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VwGH vom 25.09.1990, 86/07/0244

VwGH vom 25.09.1990, 86/07/0244

Betreff

FP gegen Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft vom , Zl. 511.692/01-I5/86, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Partei: Wasserverband R).

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 8.810,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom verlieh der Landeshauptmann von Steiermark unter Spruchabschnitt I gemäß den §§ 10 Abs. 2, 21 Abs. 1, 99 Abs. 1 lit. h, 107, 111 und 134 Abs. 1 WRG 1959 dem nun am Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof mitbeteiligten Wasserverband unter einer Reihe von Vorschreibungen sowie unter Vorbehalt der späteren Vorschreibung zusätzlicher Maßnahmen die wasserrechtliche Bewilligung für die Erschließung und Nutzung der A-quellen 1 und 2, der N-quellen 1 und 2, der T-quellen 1 und 2 sowie der S-quellen 1, 2 und 4 bis zu einer maximalen Schüttung von 6 l/s samt Errichtung der zugehörigen Transportleitungen zur Wasserversorgungsanlage der Gemeinde T, zur Wassergenossenschaft H und zur Wassergenossenschaft G; unter Spruchabschnitt III wurde aufgrund der §§ 63 lit. b, 99 Abs. 1 lit. h, 107 und 111 WRG 1959 in Verbindung mit den §§ 4 bis 7 des Eisenbahnenteignungsgesetzes 1954 die zwangsweise Begründung der Dienstbarkeit für das im Eigentum des Beschwerdeführers stehende Grundstück 1093 KG E zugunsten des Mitbeteiligten ausgesprochen und hiefür gemäß §§ 117 und 118 WRG 1959 eine Entschädigung festgesetzt.

Mit Bescheid vom wies sodann der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft (unter dem im vorliegenden Fall allein interessierenden Spruchpunkt II) die Berufung des Beschwerdeführers, welcher dieser ein privates hydrogeologisches Sachverständigengutachten beigeschlossen hatte, gemäß § 66 AVG 1950 ab. Begründend wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer bekämpfe "im wesentlichen weniger die Leitungsführung über seinen Grund als vielmehr hauptsächlich eine vermeintliche qualitative Beeinträchtigung seiner Hauswasserversorgung, obwohl sich die Quellfassung des Wasserverbandes außerhalb seiner Liegenschaft" befinde. Der wasserbautechnische Amtssachverständige der Rechtsmittelbehörde habe hiezu vorerst nachstehende gutächtliche Stellungnahme abgegeben:

"Sowohl im (privaten) hydrogeologischen Gutachten als auch in der hydrogeologischen Stellungnahme des (Sachverständigen) von der Hydrographischen Landesabteilung wird eine Beeinträchtigung der P-quelle" - des Beschwerdeführers - "durch die Fassung und die geplante Ableitung der T-quellen nicht ausgeschlossen.

(Der zweitgenannte Sachverständige) schlägt zur Sicherung der quantitativen Beschaffenheit der P-quelle die Umleitung des gesamten Restwasserabflusses einschließlich der Zutritte und des Überwassers aus dem Sammelschacht Nr. 6 auf den linksseitigen Ast des Gerinnes sowie die Erhaltung eines Mindestabflusses von 0,3 l/s in Höhe des Güterweges und nötigenfalls eine Ergänzung dieses Abflusses aus dem Sammelschacht Nr. 6 vor.

Diese Maßnahmen sind jedoch, abgesehen von der schwierigen praktischen Durchführbarkeit der vorgeschlagenen Steuerung, zu Zeiten der Mindestschüttungen überhaupt nicht möglich, da die Konsensmengen über den Minimalschüttungen liegen (z. B. 3,93 l/s Mindestschüttung lt. Messung vom für T- + S-quelle gegenüber einer Konsensmenge von 4,5 l/s). Das bedeutet, daß zu diesen Zeiten gar kein Überwasser anfällt.

Die in der Berufung unter Punkt 2.6 dargelegte Befürchtung, daß durch die Herstellung und Wiederverfüllung der Rohrkünette, die oberhalb der Hausquelle quer zur Grundwasserströmungsrichtung verläuft, eine Ablenkung des Quellzustromes erfolgt, ist durchaus berechtigt. Wenn auch beim Zuschütten der Künette das Aushubmaterial wieder verwendet wird, so kann doch die gleiche Durchlässigkeit wie im angrenzenden Bodenbereich nicht mehr erzielt werden. Bei einer größeren Durchlässigkeit im Künettenbereich wirkt diese dann als Drainage und leitet einen sonst zur Quelle gelangenden Anteil des Wassers entlang der Künette ab. Bei einer geringeren Durchlässigkeit im Künettenbereich als im umgebenden Boden wirkt die Künettenverfüllung als Staukörper und ein Teil des Grundwassers wird entlang der oberen Künettenwand abgelenkt werden. Beide Fälle führen zu einer Verminderung des Quellzuflusses.

Der in der Stellungnahme der Hydrographischen Landesabteilung empfohlene Einbau von Filterkiessträngen quer zur Leitungstrasse zur Gewährleistung eines ungehinderten Durchflusses stellt eine wirksame Lösungsmöglichkeit dar, wobei jedoch zur Unterbindung der o.g. Drainagewirkung der Künette u. U. der Einbau von Querriegeln in den Rohrgraben erforderlich ist.

Die vom Gutachter geäußerten Bedenken hinsichtlich der qualitativen Sicherung der Quelle werden auch von ha. mit derselben Begründung geteilt.

Die sicherste Möglichkeit, dem Berufungswerber ständig die benötigte Wassermenge zu garantieren und die Gefahr einer Wasserverunreinigung zu vermindern, wäre daher der Anschluß an die Transportleitung des Wasserverbandes."

Auf dieser Basis habe allerdings mit dem Beschwerdeführer keine einvernehmliche Lösung erreicht werden können, obwohl der Mitbeteiligte im Sinne der Anregung des wasserbautechnischen Amtssachverständigen durchaus bereit gewesen wäre, dem Beschwerdeführer einen kostenlosen Anschluß sowie eine kostenlose Tageswassermenge im Ausmaß von 4050 l zur Verfügung zu stellen.

Der Mitbeteiligte habe hiebei ausdrücklich erklärt, jenes Anbot noch weiterhin aufrechterhalten zu wollen.

Im Hinblick auf die Ablehnung dieses freiwilligen Anbotes des Mitbeteiligten seitens des Beschwerdeführers als zu gering sei eine ergänzende fachliche Beurteilung des wasserbautechnischen Amtssachverständigen eingeholt worden, die folgendes ergeben habe:

"Da sowohl aus dem (privaten) Gutachten als auch aus dem Gutachten (des Sachverständigen der genannten Landesabteilung) hervorgeht, daß die P-quelle nicht ausschließlich aus den oberhalb liegenden, für die Wasserversorgungsanlage vorgesehenen T-quellen gespeist wird, ist selbst bei einer vollständigen Ableitung der T-quellen nicht mit einem Trockenfallen der P-quelle zu rechnen.

Die vom Wasserverband R angebotene Wassermenge von 4.050 l/d wird unter Miteinbeziehung der auch zukünftig zur Verfügung stehenden Wasserentnahmemöglichkeit aus der P-quelle daher auch von ho. zur Versorgung des Anwesens des (Beschwerdeführers) als ausreichend angesehen.

Als zusätzlicher Vorteil ist auch noch der Wasserbezug aus Quellen anzusehen, die durch engere und weitere Quellschutzgebiete geschützt sind. Bezüglich der qualitativen Eignung der Pfennigquelle für eine Trinkwasserversorgung äußerte (der zweitgenannte Sachverständige) in seinem geologischen Gutachten vom bereits ernstliche Bedenken.

Hinsichtlich der vom (Beschwerdeführer) befürchteten Beeinflussung des Waldwuchses durch verminderte Wasserführung im Graben wird den Ausführungen des hydrogeologischen Amtssachverständigen in der Verhandlungsschrift vom beigepflichtet. Da auch in Zukunft von einer Restwasserführung von rd. 1/3 der bisherigen Wasserführung auszugehen ist, ist nach ho. Meinung mit keiner Schmälerung des Waldertrages zu rechnen. Hiezu wäre aber trotzdem die Stellungnahme eines forsttechnischen Amtssachverständigen sicherlich noch aussagekräftiger."

Im Sinne dieser Empfehlung sei nun auch ein forsttechnisch-wirtschaftlicher Amtssachverständiger eingeschaltet und mit der Vornahme eines Lokalaugenscheines betraut worden. Dieser habe nachstehendes überzeugendes und schlüssiges Gutachten erstattet:

"Der (Beschwerdeführer) hat in der Berufung geltend gemacht, daß durch die beabsichtigte Ableitung von Quellwässern im Gebiet der genannten Quellen sein Waldbestand erheblich beeinträchtigt werden würde. Es wäre nach seinen Vermutungen ein Austrocknen des Waldbodens und damit eine wesentliche Schmälerung des Wuchses der Waldbäume zu erwarten.

Zu der befürchteten Beeinflussung des Waldbewuchses durch verminderte Wasserführung wurde vom hydrogeologischen ASV des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung folgendes gutachtlich angemerkt:

'Eine Beeinträchtigung des Bodenwasserhaushaltes ist nur soweit gegeben, als durch die Fassung der natürliche Wasseraustritt vermehrt wird und das natürliche Einzugsgebiet der Quelle dadurch vergrößert wird. Bei einer zu erwartenden Restwasserführung von ca. ein Drittel der bisherigen Wasserführung in Höhe der P-quelle und weiterer Zunahme dieser Wasserführung talab ist auch hinsichtlich Luftfeuchtigkeit bzw. Verdunstung im engsten Grabenbereich mit keiner wesentlichen Beeinträchtigung des Bewuchses zu rechnen.'

Bei den gegenständlichen Waldflächen handelt es sich um lockere (Überschirmungsgrad ca. 0,7 - 0,8) gestufte Fi-Lä-Mischbestände der V./VI. Altersklasse mit einem Flächenanteil von 0,7 Fichte und 0,3 Lärche. Der Wald stellt im allgemeinen einen außerordentlich ökonomischen Wasserverbraucher dar. Nach den in forstwirtschaftlicher Literatur angegebenen Transpirationsreihen von Waldbeständen handelt es sich bei der Fichte um einen mäßigen und bei der Lärche um einen mittleren Wasserverbraucher. Die mittlere tägliche Bestandestranspiration in der Vegetationszeit beträgt bei dem oben beschriebenen Bestand ca. 45.000 l/ha pro Tag, wobei diese nicht ausschließlich vom Grundwasser gespeist wird. Auch nach erfolgter Quellfassung verbleibt laut Aussage des hydrogeologischen Gutachtens ein Mindestabfluß von ca. 0,3 l/s erhalten. Die Höhe der Abflußrate selbst beeinflußt den Bodenwasserhaushalt nur unwesentlich, denn selbst bei Wassersättigung würde dem Bestand deswegen nicht mehr pflanzenverfügbares Wasser geliefert werden. Der Bodenwasserhaushalt wird durch den vermehrten künstlichen Wasserabzug zur Nachschaffung von Wasser aus quellferneren Gebieten angeregt, und dieses in ausreichendem Maße für den Waldbestand zur Verfügung stellen. Wäre dem nicht so, dann müßten Waldbestände fernab von Quellgebieten pauschal zur Austrocknung verurteilt sein. Entscheidend für die Wasserversorgung eines Waldbestandes ist nicht eine offen zutage tretende Wasserführung, sondern die Niederschlagsverteilung und -häufigkeit, die verdunstende Oberfläche des Bestandes, die Windverteilung, die Wasserzügigkeit des Untergrundes, die Luftfeuchtigkeit, die Temperatur, der geologische Untergrund und die Wasserpumpkraft der Baumarten. Nachdem durch die Quellfassungen in diese bestimmenden Faktoren der Waldwasserversorgung nicht eingegriffen wird, scheinen die beabsichtigten Wasserentnahmemaßnahmen aus forstfachlicher Sicht unbedenklich."

In Anbetracht dessen habe der Berufung des Beschwerdeführers kein Erfolg beschieden sein können.

Dieser Bescheid wird mit der vorliegenden Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bekämpft, wobei sich der Beschwerdeführer in dem Recht auf Schutz seiner Wasserversorgungsanlage sowie seines Waldbewuchses vor Beeinträchtigungen durch das Projekt des Mitbeteiligten verletzt erachtet.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der

sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer hat im erstinstanzlichen Bewilligungsverfahren - worauf in der Gegenschrift zu Recht hingewiesen wird - lediglich folgenden Einwand (in der Verhandlung am ) erhoben:

"Durch das vorgesehene Projekt bin ich wie folgt betroffen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1)
Rohrleitung im Bereich meines Grundstückes Nr. 1093 KG E
2)
weiteres Schutzgebiet für die Quelle I und II im Bereiche meines Grundstückes 1047/2 KG E
Eine Zustimmung erteile ich für das vorgesehene Projekt nicht, da sich ca. 15 m talabwärts, in westlicher Richtung, der geplanten Rohrleitung meine Wasserversorgungsanlage befindet und ich deren Beeinträchtigung sowohl in qualitativer als auch in quantitativer Hinsicht befürchte."

Der Beschwerdeführer war daher bereits in der Berufung mit seinem Vorbringen betreffend mögliche Beeinträchtigungen seines Waldwuchses gemäß § 42 AVG 1950 präkludiert. Durch die zu Unrecht erfolgte meritorische Behandlung seiner diesbezüglichen Ausführungen im angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer allerdings nicht in seinen Rechten verletzt (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 86/07/0173). Da die eingetretene Präklusion auch der Verwaltungsgerichtshof zu beachten hat (siehe dazu die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 3. Auflage, 1987, S. 242, angegebene Rechtsprechung), ist jedenfalls von vornherein insoweit auf die Beschwerde nicht weiter einzugehen, als mit ihr die den Waldbewuchs betreffenden Begründungsteile des angefochtenen Bescheides bekämpft werden.

Hinsichtlich der Befürchtung des Beschwerdeführers, durch das Vorhaben würde seine Wasserversorgungsanlage nachteilig beeinflußt, sind in der Begründung des angefochtenen Bescheides lediglich verschiedene fachliche Stellungnahmen aneinandergereiht worden. Eine Begründung, die sich in der bloßen Wiedergabe von Sachverständigengutachten erschöpft, ist aber nicht ausreichend (siehe die Rechtsprechung bei Hauer-Leukauf, a.a.O., S. 374), wozu im vorliegenden Fall noch kommt, daß durch die sachkundigen Äußerungen die geltend gemachten Bedenken des Beschwerdeführers gar nicht zerstreut und in gewisser Hinsicht sogar bestätigt wurden. Der darin gelegene wesentliche Begründungsmangel des angefochtenen Bescheides wird nicht durch die Bezugnahme auf die vom Mitbeteiligten angebotene, vom Beschwerdeführer nicht angenommene kostenlose Herstellung eines Anschlusses und Bereitstellung einer bestimmten Wassermenge saniert. Der Hinweis auf eine dadurch gegebene "Naturalentschädigung" gemäß § 117 WRG 1959 (in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 693/1988) - wovon im angefochtenen und in diesem Zusammenhang auch im erstinstanzlichen Bescheid im übrigen nicht die Rede war - ist verfehlt, weil die Voraussetzung für die Anwendung dieser Gesetzesstelle die Begründung eines Zwangsrechtes wäre (siehe dazu etwa die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2184/78, sowie vom , Zl. 98/80).

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG und der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989, im Rahmen des gestellten, den gesetzlich pauschalierten Schriftsatzaufwand schon zur Zeit der Einbringung unterschreitenden Antrages (vgl. die Rechtsprechung bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit,

3. Auflage, S. 687); die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft Stempelgebühren für eine zur Rechtsverfolgung nicht erforderliche Beilage.