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VwGH vom 17.10.2002, 2000/17/0155

VwGH vom 17.10.2002, 2000/17/0155

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der Stadt Wels, vertreten durch den Bürgermeister, 4600 Wels, Stadtplatz 1, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. BauR- 012579/1-2000-Sc/Mö, betreffend Vorschreibung eines Aufschließungsbeitrages im Bauland (mitbeteiligte Partei: FB in Wels, vertreten durch Dr. Breitwieser, Rechtsanwaltskommanditpartnerschaft in 4701 Bad Schallerbach, Johann Strauß Straße 1), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat der Stadt Wels Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Magistrat der beschwerdeführenden Stadt Wels schrieb der mitbeteiligten Partei als der grundbücherlichen Eigentümerin eines im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der Stadt Wels als Bauland ausgewiesenen und unbebauten Grundstückes, Grdst. Nr. 984/1, im Ausmaß von 1.100 m2 einen Aufschließungsbeitrag im Bauland von S 27.863,-- zur Entrichtung vor.

Die mitbeteiligte Partei erhob Berufung.

Der Magistrat der beschwerdeführenden Stadt Wels wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom als unbegründet ab. Dies mit der Begründung, entgegen der in der Berufung der mitbeteiligten Partei vertretenen Ansicht sei die Festsetzung des Aufschließungsbeitrages im Bauland nicht verjährt. Zu der Einwendung, das Grundstück sei bebaut und deshalb sei die Vorschreibung zu Unrecht erfolgt, sei festzustellen, dass die Beurteilung ausschließlich auf den als Bauland gewidmeten Grundstücksteil des Grundstückes Nr. 984/1 und auf das Grundstück Nr. 171 abzustellen sei. Entscheidend für die Vorschreibung sei die Beurteilung, ob es sich bei dem Gebäude, das auf dem als Wohngebiet gewidmeten Grundstücksteil errichtet sei, um ein Neben- oder ein Hauptgebäude im Sinne der Bauvorschriften handle. Das der Beurteilung zugrundeliegende Gebäude sei zu Beginn des Jahrhunderts errichtet worden und könne schon auf Grund seines derzeitigen "sehr gebrechlichen Zustandes" nicht Wohnzwecken dienen. Da es sich darüber hinaus um ein Gebäude mit einem Geschoß und einer Traufenhöhe von bis zu 3 m über dem Erdgeschoßfußboden handle, seien im Beschwerdefall sämtliche Kriterien des Nebengebäudebegriffs erfüllt. Die gegebene Bebauung (Wohnhaus, Maschinenhalle) auf dem als Grünland gewidmeten Grundstücksteil sei in die Beurteilung nicht einzubeziehen.

Die mitbeteiligte Partei stellte den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde II. Instanz.

Mit Bescheid vom wies der Stadtsenat Wels die Berufung als unbegründet ab und bestätigte den angefochtenen Bescheid insofern, als der Beitrag zu den Kosten der Herstellung öffentlicher Verkehrsflächen in Höhe von S 27.863,-- für Grundstück Nr. 984/1 und Grundstück Nr. 171 Baufl., im Ausmaß von insgesamt 1.100 m2 vorgeschrieben werde. In der Begründung heißt es, die im Spruch des Bescheides angeführten Grundstücke seien unbestritten im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan als Bauland gewidmet sowie durch eine öffentliche Verkehrsfläche der Gemeinde aufgeschlossen. Beim alten Wohnhaus auf der Grdst. Nr. 171 handle es sich um ein Nebengebäude. Somit seien die gesetzlichen Voraussetzungen für die Vorschreibung des Aufschließungsbeitrages im Bauland gegeben. Der Flächenwidmungsplan 3/1997, der das örtliche Entwicklungskonzept beinhalte, sei seit rechtskräftig. Somit sei der Aufschließungsbeitrag im Bauland erstmals für das Jahr 1998 vorzuschreiben gewesen. Der Aufschließungsbeitrag im Bauland sei erstmals im Jahre 1998 fällig geworden und die Verjährung sei nicht eingetreten.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung wurde vorgebracht, auf dem Grundstück Nr. 984/1 befände sich neben den Gebäuden O 10 (Baufläche .171) sowie O 7 (Baufläche .172) auch eine Maschinenhalle. Diese Maschinenhalle befinde sich auf dem Grundstück Nr. 984/1 und sei kein Nebengebäude. Die Baufläche .172 gehöre zum Grundstück Nr. 984/1. Das Haus O 7 (Baufläche .172) sei bewohnt und zweigeschoßig. Da das Grundstück Nr. 984/1 mit der Baufläche .172 verbunden sei und mit dem Wohnhaus, Wirtschafts- und Stalltrakt gemeinsam mit der Maschinenhalle auf dem Grundstück Nr. 984/1 eine untrennbare wirtschaftliche Einheit darstelle, sei das Grundstück Nr. 984/1 als bebaut anzusehen. Der Aufschließungsbeitrag im Bauland hätte für das bebaute Grundstück nicht vorgeschrieben werden dürfen. Durch den Ausbau der vorbeiführenden Straße hätte die Anliegerleistung bereits zu einem früheren Zeitpunkt vorgeschrieben werden können. Das Recht auf Festsetzung der Abgabe sei zwischenzeitlich verjährt.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Vorstellung mit der Feststellung Folge, dass die mitbeteiligte Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten verletzt worden sei. Der Bescheid wurde aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die beschwerdeführende Stadt Wels verwiesen. Dies mit der Begründung, auf dem Grundstück Nr. 984/1 (auf der Baufläche .172) sei ein Hauptgebäude errichtet worden und das gesamte Grundstück gelte im Sinne des § 25 Abs. 1 Oö. ROG 1994 als bebaut. Auf das Vorliegen einer Baulandwidmung für das gesamte Grundstück stelle diese Bestimmung nicht ab. § 25 Abs. 3 Oö. ROG 1994 stelle auf das Vorhandensein eines Hauptgebäudes auf dem Grundstück ab und nicht darauf, dass dieses Gebäude im Bauland errichtet sein müsse. Dass das Grundstück Nr. 984/1 zwei verschiedene Widmungen aufweise, ändere nichts am Vorliegen einer Bebauung durch ein Hauptgebäude auf diesem Grundstück. Da im Beschwerdefall ein Hauptgebäude auf dem Grundstück Nr. 984/1 errichtet worden sei, gelte das gesamte Grundstück als bebaut und es könne für dieses Grundstück bereits aus diesem Grund kein Aufschließungsbeitrag im Bauland nach den §§ 25 ff Oö. ROG 1994 vorgeschrieben werden. Gemäß § 39 Abs. 5 Oö. ROG 1994 hätten die Gemeinden den Aufschließungsbeitrag im Bauland erstmals für das der Rechtswirksamkeit des Flächenwidmungsplanes, der das örtliche Entwicklungskonzept beinhalte, folgende Kalenderjahr, frühestens jedoch ab dem Kalenderjahr 1995 vorzuschreiben. Die Verjährungsfrist gemäß § 184 Abs. 1 Oö. LAO könne somit erst ab diesem Zeitpunkt zu laufen beginnen. Die Vorschreibung des Aufschließungsbeitrages im Bauland sei nicht verjährt.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde machte die beschwerdeführende Stadt Wels Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend. Sie erachtet sich in ihrem Recht auf Vorschreibung eines "Verkehrsflächenbeitrages" nach § 25 ROG verletzt.

Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei erstatteten Gegenschriften, in denen sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall anzuwendende Bestimmung des § 25

Oö. Raumordnungsgesetz 1994 (ROG), LGBl. Nr. 114/1993 in der Fassung LGBl. Nr. 83/1997, lautet auszugsweise:

"§ 25

Aufschließungsbeitrag im Bauland

(1) Die Gemeinde hat dem Eigentümer eines Grundstücks oder Grundstücksteils, das im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan als Bauland gewidmet, jedoch nicht bebaut ist, je nach Aufschließung des Grundstücks durch eine gemeindeeigene Abwasserentsorgungsanlage, eine gemeindeeigene Wasserversorgungsanlage (§ 1 Abs. 1 O.ö. Interessentenbeiträge-Gesetz 1958) oder eine öffentliche Verkehrsfläche der Gemeinde einen Aufschließungsbeitrag vorzuschreiben.

(2) Die Verpflichtung, einen Aufschließungsbeitrag zu entrichten, besteht bis zur Vorschreibung jeweils

1. des Beitrags zu den Kosten der Errichtung einer gemeindeeigenen Kanalisationsanlage (§ 1 Abs. 1 lit. a Interessentenbeiträge-Gesetz 1958) oder

2. des Beitrags zu den Kosten der Errichtung einer gemeindeeigenen Wasserversorgungsanlage (§ 1 Abs. 1 lit. b Interessentenbeiträge-Gesetz 1958) oder

3. des Beitrags zu den Kosten der Herstellung öffentlicher Verkehrsflächen der Gemeinde (§§ 19 und 20 O.ö. Bauordnung 1994) für das Grundstück oder den Grundstücksteil oder bis zur Entrichtung der privatrechtlichen Anschlußgebühr und nur insoweit, als das jeweilige Grundstück durch eine gemeindeeigene Abwasserentsorgungsanlage, eine gemeindeeigene Wasserversorgungsanlage oder eine öffentliche Verkehrsfläche tatsächlich aufgeschlossen ist.

(3) Als bebaut gilt ein Grundstück,

1. auf dem ein Hauptgebäude im Sinn der Bauvorschriften errichtet ist oder

2. auf dem mit dem Bau eines solchen Gebäudes im Sinn der O.ö. Bauordnung 1994 tatsächlich begonnen wurde oder

3. das mit einem Grundstück gemäß Z. 1 und 2 eine untrennbare wirtschaftliche Einheit bildet und an dieses unmittelbar angrenzt.

(4) Als aufgeschlossen gilt ein Grundstück, wenn es selbständig bebaubar ist und

1. von dem für den Anschluß in Betracht kommenden Kanalstrang nicht mehr als 50 m entfernt liegt oder

2. von der für den Anschluß in Betracht kommenden Wasserversorgungsanlage nicht mehr als 50 m entfernt liegt oder

3. durch eine öffentliche Verkehrsfläche im Sinn der O.ö.

Bauordnung 1994 aufgeschlossen ist."

Die Bestimmung des § 25 ROG in der Fassung LGBl. Nr. 114/1983

lautete auszugsweise:

"§ 25

Aufschließungsbeitrag im Bauland

(1) Die Gemeinde hat dem Eigentümer eines Grundstücks, das im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan als Bauland gewidmet, jedoch nicht bebaut ist,..."

Mit der am in Kraft getretenen Novelle LGBl. Nr. 83/1997 fügte der Oberösterreichische Landesgesetzgeber in den eben wiedergegebenen Teil des § 25 Abs. 1 ROG nach dem Begriff "Grundstücks" die Wortfolge "oder Grundstücksteils" ein. Damit kann auf Grund dieser Novellenregelung nicht nur das gesamte Grundstück in die Berechnung einbezogen werden, sondern es kann auch lediglich für einen Teil des Grundstücks ein Aufschließungs- oder Erhaltungsbeitrag anfallen (vgl. Bericht des Bauausschusses, Beilage 1201/1997 zum kurzschriftlichen Bericht des Oö. Landtages, XXIV. GP.).

Nach § 25 Abs. 1 ROG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung hat die Gemeinde dem Eigentümer eines Grundstücks oder Grundstücksteils, das (sic!) im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan als Bauland gewidmet, jedoch nicht bebaut ist, einen Aufschließungsbeitrag im Bauland vorzuschreiben. Für die Verwirklichung des Aufschließungsbeitragstatbestandes ist somit entscheidend, ob ein Grundstück oder Grundstücksteil im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan als Bauland gewidmet, jedoch nicht bebaut ist. Der Nebensatz in § 25 Abs. 1 ROG "das im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan als Bauland gewidmet, jedoch nicht bebaut ist" bezieht sich sowohl auf das Grundstück als auch auf den Grundstücksteil (wobei noch bemerkt wird, dass nach dem Österreichischen Wörterbuch für "Teil" die Artikel "der" und "das" zulässig sind). Daraus ergibt sich, dass die Vorschreibung des Aufschließungsbeitrages im Bauland auch für Grundstücksteile erfolgen kann.

§ 25 Abs. 3 ROG regelt die Fälle, in denen ein "Grundstück" als bebaut gilt. Mit der Novelle LGBl. Nr. 83/1997 hat der Oberösterreichische Landesgesetzgeber keine ausdrückliche Regelung dafür geschaffen, unter welchen Voraussetzungen ein "Grundstücksteil" als bebaut zu gelten hat. Wenn der Oberösterreichische Landesgesetzgeber mit der Novelle LGBl. Nr. 83/1997 den Abgabentatbestand auf Fälle erweiterte, in denen im Flächenwidmungsplan "Grundstücksteile" als Bauland gewidmet wurden, dann ist es sachgerecht, bei der Auslegung der Bestimmung davon auszugehen, dass die Voraussetzungen in den Fällen der Vorschreibung für Grundstücke und Grundstücksteile gleich sein sollten. Demnach gilt die Regelung des § 25 Abs. 3 ROG, in welchen Fällen ein "Grundstück" als bebaut gilt, insoweit für "Grundstücksteile" gleichermaßen.

Unstrittig ist, dass der hier in Rede stehende Grundstücksteil als Bauland gewidmet wurde. Die belangte Behörde vertritt jedoch die Ansicht, auf dem gesamten Grundstück befinde sich ein Hauptgebäude, daher sei das Grundstück bebaut und dies stehe einer Vorschreibung des Aufschließungsbeitrages für den Grundstücksteil entgegen. Die beschwerdeführende Stadtgemeinde hält dem entgegen, es komme nicht darauf an, ob das gesamte Grundstück, sondern ob der Grundstücksteil mit einem Hauptgebäude bebaut sei. Dies sei nicht der Fall und somit sei die Vorschreibung des Aufschließungsbeitrages zu Recht erfolgt.

Nach § 25 Abs. 1 erster Satz ROG in der zitierten Fassung bezieht sich die Umschreibung, für welches Grundstück oder welchen Grundstücksteil der Aufschließungsbeitrag vorzuschreiben ist, sowohl auf ganze Grundstücke als auch auf Grundstücksteile ("eines Grundstücks oder Grundstücksteils, das im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan als Bauland gewidmet, jedoch nicht bebaut ist"). Entscheidend ist im Fall der Vorschreibung des Aufschließungsbeitrages für Grundstücksteile nach dem Wortlaut des § 25 Abs. 1 erster Satz ROG, ob der Grundstücksteil und nicht ob das gesamte Grundstück bebaut ist. Ist somit ein Grundstücksteil als Bauland gewidmet und nicht bebaut, dann ist der entstandene Abgabenanspruch für den Grundstücksteil vorzuschreiben.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am