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VwGH vom 18.12.1990, 85/08/0149

VwGH vom 18.12.1990, 85/08/0149

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Puck, Dr. Müller und Dr. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Schnizer-Blaschka, über die Beschwerde des Verbandes A gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom , Zl. 5-226 Ve 7/18-1985, betreffend Sonderbeiträge nach dem ASVG (mitbeteiligte Partei: Steiermärkische Gebietskrankenkasse in 8010 Graz, Josef-Pongratz-Platz 1), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 10.110,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

1.1. Zur Vorgeschichte des Beschwerdefalles verweist der Verwaltungsgerichtshof auf sein Erkenntnis vom , Zl. 08/3687/80, Slg. N.F.

Nr. 11249/A = ZfVB 1984/4/1597. Nach der Begründung dieses Erkenntnisses mache das bloße Vorhandensein von bestimmten, im damals angefochtenen Bescheid nicht näher festgestellten Gemeinschaftseinrichtungen des von der beschwerdeführenden Partei betriebenen Studentinnenheimes in Verbindung mit den zur individuellen Benützung gewidmeten Unterkünften der Heimbewohnerinnen noch keine gemeinsame Hauswirtschaft insgesamt aus. Um hier von einer Hauswirtschaft, die die juristische Person für die Benützer ihres Heimes führe, sprechen zu können, bräuchte es Einrichtungen und Maßnahmen, die eine einem privaten Haushalt annähernd ähnliche Vorsorge der juristischen Person für die persönlichen, privaten Lebensbedürfnisse der Bewohnerinnen sicherstellten. Hierüber seien ausreichende Sachverhaltsfeststellungen nicht getroffen worden. Ergäbe sich, daß eine Hauswirtschaft der beschwerdeführenden Partei in diesem engeren Sinn der Wortbedeutung vorliege, dann wäre der belangten Behörde Recht zu geben, daß die zeitliche Beschränkung der Dienstleistung der Raumpflegerinnen auf Montag bis Freitag eine Qualifikation dieser Dienstleistungen als für den Haushalt erbracht nicht hindern könne.

Verneinendenfalls sei davon auszugehen, daß im Heim der beschwerdeführenden Partei von den Benützerinnnen Einzelhaushalte geführt würden, die Pflege der Gemeinschaftseinrichtungen und Anlagen aber diesen nicht zugerechnet werden könne (ähnlich wie bei einem Miethaus). Da nun auch diese Zurverfügungstellung der Raumpflegerinnen für die Einzelhaushalte der Studentinnen im weiteren Sinn ebenfalls noch den § 1 Abs. 1 und 4 HGHAngG unterstellt werden könnte, wäre es bei der unbestrittenen Mischverwendung der Dienstnehmerinnen entscheidend gewesen festzustellen, in welchem zeitlichen Ausmaß sie in den Studentenzimmern einerseits und in den gemeinsamen Anlagen und Gemeinschaftseinrichtungen des Hauses andererseits beschäftigt gewesen seien.

1.2. Mit Ersatzbescheid vom gab der Landeshauptmann von Steiermark dem Einspruch der beschwerdeführenden Partei gegen den Bescheid der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse vom neuerlich keine Folge. Nach der Begründung dieses Bescheides hätten die ergänzenden Ermittlungen der Einspruchsbehörde ergeben, daß das Studentinnenheim nach den Grundsätzen der Gemeinnützigkeit und nicht wie ein gewerbliches Unternehmen mit dem Bestreben geführt werde, Gewinn zu erzielen. Bei der Einvernahme der noch erreichbaren bzw. eruierbaren Dienstnehmerinnen habe sich ergeben, daß diese zu Dienstleistungen für die im Studentenhaus wohnhaften Personen herangezogen worden seien, wenngleich sie ihre Tätigkeiten ausschließlich über Auftrag der jeweiligen Heimverwalterin durchzuführen gehabt hätten. Auch sei eine Verpflegung aus der hauseigenen Küche ebensowenig erfolgt wie eine Wohnversorgung innerhalb des Studentenheimes. Aus den weiteren Äußerungen der Dienstnehmerinnen habe jedoch entnommen werden müssen, daß die zu absolvierenden Arbeiten darin bestanden hätten, in den Zimmern der Heimbewohner die Betten zu machen, aufzuräumen, den Boden zu kehren und aufzuwaschen sowie überdies alle 14 Tage die Bettwäsche zu wechseln. Ebenso hätten die Gänge und die Gemeinschaftsküche gereinigt, der Ofen geputzt, Staub gewischt und im Gemeinschaftsraum die Tische und Böden gereinigt werden müssen, wobei diese Arbeiten von Montag bis einschließlich Freitag im Ausmaß von 8 Stunden täglich zu verrichten gewesen seien; dabei seien von diesen Arbeiten etwa 6 Stunden auf die Pflege der Studentenzimmer, die restlichen 2 Stunden auf die Gemeinschaftseinrichtungen bzw. Gemeinschaftsanlagen entfallen. Somit hätten die Tätigkeiten der 7 Dienstnehmer als Raumpfleger in hauswirtschaftlicher Verwendung erheblich überwogen.

1.3. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

1.4. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift. Die mitbeteiligte Steiermärkische Gebietskrankenkasse erstattete ein Gegenschrift.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. In der Beschwerde wird die Verletzung des Parteiengehörs im Rahmen des ergänzten Ermittlungsverfahrens geltend gemacht. Es seien Äußerungen von ehemaligen Dienstnehmerinnen dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt worden, die nicht einmal namentlich genannt würden. Die beschwerdeführende Partei habe keine Möglichkeit zur Stellungnahme und zur Widerlegung des Beweisergebnisses gehabt. Auch sei es unterlassen worden, Personen, die Wesentliches zum Sachverhalt hätten angeben können, wie z.B. die Heimleiterin oder Studentinnen, einzuvernehmen. Sollte die ehemalige Wirtschaftsleiterin Heidelinde E oder sollten ausschließlich bestimmte ehemalige Dienstnehmerinnen vernommen worden sein, so bestünde die Gefahr einer unobjektiven Aussage, da es mit der ersteren Differenzen gegeben habe und die letzteren daran interessiert sein könnten, durch ihre Darstellung eine höhere sozialversicherungsrechtliche Einstufung zu erlangen. Jedenfalls hätte der beschwerdeführenden Partei Gelegenheit gegeben werden müssen, sich auch zur Frage der Objektivität der Zeugen zu äußern.

2.2. Die beschwerdeführende Partei ist mit ihrer Verfahrensrüge im Recht. Es trifft zu, daß ihr entgegen § 45 Abs. 3 AVG 1950 Parteiengehör nicht eingeräumt worden ist. Nach dieser Gesetzesbestimmung wäre ihr nämlich als Partei des Verfahrens Gelegenheit zu geben gewesen, von dem Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen. Zutreffend hat die beschwerdeführende Partei in der Beschwerde auch dargetan, daß sie, wenn ihr das Parteiengehör eingeräumt worden wäre, die Unvollständigkeit und aus ihrer Sicht einseitige Darstellung und mangelnde Glaubwürdigkeit der Zeugen eingewendet hätte. Dazu wäre es notwendig gewesen, ihr die Namen der Zeugen bekanntzugeben, was sogar im Bescheid unterblieben ist. Dies ist umsomehr von Relevanz, als die Ermittlungsergebnisse, was das zeitliche Ausmaß der Tätigkeiten für die Studentenzimmer einerseits bzw. die Gemeinschaftseinrichtungen andererseits anlangt und worauf das Landesarbeitsamt Steiermark (das zu einer anderen Beurteilung als der Landeshauptmann von Steiermark gekommen ist) zu Recht hinweist, keineswegs ein zweifelsfreies Bild ergeben hätten, da die Angaben der vernommenen Zeuginnen in Wahrheit stark divergierten. Zutreffend rügt die beschwerdeführende Partei auch die mangelhafte Art der Feststellungen (Fehlen der Namen der vernommenen Dienstnehmerinnen), die ein Nachvollziehen der für die Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen der belangten Behörde unmöglich macht.

2.3. Aus diesen Erwägungen folgt, daß die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Verfahrensmängeln belastet hat, bei deren Vermeidung nicht ausgeschlossen werden kann, daß sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Der angefochtene Bescheid war infolge dessen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

2.4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 2 VwGG in Verbindung mit Art. I und Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlicher Dienst BGBl. Nr. 206/1989. Das Mehrbegehren auf Ersatz des Stempelgebührenaufwandes war im Hinblick auf die sachliche Abgabenfreiheit nach § 110 ASVG abzuweisen.