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VwGH 02.07.1987, 86/09/0122

VwGH 02.07.1987, 86/09/0122

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
AVG §66 Abs4;
VStG §65;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs1;
VwGG §42 Abs2 litb;
VwGG §42 Abs2 Z2;
RS 1
Hat die Berufungsbehörde in einer Verwaltungsstrafsache eine verspätete Berufung nicht als verspätet zurückgewiesen, sondern auf Grund der Berufung meritorisch entschieden, das Ausmaß der Strafe hinabgesetzt und daher auch keine Kosten des Berufungsverfahrens (§ 65 VStG 1950) vorgeschrieben, ist die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde abzuweisen, weil die Rechtsstellung des Bf durch die (verfehlte) Sachentscheidung keine schlechtere ist, als sie durch die (richtige) Zurückweisung der verspäteten Berufung gewesen wäre.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Mag. Meinl und Dr. Höß als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Gyenge, über die Beschwerde der MK in G, vertreten durch Dr. Wilhelm Klade, Rechtsanwalt in Wien I, Spiegelgasse 2, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom , Zl. 14-SV- 4145/2/86, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Bazillenausscheidergesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis vom erkannte die Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt - gleichlautend wie in ihrer Strafverfügung vom , die infolge rechtzeitig erhobenen Einspruchs außer Kraft getreten war - die Beschwerdeführerin schuldig, sie habe in der Zeit vom bis zum in ihrem Gastgewerbebetrieb in G, KS zur Beschäftigung als Küchengehilfin herangezogen, obwohl für die Genannte ein vom Amtsarzt ausgestelltes gültiges Gesundheitszeugnis nicht vorhanden gewesen sei. Die Beschwerdeführerin habe dadurch § 3 der ersten Verordnung zum Bazillenausscheidergesetz, BGBl. Nr. 128/1946, verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde gemäß § 9 Bazillenausscheidergesetz, BGBl. (richtig: StGBl.) Nr. 153/1945 in der geltenden Fassung, über die Beschwerdeführerin eine Geldstrafe in der Höhe von S 1.000,-- (Ersatzarreststrafe drei Tage) verhängt.

Auf Grund der Berufung der Beschwerdeführerin wurden weitere Ermittlungen durchgeführt. Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin insofern Folge, als die verhängte Geldstrafe gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 (§ 24 VStG 1950) in Verbindung mit § 19 VStG 1950 auf S 500,-- (Ersatzarreststrafe eineinhalb Tage) herabgesetzt und dementsprechend der Strafkostenbeitrag für das Verfahren in erster Instanz neu bemessen wurde. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, daß § 5 (Abs. 1 zweiter Satz) VStG 1950 bei Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen des Bazillenausscheidergesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen ersten Verordnung anzuwenden sei. Dies bedeute, daß die Beschwerdeführerin den Entlastungsbeweis für ihre Schuldlosigkeit zu erbringen gehabt hätte. Unter Berücksichtigung des Ermittlungsverfahrens kam die Behörde zusammenfassend zum Ergebnis, daß die Verletzung der gebotenen Sorgfaltspflicht der Beschwerdeführerin darin liege, daß sie keine stichhaltige Prüfung bezüglich des für KS erforderlichen amtsärztlichen Gesundheitszeugnisses vorgenommen habe. Zum Einwand der Beschwerdeführerin, KS habe mit der Verabreichung von Speisen nichts zu tun gehabt, sondern sei mit Abwascharbeiten beschäftigt gewesen, verwies die belangte Behörde darauf, daß dies keinen Unterscheid bei der Anwendung des Bazillenausscheidergesetzes mache, da die Tätigkeit von KS jedenfalls in der Küche im Zusammenhang mit der Verabreichung von Speisen stattgefunden habe. Im übrigen begründete die belangte Behörde näher, warum die verhängte Geldstrafe von ihr herabzusetzen war.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Ihrem gesamten Vorbringen nach erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht verletzt, nicht der ihr zu Last gelegten Verwaltungsübertretung nach § 3 der ersten Verordnung zum Bazillenausscheidergesetz schuldig erkannt und nicht nach § 9 Bazillenausscheidergesetz bestraft zu werden. In Ausführung des so aufzufassenden Beschwerdepunktes erblickt die Beschwerdeführerin eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bzw. eine Rechtswidrigkeit des Inhaltes darin, daß die belangte Behörde es unterlassen habe, näher bezeichnete Ermittlungen darüber durchzuführen, ob der Beschwerdeführerin, die - wie bereits im Verwaltungsstrafverfahren vorgebracht - mit der Einstellung von KS ihre Tochter beauftragt habe, überhaupt ein Verschulden angelastet werden durfte. Die Beschwerdeführerin bzw. ihre Tochter hätten im übrigen auch auf ein vorschriftsmäßiges Verhalten der früheren Dienstgeberin, bei der KS als Küchengehilfin gearbeitet habe, vertrauen dürfen. Schließlich seien keine ausreichenden Feststellungen zur Frage getroffen worden, zu welchen Arbeiten KS tatsächlich von der Beschwerdeführerin herangezogen worden sei und ob sie überhaupt mit der Abgabe von unmittelbar dem menschlichen Genuß dienenden Nahrungs- und Genußmitteln befaßt gewesen sei. Ferner sei der angefochtene Bescheid schon deshalb rechtswidrig, weil er im Hinblick auf seinen Spruch (Herabsetzung der Strafe) nicht vollständig über die Berufung der Beschwerdeführerin entschieden habe.

Diesem Vorbringen bleibt es verwehrt, die Beschwerde zum Erfolg zu führen.

Gemäß § 63 Abs. 5 AVG 1950 ist die Berufung von der Partei schriftlich oder telegrafisch binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides, im Falle bloß mündlicher Verkündigung mit dieser.

Gemäß § 32 Abs. 2 Satz 1 AVG 1950 enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monates, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat.

Wie aus den Verwaltungsakten hervorgeht, wurde der von der Behörde erster Instanz erlassene Bescheid vom der Beschwerdeführerin zu Handen des Beschwerdevertreters am eigenhändig zugestellt; er ist laut Rückschein von einem Postbevollmächtigten für RSa-Briefe übernommen worden. Der Zustellnachweis ist eine öffentliche Urkunde, der dem Nachweis des Zustellvorganges dient. Da im Beschwerdefall der Zustellnachweis die gehörige Form aufweist und eindeutige Angaben enthält, begründet er die Vermutung der Echtheit und der inhaltlichen Richtigkeit des bezeugten Vorganges. Es ist daher davon auszugehen, daß das Straferkenntnis der Behörde erster Instanz am zugestellt wurde und demnach die Berufungsfrist mit Ablauf des endete. Da das Straferkenntnis in der Rechtsmittelbelehrung auch die dem Gesetz entsprechende Rechtsmittelfrist angegeben hat, kommt § 61 Abs. 3 AVG 1950 nicht zur Anwendung.

Die Beschwerdeführerin hat ihre mit datierte Berufung nach dem in den Verwaltungsakten aufliegenden Briefkuvert am zur Post gegeben; die Berufung ist bei der zuständigen Einbringungsstelle am eingelangt.

Es ist daher davon auszugehen, daß die Berufung verspätet eingebracht wurde, worauf im übrigen die Behörde erster Instanz in ihrem Vorlagebericht an die belangte Behörde hingewiesen hat.

Die belangte Behörde hätte daher die Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 als verspätet zurückweisen müssen. Statt dessen hat die belangte Behörde über die Berufung meritorisch entschieden.

Dadurch allein ist jedoch keine Verletzung von subjektivöffentlichen Rechten der Beschwerdeführerin eingetreten, die der Verwaltungsgerichtshof wahrzunehmen hätte. Die belangte Behörde hat in ihrem angefochtenen Bescheid der Beschwerdeführerin entsprechend § 65 VStG 1950 auch keine Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt, weil sie in teilweiser Stattgebung der Berufung der Beschwerdeführerin das Ausmaß der Strafe herabgesetzt hat. Daher liegt dem Beschwerdefall auch nicht jener Sachverhalt zugrunde, der in den Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 03/0641/80 und vom , Zl. 85/02/0125, zur Aufhebung der angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes führte.

Die Rechtsstellung der Beschwerdeführerin ist durch die (verfehlte) Sachentscheidung über ihre Berufung im Beschwerdefall keine schlechtere, als sie durch die (richtige) Zurückweisung der verspäteten Berufung gewesen wäre. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985. Wien, am

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Normen
AVG §66 Abs4;
VStG §65;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs1;
VwGG §42 Abs2 litb;
VwGG §42 Abs2 Z2;
Schlagworte
Rechtliche Wertung fehlerhafter Berufungsentscheidungen
Rechtsverletzung durch solche Entscheidungen
Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde
subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und
Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde
Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint
keineBESCHWERDELEGITIMATION
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1987:1986090122.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
CAAAE-33706