VwGH vom 15.09.1992, 92/05/0123
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Degischer, Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde der X-Gesellschaft m.b.H. in Wien, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom , Zl. MD-VfR - B XXII - 7/92, betreffend Versagung einer Baubewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Ansuchen vom beantragte die Beschwerdeführerin die Erteilung der Bewilligung zur Anbringung einer Plakatanschlagtafel im Ausmaß von insgesamt 61,10 m Länge und 2,60 m Höhe entlang der Liegenschaft B-Straße, gegenüber dem Friedhof. Der Baubeschreibung und den nachgereichten Plänen ist zu entnehmen, daß die Werbetafel aus 30 Einzelelementen besteht, die mit Spezialklammern an Rahmenhölzern befestigt und an drei Kanthölzern angenagelt werden. Der Abstand zwischen Boden und Plattenunterkante wird mit grau gestrichenen Sockelplatten geschlossen. In einem Gutachten vom führte die Amtssachverständige der Abteilung für Stadtbildgestaltung (MA 19) nach Beschreibung der örtlichen Gegebenheiten aus, daß der ländliche Charakter - eine spürbare Weite und Durchgrünung und kleinmäßige Wohnhäuser - trotz der breiten Ausfallstraße mit starkem Verkehrsaufkommen bewahrt werden konnte. Durch die vom Gesetzgeber festgelegte Vorgartenwidmung (Breite 3 m) sei dem Erscheinungsbild einer Straßenrandbesiedlung Rechnung getragen und eine beabsichtigte Transparenz gegen den Straßenraum dokumentiert. Die farbkräftige, ca. 3 m hohe Plakatwand an der Grundgrenze sei nicht nur in das örtliche Stadtbild nicht harmonisch einordenbar, sondern auch gemäß § 86 der Bauordnung für Wien nicht genehmigungsfähig. Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am , in der das Gutachten der MA 19 vom mit einem Vertreter der Beschwerdeführerin erörtert wurde, wurde mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom unter I die beantragte Baubewilligung gemäß §§ 70 und 71 in Verbindung mit § 86 Abs. 2 und 3 der Bauordnung für Wien versagt. Unter II wurde gemäß § 129 Abs. 10 der Wiener Bauordnung der Auftrag erteilt, die unbefugt errichtete Einfriedung binnen einer Frist von zwei Wochen ab Rechtskraft des Bescheides zu entfernen. In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung beantragte die Beschwerdeführerin die Aufhebung des vorliegenden abweislichen Bescheides und die Erteilung der Baubewilligung. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, die zur Bewilligung eingereichte Werbeanlage und eine weitere, im negativen Gutachten der MA 19 beschriebene Anlage an einer gegenüberliegenden Ecke der Zufahrtsstraße seien nicht die einzigen entlang der B-Straße, vielmehr bestünde eine Vielzahl von Plakattafeln, deren Konsensmäßigkeit auch zu überprüfen wäre. Der vom Gutachter beschriebene Charakter könne am Aufstellungsort der Werbetafeln in der Natur nicht nachvollzogen werden, daher bestreite die Beschwerdeführerin ausdrücklich, daß die von ihr "beantragte Plakatwand" eine Störung des tatsächlichen Ortsbildes darstelle. Solange es freistehende Werbeflächen in landwirtschaftlich genutzten Grundstücken entlang der B-Straße gebe, könne das vorliegende Gutachten wohl nicht als Grundlage für einen ablehnenden Bescheid herangezogen werden.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom hat die belangte Behörde die gegen Punkt I des erstinstanzlichen Bescheides gerichtete Berufung abgewiesen. Zur Begründung wurde unter Hinweis auf die Bestimmungen des § 86 Abs. 2 und 3 der Bauordnung für Wien (BO) im wesentlichen ausgeführt, daß die gegenständliche bauliche Anlage eine Einfriedung von Vorgärten gegen die Verkehrsfläche darstelle. Dementsprechend müsse sie so ausgestaltet werden, daß sie das örtliche Stadtbild nicht beeinträchtige. Im Gutachten der MA 19 werde ausgeführt, daß die in jüngster Zeit errichtete Wohnanlage mit gepflegten Gärten ein äußerst qualitätsvolles Erscheinungsbild vermittle, in dem die Plakatwand besonders gegensätzlich und wie ein Relikt einer ehemaligen Baustelleneinfriedung wahrgenommen werde. Der anschließende Bereich an der B-Straße weise gleichfalls gepflegte Einfamilienhäuser mit begrünten und frei einsehbaren Vorgärten auf. Auch die gegenüberliegende Straßenfront sei durch eine ausgeprägte Grünzone charakterisiert. Der durchaus wahrnehmbare ländliche Charakter habe trotz der breiten Ausfallsstraße mit starkem Verkehrsaufkommen bewahrt werden können. Durch die vom Gesetzgeber festgelegte Vorgartenwidmung sei dem Erscheinungsbild einer Stadtrandsiedlung Rechnung getragen und eine beabsichtigte Transparenz gegen den Straßenraum dokumentiert. Eine farbkräftige, ca. 3 m hohe Plakatwand an der Grundgrenze sei daher nicht in das örtliche Stadtbild harmonisch einordenbar. Die reine Behauptung der Beschwerdeführerin, daß die von ihr "beantragte Werbeanlage" nicht die einzige entlang der B-Straße sei, sondern daß auch überall in Wien entlang der Ausfahrtsstraßen eine Vielzahl von Plakattafeln bestünde, deren Konsensmäßigkeit angezweifelt werde, könne nicht die schlüssigen Ausführungen des Gutachtens entkräften.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Unbestritten ist, daß das gegenständliche Areal im Flächenwidmungs- und Bebauungsplan als Bauland ausgewiesen ist. Sowohl gegen die B-Straße als auch gegen die seitlichen Zufahrtsstraßen ist ein 3 m breiter Vorgarten festgesetzt. Die Plakattafel soll das Grundstück gegen die Verkehrsfläche abschließen. Eine derartige Anlage stellt eine Einfriedung von Vorgärten gegen die Verkehrsfläche dar.
Gemäß § 86 Abs. 2 BO müssen Einfriedungen so ausgestaltet werden, daß sie das örtliche Stadtbild nicht beeinträchtigen. Sie dürfen den Boden der höher gelegenen, anschließenden Grundfläche nicht um mehr als 2,50 m überragen.
Nach Abs. 3 dieser Bestimmung dürfen Einfriedungen von Vorgärten gegen die Verkehrsfläche und an den seitlichen Grundgrenzen auf die Tiefe des Vorgartens den freien Durchblick nicht hindern; Abweichungen hievon können zugelassen werden, wenn dadurch das örtliche Stadtbild nicht beeinträchtigt wird. Sonstige Grundgrenzen dürfen, wenn der Bebauungsplan nicht anderes bestimmt, durch volle Wände abgeschlossen werden.
Die Plakattafel, die nach der Baubeschreibung den freien Durchblick hindert, war daher nur dann bewilligungsfähig, wenn dadurch das örtliche Stadtbild nicht beeinträchtigt würde.
Zur Frage, ob eine Beeinträchtigung des örtlichen Stadtbildes vorliegt, ist das Gutachten eines Sachverständigen einzuholen, das die Behörde auf seine Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit zu überprüfen hat (vgl. unter anderem das hg. Erkenntnis vom , Zl. 91/06/0213).
In dem Gutachten, auf das die Versagung der beantragten Baubewilligung gestützt wurde, wurde zunächst ausgeführt, daß die Werbeanlage ein Grundstück an der B-Straße gegen die Verkehrsfläche abschließen soll, wobei die Begrenzung von einem Trafogebäude bis zur Ecke einer Aufschließungsstraße und ca. 5 m in die Tiefe reiche. Die gegenüberliegende Ecke der Zufahrtsstraße sei laut Ortsaugenschein gleichfalls eingeplankt, wobei nach dem Wissen der Sachverständigen keine Bewilligung erteilt worden sei. Bei dem gegenständlichen Areal handle es sich um eine laut Flächenwidmungs- und Bebauungsplan als Bauland ausgewiesene Fläche mit einem 3 m breiten Vorgarten sowohl gegen die B-Straße als auch gegen die seitlichen Zufahrtsstraßen. Die Bebauung weise parallel zur B-Straße ein zweigeschoßiges Wohnhaus auf, das die dahinter liegenden eingeschoßigen Siedlungshäuser abschirme. Die sichtlich in jüngster Zeit errichtete Wohnanlage mit gepflegten Gärten vermittle ein äußerst qualitätsvolles Erscheinungsbild, in dem die Plakatwand besonders gegensätzlich und wie ein Relikt einer ehemaligen Baustelleneinfriedung wahrgenommen werde. Der anschließende Bereich an der B-Straße weise gleichfalls gepflegte Einfamilienhäuser mit begrünten und frei einsehbaren Vorgärten auf. Die gegenüberliegende Straßenfront sei durch eine ausgeprägte Grünzone charakterisiert. Eine Obstbaumkultur, der Friedhof mit dichtem Baumbestand und einem die Sicht freigebenden Vorplatz, sowie im Anschluß daran große landwirtschaftlich genutzte Flächen, ließen den Übergang zur freien Landschaft spürbar werden. Es sei nun augenscheinlich, daß der durchaus wahrnehmbare ländliche Charakter - eine spürbare Weite und Durchgrünung, kleinmaßstäbliche Wohnhäuser - trotz der breiten Ausfallsstraße mit starkem Verkehrsaufkommen bewahrt werden konnte. Durch die Vorgartenwidmung sei dem Erscheinungsbild einer Stadtrandbesiedelung Rechnung getragen und eine beabsichtigte Transparenz gegen den Straßenraum dokumentiert. Die farbkräftige, ca. 3 m hohe Plakatwand an der Grundgrenze sei nicht nur in das örtliche Stadtbild nicht harmonisch einordenbar, sondern auch gemäß § 86 der Bauordnung für Wien nicht genehmigungsfähig.
Dieses Gutachten, dem die Beschwerdeführerin während des Verwaltungsverfahrens nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten ist, gründete sich auf einen eingehenden Befund, aus dem sich die daraus gezogenen Schlüsse nachvollziehbar ergaben. Daß die örtlichen Gegebenheiten auch richtig wiedergegeben wurden, wurde von der Beschwerdeführerin weder in der Verhandlung vom noch in ihrer Berufung widerlegt, hat sie doch nur darauf hingewiesen, daß eine an der gegenüberliegenden Ecke der Zufahrtsstraße angebrachte Einplankung nicht von ihr errichtet wurde. Der Hinweis auf andere, im weiteren Umkreis liegende Plakattafeln und den Umstand, daß an mehreren Ausfallsstraßen von Wien Werbeeinrichtungen angebracht sind, war nicht geeignet, die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit des Gutachtens vom darzulegen, vermögen doch örtliche Gegebenheiten, die in größerer Entfernung bzw. an anderen Ausfallsstraßen vorhanden sind, keine Wirkungen auf das maßgebliche Beurteilungsgebiet zu entfalten. Wenn die Beschwerdeführerin in der Beschwerde angibt, das eingereichte Bauprojekt weise nicht, wie im Gutachten angenommen, eine Höhe von 3 m auf, widerspricht dieses Vorbringen den Ausmaßen im Einreichplan, aus dem sich eine Höhe der Plakatanlage einschließlich der Sockelplatten von insgesamt 3,10 m ergibt. Mit Recht konnte daher die Baubehörde dieses Gutachten ihrem Bescheid zugrundelegen und die beantragte Bewilligung versagen. Durch die Abweisung der gegen die Versagung der Baubewilligung gerichteten Berufung ist die Beschwerdeführerin somit in keinem Recht verletzt.
Lediglich aus Gründen der Verfahrensökonomie wird darauf hingewiesen, daß die Berufung der Beschwerdeführerin vom gegen den gesamten Bescheid vom gerichtet war. Der Berufungsantrag (Aufhebung des vorliegenden negativen Bescheides) bezieht sich auf den gesamten Bescheid, einschließlich des Punktes II betreffend den erteilten Abtragungsauftrag. Dadurch, daß die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nur über die Berufung gegen den im erstinstanzlichen Bescheid unter I enthaltenen Bescheidteil abgesprochen hat, wurde aber die Beschwerdeführerin in keinem vom Beschwerdepunkt umfaßten Recht verletzt.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Mit der Erledigung der Beschwerde ist der Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, gegenstandslos geworden.