VwGH 22.09.1993, 92/06/0183
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Normen | |
RS 1 | Da im Baubewilligungsverfahren erster Instanz der Nachbar keinen Rechtsanspruch darauf besitzt, daß über den Antrag des Bauwerbers auf Erteilung der Baubewilligung (neuerlich) entschieden wird (hier hat der Bgm nach Aufhebung seines Baubewilligungsbescheides durch den Verwaltungsgerichtshof keine Entscheidung erlassen; Hinweis E , 88/05/0268), ist in einem solchen Fall der Antrag des Nachbarn auf Übergang der Entscheidungspflicht mangels Rechtsanspruches zurückzuweisen (Hinweis E , 86/06/0147). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Müller, Dr. Kratschmer und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Möslinger-Gehmayr, über die Beschwerde des Dr. F in M, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in L, gegen die Gemeindevertretung der Stadtgemeinde A, betreffend Verletzung der Entscheidungspflicht mangels Erledigung eines Devolutionsantrages in einer Bausache (weitere am Verfahren beteiligte Partei: J KG in A), zu Recht erkannt:
Spruch
Gemäß § 42 Abs. 4 VwGG in Verbindung mit § 62 Abs. 2 VwGG und § 73 Abs. 2 AVG wird der Antrag des Beschwerdeführers vom auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung über das Bauansuchen der weiteren am Verfahren beteiligten Partei vom betreffend die Errichtung eines Hotelneubaues auf den Grundstücken Nr. n/o und n/p je KG A, zurückgewiesen. Die Stadtgemeinde A hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.360,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vorgeschichte ist auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zlen. 82/06/0005, 0006 und 0008, vom , Zl. 84/06/0171, vom , Zl. 86/06/0147 und vom , Zl. 89/06/0163, zu verweisen. Für den Beschwerdefall ist daraus noch folgendes bedeutsam: Aufgrund des Bauansuchens der weiteren am Verfahren beteiligten Partei vom hat der Bürgermeister der Stadtgemeinde A mit Bescheid vom die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung eines Hotelneubaues auf den Grundstücken Nr. n/o und n/p je KG A unter Vorschreibung einiger Auflagen erteilt. Der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung des Beschwerdeführers und anderer Anrainer hat die Gemeindevertretung mit Bescheid vom insofern Folge gegeben, als eine Auflage abgeändert wurde, im übrigen wurden aber die Berufungen als unbegründet abgewiesen. Aufgrund der Vorstellung des Beschwerdeführers und anderer Anrainer hat die Salzburger Landesregierung mit Bescheid vom den Bescheid der Gemeindevertretung wegen Rechtswidrigkeit aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeindevertretung zurückverwiesen. Mit Erkenntnis vom , Zlen. 82/06/0005, 0006, 0008 hat der Verwaltungsgerichtshof den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Aufgrund dieses Erkenntnisses hat die Salzburger Landesregierung mit Bescheid vom den Bescheid der Gemeindevertretung vom wegen Rechtswidrigkeit aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Stadtgemeinde (Gemeindevertretung) zurückverwiesen. Da in der Folge die Gemeindevertretung keinen Berufungsbescheid erlassen hatte, erhob der Beschwerdeführer Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat mit Erkenntnis vom , Zl. 84/06/0171, aufgrund der Berufung des Beschwerdeführers und anderer Nachbarn den Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde vom gemäß § 66 Abs. 2 AVG behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz verwiesen. Zur Begründung hat der Verwaltungsgerichtshof im wesentlichen ausgeführt, im Beschwerdefall sei ein derartig mangelhafter Sachverhalt gegeben, daß die Durchführung einer neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides erforderlich sei. Es seien Projektsergänzungen erforderlich, auch eine Projektsänderung sei nicht auszuschließen. Die Baubehörde erster Instanz werde zunächst die erforderlichen Klarstellungen zu treffen haben, sodann werde im Rahmen einer mündlichen Verhandlung unter Beiziehung der erforderlichen Sachverständigen neuerlich Parteiengehör zu gewähren sein, es seien näher beschriebene Schritte zu setzen.
Da nach dieser Behebung der Bürgermeister der Stadtgemeinde A keine neue Entscheidung fällte, hat der Beschwerdeführer an die Gemeindevertretung der Stadtgemeinde als Baubehörde zweiter Instanz am einen bei der Gemeindevertretung am eingelangten, auf § 73 AVG 1950 gestützten Devolutionsantrag gestellt. In der Zwischenzeit hatte bereits im Juli 1985 der Bürgermeister der Stadtgemeinde A unter Hinweis auf § 6 Abs. 1 AVG 1950 in Verbindung mit § 3 der Delegierungsverordnung der Salzburger Landesregierung vom , LGBl. Nr. 101, die Bauakten an die Bezirkshauptmannschaft Zell am See als delegierte Baubehörde zur Weiterführung des Verfahrens abgetreten. Der Devolutionsantrag des Beschwerdeführers wurde in der Folge gleichfalls der Bezirkshauptmannschaft übermittelt, die diesen der Salzburger Landesregierung zur Entscheidung vorlegte. Mit Bescheid vom wies die Salzburger Landesregierung den Devolutionsantrag des Beschwerdeführers ab. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 86/06/0147, wurde der angefochtene Bescheid wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben. Begründet wurde dies damit, daß der Beschwerdeführer mit seinem unmittelbar bei der Gemeindevertretung der Stadtgemeinde A eingebrachten Devolutionsantrag eine Entscheidung dieser Gemeindebehörde begehrt habe. In einem solchen Fall hätte die angerufene Behörde über den Antrag des Beschwerdeführers selbst dann entscheiden müssen, wenn sie der Meinung gewesen sei, sie sei für die Erledigung nicht zuständig. Darauf hat die Gemeindevertretung der Stadtgemeinde A mit Bescheid vom den Devolutionsantrag des Beschwerdeführers wegen Unzuständigkeit der Behörde zurückgewiesen. Zur Begründung stützte sich die Gemeindevertretung auf die genannte Delegierungsverordnung vom . Mit Bescheid vom hat die Salzburger Landesregierung die Vorstellung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Gemeindevertretung vom als unbegründet abgewiesen. Aufgrund der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof hat dieser mit Erkenntnis vom den Bescheid der Salzburger Landesregierung, soweit er sich auf die Zurückweisung des Devolutionsantrages durch die Gemeindevertretung bezog, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Begründend hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, er habe bereits mit seinem Erkenntnis vom aufgrund einer Säumnisbeschwerde anstelle der Gemeindevertretung der Stadtgemeinde A in der Sache selbst entschieden, den erstinstanzlichen Bescheid des Bürgermeisters als gesetzwidrig aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Bürgermeister der Stadtgemeinde A zurückverwiesen. An die darin zum Ausdruck gebrachte Rechtsmeinung über die Zuständigkeit der Baubehörde erster Instanz seien die Verwaltungsbehörden und der Verwaltungsgerichtshof zunächst jedenfalls gebunden gewesen, diese Anordnung falle nur weg, wenn seit Erlassung des mit Erkenntnis vom aufgehobenen Bescheides die Sach- oder Rechtslage eine Änderung erfahren habe, was nicht der Fall sei. Die Salzburger Landesregierung hätte daher den Bescheid der Gemeindevertretung der Stadtgemeinde A vom , mit dem der Devolutionsantrag des Beschwerdeführers wegen Unzuständigkeit der Gemeindevertretung zurückgewiesen wurde, beheben müssen.
Mit Bescheid vom hat die Salzburger Landesregierung den Bescheid der Gemeindevertretung vom aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Stadtgemeinde A zurückverwiesen.
Am langte die gegenständliche Säumnisbeschwerde beim Verwaltungsgerichtshof ein. Der Beschwerdeführer begründete seine Beschwerde damit, daß die Gemeindevertretung der Stadtgemeinde A nach der Aufhebung des Bescheides vom durch die Salzburger Landesregierung mit deren Bescheid vom nicht über den Devolutionsantrag des Beschwerdeführers entschieden habe, obwohl sie dazu gemäß § 73 Abs. 1 AVG verpflichtet sei.
Nach Einleitung des Vorverfahrens durch den Verwaltungsgerichtshof mit Verfügung vom beantragte die Gemeindevertretung im Dezember 1992 die Entscheidungsfrist zu verlängern; mit Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom wurde diese Frist um sechs Monate verlängert. Mit Schreiben vom teilte die Gemeindevertretung mit, sie lege dem Verwaltungsgerichtshof den gesamten Akt zur Entscheidung vor. Es werde bedauert, mitteilen zu müssen, daß sich das Stadtamt außerstande sehe, angesichts der Komplexheit und außerordentlichen Schwierigkeit der Bausache eine Entscheidungsgrundlage zu erarbeiten.
Nach den dem Verwaltungsgerichtshof nunmehr vorliegenden Verwaltungsakten hat die belangte Behörde nach Zustellung des aufsichtsbehördlichen Bescheides vom keine Entscheidung mehr erlassen.
Gemäß § 73 Abs. 1 AVG sind die Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen. Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung geht, sofern der Bescheid der Partei nicht innerhalb dieser Frist zugestellt wird, auf ihren schriftlichen Antrag die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde über. Ein solcher Antrag ist unmittelbar bei der Oberbehörde einzubringen. Der Antrag ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht ausschließlich auf ein Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.
Da der Bürgermeister der Stadtgemeinde A nach Aufhebung seines Baubewilligungsbescheides vom durch den Verwaltungsgerichtshof mit dessen Erkenntnis vom keine Entscheidung erlassen hat, kam die Entscheidungsbefugnis über den Devolutionsantrag des beschwerdeführenden Nachbarn vom der Gemeindevertretung zu. Sie hatte über diesen Devolutionsantrag zu entscheiden, auch wenn die Entscheidung nur in einer Zurückweisung bestehen konnte (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Slg. N.F. Nr. 9.458/A). Die Säumnisbeschwerde wurde daher zu Recht erhoben. Da nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Baubewilligungsverfahren erster Instanz der Nachbar keinen Rechtsanspruch darauf besitzt, daß über den Antrag des Bauwerbers auf Erteilung der Baubewilligung (neuerlich) entschieden wird, (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 88/05/0268) ist in einem solchen Fall der Antrag auf Übergang der Entscheidungspflicht mangels Rechtsanspruches zurückzuweisen (vgl. das bereits mehrfach zitierte Erkenntnis vom , Zl. 86/06/0147, das an die Parteien des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens ergangen ist, und die darin zitierte Vorjudikatur).
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die Bestimmungen der §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
In der Sache selbst wird der Bürgermeister der Stadtgemeinde A über das Ansuchen der Bauwerberin vom unter Berücksichtigung der im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 84/06/0171, dargelegten Grundsätze zu entscheiden haben.
Zusatzinformationen
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Normen | |
Schlagworte | Parteistellung Parteienantrag |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1993:1992060183.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
SAAAE-33689