnahmen des Deponiekörpers (z.B Deponiezwischenabdeckungen, Fahrstraßen, Rand- und Stützwälle);"

Mit der weiteren Novelle BGBl. Nr. 96/1997 wurde der Wortlaut dieser Bestimmung auf - im vorliegenden Beschwerdefall nicht ins Blickfeld gelangende - Abfälle, die einer thermischen Verwertung zugeführt werden, erweitert. Schon auf Grund der ALSAG-Novelle BGBl. Nr. 760/1992 sollten nach Absicht des Gesetzgebers Baurestmassen, die (unabhängig vom Verwendungszweck) abgelagert werden - sei es z. B. als stabilisierende Schicht für eine Deponie oder als Verfüllmaterial einer Kies- bzw. Schottergrube -, als Abfall im Sinn dieses Gesetzes gelten und als beitragspflichtig normiert werden (vgl. den AB 753 BlgNR 18. GP, 2, "Zu Artikel I Z 10 (§ 6)"). Laut Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , V 169/94 (Slg. 14.154), war jedoch der Wille des Gesetzgebers, etwa für Verfüllungen oder Geländeanpassungen verwendete Baurestmassen als beitragspflichtig zu normieren, nicht ausreichend im Gesetz selbst zum Ausdruck gekommen, was mit der ALSAG-Novelle BGBl. Nr. 201/1996 korrigiert werden sollte (vgl. dazu die RV 72 BlgNR 20. GP, 208). In Anbetracht der mit dieser Novelle in § 2 Abs. 5 Z. 1 ALSAG getroffenen ausdrücklichen

Regelung ("... ausgenommen Verfüllungen von Geländeunebenheiten

und das Vornehmen von Geländeanpassungen mit Abfällen einschließlich deren Einbringung in geologische Strukturen ...") kann somit kein Zweifel daran bestehen, dass die Verwendung von Baurestmassen (und von Wurzelstöcken) zur Verfüllung bzw. Rekultivierung einer Schottergrube nach Ausbeutung keine Wiederverwendung oder stoffliche Verwertung von Abfällen im Sinn des § 2 Abs. 5 Z. 1 ALSAG darstellt und daher im Sinn dieser Gesetzesbestimmung deren Abfalleigenschaft nicht ausschließt.

Mit der Novelle BGBl. Nr. 201/1996 wurde auch § 3 ALSAG, der den Gegenstand des Altlastenbeitrages festlegt, neu geregelt.

Diese Bestimmung lautet:

"§ 3. (1) Dem Altlastenbeitrag unterliegen:

1. das langfristige Ablagern von Abfällen;

2. das Verfüllen von Geländeunebenheiten oder das Vornehmen von Geländeanpassungen mit Abfällen einschließlich deren Einbringung in geologische Strukturen, ausgenommen jene Geländeverfüllungen oder -anpassungen, die im Zusammenhang mit einer übergeordneten Baumaßnahme eine konkrete bautechnische Funktion erfüllen (z. B. Dämme und Unterbauten für Straßen, Gleisanlagen oder Fundamente, Baugruben- oder Künettenverfüllungen);


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3.
das Lagern von Abfällen;
4.
das Befördern von Abfällen zur langfristigen Ablagerung außerhalb des Bundesgebietes.

(2) Von der Beitragspflicht ausgenommen ist das Ablagern, Lagern und Befördern von Abfällen, die im Zuge der Sicherung oder Sanierung von Altlasten anfallen, sowie das Umlagern von Abfällen, soweit bereits ein Altlastenbeitrag entrichtet wurde."

Die als Abfall einzustufenden, auf die Grundstücke des Beschwerdeführers verbrachten Materialien unterlägen also nach § 3 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. nur dann nicht dem Altlastenbeitrag, wenn sie in Erfüllung einer konkreten bautechnischen Funktion im Zusammenhang mit einer übergeordneten Baumaßnahme im Gelände verfüllt würden. Ob die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten, nach Abschluss des Schotterabbaus beabsichtigten Verfüllungsmaßnahmen eine bautechnische Funktion im vorgenannten Sinn erfüllen werden, kann jedoch aus folgenden Erwägungen dahingestellt bleiben: Die belangte Behörde hat festgestellt, dass die Materialien zwar in Zukunft bei den notwendigen Abschlussmaßnahmen der Schottergrube verwendet werden sollen, jedoch derzeit und auch in absehbarer Zeit weder eine Wiederverwendung noch eine stoffliche Verwertung der Materialien - also weder deren neuerlicher bestimmungsmäßiger Einsatz noch deren Einsatz zur Herstellung eines neuen Produkts bzw. das (nachweisliche) Zuführen des nach einem Verwertungsvorgang gewonnenen Stoffes zu einer zulässigen Verwertung (vgl. hinsichtlich dieser Begriffsdefinitionen etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/07/0190) - stattfinde (bzw. stattfinden solle). So habe der Beschwerdeführer (im Verwaltungsverfahren) weder in der Verhandlung am noch in seiner Berufung gegen den Erstbescheid eine konkrete Aussage darüber getroffen, wann die Materialien verwendet würden. Den vorzitierten Feststellungen der belangten Behörde begegnet die Beschwerde im Wesentlichen lediglich mit dem Vorbringen, dass diese Umstände nicht geeignet seien, die Absichtserklärung des Beschwerdeführers (beabsichtigte Verfüllung der Schottergrube) als unglaubwürdig darzustellen. Im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer den Zeitpunkt der beabsichtigten Verfüllungsmaßnahme nicht präzisiert hat, bestehen gegen die vorzitierten Feststellungen der belangten Behörde jedoch keine Bedenken.

Im Übrigen ist unstrittig, dass sich die besagten Materialien bereits seit mehreren Jahren auf dem Betriebsgelände des Beschwerdeführers befinden. Die Bereithaltung von Abfall zur Geländeverfüllung oder -anpassung in Erfüllung einer konkreten bautechnischen Funktion im Sinn des § 3 Abs. 1 Z. 2 ALSAG kann jedoch nur dann den in dieser Gesetzesbestimmung enthaltenen Ausnahmetatbestand verwirklichen, wenn die Durchführung dieser Baumaßnahme in naher Zeit bevorsteht. Dies ist jedenfalls nicht der Fall, wenn eine solche Maßnahme - wie im Beschwerdefall - erst mehrere Jahre nach der erstmaligen Bereitstellung des Abfalls auf einem Grundstück erfolgen soll. Zu diesem Normenverständnis gelangt man bereits bei einer logisch-systematischen Auslegung des § 3 Abs. 1 ALSAG. So sollen nach dieser Gesetzesbestimmung nicht nur das langfristige Ablagern (Z. 1), sondern bereits das bloße Lagern von Abfällen (Z. 3) - das ist nach § 2 Abs. 7 leg. cit. das länger als einjährige Lagern von Abfällen, damit diese für eine Behandlung (ausgenommen für eine stoffliche oder thermische Verwertung) bereitgehalten oder vorbereitet werden - dem Altlastenbeitrag unterliegen. Schon daraus ergibt sich der Wille des Gesetzgebers, die Bereithaltung von nicht für eine stoffliche oder thermische Verwertung vorgesehenen Abfällen - im vorliegenden Fall ist der auf den Grundstücken des Beschwerdeführers befindliche Abfall für den Einsatz als Verfüllungsmaterial vorgesehen und somit für die Weiterverwendung und nicht für die stoffliche oder thermische Verwertung bestimmt - der Beitragspflicht nach dem ALSAG zu unterwerfen. Weiters ergibt sich aus dem Wortlaut des § 3 Abs. 2 Z. 2 leg. cit. kein Hinweis darauf, dass bereits die bloße Absicht, in mehreren Jahren mit Abfällen eine Geländeverfüllung vorzunehmen, die Anwendungsvoraussetzungen dieser Gesetzesbestimmung erfüllen könnte. Schließlich liefe es auch dem mit dem ALSAG verfolgten Gesetzeszweck zuwider, die Möglichkeit zu schaffen, durch Hinweis auf einen allenfalls erst in vielen Jahren oder Jahrzehnten zu realisierenden zulässigen Verwendungszweck des Abfalls einer Beitragspflicht zu entgehen.

Damit erweisen sich die Auffassung der belangten Behörde, dass die auf die Grundstücke des Beschwerdeführers verbrachten Bauschuttmaterialien und Wurzelstöcke dem Altlastenbeitrag unterliegen, und deren Beurteilung im Grund des § 6 Abs. 1 Z. 1 und Z. 4 ALSAG im Ergebnis als zutreffend.

Soweit die belangte Behörde allerdings den im Erstbescheid getroffenen Ausspruch, dass die Voraussetzungen, die Zuschläge gemäß § 6 Abs. 2 oder 3 ALSAG nicht anzuwenden, nicht vorlägen - dort Spruchpunkt 4. -, bestätigte, verkannte sie das Gesetz, weil auf dem Boden der im vorliegend angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen nicht davon auszugehen ist, dass die gegenständlichen Materialien auf einer Deponie abgelagert wurden. Diesbezüglich wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG zur näheren Begründung auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/07/0281, verwiesen.

Demzufolge war der angefochtene Bescheid im Umfang des in Bezug auf § 6 Abs. 2 und 3 ALSAG getroffenen Ausspruches (Spruchpunkt 4. des Erstbescheides) gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Im Übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am