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VwGH vom 12.07.1995, 95/03/0003

VwGH vom 12.07.1995, 95/03/0003

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gruber, Dr. Gall und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom , Zl. MA 63 - H 261/94, betreffend Zurücknahme des Taxilenkerausweises, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom wurde der Taxiausweis des Beschwerdeführers gemäß § 13 Abs. 1 iVm § 6 Abs. 1 Z. 3 der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr, BGBl. Nr. 951/1993 (BO 1994), auf die Dauer von 24 Monaten zurückgenommen. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei seit dem Jahr 1986 insgesamt zehnmal strafgerichtlich verurteilt worden; die beiden letzten Verurteilungen seien für das gegenständliche Verfahren relevant: Mit Urteil des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom , 13 U nn1/89, sei der Beschwerdeführer des Vergehens der vorsätzlichen Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe von 12.000 S verurteilt worden. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom , 9 Be Vr nn2/92, Hv nn3/92, sei eine Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zwei Monaten wegen des Besitzes einer Faustfeuerwaffe (Pistole) erfolgt. Der Beschwerdeführer sei zudem von der Bundespolizeidirektion Wien Übertretungen nach der StVO 1960 schuldig erkannt worden, weil er am als Lenker eines Pkws beim Vorbeifahren an einem abgestellten Lkw einen zu geringen seitlichen Abstand eingehalten habe, sodaß es zu einer Beschädigung des abgestellten Fahrzeuges gekommen sei, und weil er es unterlassen habe, sofort anzuhalten sowie in der Folge ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle von diesem Verkehrsunfall zu verständigen. Der Beschwerdeführer könne daher derzeit nicht mehr als vertrauenswürdig eingestuft werden, wobei aufgrund der Schwere der Übertretungen eine Zurücknahmedauer von 24 Monaten angemessen sei.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer bringt vor, er sei zwar bereits in zehn Fällen gerichtlich bestraft worden, acht dieser Verurteilungen seien aber - entgegen der Darstellung im angefochtenen Bescheid - bereits vor 1984 erfolgt. Die Verurteilung durch das Bezirksgericht Floridsdorf vom betreffe eine Straftat im April 1989 und damit "am Rande der 5-Jahresfrist". Es sei damals im April 1989 zu einer Körperverletzung gekommen, weil der Beschwerdeführer einen Streit zwischen zwei Personen schlichten habe wollen. Das Verschulden des Beschwerdeführers bei dieser Tat sei als gering anzusehen. Im Verwaltungsverfahren habe der Beschwerdeführer dies nicht einwenden können, weil die Erstbehörde diese Verurteilung nicht in die Bescheidbegründung aufgenommen gehabt habe; dies treffe auch auf das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien zu. Der Beschwerdeführer habe dieses Erkenntnis lediglich aus ökonomischen Gründen - die Strafhöhe sei ihm zu gering erschienen - in Rechtskraft erwachsen lassen. Was die Verurteilung vom wegen des Besitzes einer Pistole betrifft, habe der Beschwerdeführer bereits im Verwaltungsverfahren vorgebracht, daß er diese zu seinem Schutz als Taxifahrer in einem Plastiksack verwahrt gehalten habe. Aus den genannten Handlungen könne somit der Mangel an Vertrauenswürdigkeit nicht abgeleitet werden. In eventu wird eingewendet, daß die Zurücknahmedauer zu lang sei.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 13 Abs. 1 BO 1994 ist der Taxiausweis von Amts wegen für einen der Schwere des Einzelfalles angemessenen Zeitraum zurückzunehmen, wenn eine der in § 6 bezeichneten Voraussetzungen nicht mehr gegeben ist.

Gemäß § 6 Abs. 1 Z. 3 BO 1994 ist Voraussetzung für die Ausstellung eines Taxilenkerausweises u.a., daß der Bewerber vertrauenswürdig ist. Diese Vertrauenswürdigkeit muß zumindest in den letzten fünf Jahren vor der Ausstellung des Ausweises nachweislich gegeben sein.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen hat, soll mit dem Erfordernis der Vertrauenswürdigkeit das Vorhandensein der nach der Eigenart des Gewerbes erforderlichen Eigenschaften bei den im Fahrdienst verwendeten Personen hinsichtlich ihrer Zuverlässigkeit, insbesondere in Ansehung der Sicherheit der im Rahmen des Taxigewerbes zu befördernden Personen, gewährleistet werden. Die Frage, ob eine Person vertrauenswürdig ist, ist auf Grund eines im Ermittlungsverfahren festzustellenden Gesamtverhaltens des Taxilenkers zu beurteilen. Entscheidend ist, ob das bisherige Verhalten auf ein Persönlichkeitsbild schließen läßt, das mit jenen Interessen im Gleichklang steht, deren Wahrung der Behörde im Hinblick auf § 10 des Gelegenheitsverkehrs-Gesetzes, BGBl. Nr. 85/1952, obliegt (vgl. hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/03/0155).

Entscheidend für die Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit iSd § 6 Abs. 1 Z. 3 BO 1994 ist im Falle der Begehung einer Straftat die Straftat selbst und nicht das Urteil bzw. der Bescheid, mit welchem über Schuld und Strafe abgesprochen wird. Solange ein Strafurteil bzw. ein Strafbescheid nicht vorliegt, hat die belangte Behörde im Rahmen ihres Ermittlungsverfahrens zufolge § 38 AVG die Wahl, entweder eine selbständige Vorfragenbeurteilung vorzunehmen oder das Verfahren nach § 6 Abs. 1 bzw. § 13 Abs. 1 BO 1994 bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Vorfrage zu unterbrechen (vgl. hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/03/0155). Durch die strafgerichtliche Verurteilung bzw. durch den Schuldspruch in einer Verwaltungsstrafsache wird jedoch in einer für die Verwaltungsbehörde bindenden Weise über die Begehung der Tat abgesprochen.

Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, zum Vergehen der vorsätzlichen Körperverletzung habe er sein geringes Verschulden im Verwaltungsverfahren nicht einwenden können, weil diese strafbare Handlung in der Begründung des Erstbescheides nicht enthalten gewesen sei, ist ihm zu entgegnen, daß der erstinstanzliche Bescheid auf alle zehn gerichtlichen Verurteilungen verweist. Zudem ist die belangte Behörde auch nicht davon ausgegangen, daß dem Beschwerdeführer hinsichtlich dieser vorsätzlichen Körperverletzung schweres Verschulden vorzuwerfen sei.

Der Schutzzweck der Betriebsordnung ist nicht auf den Straßenverkehr beschränkt, sondern darauf gerichtet, Personen vor der Verletzung jedes durch die Rechtsordnung geschützten Rechtsgutes zu bewahren. So hat der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt ausgesprochen, daß das Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB die Vertrauenswürdigkeit zu erschüttern vermag (vgl. hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/03/0118). Dies gilt auch dann, wenn das strafbare Verhalten nicht in Zusammenhang mit der Tätigkeit als Taxifahrer ausgeführt worden ist. Die vorsätzliche Körperverletzung deutet in der Regel auf einen erheblichen Mangel an Selbstbeherrschung und Respekt vor der Integrität der Mitmenschen hin, Charaktereigenschaften, die bei einem Taxilenker in Hinsicht auf die Ausübung seines Berufes und auf die von ihm zu befördernden Personen zu verlangen sind. Ohne Zweifel wird die Vertrauenswürdigkeit auch durch unerlaubten Besitz von Faustfeuerwaffen bei der Ausübung des Dienstes als Taxifahrer beeinträchtigt.

Ein Taxilenker ist bei Ausübung seiner Tätigkeit laufend mit Bestimmungen der StVO 1960 konfrontiert. Für die Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit eines Taxilenkers ist daher jedenfalls auch sein Verhalten im Straßenverkehr von Bedeutung.

In Anbetracht des Umstandes, daß der Beschwerdeführer am unbefugt eine Pistole besessen hat (Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien), und unter Berücksichtigung der vorsätzlichen Körperverletzung sowie der dargestellten Übertretungen der StVO 1960 kann es der Verwaltungsgerichtshof nicht als rechtswidrig erkennen, wenn die belangte Behörde davon ausgegangen ist, daß der Zurücknahmetatbstand des § 13 Abs. 1 BO 1994 erfüllt ist. Daran ändert nichts, daß die vorsätzliche Körperverletzung bereits vor etwas mehr als fünf Jahren vor Erlassung des angefochtenen Bescheides begangen worden ist. Aus § 13 Abs. 1 iVm § 6 Abs. 1 Z. 3 BO 1994 ergibt sich nämlich, daß auf die

- ununterbrochene - Vertrauenswürdigkeit (zumindest) innerhalb der letzten fünf Jahre vor Erlassung des angefochtenen Bescheides abzustellen ist. Auch ein vor diesem Fünfjahreszeitraum gesetztes Verhalten ist daher beachtlich, wenn es in der Weise ausstrahlt, daß es allein oder in Verbindung mit anderen Umständen in bezug auf diesen Zeitraum der Annahme der Vertrauenswürdigkeit entgegengestanden ist (vgl. hg. Erkenntnis vom , Zl. 91/03/0257). Solcherart durfte die belangte Behörde auf die ca. sechs Monate vor dem Fünfjahreszeitraum gesetzte vorsätzliche Körperverletzung Bedacht nehmen.

Wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ausdrücklich aufzeigt, hat sie die weiteren strafbaren Handlungen des Beschwerdeführers nicht zur Beurteilung seiner Vertrauenswürdigkeit herangezogen; eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides ergibt sich daher auch nicht daraus, daß in der Bescheidbegründung unrichtigerweise ausgeführt wird, die weiteren Straftaten seien nach 1986 verübt worden.

Was schließlich die Zurücknahmedauer anlangt, so kann der belangten Behörde ebenfalls nicht entgegengetreten werden, wenn sie im Hinblick auf die Schwere des vom Beschwerdeführer gesetzten strafbaren Verhaltens eine Zurücknahmedauer von 24 Monaten für gerechtfertigt erachtet hat.

Da sohin die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.