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VwGH vom 26.04.2002, 2000/06/0057

VwGH vom 26.04.2002, 2000/06/0057

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde der T GmbH in S, vertreten durch Dr. Lirk u.a., Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Franz-Huemer-Straße 16/Rochusgasse 4, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom , Zl. 7/03-2/06901/8-2000, betreffend Entschädigung gemäß § 25 Abs. 1 Sbg. ROG 1998 (mitbeteiligte Partei: Gemeinde K, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Salzburg hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.098,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom wurde von der Beschwerdeführerin ein Antrag auf Entschädigung gemäß § 25 Sbg.

Raumordnungsgesetz 1998 (LGBl. Nr. 44/1998; im Folgenden:

ROG 1998) wegen der Umwidmung der Grundstücke Nr. 466/2 und 467/2, KG K, von Bauland (Gewerbegebiet) in Grünland beantragt. Die angeführten Grundstücke seien im Jahre 1989 im Flächenwidmungsplan erstmals als Bauland/Gewerbegebiet ausgewiesen gewesen. Die Beschwerdeführerin hätte die Grundstücke mit Kaufvertrag vom gekauft. Durch die am rechtswirksam gewordene Änderung des Flächenwidmungsplanes der Gemeinde Krispl seien die vorstehenden Grundstücke in Grünland umgewidmet worden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dieser Antrag abgewiesen. Diese Entscheidung wurde im wesentlichen damit begründet, aus dem ersten Satz des § 25 Abs. 1 ROG 1968 ergebe sich als Voraussetzung für einen Entschädigungsanspruch, dass die Verbauung eines Grundstückes allein durch den Flächenwidmungsplan ausgeschlossen worden sei. Im vorliegenden Fall sei die Errichtung einer Abfallbehandlungsanlage im Sinne des Abfallwirtschaftsgesetzes (durch den Mieter der Grundstücke) beabsichtigt gewesen. Der Antrag der Mieter auf Errichtung und Betrieb eines Zwischenlagers und einer Behandlungsanlage für ölverunreinigte und sonstige verunreinigte Böden auf den angeführten Grundstücken sei mit Bescheid des Landeshauptmannes vom gemäß den Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes iVm § 17 ForstG 1975 abgewiesen worden. Die dagegen erhobene Berufung sei, wie die darauffolgende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde, abgewiesen worden. Bis zur Änderung des Flächenwidmungsplanes im Jahre 1998 seien die vorliegenden Flächen als Gewerbegebiet ausgewiesen gewesen. In der Plandarstellung des Flächenwidmungsplanes sei als Zusatz zur Widmung der Begriff "geplante Kläranlage" angegeben gewesen. In dem im Zuge des Verfahrens gemäß dem Abfallwirtschaftsgesetz eingeholten Gutachten des raumordnungstechnischen Amtsachverständigen sei schlüssig dargelegt worden, dass aus raumordnungsfachlicher Sicht weder ein öffentliches Interesse für die Errichtung einer Abfallbehandlungsanlage noch ein öffentliches Interesse an der erneuten Ausweisung eines Gewerbegebietes auf den vorliegenden Grundstücken bestehe. Die Begründung des öffentlichen Interesses für die Baulandausweisung im Jahre 1989, nämlich die geplante Errichtung einer Kläranlage, sei in der Zwischenzeit weggefallen, zumal diese Anlage an anderer Stelle errichtet worden sei. Aus dem Befund und dem Gutachten des forsttechnischen Amtsachverständigen ergebe sich, dass die vorliegenden Grundstücke eine Waldfläche darstellten, die laut Waldentwicklungsplan, Teilplan Tennengau, in einer Funktionsfläche mit der Kennzahl 212 liege, d.h., dass die Leitfunktion dieses Waldbestandes die Nutzfunktion sei. Sowohl die Schutzfunktion als auch die Erholungsfunktion hätten die Kennziffer 2 und seien daher diese Funktionen höher eingestuft, als es Waldflächen im Allgemeinen zukomme. Aus dem forsttechnischen Gutachten ergebe sich schlüssig, dass aus forstlicher Sicht die Erteilung einer Rodungsbewilligung nur dann möglich sei, wenn ein hohes öffentliches Interesse an der Schaffung von Gewerbeflächen bestehe. Gemäß § 17 Abs. 2 ForstG 1975 könne die zuständige Behörde eine Bewilligung zur Rodung (von Waldflächen) erteilen, wenn ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Flächen das öffentliche Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald überwiegen. Nach Abs. 3 des § 17 ForstG seien öffentliche Interessen u.a. im Siedlungswesen begründet. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (es wird auf das Erkenntnis vom , Zl. 94/10/0154, verwiesen) bedeute selbst die Tatsache, dass die Rodungsfläche in einem bereits bestehenden Flächenwidmungsplan der Gemeinde als Bauland ausgewiesen sei, noch nicht, dass eine Verwirklichung dieser anderen Verwendung entgegen dem Grundsatz der Walderhaltung auf jeden Fall zulässig wäre. Für die Beurteilung eines anderen öffentlichen Interesses als jenes der Walderhaltung sei nicht die Tatsache einer bereits bestehenden Baulandausweisung wesentlich, sondern vielmehr die dahinter stehende raumordnungsfachliche Begründung aus der Sicht des Siedlungswesens. Im raumordnungsfachlichen Gutachten sei schlüssig und nachvollziehbar dargelegt worden, dass ein öffentliches Interesse an der Nutzung dieser Flächen als Gewerbegebiet aus der Sicht des Siedlungswesens nicht gegeben sei. Eine derartige Nutzung würde vielmehr den Zielen und Grundsätzen der Raumordnung, den gegebenen Strukturverhältnissen, den überörtlichen Raumordnungsprogrammen sowie den örtlichen Entwicklungszielen widersprechen und darüber hinaus auch den Umweltbelangen widersprechen. Die Erteilung einer Baubewilligung werde zwar möglicherweise durch das Nichtvorliegen einer Rodungsbewilligung nicht verhindert, wohl aber die (rechtmäßige) tatsächliche Bebauung der Grundflächen. Im Hinblick auf die von der Beschwerdeführerin angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei festzuhalten, dass weder die Lage eines Grundstückes in einem Landschaftsschutzgebiet ein allgemeines Bauverbot bedeute, noch eine Unterschutzstellung nach dem Denkmalschutzgesetz für sich schon eine Bebauung verhindere. Im vorliegenden Fall bedeute jedoch die Tatsache, dass es sich bei den Grundstücken um Wald im Sinne des Forstgesetzes 1975 handle, dass die Verbauung der Grundstücke schon dadurch ausgeschlossen sei, zumal ein öffentliches Interesse aus der Sicht des Siedlungswesens eine Rodung nicht zu begründen vermöge, weshalb die Verwendung der Grundstücke ausschließlich den Zwecken der Waldkultur vorbehalten bleibe. Weiters sei darauf hinzuweisen, dass nach dem Gutachten des forsttechnischen Amtsachverständigen der Walderhaltung auf den vorliegenden Grundflächen auch Bedeutung zukomme, um Rutschungen zu verhindern. Ob ein geplantes (anderes) Projekt ein derart hohes öffentliches Interesse zu begründen im Stande wäre, könne dahingestellt bleiben, da es sich dann nicht um Interessen aus der Sicht des Siedlungswesens, die in den Raumordnungsprogrammen - insbesondere im Flächenwidmungsplan der Gemeinde durch Baulandausweisungen - zum Ausdruck gebracht werde, sondern allenfalls um andere öffentliche Interessen handle. Zusammengefasst sei daher festzustellen, dass die vorliegenden Grundstücke bereits auf Grund ihrer Eigenschaft als Wald im Sinne des ForstG 1975 und der Tatsache, dass aus der Sicht des Siedlungswesens ein erhebliches öffentliches Interesse an der Rodung dieser Waldflächen nicht bestehe, für eine Bebauung nicht in Betracht kämen. Da die Verbauung der Grundstücke somit nicht erst durch die Umwidmung in Grünland verhindert worden sei, liege die sich aus dem ersten Satz des § 25 Abs. 1 ROG 1998 ergebende Voraussetzung für einen Entschädigungsanspruch nicht vor.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Die Beschwerdeführerin hat eine Replik zu dieser Gegenschrift

vorgelegt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 25 Abs. 1 erster Satz Sbg. Raumordnungsgesetz, LGBl. Nr. 44/1998 (im Folgenden: ROG 1998), ist, wenn durch den Flächenwidmungsplan oder dessen Änderung Bauland einer Widmung gemäß § 17 Abs. 1 Z. 1 bis 10 innerhalb von zehn Jahren nach seiner erstmaligen Ausweisung oder während der Wirksamkeit einer in dieser Zeit erteilten Baubewilligung in Grünland oder Verkehrsfläche umgewidmet und dadurch die Verbauung eines Grundstückes verhindert wird, für die dadurch entstehenden vermögensrechtlichen Nachteile auf Antrag eine angemessene Entschädigung zu leisten.

Die Widmung betreffend Gewerbegebiet war zum Zeitpunkt der vorliegenden Flächenwidmung als Gewerbegebiet im Jahr 1989 im § 12 Abs. 1 Z. 4 Sbg. ROG 1977 geregelt. Gemäß § 45 Abs. 4 lit. a ROG 1998 sind Gebiete gemäß § 12 Abs. 1 Z. 4 Sbg. ROG 1977 Gebiete gemäß § 17 Abs. 6 ROG 1998.

Gemäß § 17 Abs. 1 Z. 6 ROG 1998 gehören zum Bauland "Gewerbegebiete; das sind Flächen, die bestimmt sind

a) vorwiegend für Betriebe, die die Umgebung nicht übermäßig beeinträchtigen;

b) daneben für Bauten der öffentlichen Verwaltung sowie für betrieblich bedingte Wohnbauten".

Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Auffassung, die Verbauung der vorliegenden Grundstücke soll nicht durch die Änderung des Flächenwidmungsplanes verhindert worden sein, sondern durch den Umstand, dass es sich bei den Grundstücken um Waldflächen handle und eine Rodungsbewilligung nach dem Forstgesetz nicht erlangt werden könne. Die belangte Behörde verweise insbesondere darauf, dass die Mieter der Beschwerdeführerin die Errichtung einer Abfallwirtschaftsanlage nach dem AWG beabsichtigt hätten und der diesbezügliche Antrag gemäß § 17 ForstG wegen Nichtvorliegens eines öffentlichen Interesses an der Rodung abgewiesen worden sei. Dem sei entgegenzuhalten, dass es gemäß § 25 Abs. 1 erster Satz ROG 1998 nicht maßgeblich sei, welches Projekt der Mieter der Beschwerdeführerin zu verwirklichen beabsichtigt hätte. Aus dem bloßen Umstand, dass für ein konkretes Projekt keine Rodungsbewilligung habe erwirkt werden können, folge nicht, dass eine solche unter keinen Umständen erlangt werden könnte. Die Aufzählung der öffentlichen Interessen, die für eine Erteilung einer Rodungsbewilligung in Frage kämen, seien im § 17 Abs. 3 ForstG nur demonstrativ aufgezählt. Wenn die belangte Behörde ausgeführt habe, dass ein öffentliches Interesse aus der Sicht des Siedlungswesens für eine Rodung nicht begründet werden könnte, sei ihr entgegenzuhalten, dass dies nur im Hinblick auf das konkrete - mittlerweile abgewiesene - Projekt gelten könne. Aus der Abweisung dieses konkreten Antrages könne daher kein Schluss gezogen werden, dass auch ein im Zusammenhang mit einem anderen Projekt gestellter Antrag auf Erteilung einer Rodungsbewilligung abgewiesen werde. Allein das Fehlen einer liquiden Rodungsbewilligung verhindere nicht jedenfalls die Verbauung auf den verfahrensgegenständlichen Grundstücken. Für den Entschädigungsanspruch gemäß § 25 Abs. 1 erster Satz ROG 1998 spiele es keine Rolle, ob eine Rodungsbewilligung vorliege oder auch nur erlangt werden könne. Entscheidend sei, dass seit der Umwidmung der Grundflächen in Grünland ein Antrag auf Erteilung einer Baubewilligung im Sinne der Gewerbegebietswidmung allein deshalb gemäß § 9 Abs. 1 Z. 1 Sbg. BaupolG abgewiesen werden müsste, weil die bauliche Maßnahme der durch den Flächenwidmungsplan gegebenen Widmung widersprechen würde. Allein aus der Widmung ergebe sich die Unzulässigkeit einer solchen Bebauung. Kausal für die Verhinderung der Bebaubarkeit der verfahrensgegenständlichen Grundstücke sei daher ausschließlich die durch die Flächenwidmungsplanänderung erfolgte Umwidmung der Grundstücke.

Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin im Recht. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , Zl. 85/06/0085, zu dem inhaltsgleichen § 20 Abs. 1 erster Satz Sbg. ROG 1977, LGBl. Nr. 26 idF LGBl. Nr. 87/1982, ausgesprochen, dass die Frage, ob für ein bestimmtes Bauvorhaben die baubehördliche Bewilligung zu versagen sei, grundsätzlich auf Grund der hiefür maßgeblichen landesrechtlichen Bestimmungen zu beurteilen sei, so im Bereich von Salzburg nach § 9 Sbg. BaupolG. Untersuche man die in diesem Gesetz taxativ aufgezählten Versagungsgründe, so ergebe sich, dass Fragen des Denkmalschutzes nicht zur Versagung einer baubehördlichen Bewilligung führen könnten. Weder mit einer Unterschutzstellung nach dem Denkmalschutzgesetz noch im Hinblick auf einen allenfalls möglichen Ausspruch nach § 8 Abs. 1 Denkmalschutzgesetz kann nach diesem Erkenntnis der Beweis erbracht werden, dass durch eine solche Maßnahme nach bundesrechtlichen Vorschriften die Verbauung eines Grundstückes im Sinne des § 20 Abs. 1 ROG 1977 verhindert werde.

Für den vorliegenden von der Behörde maßgeblich ins Treffen geführten Umstand, dass für bauliche Maßnahmen auf den verfahrensgegenständlichen Grundstücken zur Zeit der Geltung des früheren Flächenwidmungsplanes jedenfalls auch eine Rodungsbewilligung gemäß § 17 Abs. 1 ForstG notwendig gewesen wäre, kann nichts anderes gelten. Auch gemäß dem nunmehr geltenden Sbg. BaupolizeiG (§ 9 Abs. 1 Z. 1) ist die Baubewilligung zu versagen, wenn die bauliche Maßnahme der durch den Flächenwidmungsplan gegebenen Widmung widerspricht. Aspekte des Forstgesetzes spielen im Rahmen der Erteilung der baurechtlichen Bewilligung - wie dies auch kompetenzrechtlich dem B-VG entspricht - gemäß § 9 Abs. 1 Sbg. BauPolG keine Rolle.

Der Beschwerdeführerin ist auch Recht zu geben, dass die Regelung des § 25 Abs. 1 erster Satz ROG 1998 nicht darauf abstellt, ob von dem betreffenden Antragsteller tatsächlich die Realisierung eines bestimmten Bauvorhabens mittels Einleitung eines Bauverfahrens und allfälliger anderer Bewilligungsverfahren betrieben wurde und welchen Erfolg diese Bemühungen in baurechtlicher Hinsicht oder auch im Lichte anderer Verwaltungsmaterien gehabt haben. Solche Fragen haben allenfalls für die Höhe der zuzuerkennenden Entschädigung Bedeutung. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass auf den verfahrensgegenständlichen Grundstücken, solange sie die Widmung "Gewerbegebiet" aufwiesen, baurechtlich sämtliche bauliche Maßnahmen im Sinne des § 17 Abs. 1 Z. 6 ROG 1998 unter Einhaltung der übrigen baurechtlichen Bestimmungen zulässig waren.

Die belangte Behörde hat den verfahrensgegenständlichen den Antrag daher zu Unrecht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid war gemäß § 42 Abs. 1 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Angemerkt wird, dass auf die Ausführungen der belangten Behörde, in der Plandarstellung des früher geltenden Flächenwidmungsplanes sei auf den verfahrensgegenständlichen Grundstücken "geplante Kläranlage" angegeben gewesen, nicht näher eingegangen werden musste, da diese Überlegung für die Entscheidung der belangten Behörde nicht von maßgeblicher Bedeutung war. Festgestellt wird dazu aber, dass eine solche Widmung im Einklang mit der gesetzlichen Grundlage in § 17 Abs. 1 Z. 6 ROG 1998 als uneingeschränkte Widmung dieser Flächen als Gewerbegebiet zu deuten wäre.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2000.

Wien, am