VwGH vom 26.06.2000, 2000/17/0034
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde des D, vertreten durch B & D, Rechtsanwälte OEG in F, gegen den Bescheid des Vorstandes des Burgenländischen Landesjagdverbandes vom , betreffend Vorschreibung einer Jagdabgabe für das Jagdjahr 1999 an den Beschwerdeführer, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Burgenland hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Jagdpachtvertrag vom nahm der Beschwerdeführer von der Privatstiftung S eine näher bezeichnete Eigenjagd in Jagdpacht. Als jährlicher Pachtschilling wurden S 175.000,-- vereinbart. Unter Punkt 31 des Jagdpachtvertrages heißt es weiters:
"Der Pächter bezahlt zusätzlich zum Jagdpachtschilling, zu dessen Fälligkeitsterminen, einen Pauschalbetrag 'Wildschadenpauschale' von jährlich S 60.000,-- zuzüglich Umsatzsteuer, wertgesichert gemäß Punkt 7, an die Verpächterin. Diese Pauschale deckt die üblichen und gewöhnlichen Wildschäden ab."
Mit Bescheid des Verbandsvorsitzenden des Burgenländischen Landesjagdverbandes vom schrieb dieser dem Beschwerdeführer gemäß § 198 Abs. 4 des Burgenländischen Jagdgesetzes 1988, LGBl. Nr. 11/1989 (im Folgenden: Bgld JagdG), für das Jagdjahr 1999 eine Jagdabgabe von S 4.700,-- vor. Die erstinstanzliche Behörde ging dabei von einem Jagdwert der vom Beschwerdeführer gepachteten Jagd in der Höhe von S 235.000,-- aus. Die Jagdabgabe betrage 2 % dieses Betrages.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung, in welcher er die Auffassung vertrat, der Jagdwert der gepachteten Jagd sei mit dem Pachtschilling von S 175.000,-- gleichzusetzen. Demgegenüber könne der Pauschalbetrag zur Abdeckung von Wildschäden dem Jagdwert nicht hinzugerechnet werden.
Nach Ergehen einer Berufungsvorentscheidung und einer dagegen erhobenen, als Vorlageantrag zu deutenden Eingabe des Beschwerdeführers wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid vom die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet ab. Begründend führte die belangte Behörde aus, bei verpachteten Jagden entspreche der Jagdwert dem Jahrespachtschilling einschließlich des Wertes ausbedungener Nebenleistungen. Nebenleistungen seien alle Geld- und Sachleistungen des Pächters an den Verpächter, die nicht die Wildhege beträfen. Der Jagdwert betrage daher im gegenständlichen Fall, wie von der erstinstanzlichen Behörde richtig angenommen, S 235.000,--.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf rechtmäßige Festsetzung der Jagdabgabe gemäß § 198 Abs. 4 in Verbindung mit § 140 Abs. 3 Bgld JagdG verletzt. Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 2, § 111, § 139 Abs. 2, § 140 Abs. 3, § 198 und § 199
Bgld JagdG lauten (auszugsweise):
"§ 2
Ausübung des Jagdrechtes
(1) Das Jagdrecht wird entweder als Eigenjagd oder Genossenschaftsjagd ausgeübt.
(2) Jagdausübungsberechtigt im Sinne dieses Gesetzes sind
a) in Eigenjagdgebieten (§ 5) und Jagdgehegen (§ 11 Abs. 2) die Grundeigentümer,
b) in Genossenschaftsjagdgebieten (§ 10) die Jagdgenossenschaften (§ 22).
(3) Die Ausübung des Jagdrechtes in seiner Gesamtheit kann nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Gesetzes im Wege der Verpachtung (§§ 17, 37ff, 42f, 44, 54 und 60) und im Wege der Bestellung eines Jagdverwalters (§§ 45 und 61) an dritte Personen übertragen werden.
...
§ 111
Haftung für Jagd- und Wildschäden
(1) Der Jagdausübungsberechtigte ist verpflichtet,
a) den bei Ausübung der Jagd von ihm selbst, von seinen Jagdgästen, Jagdaufsehern und Treibern sowie durch die Jagdhunde dieser Personen an Grund und Boden und an den noch nicht eingebrachten Erzeugnissen dieses Bodens verursachten Schaden (Jagdschaden);
b) den innerhalb seines Jagdgebietes vom Wild an Grund und Boden und an den noch nicht eingebrachten Erzeugnissen verursachten Schaden (Wildschaden), sofern dieser nicht auf Grundstücken eingetreten ist, auf denen nach den Bestimmungen des § 21 Abs. 1 und 2 die Jagd ruht, oder sofern dieser nicht von ganzjährig geschonten Wildarten verursacht wurde,
nach den Vorschriften dieses Gesetzes zu ersetzen.
(2) Im Wege eines zwischen dem Jagdausübungsberechtigten und den einzelnen Grundbesitzern unmittelbar abgeschlossenen Übereinkommens können über den Ersatz der Jagd- und Wildschäden von den Bestimmungen dieses Gesetzes abweichende Vereinbarungen getroffen werden. Die auf eine solche Vereinbarung gestützten Ansprüche sind im ordentlichen Rechtsweg geltend zu machen.
...
§ 139
Vorstand
...
(2) Dem Vorstand obliegt insbesondere
...
e) die Entscheidung über Berufungen gegen Bescheide des Verbandsvorsitzenden (§ 140 Abs. 3).
...
§ 140
Verbandsvorsitzender (Landesjägermeister)
...
(3) Dem Verbandsvorsitzenden obliegt die Vorschreibung der Jagdabgabe (§ 198 Abs. 4) in erster Instanz.
...
JAGDABGABE
§ 198
Abgabenschuldner
(1) Die Ausübung des Jagdrechtes unterliegt der Jagdabgabe.
(2) Die Jagdabgabe ist bei verpachteten Jagden (einschließlich Jagdeinschlüssen) vom Jagdpächter - im Falle der Unterverpachtung gemäß § 54 vom Pächter -, bei nicht verpachteten Eigenjagdgebieten vom Eigenjagdberechtigten zu entrichten.
(3) Die Jagdabgabe ist jährlich zu entrichten. Sie beträgt 2 v.H. des Jagdwertes (§ 199) des laufenden Jagdjahres.
(4) Die Jagdabgabe ist vom Burgenländischen Landesjagdverband (§ 140 Abs. 3) jährlich zum Fälligkeitstermin 1. April vorzuschreiben.
(5) Auf das Verfahren zur Vorschreibung, Einhebung und Einbringung der Jagdabgabe sind die Bestimmungen der Landesabgabenordnung, LGBl. Nr. 2/1963 in der jeweils geltenden Fassung, sinngemäß anzuwenden.
§ 199
Jagdwert
(1) Bei verpachteten Jagden entspricht der Jagdwert dem Jahresjagdpachtschilling einschließlich des Wertes allenfalls ausbedungener Nebenleistungen.
...
(3) Nebenleistungen sind alle Geld- und Sachleistungen des Pächters an den Verpächter, die nicht die Wildhege oder die Aufrechterhaltung des Jagdschutzes betreffen."
§ 21 Abs. 1 Bgld LAO lautet:
"§ 21. (1) Scheingeschäfte und andere Scheinhandlungen sind für die Verwaltung von Abgaben ohne Bedeutung. Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so ist das verdeckte Rechtsgeschäft für die Abgabenverwaltung maßgebend."
Der Beschwerdeführer wendet sich auch vor dem Verwaltungsgerichtshof gegen die Einbeziehung des Pauschales zur Abdeckung von Wildschäden als Nebenleistung zum Jahresjagdpachtschilling in die Bemessungsgrundlage der Jagdabgabe. Er verweist insbesondere darauf, dass die Wildschadenpauschale sich "sachlich und materiell rechtlich" in keiner Weise von einem gemäß den jagdgesetzlichen Bestimmungen festgestellten Ersatzbetrag eines Wildschadens unterscheide. Im Übrigen sei die vereinbarte Wildschadenpauschale der Höhe nach angemessen.
Strittig zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist daher, ob die vereinbarte Pauschale für den Ersatz von Wildschäden eine "Nebenleistung" zum Jahresjagdpachtschilling im Verständnis des § 199 Abs. 1 und Abs. 3 Bgld JagdG darstellt.
§ 199 Abs. 3 Bgld JagdG definiert nun als Nebenleistungen alle Geld- und Sachleistungen des Pächters an den Verpächter, die nicht die Wildhege oder die Aufrechterhaltung des Jagdschutzes betreffen.
Darunter sind freilich nicht alle Geldleistungen zu verstehen, die der Pächter an den Verpächter aus welchem zivilrechtlichem Titel heraus auch immer erbringt. Da das Gesetz von Nebenleistungen zum Jagdpachtschilling spricht, dürfen nur solche Leistungen des Pächters in die Bemessungsgrundlage einbezogen werden, die ein Entgelt für die Überlassung der Jagdausübung darstellen, sie mögen unter welchem Titel immer vereinbart werden (vgl. hiezu auch das zu § 3 Abs. 2 des Oberösterreichischen Jagdabgabengesetzes, LGBl. Nr. 10/1967, ergangene hg. Erkenntnis vom , Slg. Nr. 4367/F). Es muss sich also um ein vom Pächter in seiner Eigenschaft als Pächter an den Verpächter in seiner Eigenschaft als Verpächter der Jagd zu leistendes Entgelt handeln.
Die in Punkt 31 des Jagdpachtvertrages vereinbarte Pauschale zur Abgeltung von Wildschäden stellt nun, worauf der Beschwerdeführer zutreffend hinweist, eine pauschale Abgeltung der Haftung des Jagdausübungsberechtigten für Wildschäden gemäß § 111 Abs. 1 lit. b Bgld JagdG dar. Diese Haftung trifft den Verpächter sowohl für Eigenjagdgebiete als auch für gemeinschaftliche Jagdgebiete (vgl. hiezu Binder, Jagdrecht, 102).
Der in § 111 Abs. 1 lit. b Bgld JagdG umschriebene Schadenersatzanspruch steht aber nun nicht etwa regelmäßig dem Verpächter der Jagd zu, sondern vielmehr dem Grundeigentümer. Lediglich im Falle der Verpachtung einer Eigenjagd fällt die Person des Schadenersatzberechtigten mit dem des Verpächters der Jagd zusammen. Demgegenüber fiele bei der Verpachtung einer Genossenschaftsjagd die Anspruchsberechtigung nach § 111 Abs. 1 lit. b Bgld JagdG und die Verpächterstellung auseinander.
Diente aber nun Punkt 31 des in Rede stehenden Jagdpachtvertrages der Pauschalierung des in § 111 Abs. 1 lit. b Bgld JagdG eingeräumten Schadenersatzanspruches des Grundeigentümers gegen den Jagdausübungsberechtigten, so handelt es sich bei diesem Vertragspunkt in Wahrheit um eine Vereinbarung gemäß § 111 Abs. 2 leg. cit. zwischen dem Beschwerdeführer als Jagdausübungsberechtigten und der verpachtenden Stiftung, jedoch in ihrer Eigenschaft als Grundeigentümerin. Dieser Pauschalbetrag kommt der Stiftung daher nicht in ihrer Eigenschaft als Verpächterin als Entgelt für die Verpachtung, sondern in ihrer Eigenschaft als Grundeigentümerin als Pauschalabgeltung eines Schadenersatzanspruches zugute.
Ebenso wenig wie im Verwaltungsverfahren nach § 117 Bgld JagdG festgestellte Schadenersatzansprüche einzelner Grundeigentümer gemäß § 111 Abs. 1 lit. b Bgld JagdG bei der Verpachtung einer Genossenschaftsjagd oder Leistungen an solche Grundeigentümer auf Grund einer Vereinbarung gemäß § 111 Abs. 2 Bgld JagdG als Nebenleistungen gemäß § 199 Abs. 3 leg. cit. in den Jagdwert einzubeziehen sind, zählen die hier dem mit dem Verpächter der Jagd identen Grundeigentümer erbrachten Pauschalleistungen zur Abgeltung von Wildschäden zur Bemessungsgrundlage für die Ermittlung der Jagdabgabe gemäß § 198 Abs. 3 Bgld JagdG.
Anderes könnte sich gemäß § 21 Abs. 1 Bgld LAO nur dann ergeben, wenn der Pauschalbetrag für die Abgeltung von Wildschäden in einer Höhe festgelegt würde, die jene der voraussichtlich zu erwartenden Wildschäden derart überstiege, dass eine solche Pauschalierung teilweise als Scheingeschäft anzusehen wäre, also in Wahrheit ein Teil des Pauschalbetrages der verdeckten Ausschüttung eines Pachtschillings dienen würde. Nur in einem solchen Fall wäre gemäß § 21 Abs. 1 Bgld LAO das verdeckte Rechtsgeschäft für die Abgabenverwaltung maßgebend. Eine solche Fallkonstellation wurde von der belangten Behörde aber nicht festgestellt.
Aus diesen Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am