VwGH vom 21.11.2000, 2000/05/0189
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde der Brigitte Moser und des Wolfgang Moser in Wien, beide vertreten durch Dr. Anton Bauer, Rechtsanwalt in Klosterneuburg, Stadtplatz 23, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. RU1-V-93114/02, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien:
1. Mag. Hubert Jeneral und Dr. Margit Jeneral in Oberursel (BRD), beide vertreten durch Binder, Grösswang & Partner, Rechtsanwälte in Wien I, Sterngasse 13, 2. Marktgemeinde Breitenfurt, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und den Erstmitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von S 12.860,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren der Erstmitbeteiligten wird abgewiesen.
Begründung
Mit Ansuchen vom hat der Zweitbeschwerdeführer um Erteilung der (nachträglichen) baubehördlichen Bewilligung zur Errichtung einer ca. 170 cm hohen Stützmauer angesucht. Das Ansuchen wurde mit Antrag vom modifiziert, dem modifizierten Ansuchen ist auch die Erstbeschwerdeführerin beigetreten. Im Jahre 1997 hat im Gegenstand eine Bauverhandlung stattgefunden, bei der im Wesentlichen festgestellt wurde, dass das eingereichte Projekt nicht genehmigungsfähig sei, da die Stützmauer nach den Bebauungsvorschriften der mitbeteiligten Marktgemeinde die höchst zulässige Höhe überschreite und ebenso unzulässige Geländeanschüttungen vorgesehen gewesen seien. Die Erstmitbeteiligten hatten eingewendet, dass die Stützmauer zum Teil auf ihrem Grundstück Nr. 318/26 errichtet sei und sich auf ein Schreiben des D.I. R.F., Ingenieurkonsulent für Vermessungswesen, vom gestützt, in welchem festgehalten wurde, dass die von den Beschwerdeführern errichtete Mauer teilweise auf dem Grundstück Nr. 318/26 der Erstmitbeteiligten liege. Die Beschwerdeführer hatten die Auffassung vertreten, da der Rechtsvorgänger der Erstmitbeteiligten im Zeitpunkt der Errichtung der Stützmauer (1988) dieser Errichtung zugestimmt habe, sei durch die Vorlage dieser Zustimmungserklärung der Bestand dieser Mauer rechtlich saniert. Nach mehreren Rechtsgängen haben die Beschwerdeführer im Jahre 1999 (der genaue Einreichtag ist nicht eruierbar) ein neues Baugesuch für den Umbau einer Einfriedungsmauer mit Maschengitterzaun auf dem Grundstück Nr. 318/25 in Form eines Planes vom Jänner 1999 eingebracht, das den Abbruch des bestehenden Mauerwerkes in einer Höhe von ca. 1 m sowie größtenteils die Abtragung des aufgeschütteten Geländes vorsieht. Es verbleibt das Fundament der Grenzmauer an der bisherigen Stelle. Die Aufmauerung in der Höhe von nunmehr ca. 35 cm ist gegen das Grundstück der Erstmitbeteiligten gerichtet und beträgt ca. 10 cm vom Niveau des Grundstückes der Beschwerdeführer aus gesehen.
Dieser Plan wurde den Erstmitbeteiligten zur Kenntnis gebracht, die auch gegen dieses Projekt vorbrachten, das Bauvorhaben nehme Teile ihres Grundstückes in Anspruch, das Bauvorhaben sei u.a. nicht genehmigungsfähig, weil sie als Grundeigentümer die Zustimmung zur Bauführung auf fremdem Grund nicht erteilten. In der Folge erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde mit Bescheid vom die Baubewilligung für ein Projekt, eingereicht mit dem Ansuchen vom , modifiziert durch das Ansuchen vom , betreffend die Errichtung einer Einfriedungsmauer. Die Bezugsklausel zu diesem Bescheid befindet sich auf dem im Jahre 1999 eingereichten Plan vom Jänner 1999. Nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens wurde im Wesentlichen ausgeführt, auf Grund der bisherigen Zeugenaussagen könne festgestellt werden, dass die Mauer im Wesentlichen in dem Bereich errichtet worden sei, in dem bereits Jahrzehnte davor ein Maschendrahtzaun Bestand gehabt habe. Die Grundnachbarn seien über viele Jahre hinweg davon ausgegangen, dass dieser Maschendrahtzaun die tatsächliche Grundgrenze sei, nach Entfernung des Zaunes sei auf gleicher Höhe die Mauer errichtet worden, weshalb auch davon auszugehen sei, dass die Mauer die Grundgrenze bilde und noch auf Eigengrund der Beschwerdeführer gelegen sei.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung der Erstmitbeteiligten hat der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom abgewiesen.
Auf Grund der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung der Erstmitbeteiligten hat die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom den Bescheid des Gemeinderates aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die mitbeteiligte Marktgemeinde zurückverwiesen. Zur Begründung wurde nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens im Wesentlichen ausgeführt, das bisher auf Verwaltungsebene durchgeführte Verfahren reiche nicht aus, die Frage zu beurteilen, ob die Beschwerdeführer redliche Bauführer im Sinne des § 418 dritter Satz ABGB gewesen seien und ob sie durch die Bauführung ausnahmsweise ohne bücherliche Eintragung Eigentum am strittigen Grenzgrundstreifen erworben hätten. Im bisherigen Verfahren seien keine Ermittlungen darüber durchgeführt worden, welche Erwägungen der Beschwerdeführer über den Grenzverlauf vor seiner Bauführung angestellt habe, um durch die Bauführung nicht die Eigentumsrechte Dritter zu verletzen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und, ebenso wie die erstmitbeteiligten Parteien, die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Gemeindebehörden haben mit Recht die Frage des strittigen Grenzverlaufes als Vorfrage gemäß § 38 AVG geprüft. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens ist die belangte Behörde zutreffend davon ausgegangen, dass die verfahrensgegenständliche Grenzmauer in einem Bereich zu stehen kommt, in dem vom Zweitbeschwerdeführer im Jahre 1988 die Fundamente der Stützmauer errichtet wurden, weil diese Fundamente bestehen bleiben sollen. Es geht sowohl aus dem Schreiben des D.I. R.F. vom , als auch aus einem vom Zweitbeschwerdeführer vorgelegten Schreiben des D.I. H.M., Ingenieurkonsulent für Vermessungswesen, vom hervor, dass die errichtete Mauer im Bereich der Königsbühelstraße um einige Zentimeter in das Grundstück Nr. 318/26 der Erstmitbeteiligten ragt. Unter Berücksichtigung dieses Umstandes haben sich die Gemeindebehörden mit der Frage auseinander gesetzt, ob die Beschwerdeführer infolge der Errichtung der Stützmauer durch den Zweitbeschwerdeführer im Jahre 1988 das Eigentum am verfahrensgegenständlichen strittigen Grenzgrundstreifen im Sinne des § 418 dritter Satz ABGB redlich erworben haben, und diese Frage bejaht. Zutreffend hat allerdings die belangte Behörde darauf hingewiesen, dass im Ermittlungsverfahren nicht hinreichend geklärt wurde, ob der damalige Eigentümer des Grundstückes der Erstmitbeteiligten Nr. 318/26 unredlich gewesen sei. Wie der Verwaltungsgerichtshof schon in dem auch von der belangten Behörde zitierten Erkenntnis vom , Zl. 92/05/0122, unter Darlegung der Judikatur des Obersten Gerichtshofes ausgeführt hat, wird in der neuern Rechtsprechung des OGH zum Eigentumserwerb gemäß § 418 dritter Satz ABGB gefordert, dass der Grundeigentümer den Bauführer bauen lässt, obwohl er weiß, dass er auf fremdem Grund baut, es werde also gefordert, dass der Grundeigentümer in Kenntnis seines eigenen Rechtes zusieht, wie dem Bauführer aus Unkenntnis dieses Rechtes Nachteile zu erwachsen drohen.
Im vorliegenden Fall hat zwar der damalige Eigentümer des Grundstückes der Erstmitbeteiligten der Bauführung (nachträglich) ausdrücklich seine Zustimmung erteilt. Ob er auch mit einer allfälligen Grenzüberschreitung einverstanden war, steht keinesfalls fest. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass nur die Ersitzung von Teilen eines im Grenzkataster enthaltenen Grundstückes (§ 50 Vermessungsgesetz) ausgeschlossen ist, nicht aber andere Erwerbsvorgänge, wie etwa nach § 418 ABGB, ausgeschlossen sind (Angst, Das neue Vermessungsgesetz, ÖJZ 1969, 339).
Wenn die mitbeteiligte Marktgemeinde in ihrer Gegenschrift in diesem Zusammenhang darauf hinweist, dass ein weiteres Ermittlungsverfahren nicht zielführend erscheine, weil die Zeugen am eigentumsrechtlichen Schicksal der von ihnen bereits vor einem Jahrzehnt veräußerten Liegenschaft nicht mehr interessiert seien und daher die näheren Umstände mangels persönlicher Bedeutung aus ihrem Gedächtnis verdrängt hätten, ist daraus im Beschwerdefall nichts zu gewinnen: wenn nicht glaubhaft gemacht werden kann, dass der Grundeigentümer in Kenntnis seines eigenen Rechtes zugesehen hat, wie dem Bauführer aus Unkenntnis dieses Rechtes Nachteile zu erwachsen drohen, so kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein außerbücherlicher Eigentumserwerb im Sinne des § 418 dritter Satz ABGB durch Bauführung vorliegt.
Im fortgesetzten Verfahren wird die mitbeteiligte Marktgemeinde auch darauf zu achten haben, dass der Spruch insofern mit dem Bescheidinhalt korrespondiert, als sich auch der Spruch auf den einen Bestandteil des Bescheides bildenden Plan bezieht.
Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Mit der Erledigung der Beschwerde ist der Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, gegenstandslos geworden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Das Mehrbegehren der Erstmitbeteiligten war abzuweisen, da in dem in der angeführten Verordnung genannten pauschalierten Schriftsatzaufwand die Umsatzsteuer bereits enthalten ist.
Wien, am