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VwGH vom 08.09.2003, 2000/17/0077

VwGH vom 08.09.2003, 2000/17/0077

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck sowie die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der H GesmbH in Wien, vertreten durch Coopers & Lybrand Inter-Treuhand GmbH, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in 1090 Wien, Berggasse 31, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission Wien vom , Zl. MD-VfR - H 61/99, betreffend Vorschreibung von Ortstaxe nach dem Wiener Tourismusförderungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Der Magistrat der Stadt Wien schrieb der beschwerdeführenden Partei mit Bescheid vom gemäß §§ 149 Abs. 2 und 150 WAO in Verbindung mit §§ 11, 13 und 14 des Wiener Tourismusförderungsgesetzes (in der Folge: Wr TFG) für einen mit Anschrift bezeichneten Beherbergungsbetrieb die Ortstaxe wie folgt vor:

"1-12/1993 S 1,702.516,-- (dav. S 1,485.308,-- erkl. u. bez.)

1-12/1994 S 1,794.249,-- (dav. S 1,565.337,-- erkl. u. bez.) 1-12/1995 S 1,836.471,-- (dav. S 1,602.173,-- erkl. u. bez.) 1-12/1996 S 2,011.461,-- (dav. S 1,754.839,-- erkl. u. bez.) 1-12/1997 S 2,032.504,-- (dav. S 1,773.196,-- erkl. u. bez.)"

Gemäß §§ 164 und 166 WAO wurde der beschwerdeführenden Partei mit dem genannten Bescheid für die Kalenderjahre 1993 bis 1997 für die nicht fristgerecht gezahlte Ortstaxe von S 1,196.347,-- ein Säumniszuschlag von S 23.927,-- vorgeschrieben.

Die haftungspflichtige beschwerdeführende Partei habe für die Jahre 1993 bis 1997 die Ortstaxe nicht in voller Höhe erklärt und bezahlt, weshalb die gesetzlichen Voraussetzungen für die bescheidmäßige Festsetzung der Abgabe gegeben seien.

Die Höhe der Abgabe sei auf Grund der bei der amtlichen Nachschau am vorgelegten Geschäftsaufzeichnungen ermittelt worden.

Auf Grund der Umwandlung von einem Garantielohnsystem in ein Festlohnsystem sei das Bedienungsgeld in die Bemessungsgrundlage mit einzubeziehen gewesen.

Die gegenteilige Ansicht der beschwerdeführenden Partei stehe im Widerspruch zur Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

1.2. Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei mit Schriftsatz vom Berufung und beantragte die Ortstaxe wie folgt festzusetzen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
"S
01-12/1993
1.485.308,00
01-12/1994
1.565.337,00
01-12/1995
1.602.173,00
01-12/1996
1.754.839,00
01-12/1997
1.773.196,00"

Gemäß § 11 Wr TFG zähle das Bedienungsentgelt nicht zum Beherbergungsentgelt und somit nicht zur Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Ortstaxe. Auch nach der Umwandlung von einem Garantielohnsystem in ein Festlohnsystem würden die vom Unternehmer vereinnahmten Umsatzprozente, also das Bedienungsentgelt, an die Dienstnehmer weitergegeben. Es gebe daher keine sachliche Rechtfertigung dafür, dass beim Garantielohn sehr wohl, nicht aber beim Festlohnsystem das Bedienungsentgelt als Abzugsposten von der Bemessungsgrundlage anzuerkennen sei.

Die beim Garantielohn ermittelten Umsatzprozente errechneten sich aus dem vorangegangenen Monatsumsatz während bei dem Alternativlohnsystem als Basis der Vorjahresumsatz herangezogen werde. Die von der beschwerdeführenden Partei abzuführende Ortstaxe sei daher von der Bemessungsgrundlage nach Abzug des Bedienungsentgeltes zu berechnen.

Da die Ortstaxe somit erklärungsgemäß festzusetzen sei, möge der Säumniszuschlag "storniert" werden.

1.3. Mit Berufungsvorentscheidung vom wies die erstinstanzliche Behörde die Berufung der beschwerdeführenden Partei als unbegründet ab.

Unter dem Begriff des Bedienungsentgeltes werde jener Teil des vom Gast zu leistenden Entgeltes verstanden, der üblicherweise von vornherein für das in einem Dienstverhältnis zum Unternehmer stehende Bedienungspersonal bestimmt sei. Einen derart explizit ausgewiesenen Entgeltsbestandteil kenne nur das sogenannte Garantielohnsystem (Punkt 7 lit. b ff des Kollektivvertrages für Arbeiter im Gastgewerbe). Nach der kollektivvertraglichen Sondervereinbarung zu Punkt 7 lit. b des genannten Kollektivvertrages könne ein Festlohnsystem eingeführt werden. Bei diesem System sei ein direkter Bezug zwischen Bedienungsgeld und Arbeitslohn nicht mehr gegeben, weshalb auch ein Bedienungsgeld im steuerlichen Sinn nicht vorliege.

Bei der amtlichen Nachschau am sei auf Grund der vorgelegten Geschäftsaufzeichnungen festgestellt worden, dass im gegenständlichen Fall nach dem Festlohnsystem entlohnt werde.

Im Hinblick auf die obigen Ausführungen sei der Abzug eines Bedienungsgeldes somit zu Unrecht erfolgt und sei die im erstinstanzlichen Bescheid erfolgte Ortstaxenvorschreibung korrekt vorgenommen worden.

Was die verfassungsrechtlichen Bedenken der beschwerdeführenden Partei betreffe, sei die Abgabenbehörde zur Beurteilung der Verfassungskonformität geltender Rechtsnormen nicht berufen.

1.4. Mit Schreiben vom begehrte die beschwerdeführende Partei die Vorlage ihrer Berufung an die belangte Behörde und beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

1.5. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der beschwerdeführenden Partei als unbegründet ab und berichtigte deren Bezeichnung.

Dass der gegenständliche Beherbergungsbetrieb ortstaxenpflichtig sei, werde von der beschwerdeführenden Partei nicht bestritten.

Nach den Feststellungen bei der Steuerprüfung sei die Entlohnung der Dienstnehmer der beschwerdeführenden Partei nach dem Alternativlohnsystem erfolgt, sodass der Abzug des Bedienungsgeldes von der Bemessungsgrundlage nicht zulässig gewesen sei. Der Verwaltungsgerichtshof habe ausgesprochen, dass im Falle des Alternativlohnsystems, wenn an das Bedienungspersonal ein Festlohn ausbezahlt werde, es von vornherein an einem für das Bedienungsgeld bestimmten Anteil an dem vom Gast zu leistenden Entgelt fehlte, weshalb eine Kürzung der Bemessungsgrundlage um ein Bedienungsgeld in solchen Fällen nicht in Betracht komme. Somit sei ein Abzug des Bedienungsgeldes vom Entgelt im Falle des Alternativlohnsystems nicht zulässig. Die ziffernmäßige Richtigkeit der ermittelten Ortstaxenbeträge werde aber sonst nicht bestritten.

Hinsichtlich des Säumniszuschlages stehe fest, dass die Ortstaxe nicht in vollem Umfang zum gesetzlich festgelegten Zeitpunkt (§ 13 Abs. 1 Wr TFG) entrichtet worden sei und ein Hinausschieben des Eintrittes der Verpflichtung nach § 164 Abs. 2 bis 7 WAO nicht erfolgt sei, sodass die Auferlegung des Säumniszuschlages dem Gesetz entspreche, zumal es auf ein etwaiges Verschulden nicht ankomme.

1.6. Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der jedoch mit Beschluss vom , B 160/00, die Behandlung der Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. In der Begründung des genannten Beschlusses heißt es unter anderem wie folgt:

"Gegen eine Interpretation des § 11 Abs. 2 Wiener Tourismusförderungsgesetz, LGBl. für Wien 13/1955 idF LGBl. für Wien 10/1998, in dem Sinne, daß vom Entgelt ein Bedienungsgeld nur abgezogen werden kann, wenn die Entlohnung des Personals tatsächlich über ein Bedienungsgeld erfolgt, nicht aber dann, wenn die Entlohnung nach einem Alternativlohnsystem erfolgt, bestehen nämlich keine verfassungsrechtlichen Bedenken, zumal dem Unternehmer die Wahl des Entlohnungssystems freisteht.

Soweit die Beschwerden aber insofern verfassungsrechtliche Fragen berühren, als die Rechtswidrigkeit der den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften behauptet wird, läßt ihr Vorbringen im Hinblick auf die Freiheit des Gesetzgebers unterschiedliche Formen des Entlohnungssystems auch unterschiedlich zu behandeln, die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen, daß sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg haben."

1.7. In der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzten Beschwerde begehrt die beschwerdeführende Partei die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

1.8. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Im Hinblick auf den Grundsatz der Zeitbezogenheit von Abgabenvorschriften ist das Gesetz betreffend die Tourismusförderung in Wien (Wiener Tourismusförderungsgesetz), LGBl. Nr. 13/1955, im Beschwerdefall in der Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 10/2000 anzuwenden.

Nach § 11 Abs. 1 Wr TFG in dieser Fassung hat, wer im Gebiet der Stadt Wien in einem Beherbergungsbetrieb gegen Entgelt Aufenthalt nimmt, die Ortstaxe zu entrichten, sofern er nicht nach § 12 leg. cit. von der Leistung der Ortstaxe befreit ist.

Nach § 11 Abs 2 Wr TFG zählt zum Entgelt nicht die Umsatzsteuer. Zum Entgelt zählen weiters nicht das Bedienungsgeld, ein allfälliger Heizzuschlag und das Entgelt für Frühstück, wenn diese in den im § 15 Abs. 2 bezeichneten Tabellen gesondert ausgewiesen werden, jedoch nur bis zum ortsüblichen Ausmaß.

Nach § 13 Abs. 1 erster und zweiter Satz Wr TFG haben die Inhaber der Beherbergungsbetriebe die Ortstaxe von den Beherbergten einzuheben und bis zum 15. des der Beherbergung nächstfolgenden Monates beim Magistrat zu entrichten sowie bis zum 15. Februar jedes Jahres für die im Vorjahr entstandene Steuerschuld beim Magistrat eine Steuererklärung einzureichen. Die Inhaber der Beherbergungsbetriebe haften für die Begleichung der Ortstaxe durch die Beherbergten.

2.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , Zl. 81/17/0060, einen Getränkesteuerfall in Tirol betreffend, unter Bezugnahme auf das Finanzausgleichsgesetz ausgeführt, dass der Bundesfinanzausgleichsgesetzgeber unter "Bedienungsgeld" in Anlehnung an die historische Entwicklung dieses Begriffes, die ihrerseits wieder auf die Verkehrsübung zurückgehe, jenen Teil des vom Gast zu leistenden Entgeltes verstanden habe, der üblicherweise von vornherein für das in einem Dienstverhältnis zum Unternehmer stehende Bedienungspersonal bestimmt sei und solcherart eine Trinkgeldablösefunktion habe. Maßstab für die Höhe des als Bedienungsgeld zu verstehenden Teiles des Gesamtpreises sei die Verkehrsübung, für deren Ermittlung allerdings die kollektivvertragliche Fixierung ein Hilfsmittel sein könne.

Ein von vornherein für das Bedienungspersonal bestimmter Teil des vom Gast zu leistenden Entgeltes bedeutet in diesem Zusammenhang, dass noch vor der Vereinnahmung des Entgeltes festgelegt ist, wem es zufallen soll; diese Festlegung kann sich auf Grund des Kollektivvertrages ergeben (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Getränkesteuer etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/16/0164, mit weiteren Nachweisen).

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem eben zitierten Erkenntnis vom weiters ausgeführt hat, fehle diese Vorbestimmtheit, die in einer generellen oder individuellen Vereinbarung zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer sicherzustellen sei, gerade im Festlohnsystem, woran auch eine allfällige Kennzeichnung etwa in der Speise- oder Getränkekarte als "Bedienungsgeld" nichts ändere, weil eine solche Kennzeichnung unverbindlich sei, jederzeit abgeändert werden könne und auch keinerlei vertragliche Verpflichtungen des Unternehmers gegenüber den Bediensteten auslöse. Wenn an das Bedienungspersonal ein Festlohn ausbezahlt werde, dann mangle es an einem von vornherein für das Bedienungspersonal bestimmten Anteil des vom Gast zu leistenden Entgeltes, eine Kürzung der Bemessungsgrundlage der Getränkesteuer um dieses Bedienungsgeld komme daher nicht in Betracht (so neben dem bereits zitierten Erkenntnis vom etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/16/0164).

2.3. Im Erkenntnis vom , Zl. 2000/17/0158, hat der Verwaltungsgerichtshof zu den hier maßgeblichen Bestimmungen des Wr TFG dargelegt, dass es im sogenannten Alternativlohnsystem bei der Entlohnung mit einem Festlohn (dies ist im Beschwerdefall gegeben) an einem von vornherein für das Bedienungspersonal bestimmten Anteil an dem vom Gast zu leistenden Entgelt fehle. Dieser Unterschied kann aber nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes eine andere Behandlung durch den Gesetzgeber innerhalb der von der Verfassung gezogenen Grenzen rechtfertigen, weshalb mangels Vorliegens einer Lücke weder eine analoge Anwendung der Abzugsfähigkeit des im Garantielohnsystem geleisteten Bedienungsgeldes im Falle der Entlohnung nach dem Festlohnsystem noch eine extensive Interpretation des Begriffs "Bedienungsgeld", wie sie die beschwerdeführende Partei vor Augen hat, in Betracht kommt.

2.4. Es sind beim Verwaltungsgerichtshof auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen dieses Verständnis entstanden (vgl. auch den erwähnten Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom , B 160/00).

2.5. Aus welchem Grund der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften behaftet sein sollte, lässt die Beschwerde gänzlich offen. Angesichts der dargestellten Rechtslage vermag auch der Verwaltungsgerichtshof keinen Verfahrensfehler, der aus eigenem aufzugreifen wäre, zu erkennen.

2.6. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war infolge dessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.7. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 333/2003, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

2.8. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes

nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am