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VwGH vom 22.06.1993, 92/05/0295

VwGH vom 22.06.1993, 92/05/0295

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Degischer, Dr. Giendl, Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde der H in N, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in O, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Oberwart vom , Zl. X-W-26/3-1992, betreffend Befreiung von der Kanalanschlußpflicht (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde M, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom wurde das Ansuchen der Beschwerdeführerin vom um Befreiung vom Anschluß ihres Hauses in N Nr. 42 an das öffentliche Kanalnetz unter Hinweis auf § 4 Abs. 2 des Bgld. Kanalanschlußgesetzes 1989 "als verspätet zurückgewiesen", weil der Bescheid über die Anschlußverpflichtung vom bereits in Rechtskraft erwachsen sei.

Der dagegen eingebrachten Berufung der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom wurde die gegen diesen Berufungsbescheid eingebrachte Vorstellung unter Berufung auf die §§ 77 und 79 der Bgld. Gemeindeordnung als unbegründet abgewiesen.

Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 1 des Bgld. Kanalanschlußgesetzes 1989, LGBl. Nr. 27/1990, hat die Behörde auf Antrag des Eigentümers der Anschlußgrundfläche, des Baues oder einer anderen Anlage von der Verpflichtung zum Anschluß zu befreien, wenn


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1.
die Entsorgung ohne Beeinträchtigung der Beschaffenheit der Gewässer und ohne Nachteil für die Nachbarschaft sowie für Bauten des Antragstellers in anderer Weise möglich ist und wenn der Bau, eine andere Anlage oder die unverbaute Grundfläche so unbedeutend ist, daß die Gesamtkosten der Errichtung des Anschlusses einschließlich des Anschlußbeitrages in einem wirtschaftlich nicht gerechtfertigten Mißverhältnis zum Verkehrswert des Baues oder der Anlage einschließlich des Bodenwertes oder der unverbauten Grundfläche stehen oder
2.
die Abwässer bereits seit einem vor dem Beginn der Errichtung der öffentlichen Kanalisationsanlage liegenden Zeitpunkt in eine wasserrechtlich bewilligte nicht öffentliche Kanalisationsanlage eingeleitet werden, die die örtlichen und regionalen Gewässerschutzziele zumindest im gleichen Ausmaß wie die öffentliche Kanalisationsanlage erfüllt.

Zufolge Abs. 2 dieser Gesetzesstelle kann der Antrag bereits vor der Erlassung des Bescheides über die Anschlußpflicht gestellt werden. Er ist jedoch bei sonstigem Anspruchsverlust spätestens vor Eintritt der Rechtskraft des Bescheides über die Anschlußverpflichtung einzubringen. Ein nach diesem Zeitpunkt eingebrachter Antrag ist als verspätet zurückzuweisen. Wenn der Antrag während eines anhängigen Verfahrens über die Feststellung der Anschlußpflicht eingebracht wird, ist dieses Verfahren mit dem Verfahren über einen Antrag nach Abs. 1 zu verbinden und in einem abzuschließen.

Die Übergangsbestimmungen des § 13 leg. cit. haben nachstehenden Wortlaut:

"(1) Anhängige Verfahren sind nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zu Ende zu führen.

(2) § 2 Abs. 2 und 3 sowie § 4 Abs. 1 Z. 2 sind auch auf jene Fälle anzuwenden, in denen im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits mit rechtskräftigem Bescheid über die Anschlußverpflichtung (Anschlußfrist) entschieden, die Anschlußbewilligung erteilt, der Anschluß bereits durchgeführt wurde oder die Anschlußfrist abgelaufen ist.

(3) Unter den Voraussetzungen des Abs. 2 sowie für bereits bestehende Anschlußgrundflächen, Bauten oder sonstige Anlagen hat der Eigentümer derselben der Behörde in den Fällen des § 2 Abs. 2 die Inanspruchnahme der Ausnahme von der Anschlußverpflichtung anzuzeigen, im Fall des § 2 Abs. 3 sowie des § 4 Abs. 1 Z. 2 einen entsprechenden Antrag zu stellen.

(4) Anzeigen und Anträge nach Abs. 3 sind bei sonstigem Anspruchsverlust innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes bei der Behörde einzubringen."

Die der Begründung des angefochtenen Bescheides zu entnehmende Rechtsansicht der belangten Behörde läßt sich dahingehend zusammenfassen, daß der Antrag der Beschwerdeführerin um Befreiung von der Anschlußpflicht nach dem Eintritt der Rechtskraft des Bescheides über die Anschlußpflicht, und sohin im Sinne des § 4 Abs. 2 leg. cit. verspätet gestellt worden sei, da ein Anwendungsfall des § 4 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. vorliege, für welchen die Übergangsbestimmungen des § 13 leg. cit. nicht gelten.

Die Beschwerdeführerin hat in ihrem dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden Antrag um Befreiung von der Anschlußpflicht im wesentlichen geltend gemacht, daß der Anschluß ihres Objektes an das öffentliche Kanalnetz nicht möglich sei. Es "bedürfte" nämlich der "Bergwärtsführung des zu entsorgenden Abwassers, was technisch nur mit einem sehr enormen, in keinem Verhältnis zur Entsorgung über das öffentliche Kanalnetz verbundenen Kostenaufwand möglich wäre". Ein allfälliger Kanalstrang müßte 74 m lang sein und "dazu müßten noch etliche Kurven (Windungen) kommen".

Es kann dahingestellt bleiben, ob sich die Beschwerdeführerin damit auf den Anwendungsfall des § 4 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. gestützt hat, weil für ihren Standpunkt nur dann etwas zu gewinnen wäre, wenn die Behörden von einem Sachverhalt im Sinne der Z. 2 dieser Gesetzesstelle, und damit von der Anwendbarkeit der Übergangsregelung des § 13 leg. cit. auszugehen gehabt hätten. Ein in diese Richtung weisendes Vorbringen hat die Beschwerdeführerin während des baubehördlichen Verfahrens allerdings nicht erstattet, weshalb auf die erstmals in der Beschwerde aufgestellte Behauptung, die "nichtöffentliche Hauskanalanlage wurde zeitlich bereits vor ... der öffentlichen Kanalisationsanlage errichtet und betrieben", wegen des sich aus § 41 Abs. 1 VwGG ergebenden Neuerungsverbotes nicht einzugehen ist und insbesondere dahingestellt bleiben kann, ob es sich bei der "Hauskanalanlage" der Beschwerdeführerin um eine WASSERRECHTLICH bewilligte nicht öffentliche Kanalisationsanlage im Sinne des § 4 Abs. 1 Z. 2 des Bgld. Kanalanschlußgesetzes 1989 handelt.

Da die Beschwerdeführerin sohin nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. einen Anspruch auf die Befreiung von der Anschlußpflicht haben könnte, kann aus dem Umstand, daß die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin als einen im Sinne der Z. 1 dieser Gesetzesstelle gewertet hat, keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides abgeleitet werden. Allerdings hatte die belangte Behörde mangels Erfüllung der Tatbestandselemente der Z. 2 der erwähnten Gesetzesstelle davon auszugehen, daß dieser Antrag im Hinblick auf die Vorschrift des § 4 Abs. 2 leg. cit. als verspätet zurückzuweisen war, da unter den gegebenen Umständen auch die Übergangsregelung des § 13 Abs. 2 leg. cit. nicht anzuwenden war. In Erwiderung auf die verfassungsrechtlichen Bedenken der Beschwerdeführerin gegen diese Übergangsregelung wird auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , Zl. G 176/90-5, verwiesen, wonach "gegen die Sachlichkeit des von § 13 Abs. 2 bis 4 leg. cit. umfaßten Personenkreises, dem diese Begünstigung zukommt, nichts einzuwenden ist".

Schließlich ist im Hinblick auf ein diesbezügliches Beschwerdevorbringen noch darauf hinzuweisen, daß die Behörden im Beschwerdefall nicht zu prüfen hatten, ob im Sinne des § 2 Abs. 2 leg. cit. keine Anschlußpflicht besteht, weil die Beschwerdeführerin eine Befreiung von der Anschlußpflicht beantragt und nicht im Sinne des § 13 Abs. 3 leg. cit. die Inanspruchnahme der Ausnahme von der Anschlußverpflichtung ANGEZEIGT hat.

Da die belangte Behörde sohin die Rechtslage richtig beurteilt und auch keine Verfahrensvorschriften verletzt hat, bei deren Einhaltung sie zu einem für die Beschwerdeführerin günstigeren Bescheid gekommen wäre (§ 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG), erweist sich die Beschwerde als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.