VwGH vom 18.09.2000, 2000/17/0011
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde der B AG, vormals V Aktiengesellschaft, vertreten durch Rechtsanwälte D & D Partnerschaft in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom , Zl. 30 0733/5-V/5/97, betreffend Zurückweisung eines Feststellungsantrages über die Revisionszuständigkeit, in eventu über die Bankprüfereigenschaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Im Jahr 1993 wurde der V reg. Gen.m.b.H. mit Bescheid die besondere Bewilligung zur Einbringung des gesamten bankgeschäftlichen Unternehmens der einbringenden Genossenschaft als Sacheinlage im Wege der Gesamtrechtsnachfolge in eine Aktiengesellschaft mit der Firma V Aktiengesellschaft als deren alleiniger Aktionär erteilt. In diesem Bescheid wurde entsprechend § 8a Abs. 9 KWG (vgl. nunmehr § 92 Abs. 7 BWG) darauf hingewiesen, dass die Aktiengesellschaft dem Sektorenverbund angehöre, dem die einbringende Genossenschaft angehört habe. Der gesetzliche Revisionsverband der einbringenden Genossenschaft war der Österreichische Genossenschaftsverband.
Für das Geschäftsjahr 1996 bestellte die Hauptversammlung der Beschwerdeführerin Dr. E und Dkfm. H, für das Geschäftsjahr 1997 Dkfm. H zu Bankprüfern. In der Folge zeigte die Beschwerdeführerin dem Bundesminister für Finanzen gemäß § 63 Abs. 1 BWG die Bestellung der Genannten zu Bankprüfern für die Geschäftsjahre 1996 bzw. 1997 an. Mit Schreiben vom vertrat die belangte Behörde die Rechtsansicht, dass der Österreichische Genossenschaftsverband nach wie vor Bankprüfer der Einschreiterin sei. In einer anschließenden Korrespondenz wurden die diesbezüglichen Rechtsstandpunkte festgehalten. In einem Telefonat am teilte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin mit, dass für den Fall einer Nichtprüfung durch den Österreichischen Genossenschaftsverband gemäß § 70 Abs. 4 BWG vorgegangen werde, das heiße, der Beschwerdeführerin ein diesbezüglicher Auftrag unter Androhung einer Zwangsstrafe erteilt würde.
Mit Schreiben vom stellte die Beschwerdeführerin an den Bundesminister für Finanzen den Antrag bescheidmäßig festzustellen, dass der Österreichische Genossenschaftsverband für die Geschäftsjahre 1996 und 1997 nicht mehr Bankprüfer der Beschwerdeführerin sei, in eventu, dass die seitens der Beschwerdeführerin in ihrer Hauptversammlung gewählten Wirtschaftsprüfer die Bankprüfer der Beschwerdeführerin seien.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurden diese Anträge zurückgewiesen. Begründend führt die belangte Behörde aus, dass mangels gesetzlicher Grundlage die Voraussetzungen für die Erlassung des beantragten Feststellungsbescheides nicht gegeben seien. Die vom Bundesminister für Finanzen im Rahmen der Vollziehung des Bankwesengesetzes anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen sähen ein Verwaltungsverfahren zur Erlassung des beantragten Bescheides nicht vor. Hinsichtlich des Eventualantrages wird darauf hingewiesen, dass der Österreichische Genossenschaftsverband reg. Gen.m.b.H. als gesetzlicher Bankprüfer im Sinne des § 61 BWG berechtigt sei, die Jahresabschlussprüfung 1996 und 1997 bei der Beschwerdeführerin vorzunehmen.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, deren Behandlung dieser mit Beschluss vom , B 911/97-5, ablehnte und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Mit der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof war auch der Individualantrag auf Prüfung des § 92 Abs. 7 BWG gemäß Art. 140 Abs. 1 letzter Satz B-VG verbunden worden. Mit Beschluss ebenfalls vom , B-129/99, wies der Verfassungsgerichtshof diesen Antrag als unzulässig zurück. Begründend führt der Verfassungsgerichtshof aus, dass gemäß § 70 Abs. 4 BWG der Bundesminister für Finanzen unter anderem dann, wenn ein Kreditinstitut Bestimmungen dieses Bundesgesetzes verletze, dem Kreditinstitut unter Androhung einer Zwangsstrafe aufzutragen habe, den rechtmäßigen Zustand binnen jener Frist herzustellen, die im Hinblick auf die Umstände des Falles angemessen sei. Der Beschwerdeführerin sei es zumutbar, nach der allfälligen Erlassung eines Bescheides im Sinne des § 70 Abs. 4 BWG, der die Prüfung der Beschwerdeführerin durch die gesetzlich zuständige Prüfungseinrichtung zum Gegenstand hätte, gegen diesen Bescheid Beschwerde gemäß Art. 144 B-VG zu erheben und darin ihre Bedenken gegen § 92 Abs. 7 BWG an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen.
In der über Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde wird die Verletzung im gesetzlich gewährleisteten Recht auf Erlassung eines Feststellungsbescheides, im Recht nach §§ 60 und 61 BWG, den Bankprüfer frei wählen zu können, und im Recht auf verfassungskonforme Interpretation des § 92 Abs. 7 BWG geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie auf die Argumentation der Beschwerdeführerin hinsichtlich der zeitlichen Beschränkung der Anwendung des § 92 Abs. 7 BWG eingeht. Dabei werden auch die verfassungsrechtlichen Bedenken der Beschwerdeführerin behandelt und Überlegungen zur sachlichen Rechtfertigung von Vorschriften zum Schutz eines wirtschaftlichen Sektorverbundes angestellt. Im Ergebnis wird die Auffassung vertreten, dass die Sachlichkeit der in Rede stehenden Regelung sich auf die Besonderheiten der Genossenschaftssektoren und des Sparkassensektors sowie des (sektoralen) Verbundes in deren Rahmen gründe. Dem österreichischen und auch dem europäischen Bankwesen sei die Unterteilung der Kreditwirtschaft in verschiedene Sektoren systemimmanent. Es liege somit nach Auffassung der belangten Behörde keine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz vor. Es wird die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom auf Feststellung, dass die Revisionszuständigkeit des Österreichischen Genossenschaftsverbandes reg. Gen.m.b.H. in Bezug auf die Beschwerdeführerin erloschen sei, in eventu, bescheidmäßig festzustellen, dass die in der Hauptversammlung der Beschwerdeführerin gewählten Wirtschaftsprüfer Bankprüfer der Beschwerdeführerin seien, zurückgewiesen.
Begründet wurde die Zurückweisung unter Hinweis auf das Fehlen einer gesetzlichen Grundlage für eine derartige Feststellung. Auf die Frage, ob die Voraussetzungen für die Erlassung eines Feststellungsbescheides über Antrag des Betroffenen vorgelegen wären, ging die belangte Behörde weder im angefochtenen Bescheid noch in der Gegenschrift ein (vgl. dazu allgemein zuletzt etwa Ritz, Abfuhrpflicht gemäß § 27 Abs. 4 UStG 1994 - Rechtsschutz durch Feststellungsbescheide, ÖStZ 2000, 359).
Nach Lehre und Rechtsprechung kann mangels besonderer gesetzlicher Anordnung zur Erlassung eines Feststellungsbescheides ein solcher nur über Rechte oder Rechtsverhältnisse ergehen, wenn dies von einer Partei beantragt wird, diese ein rechtliches Interesse an der Feststellung hat, es sich um ein notwendiges, letztes und einziges Mittel zweckentsprechender Rechtsverteidigung handelt oder wenn die Feststellung im öffentlichen Interesse liegt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/17/0008, vom , Zl. 86/17/0069, oder vom , Zl. 86/17/0162 - verstärkter Senat, Slg. Nr. 13.732/A).
Die Feststellung ist dann unzulässig, wenn über die zur Feststellung beantragte Frage in einem anderen Verfahren abzusprechen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/17/0336, oder das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/17/0207). Dabei ist jedoch nach der Rechtsprechung insbesondere auch auf die Zumutbarkeit der "Beschreitung des Rechtswegs" Bedacht zu nehmen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , VwSlg. 6789 F/1993 mit weiteren Hinweisen).
Die belangte Behörde hat sich nicht mit der Frage auseinander gesetzt, ob im Sinne dieser Rechtsprechung ein Feststellungsbescheid auch ohne Vorliegen einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage zulässig gewesen wäre. In der Beschwerde wird zutreffend darauf hingewiesen, dass im vorliegenden Fall ein Genehmigungsverfahren nicht zur Verfügung steht. Gemäß § 63 Abs. 1 BWG ist die Bestellung der Bankprüfer dem Bundesminister für Finanzen unverzüglich schriftlich anzuzeigen. Dieser kann gegen die Bestellung des Bankprüfers Widerspruch im Sinne des § 270 Abs. 3 HGB erheben. Man kann dem Kreditinstitut grundsätzlich das Interesse an der Klarstellung, ob die Bestellung der Bankprüfer dem Gesetz entspricht, nicht absprechen, zumal für die Tätigkeit der Bankprüfer auch Kosten auflaufen. Dazu kommt noch, dass im Beschwerdefall für die Beschwerdeführerin aus der Korrespondenz mit der belangten Behörde ersichtlich war, dass diese eine andere Auffassung hinsichtlich der Zulässigkeit der Bestellung von Bankprüfern vertrat, und überdies die belangte Behörde ein Vorgehen nach § 70 Abs. 4 BWG angekündigt hatte, kann der Beschwerdeführerin ein Interesse an der Feststellung, ob der Genossenschaftsverband noch Bankprüfer war bzw. die erfolgte Bestellung der Bankprüfer gesetzmäßig war, nicht abgesprochen werden. Im Hinblick auf die mit einer Prüfung verbundenen Eingriffe in Rechte des geprüften Unternehmens und die Gefahr, im Falle des Zuwiderhandelns gegen einen Auftrag nach § 70 Abs. 4 BWG mit der in diesem Paragraph vorgesehenen Sanktion belegt zu werden, stellt der Antrag auf Feststellung, dass der Genossenschaftsverband hinsichtlich der Beschwerdeführerin nicht mehr Bankprüfer für die Jahre 1996 und 1997 gewesen sei, ein zweckentsprechendes Mittel der Rechtsverfolgung dar. Eine Vermeidung der Sanktion durch die Beschwerdeführerin war allenfalls durch eine vorläufige Anerkennung der Rechtsauffassung der belangten Behörde und Zulassung der Prüfung durch den Revisionsverband möglich. Es kann aber nicht bestritten werden, dass ein Kreditinstitut ein Interesse daran hat, nicht vor die Wahl gestellt zu sein, entweder die Prüfung durch seiner Ansicht nach nicht (mehr) zuständige Prüfer zuzulassen, oder sich den Sanktionen gemäß § 70 Abs. 4 BWG auszusetzen. Sowohl der Hauptantrag als auch der Eventualantrag betreffend die Feststellung, dass die gewählten Wirtschaftsprüfer Bankprüfer der Beschwerdeführerin seien, erweist sich insoweit als zulässig. Da über den Hauptantrag nicht entschieden wurde, wäre über den Eventualantrag abzusprechen gewesen.
Die Zurückweisung des Antrags erweist sich daher (sowohl hinsichtlich des Hauptantrags als auch hinsichtlich des Eventualantrags) als rechtswidrig; der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Auf die Argumentation der belangten Behörde in der Sache ist im gegenständlichen Verfahren bei dieser Sachlage nicht einzugehen. Zur Frage der Bestellung von Bankprüfern für Kreditinstitute in der Rechtsform einer Genossenschaft ist aber auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/17/0192, hinzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den geltend gemachten Stempelaufwand, der nicht näher begründet wird; neben dem Betrag für die Gebühr gemäß § 24 Abs. 3 VwGG waren keine weiteren Stempelgebühren zuzusprechen.
Wien, am