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VwGH 31.01.1995, 92/05/0332

VwGH 31.01.1995, 92/05/0332

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Norm
BauO Wr §6 Abs17 idF 1987/028;
RS 1
§ 6 Abs 17 erster Satz Wr BauO idF LGBl 1987/28 fordert keine Erhebung über das Verhältnis des Rauminhaltes des Altbestandes zum Neubestand.
Normen
BauO Wr §6 Abs17 idF 1987/028;
BauO Wr §69 Abs1 litk idF 1987/028;
RS 2
Allein die Erfüllung der in § 6 Abs 17 Wr BauO idF LGBl 1987/28 normierten Verpflichtung dadurch, daß durch einen Dachbodenausbau eine neue Wohnfläche geschaffen worden ist, vermag eine Ausnahmegewährung vom Verbot der Änderung des Verwendungszweckes von Wohnungen in Schutzzonen (betreffend andere Räume desselben Gebäudes) gem § 69 Abs 1 lit k Wr BauO idF LGBl 1987/28 keinesfalls zu rechtfertigen.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Degischer, Dr. Giendl, Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Dr. D und weiterer 41 Miteigentümer, alle vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom , Zl. MD-VfR - B IX - 2/89, betreffend eine Bauangelegenheit, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom versagte der Bauausschuß der Bezirksvertretung für den 9. Bezirk die Genehmigung der von den Beschwerdeführern beantragten Abweichung von den Bebauungsvorschriften dahingehend, daß die Räume der Wohnung Nr. 21-23 des Hauses IX, G-S-Gasse 10, ausschließlich für Bürozwecke verwendet werden dürfen. Begründet wurde diese Entscheidung damit, daß der 9. Bezirk in den letzten Jahrzehnten an einem überdurchschnittlichen Abgang der Wohnbevölkerung leide, sodaß es im öffentlichen Interesse gelegen sei, bestehenden Wohnraum insbesondere in den vom Bevölkerungsabgang betroffenen Schutzzonen des 9. Bezirks zu erhalten. Die beantragte Verwendungsänderung bedeute eine Umwandlung von ca. 84 % der Geschoßfläche des dritten Stockwerkes dieses Hauses; die Verwendung dieser Räume als Büroräume sei auch nicht im öffentlichen Interesse gelegen.

In ihrer dagegen erstatteten Berufung machten die Beschwerdeführer geltend, daß die in den gegenständlichen Räumlichkeiten Nr. 21-23 untergebrachte Steuerberatungskanzlei schon vorher im 9. Bezirk angesiedelt gewesen sei, sodaß keine zusätzlichen Büroräumlichkeiten entstünden. Völlig unberücksichtigt sei geblieben, daß durch den Ausbau des Dachgeschoßes in diesem Haus eine neue Wohnfläche geschaffen worden sei, und zwar im Ausmaß von 216 m2. Durch den Ausbau des Dachgeschoßes sei eine gleichwertige zusätzliche Fläche neu geschaffen worden. Es dürfe nicht allein eine Relation zur Wohnfläche im dritten Stock vorgenommen werden, sondern müsse gemäß § 6 Abs. 17 BauO für Wien nur der Rauminhalt des geplanten Neubaus sowie dessen Verhältnis zum Rauminhalt des Altbestandes in Relation gesetzt werden, nicht jedoch innerhalb eines einzelnen Stockwerkes.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dieser Berufung keine Folge. Hinsichtlich ihres Vorbringens, daß der nunmehrige Benützer der gegenständlichen Räumlichkeiten auch vorher im 9. Bezirk Büroräumlichkeiten in Anspruch genommen hätte, sei aber nicht behauptet worden, daß die früher benutzten Räumlichkeiten in Wohnungen umgewidmet worden wären. Was den Dachgeschoßausbau betreffe, sei die zusätzliche Schaffung einer Wohnfläche durch den Ausbau des Dachgeschoßes bereits mit Bescheid vom bewilligt worden. Diese Bewilligung stehe in keinerlei Zusammenhang mit dem mehr als zwei Jahre später erfolgten Antrag auf Umwidmung der Wohnungen Nr. 21-23. Außerdem sei der Dachgeschoßausbau nicht von den nunmehrigen Bauwerbern durchgeführt worden. Der Bauausschuß habe daher zu Recht gemäß § 69 Abs. 1 lit. k BauO keinen gerechtfertigten Ausnahmefall angenommen.

Mit der dagegen erhobenen Beschwerde erachten sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht auf Gewährung eines sachlich gerechtfertigten Ausnahmefalles gemäß § 69 Abs. 1 BauO und auf fehlerfreie Handhabung dieser Bestimmung verletzt. Sie begehren Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften und wegen "materieller" Rechtswidrigkeit.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und

erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Eingangs ist darauf hinzuweisen, daß der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , Zl. G 74/90, 178/90 (VfSlg. 12.932), § 69 Abs. 1 der BauO für Wien i.d.F. LGBl. Nr. 28/1987 (in der Folge: BO) als verfassungswidrig aufgehoben und ausgesprochen hat, daß die Aufhebung mit Ablauf des eintrete. Die belangte Behörde hatte daher im Zeitpunkt ihrer Entscheidung gemäß Art. 140 Abs. 7 B-VG diese Bestimmung anzuwenden; die Neufassung durch das Landesgesetz LGBl. Nr. 48/1992 trat erst mit in Kraft. Die belangte Behörde hatte auch noch nicht die im Zeitpunkt ihrer Entscheidung bereits in Kraft getretene, Wohnzonen betreffende Novelle LGBl. Nr. 37/1991 anzuwenden, weil gemäß deren Art. III diese Novelle für vor dem anhängig gemachte Verfahren nicht gilt.

Gemäß § 69 Abs. 1 BO sind in sachlich gerechtfertigten Ausnahmefällen für das einzelne Bauvorhaben folgende Abweichungen von Bebauungsvorschriften zu bewilligen, wenn der Umfang einer unwesentlichen Abänderung oder Ergänzung des Flächenwidmungsplanes bzw. des Bebauungsplanes (§ 1) nicht überschritten wird, öffentliche Rücksichten nicht entgegenstehen oder öffentliche Interessen für die Abweichung sprechen und die Bebaubarkeit der Nachbargrundflächen ohne nachgewiesene Zustimmung des Nachbarn nicht verhindert wird:

k) in Schutzzonen Ausnahmen vom Verbot der Verwendung einer Wohnung oder eines Teiles einer Wohnung ausschließlich oder überwiegend für andere als Wohnzwecke bzw. vom Verbot des Ausbaues der Dachgeschoße für andere Zwecke als für Wohnungen, Hauswaschküchen und die dazugehörigen Nebenräume sowie für Triebwerksräume (§ 6 Abs. 17).

Gemäß § 6 Abs. 17 BO darf ein Aufenthaltsraum in einer Schutzzone, der bisher als Wohnung oder Teil einer Wohnung verwendet wurde, weiterhin nur als Wohnung oder Teil einer Wohnung verwendet werden. In Gebäuden, in denen das Flächenausmaß für Wohnungen das für Büro- oder Geschäftsräume überwiegt, ist der Ausbau von Dachgeschoßen nur für Wohnungen, Hauswaschküchen und die dazugehörigen Nebenräume sowie für Triebwerksräume zulässig.

Das Vorliegen eines sachlich gerechtferigten Ausnahmefalles begründen die Beschwerdeführer allein damit, daß im selben Haus durch einen Dachbodenausbau eine neue Wohnfläche von 216 m2 geschaffen worden sei. Damit wird aber verkannt, daß die seinerzeitige Wohnraumschaffung dem Gesetzesbefehl des § 6 Abs. 17 BO entsprach, weil Dachbodenausbauten grundsätzlich NUR für Wohnungen (und die dort beschriebenen Nebenräume) zulässig sind. Allein die Erfüllung dieser Gesetzesverpflichtung vermag eine Ausnahmegewährung vom Verbot der Änderung des Verwendungszweckes von Wohnungen in Schutzzonen keinesfalls zu rechtfertigen. Im übrigen haben die Beschwerdeführer den von den Verwaltungsbehörden geltend gemachten, einer Ausnahmegewährung entgegenstehenden öffentlichen Rücksichten auf Hintanhaltung des Abganges an Wohnbevölkerung nichts entgegengesetzt.

Eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften liegt nicht vor. Sollten die Beschwerdeführer mit ihrem Hinweis auf § 6 Abs. 14 BO in Wahrheit die Bestimmung des § 6 Abs. 17 BO meinen, so fordert der erste Satz dieser Bestimmung keine Erhebungen über das Verhältnis des Rauminhaltes des Altbestandes zum Neubestand. Offenbar im Hinblick auf den hier noch nicht anwendbaren Abs. 7 des § 69 BO idF LGBl. Nr. 37/1991 hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid außerdem festgestellt, daß im Falle der Erteilung der erforderlichen Ausnahmebewilligung die für die Wohnungen verwendeten Flächen weniger als 80 % der Summe der Nutzflächen der Hauptgeschoße des gegenständlichen Hauses unter Ausschluß des Erdgeschoßes betragen würden.

Zusammenfassend ist weder aus dem Vorbringen der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren, noch aus dem Beschwerdevorbringen ein sachlich gerechtfertigter Grund erkennbar, von der Bestimmung des § 6 Abs. 17 erster Satz BO eine Ausnahme zu gewähren. Die unbegründete Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

Zusatzinformationen


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Normen
BauO Wr §6 Abs17 idF 1987/028;
BauO Wr §69 Abs1 litk idF 1987/028;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1995:1992050332.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
UAAAE-33324