VwGH vom 24.10.2002, 2000/06/0031
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, in der Beschwerdesache der S in P, vertreten durch Dr. Wolfgang Maria Paumgartner, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Gaisbergstraße 46, gegen die Gemeindevertretung der Gemeinde Puch, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Bauangelegenheit, zu Recht erkannt:
Spruch
Gemäß § 42 Abs. 4 und § 62 Abs. 2 VwGG in Verbindung mit § 73 Abs. 2 AVG wird der Devolutionsantrag vom als unzulässig zurückgewiesen.
Die Gemeinde Puch hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in Höhe von EUR 635,89 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Eingabe vom suchten die Ehegatten E und HW als Eigentümer der an das Grundstück der Beschwerdeführerin angrenzenden Liegenschaft U-Straße 179 in P um nachträgliche baubehördliche Genehmigung eines Dachhäuschens an. Über dieses Vorhaben wurde am eine mündliche Verhandlung durchgeführt, bei welcher sich die Beschwerdeführerin, insbesondere wegen Unterschreitung des Mindestabstands, gegen die Genehmigung aussprach.
Am stellte die Beschwerdeführerin einen mit datierten Devolutionsantrag bei der belangten Behörde als sachlich in Betracht kommender Oberbehörde. Darin nahm sie auf die "Bauverhandlung vom " Bezug und erklärte, den Fall an die Gemeindevertretung "als nächste Instanz zur Erledigung" zu übergeben.
Auf Grund dieses Devolutionsantrages der Beschwerdeführerin wurde den Ehegatten W von der Gemeindevertretung der Gemeinde Puch mit Bescheid vom über das Ansuchen vom die erforderliche baubehördliche Bewilligung für das bestehende Dachhäuschen erteilt.
Dagegen erhob die Beschwerdeführerin das Rechtsmittel der Vorstellung an die Salzburger Landesregierung.
Auf Grund dieser Vorstellung hob die Salzburger Landesregierung den Bescheid der Gemeindevertretung der Gemeinde Puch vom mit Bescheid vom auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeindevertretung. Begründet wurde diese Entscheidung im Wesentlichen damit, dass die Gemeindevertretung Puch zur Erteilung der Baubewilligung nicht zuständig gewesen sei. Der Devolutionsantrag der Beschwerdeführerin sei nicht geeignet gewesen, einen Zuständigkeitsübergang vom Bürgermeister zur Gemeindevertretung zu bewirken, weil der Nachbar im Bauverfahren die Entscheidungspflicht nicht geltend machen könne, wenn über das Bauansuchen noch kein Bescheid ergangen sei. Über das gegenständliche Bauansuchen hätte der Bürgermeister als erste Instanz und nicht die Gemeindevertretung zu entscheiden gehabt. Schon aus diesem Grund sei der Bescheid zu beheben gewesen und zur neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen gewesen.
Am erhob die Beschwerdeführerin die vorliegende Säumnisbeschwerde. Darin führte sie aus, dass seit der Zurückverweisung der Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeindevertretung mehr als sechs Monate vergangen und durch die belangte Behörde keinerlei Veranlassungen getroffen worden seien. Sie meint, mit der Zurückverweisung der Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeindevertretung im Spruch des Bescheides der Salzburger Landesregierung vom sei durch die Vorstellungsbehörde ausgesprochen worden, dass die Gemeindevertretung nunmehr über das Baubewilligungsansuchen der Ehegatten W vom zu entscheiden gehabt habe und beantragt diese Entscheidung nunmehr vom Verwaltungsgerichtshof.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.
Die Säumnisbeschwerde ist zulässig.
Gemäß Art. 132 B-VG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht erheben, wer im Verwaltungsverfahren als Partei zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt war (nachdem die oberste im Verwaltungsverfahren anrufbare Verwaltungsbehörde oder der Unabhängige Verwaltungssenat angerufen wurde; § 27 VwGG). Jede Partei hat Anspruch auf Erlassung eines Bescheides, wenn ein Antrag oder eine Berufung offen ist. Dieser Anspruch ist auch dann gegeben, wenn die Voraussetzungen für die Zurückweisung ihres Antrages oder ihrer Berufung vorliegen. Die vorliegende Säumnisbeschwerde bezieht sich auf die Säumnis der Gemeindevertretung der Gemeinde Puch hinsichtlich des am bei der Gemeinde eingelangten Devolutionsantrages der Beschwerdeführerin vom . Diesbezüglich bestand die Entscheidungspflicht der belangten Behörde, gleichgültig in welcher Form über den Antrag zu entscheiden war (vgl. den Beschluss eines verstärkten Senates vom , Slg. Nr. 9458/A).
Zwar kann der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht beigepflichtet werden, die Gemeindevertretung der Gemeinde Puch wäre zur Entscheidung über das Baubewilligungsansuchen vom der Ehegatten H und EW zuständig gewesen. Eine solche Aussage kann auch dem Bescheid der Salzburger Landesregierung vom nicht entnommen werden, weil die im Spruch dieses Bescheides ausgedrückte Zurückverweisung der Angelegenheit an die Gemeindevertretung auf die Zuständigkeit der Gemeindevertretung zur Entscheidung über den Devolutionsantrag vom zu verstehen ist. Insoferne ist die vorliegende Säumnisbeschwerde auf dem Boden der angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes daher nicht als unzulässig zurückzuweisen, weil der Devolutionsantrag der Beschwerdeführerin vom durch die belangte Behörde nach wie vor unerledigt geblieben ist (vgl. zum Ganzen das - einen ebenfalls von der Beschwerdeführerin bei der belangten Behörde gestellten Devolutionsantrag betreffende - hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/06/0016, m.w.N.).
Dieser Devolutionsantrag vom ist aber unzulässig, da der Nachbar - wie die Salzburger Landesregierung bereits richtig erkannte - im Bauverfahren in der Regel nicht die Entscheidungspflicht geltend machen kann, solange über ein Bauansuchen oder im Zusammenhang damit stehende Einwendungen eines Nachbarn kein Bescheid ergangen ist. Vor der Entscheidung der Behörde erster Instanz kann somit nur der Bauwerber die Entscheidungspflicht geltend machen. Ein Eingriff in die Rechtssphäre des Nachbarn ist nämlich im Allgemeinen nur dann gegeben, wenn eine Baubewilligung erteilt wurde (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 92/05/0268, und vom , Zl. 93/06/0176). Die belangte Behörde hätte daher den Devolutionsantrag zurückzuweisen gehabt (vgl. auch dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/06/0016, m.w.N.).
Auf Grund der zulässigerweise erhobenen Säumnisbeschwerde ist die Zuständigkeit zur Entscheidung über den Devolutionsantrag gemäß § 27 in Verbindung mit § 42 Abs. 4 VwGG auf den Verwaltungsgerichtshof übergegangen. Es war daher - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat - die Zurückweisung des Devolutionsantrages vom auszusprechen.
Die Kostenentscheidung gründet sich im Rahmen des Antrags auf § 47 in Verbindung mit § 55 VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am