VwGH vom 29.04.2002, 2000/17/0185

VwGH vom 29.04.2002, 2000/17/0185

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der T AG in Villach, vertreten durch Burger-Scheidlin, Klaus und Quendler, Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in 9020 Klagenfurt, Villacher Ring 19, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Klagenfurt vom , Zl. RV 591/1 - 8/00, betreffend Energieabgabenvergütung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesministerium für Finanzen) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheiden vom nahm das Finanzamt Klagenfurt die Verfahren zur Festsetzung des Vergütungsbetrages nach dem Energieabgabenvergütungsgesetz (EnAbgVergG) für die Jahre 1996 und 1997 nach § 303 Abs. 4 BAO wieder auf und setzte den Vergütungsbetrag mit S 7,389.058,-- bzw. mit S 13,399.946,-- fest.

In der gegen diese Bescheide erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, bei wörtlicher Auslegung des EnAbgVergG seien Umsätze, die von anderen Unternehmen an das Unternehmen erbracht würden, unabhängig davon abzugsfähig, ob Umsätze des Unternehmens im Inland oder im Ausland erbracht würden. Im Gegensatz dazu, seien von den vom Unternehmen selbst erbrachten Umsätzen bei der Berechnung des Nettoproduktionswertes nur die im Inland erbrachten Umsätze zu berücksichtigen, während die im Ausland erbrachten Umsätze in die Berechnung nicht miteinzubeziehen seien. Die Betriebsprüfung habe gegen den klaren Wortlaut des Gesetzes nur jene Vorleistungen gemäß § 1 Abs. 2 Z 1 EnAbgVergG abgezogen, die im Zusammenhang mit steuerbaren Umsätzen im Inland stünden. Die Finanzverwaltung stütze sich auf ihren Durchführungserlass. Dieser Erlass sei mit dem Wortlaut des Gesetzes nicht in Einklang zu bringen und daher rechtswidrig.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Dies mit der Begründung, der Ansicht der Beschwerdeführerin sei zu entgegnen, dass die Z 1 des § 1 Abs. 2 EnAbgVergG den grundsätzlich bereits in § 1 Abs. 1 EnAbgVergG definierten Begriff des Nettoproduktionswertes ergänze. Beim Nettoproduktionswert handle es sich demnach aber um einen Unterschiedsbetrag, dessen Ausgangsgröße jedenfalls stets der vom Unternehmen im Inland ausgeführte (steuerbare) Umsatz sei. Diesem Umsatz würden sodann zunächst die ebenfalls im Inland an das Unternehmen erbrachten Vorleistungen gegenübergestellt. Den angesprochenen Vorleistungen setze sodann die Z 1 des § 1 Abs. 2 EnAbgVergG jene an das Unternehmen ausgeführten Umsätze, die, wären sie im Inland erbracht worden, Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 des Umsatzsteuergesetzes 1994 (UStG 1994) wären, gleich. Hiemit habe der Gesetzgeber aber "offenkundig" in Erfüllung des von ihm zu beachtenden Gleichheitsgebotes nichts anderes gewollt, als den im Inland steuerbare Umsätze ausführenden Unternehmen die Möglichkeit zu eröffnen, mit derartigen Umsätzen zusammenhängende auch im Ausland bezogene Vorleistungen in die Ermittlung des Nettoproduktionswertes einzubeziehen. Andernfalls würden nämlich Unternehmer, die auch im Ausland Vorleistungen beanspruchten, die sich schließlich in im Inland ausgeführten steuerbaren Umsätzen niederschlügen, gegenüber Unternehmen, die zum Zweck der Erbringung von Umsätzen der angesprochenen Art allein im Inland Vorleistungen beanspruchten, benachteiligt werden. Hätten doch die Ersteren bedingt durch eine Verminderung berücksichtigbarer Vorleistungen einen höheren Nettoproduktionswert und damit einhergehend einen verminderten Energieabgabenvergütungsanspruch als die Letzteren. Angesichts dessen (Systematik der Ermittlung des Nettoproduktionswertes, Gleichheitsgebot) könne dem Gesetzgeber aber nicht unterstellt werden, im Ausland bezogene Vorleistungen, die in keinem Zusammenhang mit im Inland ausgeführten steuerbaren Umsätzen stünden, bei der Berechnung des Nettoproduktionswertes berücksichtigt wissen zu wollen, zumal auch im Ausland ausgeführte nichtsteuerbare Umsätze bei Berechnung des Nettoproduktionswertes in jedem Fall eindeutig außer Acht zu bleiben hätten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Festsetzung eines Vergütungsbetrages für das Jahr 1996 mit S 7,621.260,-- und für das Jahr 1997 mit S 13,949.605,-- verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Strittig ist bei der Berechnung des Nettoproduktionswertes

die Auslegung des § 1 Abs. 2 Z 1 EnAbgVergG.

§ 1 EnAbgVergG, BGBl. Nr. 201/1996, lautet:

"§ 1. (1) Die Energieabgaben auf Erdgas und elektrische Energie sind für ein Kalenderjahr (Wirtschaftsjahr) auf Antrag insoweit zu vergüten, als sie (insgesamt) 0,35% des Unterschiedsbetrages zwischen

1. Umsätzen im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 des Umsatzsteuergesetzes 1994 und

2. Umsätzen im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 des Umsatzsteuergesetzes 1994, die an das Unternehmen erbracht werden, übersteigen (Nettoproduktionswert).

(2) 1. Als Umsätze im Sinne von Abs. 1 Z 2 gelten auch Umsätze, die, wären sie im Inland erbracht worden, Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 des Umsatzsteuergesetzes 1994 wären.

2. Nicht als Umsätze im Sinne von Abs. 1 Z 2 gelten Umsätze aus der Gestellung von Arbeitskräften."

§ 1 Abs. 1 UStG 1994 lautet auszugsweise:

"§ 1 (1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze:

1. Die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Die Steuerbarkeit wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Umsatz auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung bewirkt wird oder kraft gesetzlicher Vorschrift als bewirkt gilt;


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2.
der Eigenverbrauch im Inland ...
3.
die Einfuhr von Gegenständen (Einfuhrumsatzsteuer). Eine Einfuhr liegt vor, wenn ein Gegenstand aus dem Drittlandsgebiet in das Inland, ausgenommen die Gebiete Jungholz und Mittelberg, gelangt."
Gemäß Art. 1 Abs. 1 UStG 1994 (Anhang zu § 29 Abs. 8 UStG 1994) unterliegt der Umsatzsteuer auch der innergemeinschaftliche Erwerb im Inland gegen Entgelt.
Die belangte Behörde vertritt die Ansicht, § 1 Abs. 2 Z 1 EnAbgVergG sei so auszulegen, dass danach nur solche ausländischen Vorleistungen (fiktive Umsätze nach § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 UStG 1994) in die Berechnung des Nettoproduktionswertes einzubeziehen seien, die mit steuerbaren Umsätzen im Inland zusammenhingen. Ausgeschlossen seien demnach solche Umsätze, die zwar an das Unternehmen erbracht werden und, wären sie im Inland erbracht worden, Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 UStG 1994 wären, aber mit steuerbaren Umsätzen im Inland nicht zusammenhingen.
Die durch die Auslegung der belangten Behörde vorgenommene Einschränkung der erst durch einen Abänderungsantrag im Budgetausschuss in den Gesetzesentwurf aufgenommenen Bestimmung des § 1 Abs. 2 Z 1 EnAbgVergG kann sich nicht auf den Wortlaut des Gesetzes stützen. Den Gesetzesmaterialien zu dieser Bestimmung ist nichts zu entnehmen.
Die belangte Behörde erachtet die inhaltliche Reduktion des gesetzlichen Wortlautes des § 1 Abs. 2 Z 1 EnAbgVergG aus systematischen und durch die Verfassung gebotenen gleichheitsrechtlichen Erwägungen für erforderlich. Bei den im angefochtenen Bescheid in der Begründung wiedergegebenen Überlegungen übersieht die belangte Behörde allerdings, dass mit § 1 Abs. 2 Z 1 EnAbgVergG zwar Vorleistungen aus dem Gebiet der Europäischen Gemeinschaft und Drittländern bei der Berechnung mit berücksichtigt werden, aber dann anders als die inländischen Vorleistungen nach § 1 Abs. 1 Z 2 EnAbgVergG behandelt werden sollen. Bei den inländischen Vorleistungen nämlich wird eine solche Gesetzesreduktion auch dann nicht vorgenommen, wenn die Vorleistungen nicht im Zusammenhang mit im Inland ausgeführten Umsätzen stehen. Aus welchen sachlich gerechtfertigten Gründen die inländischen Vorleistungen einerseits und die Vorleistungen aus Drittländern und der Europäischen Gemeinschaft andererseits bei gleichem Gesetzeswortlaut unterschiedlich zu behandeln seien, ist in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht dargestellt. Vielmehr ergibt die Auslegung der belangten Behörde eine vom Wortlaut der Bestimmung nicht getragene, systematisch nicht zwingende und verfassungsrechtlich bedenkliche Ungleichbehandlung inländischer und ausländischer Vorleistungen, der aus diesen Gründen nicht gefolgt werden kann.
Weitere Gründe für die einschränkende Auslegung der Bestimmung wurden von der belangten Behörde nicht ins Treffen geführt. Aus den von der belangten Behörde vorgebrachten Überlegungen ist eine solche Reduktion des nach dem Wortlaut umfassten Gesetzesinhaltes aus gleichheitsrechtlichen Erwägungen jedenfalls nicht geboten.
Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001, insbesondere deren § 3 Abs. 2. Der Ersatz der Gebühr nach § 24 Abs. 3 VwGG wurde nach § 3 Abs. 2 Z 2 des Eurogesetzes, BGBl. I Nr. 72/2000, mit EUR 181,68 bestimmt.
Wien, am