VwGH vom 22.09.1992, 92/05/0093
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Degischer, Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde der Gemeinde Nußdorf am Attersee, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. BauR-P-224006/5-1992 Mo, betreffend Änderung des Flächenwidmungsplanes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde der beschwerdeführenden Gemeinde die Genehmigung zur Änderung des Flächenwidmungsplanes betreffend das Grundstück Nr. nn/1, KG Nußdorf, gemäß § 23 Abs. 3 i.V.m. § 21 Abs. 6 lit. a und e des O.ö. Raumordnungsgesetzes versagt. Zur Begründung wurde ausgeführt, daß die angeführte Flächenwidmungsplanänderung sowohl den Bestimmungen des § 2 Abs. 11 Z. 1 und 3 des O.ö. Raumordnungsgesetzes (ROG) als auch dem § 1 Abs. 2 und 4 des O.ö. Naturschutzgesetzes 1982 widerspreche. Die Umwidmungsfläche liege in einer Grünland-Hangzone im Kreuzungsbereich eines Zufahrtsweges mit dem Güterweg B in der 500 m Seeuferschutzzone des Attersees. Eine weitere Bebauung dieses Hanges würde eine zusätzliche Belastung des Landschaftsbildes und gleichzeitig eine Vergrößerung eines Einzelsplitters in einer Grünlandzone bewirken. Die Gemeinde Nußdorf habe keine Gründe angeführt, die die Stichhaltigkeit der mitgeteilten Versagungsgründe in Frage stellen hätten können. Die Genehmigung der Änderung des Flächenwidmungsplanes sei daher zu versagen gewesen.
In ihrer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt die beschwerdeführende Gemeinde, den angefochtenen Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Über diese Beschwerde sowie über die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Nach § 21 Abs. 6 des O.ö. Raumordnungsgesetzes (ROG), LGBl. Nr. 18/1972, darf die Genehmigung - hier einer Änderung des Flächenwidmungsplanes - nur versagt werden, wenn der Plan
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a) | den Raumordnungsgrundsätzen (§ 2) widerspricht; | |||||||||
b) | einem Raumordnungsprogramm (§ 9 Abs. 1) widerspricht; | |||||||||
c) | einer Verordnung gemäß § 9 Abs. 6 widerspricht; | |||||||||
d) | die geordnete wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung anderer Gemeinden oder des Landes wesentlich beeinträchtigen würde; oder | |||||||||
e) gesetzlichen Bestimmungen widerspricht. | ||||||||||
Nach § 2 Abs. 11 Z. 3 ROG ist auf eine dem Wohl der Bevölkerung dienende Ordnung der Landschaft durch deren Erhaltung, Gestaltung und Pflege durch die Zielsetzung, eine Durchsetzung der Landschaft mit Siedlungsplittern (Zersiedelung) zu verhindern, so weit als möglich Bedacht zu nehmen. Auf den letztgenannten Raumordnungsgrundsatz hat die belangte Behörde die Versagung der Genehmigung der von der Gemeinde beabsichtigten Umwidmung von Grünland in Bauland-Wohngebiet für das Grundstück Nr. nn/1, KG Nußdorf, gestützt. Die bei den Verwaltungsakten erliegenden Pläne und Stellungnahmen lassen nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes hinreichend klar erkennen, daß dieser Versagungsgrund tatsächlich vorliegt. Die beschwerdeführende Gemeinde hat im Verwaltungsverfahren die Umwidmung des Grundstückes deshalb als vordringlich bezeichnet, weil soziale Härten vermieden werden sollen, nämlich einer Familie die Möglichkeit eingeräumt werden soll, daß ein Kind auf diesem Grundstück ein Haus errichte. Eine solche punktuelle Umwidmung würde aber gerade zu einer weiteren Zersiedelung führen, also dem Grundsatz des § 2 Abs. 11 Z. 3 ROG eindeutig zuwiderlaufen, wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat. Wenn auch in der Beschwerde darauf verwiesen wird, daß dieses Grundstück im Eigentum einer Familie schon immer für eine derartige Hausstandsgründung vorgesehen gewesen sei, so verkennt die beschwerdeführende Gemeinde offensichtlich ihre Aufgabe im Rahmen der örtlichen Raumplanung, weil unter Beachtung der gegebenen Flächenwidmung das Grundstück für eine Hausstandsgründung nicht hätte vorgesehen werden dürfen. Es kann daher in einem solchen Fall von einer sozialen Härte gar nicht die Rede sein. | ||||||||||
Die beschwerdeführende Gemeinde hat allerdings zutreffend darauf verwiesen, daß auf den genannten Raumordnungsgrundsatz nur so weit als möglich Bedacht zu nehmen ist. Sie räumt in diesem Zusammenhang ausdrücklich ein, daß eine Durchsetzung der Landschaft mit Siedlungssplittern verhindert werden soll, doch führt sie aus, daß ein Großteil des Gemeindegebietes innerhalb der von der belangten Behörde genannten Seeufer-Schutzzone liege, und allein aus diesem Grund eine weitere räumliche Entwicklung der Gemeinde überhaupt nicht mehr möglich sei. Auch unter dem Gesichtspunkt der von der belangten Behörde angesprochenen Bestimmung des § 2 Abs. 11 ROG sei daher ein Eingriff in die Landschaft keinesfalls gänzlich ausgeschlossen. Letzteres dürfte zutreffen, doch müßte nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes hier eine Erweiterung des bestehenden Wohngebietes oder eine bestimmte zusammenfassende Widmung von neuem Wohngebiet ins Auge gefaßt werden, nicht aber eine punktuelle Widmung wie im vorliegenden Fall, die als typische Zersiedelungsmaßnahme zu qualifizieren ist (vgl. auch die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 88/06/0169, und Zl. 88/06/0170). Nach Ansicht des Gerichtshofes kann daher auch das diesbezügliche Beschwerdevorbringen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides dartun. | ||||||||||
Soweit in der Beschwerde der Versuch unternommen wird, das öffentliche Interesse an der Verhinderung von Eingriffen in das Landschaftsbild im Bereich von Seen zu relativieren, ist klarzustellen, daß nach den Bestimmungen des Naturschutzgesetzes ein öffentliches Interesse an der Erhaltung des Landschaftsbildes besteht, wie auch in der Beschwerde letztlich eingeräumt wird. Zu Recht durfte sich daher die belangte Behörde auch auf die Bestimmungen des | ||||||||||
O.ö. Naturschutzgesetzes berufen. Auch die damit geltend gemachte inhaltliche Rechtswidrigkeit liegt sohin nicht vor. | ||||||||||
Eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erblickt die beschwerdeführende Gemeinde schließlich darin, daß sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht ausreichend mit dem Vorbringen der Gemeinde auseinandergesetzt habe. Der Beschwerdeführerin ist einzuräumen, daß die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides nur ganz allgemein ausgeführt hat, daß die Gemeinde keine Argumente gegen die Stichhaltigkeit der mitgeteilten Versagungsgründe vorgebracht hätte. Nun hat die Gemeinde auf das schon bestehende Wohnhaus der Umwidmungswerber verwiesen und in diesem Zusammenhang die Behauptung aufgestellt, daß das geplante Wohnhaus sowohl räumlich als auch architektonisch dem Altbestand angepaßt werden könnte, sodaß auch einschlägige Gesetze sicherlich nicht verletzt würden. Der Verwaltungsgerichtshof teilt nun die Auffassung der belangten Behörde, daß dieses Vorbringen der Stichhaltigkeit des mitgeteilten Versagungsgrundes einer weiteren Zersiedelung nicht zu Recht entgegengehalten werden kann, vielmehr eine fortschreitende Zersiedelung nachgerade unterstreicht. Dennoch hätte die belangte Behörde in ihrer Begründung sich konkret mit diesem Vorbringen der Gemeinde sowie der schon erwähnten Behauptung der Vermeidung einer sozialen Härte auseinandersetzen müssen, wollte sie sich nicht dem in der Beschwerde tatsächlich erhobenen Vorwurf einer Verletzung von Verfahrensvorschriften mangels ausreichender Begründung aussetzen. Dieser Verfahrensmangel ist jedoch nicht wesentlich, weil, wie schon dargetan, die belangte Behörde auch bei seiner Vermeidung nicht zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre. Auch in dieser Beziehung erweist sich sohin die Beschwerde im Ergebnis als nicht berechtigt. | ||||||||||
Auf Grund der dargelegten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen. | ||||||||||
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG und die Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. |
Fundstelle(n):
XAAAE-32821