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VwGH vom 18.10.2004, 2000/17/0072

VwGH vom 18.10.2004, 2000/17/0072

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerde des Österreichischen Rundfunks in Wien, vertreten durch Arnold Rechtsanwalts-Partnerschaft in 1010 Wien, Wipplingerstraße 10, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. Gem-524113/1-2000-Sto/Shz, betreffend Aussetzung der Einhebung in einer Angelegenheit der Anzeigenabgabe für die Zeiträume März bis Juli 1999 (mitbeteiligte Partei:

Landeshauptstadt Linz, vertreten durch den Bürgermeister, 4040 Linz, Hauptstraße 1-5), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren betreffend Stempelgebührenersatz wird abgewiesen.

Begründung

1.1. Mit Bescheid des Magistrates der mitbeteiligten Partei vom wurde den (nicht näher bezeichneten) Anträgen der beschwerdeführenden Partei auf Aussetzung der Einhebung der "mit Bescheid vom bzw. vorgeschriebenen Anzeigenabgabe in der Höhe von insgesamt S 649.213,--" gemäß § 160 Abs. 2 der Oberösterreichischen Landesabgabenordnung 1996, LGBl. Nr. 107 (in der Folge: OÖ. LAO), nicht stattgegeben.

Begründend führte die Behörde aus, im Hinblick auf "die bisherigen Entscheidungen der Rechtsmittelinstanz bzw. der Vorstellungsbehörde, betreffend Vorschreibung der Anzeigenabgabe für Werbung im Rundfunk", habe die Abgabenbehörde "auch im Zusammenhang mit der Abgabenvorschreibung für den Zeitraum 03 bis 06/1999" davon ausgehen müssen, dass die Rechtsmittel gegen die erstinstanzlichen Bescheide vom und (richtig wohl:) bzw. der Berufungsvorentscheidung vom aussichtslos erschienen.

Die beschwerdeführende Partei erhob gegen diesen Bescheid Berufung. In dieser führte sie aus, die Behörde erster Instanz habe ihrem Antrag vom auf Aussetzung der Einhebung von Anzeigenabgabe in der aus dem Spruch ersichtlichen Höhe betreffend die Leistungsmonate März bis Juni 1999 nicht stattgegeben; entgegen der Ansicht der Behörde sei die Beurteilung als "aussichtslos" (im Sinne des § 160 Abs. 2 Z 1 OÖ. LAO) "in einem Amtshaftung begründenden Ausmaß verfehlt". Die beschwerdeführende Partei begründete ihre Ansicht im Wesentlichen mit der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zum "Werbewert".

1.2. Mit dem (weiteren) Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz vom gab diese dem Antrag der beschwerdeführenden Partei um Aussetzung der Einhebung der mit Bescheid vom vorgeschriebenen Anzeigenabgabe in der Höhe von insgesamt S 121.996,25 nicht statt. Begründend führte sie lediglich aus, dass die Aussetzung der Einhebung nicht zu bewilligen sei, wenn die Berufung aussichtslos erscheine.

Auch gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei Berufung. Aus dieser ist erkennbar, dass die Behörde erster Instanz mit Bescheid vom die Anzeigenabgabe in der im Spruch genannten Höhe betreffend Juli 1999 vorgeschrieben hat.

1.3. Die Abgabenbehörde erster Instanz gab mit ihrer Berufungsvorentscheidung vom den Berufungen der beschwerdeführenden Partei gegen die Bescheide vom und betreffend die Ablehnung der Aussetzung der Einhebung der Anzeigenabgabe keine Folge.

Die Aussetzung der Einhebung - so die Behörde in der Begründung ihres Bescheides - sei nicht bewilligen, wenn die Berufung nach Lage des Falles aussichtslos erscheine:

Im konkreten Fall gelange die Abgabenbehörde im Aussetzungsverfahren zur Rechtsauffassung, dass die Rechtsmittel gegen die erstinstanzlichen Bescheide vom , und über die Abgabenvorschreibungen betreffend die Zeiträume März 1999 bis Mai 1999, Juni 1999 und Juli 1999 "im Hinblick auf die bisherigen, die Rechtsansicht der Stadt bestätigenden Vorstellungsentscheidungen der Aufsichtsbehörde in diversen vorangegangenen Abgabenverfahren aussichtslos" erschienen. Gegen die "negative Entscheidung der Vorstellungsbehörde" vom (diese betrifft offenbar keines der hier interessierenden Verfahren) sei "übrigens Beschwerde an das Höchstgericht mit der Bitte erhoben (worden), den aufsichtsbehördlichen Bescheid aufzuheben".

Die beschwerdeführende Partei beantragte mit Schriftsatz vom mit näherer Begründung die Vorlage der Berufungen an die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

1.4. Der Stadtsenat der mitbeteiligten Partei gab mit Bescheid vom den Berufungen der beschwerdeführenden Partei keine Folge.

Eine Abweisung nach dem Tatbestand der "Aussichtslosigkeit der Berufung" (im Sinne des § 160 Abs. 2 Z 1 OÖ. LAO) komme - so die Berufungsbehörde in der Bescheidbegründung - dann in Betracht, wenn die Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels für jede mit der Sache vertraut gemachte urteilsfähige und objektiv urteilende Person erkennbar sei. Der Behörde sei nicht aufgetragen, bei dieser Beurteilung die Berufungsentscheidung vorwegzunehmen, sondern sie habe nur die Erfolgsaussichten der Berufung an Hand des Berufungsvorbringens abzuschätzen. Diesbezüglich sei der Abgabenbehörde bekannt, dass die beschwerdeführende Partei bislang im Hinblick auf die "nach wie vor geltenden Bestimmungen" des Oberösterreichischen Anzeigenabgabegesetzes für die entgeltliche Rundfunkwerbung jahrelang Abgaben im Wege der Selbstberechnung an die mitbeteiligte Partei entrichtet und durch die damit erfolgte Abgabenfestsetzung die Rechtmäßigkeit der Abgabenentrichtung "anerkannt" gehabt habe. Erst seit dem Jahr 1996 habe die beschwerdeführende Partei Bedenken gegen die Entrichtung dieser Abgabe im Wege der Selbstberechnung geäußert und die bescheidmäßige Festsetzung sowie die Rückzahlung der geleisteten Abgaben begehrt. Trotz anhängiger Beschwerden bei den Höchstgerichten seien jedenfalls bis Februar 1999 die strittigen Abgaben in voller Höhe weiter entrichtet worden. Erst seit März 1999 und in Anlehnung an eine Entscheidung zum Wiener Ankündigungsabgabegesetz habe sich die entrichtete Anzeigenabgabe auf eine anteilsmäßige monatliche Abgabenleistung beschränkt. Die Ausschöpfung aller Rechtsmittel wie auch der Beschwerden an "das Höchstgericht" bildeten jedoch keinen Grund für eine Aussetzung.

Des Weiteren führte die Berufungsbehörde aus, warum ihrer Ansicht nach die Stadt Linz im Hinblick auf die vom Landesstudio Oberösterreich primär im Stadtgebiet der mitbeteiligten Partei ausgestrahlten Werbesendungen eindeutig hebeberechtigt sei. Demzufolge habe die Abgabenbehörde erster Instanz die Berufung nach Lage des Falles zu Recht als aussichtslos angesehen und daher auch keine Aussetzung der Einhebung bewilligt.

1.5. In ihrer dagegen erhobenen Vorstellung beantragte die beschwerdeführende Partei die Aufhebung des angefochtenen Bescheides mit der - zusammengefassten - Begründung, dass "nicht der geringste Anhaltspunkt dafür" vorliege, "dass die Selbsteinschätzung durch die Linzer Abgabenbehörden, 'auch die gegenständliche Abgabenvorschreibung ... (sei) eindeutig zu Recht vorgenommen' worden, richtig wäre".

Überdies begehrte die beschwerdeführende Partei, der Vorstellung aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

1.6. Mit ihrem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom wies die belangte Behörde die Vorstellung der beschwerdeführenden Partei als unzulässig zurück.

Im vorliegenden Fall hätte - so die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides - "ein durch eine allfällige Aussetzung der Anzeigenabgabe bewirkter Zahlungsaufschub spätestens anlässlich der Berufungsentscheidung der Abgabenbehörde zweiter Instanz durch Verfügung des Ablaufes beendet werden müssen". Ab diesem Zeitpunkt hätte ein subjektives Recht der beschwerdeführenden Partei auf eine weitere Aussetzung der Anzeigenabgabe nicht mehr bestanden, selbst wenn die Voraussetzungen hiefür (davor) vorgelegen seien. Ob die Berufungen der beschwerdeführenden Partei von den Abgabenbehörden zu Unrecht als aussichtslos beurteilt worden seien, sei im gegenständlichen Vorstellungsverfahren nicht mehr relevant. Ein Eingehen auf den Antrag des Vorstellungswerbers auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung erübrige sich.

1.7. In ihrer dagegen erhobenen Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die beschwerdeführende Partei in ihrem Recht auf Sachentscheidung, hilfsweise im Recht, dass die belangte Behörde im Rahmen des Aufsichtsrechtes den bei ihr angefochtenen Bescheid hätte aufheben müssen, verletzt. Weiters erachtet sie sich in ihrem Recht verletzt, dass über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung hinsichtlich der Vorstellung abgesprochen werde. Die Beschwerde macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

1.8. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie ausführt, sie sei bei ihrer in Beschwerde gezogenen Entscheidung davon ausgegangen, dass für den Zeitraum von März bis Juli 1999 bereits Anzeigenabgabevorschreibungen der Berufungsbehörde vorlägen; dies habe sich im Nachhinein als unrichtig herausgestellt. Es sei daher der beschwerdeführenden Partei "beizupflichten, dass die belangte Behörde die Vorstellung aus den in ihrem Bescheid angeführten Gründen nicht hätte zurückweisen dürfen".

Die mitbeteiligte Partei hat eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde möge als unbegründet abgewiesen werden.

Die beschwerdeführende Partei hat auf die Gegenschrift der mitbeteiligten Partei repliziert.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

2.1. § 160 Abs. 1, 2 und 5 OÖ. LAO (in der hier anzuwendenden Stammfassung) lautet wie folgt (auszugsweise):

"(1) Die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Berufung abhängt, ist auf Antrag des Abgabepflichtigen soweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zu Grunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Berufungserledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld. Dies gilt sinngemäß, wenn mit einer Berufung die Inanspruchnahme für eine Abgabe angefochten wird.

(2) Die Aussetzung der Einhebung ist nicht zu bewilligen,

1. wenn die Berufung nach Lage des Falles aussichtslos erscheint, oder ...

(5) Die Wirkung einer Aussetzung der Einhebung besteht in einem Zahlungsaufschub. Dieser endet mit Ablauf der Aussetzung oder ihrem Widerruf (§ 218). Der Ablauf der Aussetzung ist anlässlich einer über die Berufung (Abs. 1) ergehenden


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1.
Berufungsvorentscheidung oder
2.
Berufungsentscheidung oder
3.
anderen das Berufungsverfahren abschließenden Erledigung
zu verfügen. Die Verfügung des Ablaufes anlässlich des Ergehens einer Berufungsvorentscheidung schließt eine neuerliche Antragstellung im Fall der Einbringung eines Antrages auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz (§ 205) nicht aus. Wurden dem Abgabepflichtigen für einen Abgabenbetrag sowohl Zahlungserleichterungen als auch eine Aussetzung der Einhebung bewilligt, tritt bis zum Ablauf der Aussetzung oder ihrem Widerruf der Zahlungsaufschub auf Grund der Aussetzung ein.
..."

2.2. Die beschwerdeführende Partei hat in ihrer vorliegenden Beschwerde vorgebracht (Seite 6), hinsichtlich der Monate März bis Mai, Juni und Juli 1999 seien (trotz eingebrachter Berufungen gegen die erstinstanzlichen Abgabenfestsetzungsbescheide) noch keine Entscheidungen ergangen. Die belangte Behörde hat dies in ihrer Gegenschrift ausdrücklich als zutreffend erklärt; auch die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren mitbeteiligte Partei hat in ihrer Gegenschrift (Seite 2) erklärt, dass die (entsprechenden) Rechtsmittelentscheidungen noch ausständig seien. Die Richtigkeit dieses insoweit übereinstimmenden Parteienvorbringens ergibt sich zwar nicht aus den dem Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Beschwerdeverfahren vorgelegten Akten, doch hegt der Verwaltungsgerichtshof im Hinblick auf das Vorbringen der Landeshauptstadt Linz im hg. Verfahren Zl. 2000/17/0047 (Schriftsatz vom betreffend die Abgabenzeiträume "4/98 bis 8/99") keine Bedenken gegen die Annahme, dass eine Erledigung der von der hier beschwerdeführenden Partei erhobenen Berufungen bisher, jedenfalls aber bis zum Ergehen des im vorliegenden Beschwerdeverfahren angefochtenen Bescheides, nicht erfolgt ist.

2.3. Davon ausgehend, erweist sich die Begründung des angefochtenen Bescheides als rechtswidrig. Die belangte Behörde hat nämlich (unzutreffend) angenommen, eine Aussetzung der Einhebung komme infolge der abschließenden Erledigung der Berufungsverfahren nicht mehr in Betracht. Da diese von der belangten Behörde zu Grunde gelegte Annahme nicht zutrifft, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. a VwGG aufzuheben.

Bei diesem Ergebnis war auf das weitere Beschwerdevorbringen nicht mehr einzugehen.

2.4. Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung war in der vorliegenden Abgabensache auch nicht unter dem Aspekt des Art. 6 MRK erforderlich.

2.5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333, insbesondere deren § 3 Abs. 2. Das Mehrbegehren betreffend Stempelgebühren war abzuweisen, weil die beschwerdeführende Partei infolge der Gebührenbefeiung des § 2 Z 3 Gebührengesetz von der Entrichtung der Stempelgebühren befreit war (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/17/0152).

2.6. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am