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VwGH vom 23.02.2001, 2000/06/0123

VwGH vom 23.02.2001, 2000/06/0123

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hanslik, über die Beschwerde des KP und der MP in P, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. 03-12.10 P 93 - 00/2, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: Gemeinde P, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in G, ), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Gemeinde Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- je zur Hälfte binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Baugesuch vom (so dessen Datierung; die Einlaufstampiglie der Gemeinde weist allerdings das Datum auf) kam die mitbeteiligte Gemeinde, vertreten durch den Bürgermeister, um baubehördliche Bewilligung für die Errichtung einer achtklassigen Volksschule "mit Nebenräumen und Turnhalle" auf einer Liegenschaft im Gemeindegebiet ein, welche im Flächenwidmungsplan als "allgemeines Wohngebiet" ausgewiesen ist. Die Beschwerdeführer sind Eigentümer eines angrenzenden Grundstückes, auf welchem sich ein Wohnhaus befindet.

Mit Erledigung vom wurde die Bauverhandlung für den anberaumt; hiezu wurden (nebst anderen Personen) auch die Beschwerdeführer (u.a.) mit dem Beisatz geladen, die für das Verfahren eingereichten Unterlagen, insbesondere das Projekt, lägen bis zum Tag vor der Bauverhandlung während der Amtsstunden im Gemeindeamt zur allgemeinen Einsicht auf.

In der Bauverhandlung, die vom Bürgermeister geleitet wurde, nahmen (u.a.) neben einem bautechnischen Sachverständigen und einem lärmtechnischen Sachverständigen (Ing. A) auch die Beschwerdeführer (die Zweitbeschwerdeführerin durch einen Vertreter) teil. Gemäß der Niederschrift über diese Bauverhandlung verwies der Verhandlungsleiter auch auf die vorliegenden Gutachten und Unterlagen, darunter ein schalltechnisches Gutachten von "Dr. P" (richtig wohl: des Ing. A der Dr. P Ges.mbH; dieser nahm auch an der Bauverhandlung teil), sowie eine medizinische Stellungnahme des Distriktarztes Dr. K und ein lärmmedizinisches Gutachten von Dr. VH.

Mit dem erstinstanzlichen Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom (der vom Bürgermeister gefertigt ist) wurde der Gemeinde die Baubewilligung für die Errichtung einer achtklassigen Volksschule mit Nebenräumen, Mehrzweckraum und Turnhalle mit einer Reihe von Vorschreibungen erteilt; hinsichtlich der Nachbareinwendungen heißt es, "die Nachbarvorbringen" gälten gemäß § 59 Abs. 1 "AVG 1998" (gemeint: AVG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998) "mit der Entscheidung im Spruch" (gemeint ist die Baubewilligung) als miterledigt. In der Begründung heißt es dazu, die von verschiedenen, namentlich bezeichneten Nachbarn (darunter die Beschwerdeführer) vorgebrachten Einwendungen würden gemäß § 59 Abs. 1 AVG mit Erledigung des verfahrenseinleitenden Antrages, also mit der Ausfertigung des Baubewilligungsbescheides, als miterledigt gelten. "Unbeschadet dessen ist der Vollständigkeit halber im Einzelnen zu begründen wie folgt": Das Mitwirkungsrecht des Nachbarn im baubehördlichen Bewilligungsverfahrens sei ein beschränktes; ein solches Mitwirkungsrecht sei auf die in § 26 Abs. 1 des Steiermärkischen Baugesetzes 1995, LGBl. Nr. 59 (Stmk. BauG), genannten Belange beschränkt. Darüber hinausgehende Einwendungen seien zurückzuweisen. Fragen der Bauplatzeignung, des Verkehrs auf der öffentlichen Verkehrsfläche, der Erhaltung eines (auf der zu bebauenden Liegenschaft befindlichen) Biotops, der Verpflichtung zur Walderhaltung, der Erhaltung von Arbeitsplätzen, der Zufahrtsverhältnisse, der Notwendigkeit einer wasserrechtlichen Bewilligung oder auch der Befürchtung einer Verschlechterung der Brunnenqualität seien keine Nachbareinwendungen im Sinne des § 26 Abs. 1 Stmk. BauG, weshalb es der Baubehörde verwehrt sei, auf diese weiter einzugehen. Die Beseitigung der Abwässer (dem Zusammenhang nach gemeint: der anfallenden Oberflächenwässer) sei projektsgemäß über den Vorfluter und das anschließend daran angelegte Biotop gewährleistet. Die diesbezüglichen Vorgaben seien unbedenklich. Zur Frage der Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Flächenwidmungsplan sei auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 10.382/A, zu verweisen, in welchem Falle die Errichtung einer Volkshochschule im allgemeinen Wohngebiet als zulässig "bestätigt" worden sei. Eine solche Schule diene den sozialen und kulturellen Bedürfnissen der Bewohner von Wohngebieten und sei im "Klammerausdruck" des § 23 Abs. 5 lit. b des Stmk. Raumordnungsgesetzes 1974, LGBl. Nr. 127, auch ausdrücklich angeführt. Zur Frage der Immissionsbelästigungen sei auf die aus schalltechnischer Sicht vorliegenden Gutachten "Dr. P", Dr. K und Dr. VH zu verweisen, welche in schlüssiger und nachvollziehbarer und mit den Denkgesetzen übereinstimmender Weise zum Ergebnis kämen, dass durch eine Anlage wie die projektgegenständliche weder das Widmungsmaß für allgemeines Wohngebiet noch die örtlichen Verhältnisse merkbar verändert würden. Diesen Gutachten sei auf fachlich vergleichbarer Ebene nicht entgegengetreten worden.

Die in der Bauverhandlung vom Nachbarn G.P. erhobene Forderung, dass das Bauvorhaben lediglich als Schule und nicht zu "sonstigen schulfremden Zwecken" zu verwenden sei, sei nicht als Nachbareinwendung im Rechtssinn, sondern als Appell an den Schulerhalter zu verstehen, im Rahmen "des beantragten Verwendungszweckes" nur solche Nutzungen zu dulden, welche mit diesen vereinbar seien.

Wenn in diesem Zusammenhang die Befürchtung ausgesprochen werde, dass im Objekt Räume unter der Bezeichnung Mehrzweckraum und Turnhalle untergebracht seien und diese auch außerschulischen Zwecken, insbesondere Veranstaltungen, dienen würden, woraus sich Immissionsbelastungen ergeben könnten, so sei dem entgegenzuhalten, dass das Abführen von schulfremden Veranstaltungen ohnehin einer gesonderten Bewilligung nach dem Stmk. Veranstaltungsgesetz bedürfte. Um eine solche wäre jeweils anlassbezogen vom jeweiligen Veranstalter anzusuchen. Diese Frage sei daher nicht Gegenstand des baubehördlichen Bewilligungsverfahrens.

Dagegen erhoben die (nun anwaltlich vertretenen) Beschwerdeführer Berufung. Mit Berufungsbescheid vom wurde der Berufung gemäß § 26 Abs. 1 Stmk. BauG in Verbindung mit § 66 Abs. 4 AVG keine Folge gegeben und der bekämpfte erstinstanzliche Bescheid vollinhaltlich bestätigt.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Vorstellung, die mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen wurde.

Soweit für das Beschwerdeverfahren erheblich, führte die belangte Behörde begründend aus, dem Einwand der Beschwerdeführer, wonach der Bürgermeister als Baubehörde I. Instanz das gegenständliche Ansuchen bewilligt habe, welches von ihm selbst namens der Gemeinde eingebracht worden sei, sei entgegenzuhalten, dass, soweit überhaupt eine Befangenheit des Bürgermeisters anzunehmen wäre, diese durch eine "unbefangene Berufungsentscheidung gegenstandslos" werde (Hinweis auf hg. Judikatur).

Der Umstand, dass nicht förmlich über die Einwendungen der Beschwerdeführer abgesprochen worden sei, begründe keinen wesentlichen Verfahrensmangel (wird näher ausgeführt). Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer sei ein Gebiet mit der Flächenwidmung "allgemeines Wohngebiet" geradezu prädestiniert, um dort eine Volksschule zu errichten. Darüber hinaus könne einem Nachbar gemäß § 26 Abs. 1 Z. 1 Stmk. BauG die Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Flächenwidmungsplan, einem Bebauungsplan und mit Bebauungsrichtlinien nur insoweit geltend machen, als damit ein Immissionsschutz verbunden sei. Wie sich aber aus den eingeholten Gutachten mit hinreichender Deutlichkeit ergebe, entspreche das Vorhaben sowohl in lärmtechnischer als auch in medizinischer Hinsicht sämtlichen gesetzlichen Vorgaben.

Bezüglich des Einwandes, wonach die Gebäudeabstände nicht eingehalten würden, sei festzuhalten, dass sowohl die Gebäude- als auch die Grenzabstände in ausreichendem Maße gewahrt würden. Aus den eingeholten Gutachten ergebe sich des Weiteren, dass eine Vergrößerung der Abstände gemäß § 13 Abs. 12 Stmk. BauG nicht notwendig sei. Diese Bestimmung normiere nämlich, dass die Behörde dann, wenn der Verwendungszweck von baulichen Anlagen eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung oder Gesundheitsgefährdung der Nachbarschaft erwarten lasse oder dies zum Schutz des Ortsbildes erforderlich sei, größere Abstände vorzuschreiben habe. Dies sei aber aufgrund der gegebenen Situation nicht erforderlich gewesen. Auch könne der Umstand, dass sich die Berufungsbehörde "nicht eingehend mit der Abstandsbestimmung auseinander gesetzt" habe, was sicherlich einen Verfahrensmangel bedeute, zu keiner Aufhebung des Berufungsbescheides führen, zumal es bei objektiver Betrachtung zu keiner Abstandsverletzung gekommen und daher eine Rechtsverletzung nicht gegeben sei. Da die einer Partei eingeräumten prozessualen Rechte nicht weiter reichen könnten, als die ihr durch das Gesetz gewährleistete Sphäre materieller Rechte, könne auch der Mangel der inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem Berufungsvorbringen bezüglich der Abstandsbestimmungen keine Rechtswidrigkeit, die zur Aufhebung des Berufungsbescheides führen könnte, begründen, weil eben die Abstände den gesetzlichen Vorschriften entsprächen.

Hinsichtlich des Einwandes, wonach auch schulfremde Veranstaltungen stattfinden würden und dies zweifellos zu erheblichen Lärm- und "Abluftbelästigungen" führen würde, sei festzuhalten, dass diesem Einwand keine Berechtigung zukomme, weil Gegenstand des Bauvorhabens lediglich die Errichtung einer Volksschule "samt den Nebenräumen Mehrzweckraum und Turnhalle" sei. Niemals sei um die Baubewilligung für die Mehrfachnutzung eines Raumes für außerschulische Zwecke angesucht worden. Die Mehrfachnutzung sei lediglich für den Schulbetrieb bewilligt worden, was auch in dem in der Baubeschreibung angeführten Raumprogramm ersichtlich sei, "wonach die Nachmittagsbetreuung und Musikschule auf Veranstaltungen im Rahmen des Schulbetriebes festgelegt" seien (Anmerkung: in dieser Baubeschreibung sind die verschiedenen Räume der Schule aufgezählt. Im Erdgeschoss ist u. a. neben der Turnhalle auch ein "Seminarraum (Musikschule und Nachmittagsbetreuung)" angeführt). Daher könnten Befürchtungen, wonach außerschulische Veranstaltungen in diesem Mehrzweckraum abgehalten werden könnten, im Bauverfahren nicht behandelt werden. Sollten künftig tatsächlich andere Nutzungen beabsichtigt sein, so müsste diesbezüglich um eine gesonderte baurechtliche Bewilligung (Bewilligung der Nutzungsänderung) angesucht werden.

Die Beschwerdeführer wendeten weiters ein, dass im erstinstanzlichen Bescheid im Zusammenhang mit den eingewendeten Immissionen auf Gutachten verwiesen werde, die dem Bescheid nicht angeschlossen worden seien, und die Behörde auch den Grundsatz der amtswegigen Ermittlungspflicht und der freien Beweiswürdigung verletzt habe. Zweifellos richtig sei, dass die eingeholten Gutachten den Beschwerdeführern in Wahrung des Parteiengehörs zur Kenntnis hätten gebracht werden müssen, wobei ihnen auch Gelegenheit einzuräumen gewesen wäre, hiezu Stellung zu nehmen. Wie der Verwaltungsgerichtshof (aber) in ständiger Rechtsprechung ausführe, begründe die Verletzung des Parteiengehörs nur dann eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, wenn die belangte Behörde bei Vermeidung dieses Verfahrensmangels zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Um dies beurteilen zu können, müsse der Beschwerdeführer in der Beschwerde jene entscheidenden Tatsachen bekannt geben, die der Behörde wegen dieser Unterlassung unbekannt geblieben seien. Die Beschwerdeführer brächten in der Vorstellung aber keine Tatsachen vor, die der Behörde wegen der Unterlassung des Parteiengehörs unbekannt geblieben seien.

Die dem Verwaltungsverfahren zugrunde liegenden Gutachten seien von den richtigen Voraussetzungen ausgegangen, seien von tauglichen Sachverständigen erstellt worden und stünden mit den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch, weshalb diesen Gutachten zu folgen sei. Für die belangte Behörde ergebe sich, dass die Berufungsbehörde auch bei Wahrung des Parteiengehörs zu keinem anderen Bescheid hätte kommen können. Demzufolge seien durch diesen Verfahrensmangel keine subjektivöffentlichen Rechte der Beschwerdeführer verletzt worden, weil sich aus den vorliegenden Gutachten kein Anhaltspunkt dafür biete. Da, wie bereits ausgeführt, lediglich die Errichtung eines Schulgebäudes und Nebenräumlichkeiten für den Schulbetrieb beantragt und genehmigt worden sei, habe auch keine Notwendigkeit bestanden, ein "24-Stundenprofil" (gemeint: hinsichtlich der zu erwartenden Immissionen) zu erstellen, weil die eingeholten Gutachten vom Schulbetrieb ausgegangen seien und hiefür die durchgeführte Berechnung korrekt vorgenommen worden sei. Änderungen des Verwendungszweckes wären aber in einem gesonderten Verfahren zu bewilligen, wo möglicherweise dieses 24-Stundenprofil zu erstellen wäre.

Hinsichtlich des begehrten Sicht- und Lärmschutzes sei auszuführen, dass sich aufgrund der eingeholten schlüssigen Gutachten keine derartigen Verpflichtungen der Bauwerberin ergäben und allfällige nicht erforderliche Sicht- und Lärmschutzmaßnahmen der Bauwerberin nicht vorgeschrieben werden dürften.

Bezüglich des Einwandes der Abwasserbeseitigung sei zu bemerken, dass die von den Beschwerdeführern genannten Bestimmungen des § 26 Abs. 1 Z. 2 und Z. 5 Stmk. BauG hier unanwendbar seien. Z. 2 leg. cit. betreffe die Abstandsvorschriften und Z. 5 leg. cit. die Vermeidung einer Brandgefahr, einer sonstigen Gefährdung oder unzumutbaren Belästigung, wobei in der Bestimmung auf § 61 Abs. 1, § 63 Abs. 1 und § 65 Abs. 1 Stmk. BauG verwiesen werde. Die von den Beschwerdeführern ins Treffen geführte Bestimmung des § 26 Abs. 1 Z. 5 in Verbindung mit § 65 Abs. 1 Stmk. BauG erfasse lediglich die für die einwandfreie Entsorgung der anfallenden Abwässer und Beseitigung der Niederschlagswässer erforderlichen Anlagen (Hervorhebung im Original). Diese Anlagen seien so anzuordnen, herzustellen und instandzuhalten, dass sie betriebssicher seien und Gefahren oder unzumutbare Belästigungen nicht entstünden. Wie sich aus dem Baubescheid erster Instanz ergebe, der zum Inhalt der Berufungsentscheidung geworden sei, seien die Niederschlagswässer von Dächern und von staubfrei angelegten Verkehrsflächen durch Versickerung auf dem Bauplatz zu beseitigen. Die übrigen Abwässer würden in den öffentlichen Kanal eingeleitet. Eine Anlage im Sinne des § 65 Abs. 1 Stmk. BauG werde nicht errichtet, wodurch subjektiv-öffentliche Nachbarrechte der Beschwerdeführer nicht verletzt werden könnten.

Auch könne der Auffassung der Beschwerdeführer nicht gefolgt werden, wenn sie vermeinten, im Spruch des Berufungsbescheides heiße es, der erstinstanzliche Bescheid werde vollinhaltlich bestätigt, aber andererseits auch auf § 26 Abs. 1 Stmk. BauG Bezug genommen werde, worin keine vollinhaltliche Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides erblickt werden könne. Dadurch seien jedenfalls keine subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte der Beschwerdeführer verletzt worden.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und, ebenso wie die mitbeteiligte Gemeinde, in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Slg. Nr. 10.317/A, uva.). Das gilt auch für den Nachbarn, der i.S. des § 42 AVG idF BGBl. I Nr. 158/1999, die Parteistellung behalten hat.

Gemäß § 26 Abs. 1 des Steiermärkischen Baugesetzes 1995, LGBl. Nr. 59 (Stmk. BauG), kann der Nachbar gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erheben, wenn diese sich auf Bauvorschriften beziehen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen (subjektiv öffentlich-rechtliche Einwendungen). Das sind Bestimmungen über

"1. die Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Flächenwidmungsplan, einem Bebauungsplan und mit Bebauungsrichtlinien, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist;


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2.
die Abstände (§ 13);
3.
den Schallschutz (§ 43 Abs. 2 Z. 5);
4.
die Brandwände an der Grundgrenze (§ 51 Abs. 1);
5.
die Vermeidung einer Brandgefahr, einer sonstigen Gefährdung oder unzumutbaren Belästigung (§ 61 Abs. 1, § 63 Abs. 1 und § 65 Abs. 1);
6. die Baueinstellung und die Beseitigung (§ 41 Abs. 6)."
Dem umfangreichen Beschwerdevorbringen in formeller Hinsicht ist zunächst entgegenzuhalten, dass die Verfahrensrechte der Nachbarn nur soweit reichen, als ihnen subjektiv-öffentliche Rechte eingeräumt sind, worauf die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend verwiesen hat (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/06/0115, u.a.m.).
Soweit die Beschwerdeführer weiterhin eine Befangenheit des Bürgermeisters als Behörde erster Instanz ins Treffen führen, ist ihnen zu entgegnen, dass eine allfällige Befangenheit der Behörde erster Instanz durch die Entscheidung einer unbefangenen Berufungsbehörde saniert wird (siehe dazu beispielsweise das hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/06/0020). Richtig ist, dass der Bürgermeister (auch) den Berufungsbescheid gefertigt hat. Aus den Verwaltungsakten ergibt sich aber, dass die Berufungsentscheidung ohne seine Mitwirkung zustande gekommen ist (er hatte im Gemeinderat den Vorsitz an den Vizebürgermeister übergeben und auch an der Abstimmung nicht teilgenommen). Die bloße Ausfertigung des Beschlusses des Gemeinderates über die Berufung ist aber kein Grund, eine Befangenheit der Berufungsbehörde anzunehmen (siehe dazu die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I2, § 7 AVG E 124 und 125 wiedergegebene Judikatur).
Im Beschwerdefall kann die Frage dahingestellt bleiben, ob § 59 Abs. 1 AVG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 (wonach mit Erledigung des verfahrenseinleitenden Antrages Einwendungen als miterledigt gelten), in Verbindung mit § 82 Abs. 7 AVG in der Fassung dieser Novelle auch § 26 Abs. 2 bzw. Abs. 3 Stmk. BauG derogiert haben, wonach objektiv-öffentlichrechtliche Einwendungen zurückzuweisen und privatrechtliche Einwendungen mangels Einigung auf den ordentlichen Rechtsweg zu verweisen sind. Entscheidend ist nämlich, dass das Unterbleiben eines förmlichen Abspruches über die Einwendungen der Beschwerdeführer keinen wesentlichen Verfahrensmangel begründete (siehe dazu die in Hauer/Trippl, Steiermärkisches Baurecht3, § 29 Stmk. BauG E 76 und 77 wiedergegebene Judikatur, an der weiterhin festzuhalten ist). Freilich waren damit die Behörden des Verwaltungsverfahrens aber nicht der sie gemäß § 60 AVG treffenden Begründungspflicht enthoben. Eine Verletzung der Vorschrift des § 60 AVG über die Begründung von Bescheiden bewirkt aber dann keine Verletzung von subjektiven Rechten der Partei, wenn der Spruch der Behörde durch die Rechtslage gedeckt ist und durch einen etwaigen Begründungsmangel nicht die Rechtsverfolgung an sich gehindert wird (siehe dazu die in Walter/Thienel, a.a.O., § 60 AVG E 149 wiedergegebene Judikatur). Ebensowenig begründete ein Verstoß gegen § 59 Abs. 1 erster Satz AVG wonach der Spruch u. a. die angewendeten Gesetzesbestimmungen anzuführen hat, einen wesentlichen Verfahrensmangel (siehe dazu die in Walter/Thienel, aaO, § 59 AVG E 209ff wiedergegebene Judikatur). Keine Rede kann davon sein, dass die belangte Behörde den Berufungsbescheid (schon) deshalb hätte aufheben müssen, "weil im Berufungsbescheid einerseits die vollinhaltliche Bestätigung des angefochtenen (erstinstanzlichen) Bescheides ausgesprochen, andererseits jedoch erstmals § 26 Abs. 1 BauG in den Spruch des Bescheides aufgenommen" worden sei, weil eine Verletzung subjektivöffentlicher Nachbarrechte der Beschwerdeführer dadurch nicht erkennbar ist.
Im Zusammenhang damit (aber auch unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des Parteiengehörs) machen die Beschwerdeführer geltend, der erstinstanzliche Bescheid verweise auf nicht angeschlossene Gutachten, und es seien ihnen diese Gutachten auch in der Folge nicht zur Kenntnis gebracht worden (sie seien ihnen weiterhin unbekannt). Auch die belangte Behörde hebe hervor, es sei "zweifellos richtig", dass ihnen diese Gutachten zur Kenntnis zu bringen gewesen wären.
Dem ist Folgendes zu entgegnen: Es kann dahingestellt bleiben, ob im erstinstanzlichen Verfahren diesbezüglich das Parteiengehör der Beschwerdeführer verletzt wurde, weil sie diesfalls gehalten gewesen wären, dies in ihrer Berufung entsprechend geltend zu machen, was aber unterblieb. Der Hinweis in der Berufung, der erstinstanzliche Bescheid verweise auf ihm nicht angeschlossene Gutachten, ist nicht ausreichend. Die Unterlassung einer entsprechenden Geltendmachung dieses behaupteten Mangels konnte auch nicht wirksam erst in der Vorstellung oder gar mit der gegenständlichen Beschwerde nachgeholt werden.
Die zu bebauende Liegenschaft ist im Flächenwidmungsplan als "allgemeines Wohngebiet" gewidmet. Nach § 23 Abs. 5 des Stmk. Raumordnungsgesetzes 1974, LGBl. Nr. 127, sind allgemeine Wohngebiete Flächen, die vornehmlich für Wohnbauten bestimmt sind, "wobei auch Gebäude, die den wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und kulturellen Bedürfnissen der Bewohner von Wohngebieten dienen (z.B. Verwaltungsgebäude, Schulgebäude, Kirchen, Krankenanstalten, Kindergärten, Garagen, Geschäfte, Gärtnereien, Gasthäuser und Betriebe aller Art, soweit sie keine dem Wohncharakter des Gebietes widersprechenden Belästigungen der Bewohnerschaft verursachen), errichtet werden können. Es steht daher außer Frage, dass die Errichtung der geplanten Volksschule im Einklang mit der Flächenwidmung steht (im Übrigen könnten Schulen auch gemäß § 23 Abs. 5 lit. a leg. cit. im reinen Wohngebiet errichtet werden).
Schulfremde Nutzungen waren nicht projektgegenständlich und wurden auch nicht bewilligt.
Nach § 13 Abs. 12 Stmk. BauG hat die Behörde größere Abstände (als die in § 13 sonst vorgesehenen) vorzuschreiben, wenn der Verwendungszweck von baulichen Anlagen eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung oder Gesundheitsgefährdung der Nachbarschaft erwarten lässt (oder dies zum Schutz des Ortsbildes erforderlich ist - dieser Aspekt ist hier allerdings nicht relevant).
Grundsätzlich kann in der Errichtung einer Schule auf einer als "allgemeines Wohngebiet" gewidmeten Fläche kein Verwendungszweck erblickt werden, der im Sinne des § 13 Abs. 12 Stmk. BauG die Vorschreibung größerer Abstände rechtfertigen würde. Besondere Umstände, die allenfalls eine abweichende Beurteilung gebieten könnten, sind nicht hervorgekommen (zumal, wie gesagt, schulfremde Nutzungen nicht projektgegenständlich waren und auch nicht bewilligt wurden).
In dem (auch vom Verwaltungsgerichtshof als schlüssig erachteten) schalltechnischen Gutachten wird zusammenfassend dargelegt, dass durch den Betrieb der Schule das Widmungsmaß von 55/45 dB (tags/nachts) für ein "allgemeines Wohngebiet" bzw. von 50/40 dB (tags/nachts) für ein "reines Wohngebiet" nicht überschritten werde. Die derzeitigen örtlichen Verhältnisse bei Tag, hervorgerufen durch Verkehrsgeräusche auf den umliegenden Straßen, würden künftig im maßgeblichen Nachbarschaftsbereich durch den Betrieb der Schule tagsüber um 1 bis 2 dB erhöht. Die Grenze der zumutbaren Störung gemäß ÖAL Richtlinie Nr. 3 werde im maßgebenden Zeitraum Tag im Nachbarschaftsbereich (benachbartes Wohngebiet) durch die künftigen Summenschallpegel nicht überschritten.
Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, dass die Beschwerdeführer durch das bewilligte Vorhaben in ihrem Nachbarrecht auf entsprechenden Schallschutz (§ 26 Abs. 1 Z. 3 in Verbindung mit § 43 Abs. 2 Z. 5 Stmk. BauG) verletzt worden wären. Ein Nachbarrecht auf Herstellung eines "Sichtschutzes" - die Beschwerdeführer hatten einen Sicht- und Lärmschutz durch Bepflanzung bzw. eine durchgehende Lärmschutzwand gefordert - ist aus § 26 Abs. 1 Stmk. BauG nicht ableitbar.
Die Beschwerdeführer bringen weiters vor, sie hätten "unter größten finanziellen Belastungen ein aufwendiges Entwässerungssystem geschaffen", welches notwendig gewesen sei, um einen Wassereintritt in den Keller ihres Hauses nach stärkeren Regenfällen hintanzuhalten. Durch das gegenständliche Projekt bestehe die Gefahr, dass dieses Entwässerungssystem beeinträchtigt werde und sie hätten diesbezügliche Einwendungen erhoben. Diese seien dem § 26 Abs. 1 Z. 2 und Z. 5 Stmk. BauG zu subsumieren. Gerade wegen der drohenden Beeinträchtigung des Entwässerungssystemes infolge "der zu knapp an der Grenze liegenden Bauführung und der im Zusammenhang stehenden Aushubarbeiten" hätten die Behörden in einem mängelfreien Verfahren zum Schluss kommen müssen, dass ein größerer Gebäudeabstand als vorgesehen, notwendig sei. Es seien daher die Ausführungen der belangten Behörde nicht nachvollziehbar, § 26 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. sei unanwendbar, weil diese Bestimmung die Abstandsvorschriften betreffe, weil im § 13 leg. cit. ein "ausreichender Abstand" gefordert werde und die dort normierten Werte nur Mindestabstände darstellten. Auch seien Einwendungen im Sinne des § 26 Abs. 1 Z. 5 leg. cit. hinsichtlich einer sonstigen Gefährdung oder unzumutbaren Belästigung keineswegs auf den Fall beschränkt, dass eine Anlage im Sinne des § 65 leg. cit. errichtet werde.
Dem ist Folgendes zu entgegnen: § 26 Abs. 1 Z. 5 Stmk. BauG verweist auf § 65 Abs. 1 leg. cit. Nach dieser Bestimmung (der Paragraph ist mit "Entsorgungsanlagen für Abwässer und Niederschlagswässer" überschrieben) ist bei baulichen Anlagen eine einwandfreie Entsorgung der anfallenden Abwässer und Beseitigung der Niederschlagswässer auf Bestanddauer sicherzustellen. Dafür erforderliche Anlagen sind so anzuordnen, herzustellen und instandzusetzen, dass sie betriebssicher sind und Gefahren oder unzumutbare Belästigungen nicht entstehen.
Aus dieser Bestimmung lässt sich ein Nachbarrecht zugunsten solcher "Entwässerungssysteme" betreffend die Nachbarliegenschaft nicht ableiten. Auch das Regelungssystem des § 13 gestattet es nicht, hiefür größere Abstände festzusetzen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am