VwGH vom 09.08.2001, 2000/16/0879
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zehetner, über die Beschwerde der A in M, vertreten durch Dr. Michael Brunner und Dr. Elmar Reinitzer, Rechtsanwälte in Wien I, Wollzeile 6-8, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , GZ. RV 0289-09/07/00, betreffend Schenkungssteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Eingabe vom brachte der rechtsfreundliche Vertreter der Beschwerdeführerin dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien (im folgenden kurz: Finanzamt) unter anderem folgenden Umstand zur Kenntnis:
"1. Meine Mandantin hat am die Ehe mit Herrn S in Irland geschlossen und war bis etwa Herbst 1998 gemeinsam mit Ihrem Ehemann in einem angemieteten Wohnobjekt in 2326 Maria Lanzendorf, Nußbaumgasse 15 wohnhaft.
2. Mit Kaufvertrag vom , abgeschlossen zwischen Herrn Christian Karner als Verkäufer einerseits und meiner Mandantin und ihrem Ehemann als Käufer andererseits, hat meine Mandantin 3/4-Anteil und ihr Ehemann 1/4-Anteil der Liegenschaft EZ 2887, Grundbuch 16118 Maria Enzersdorf mit einem darauf errichteten Wohnhaus zum Kaufpreis von S 10 Mio. erworben.
Aus diesem Anlass hat der Vater meiner Mandantin, Herr FD, die ihn gesetzlich treffende Pflicht auf Ausstattung durch Zuwendung eines Betrages in Höhe von S 2,992.380,07 erfüllt, weil insbesondere durch den Kauf des Hauses weitere Anschaffungen, wie beispielsweise Kauf von Einrichtungsgegenständen, Hausrat etc., und Investitionen notwendig geworden sind.
..."
Mit der Begründung, es habe sich um die Erfüllung des Ausstattungsanspruches gehandelt, vertrat die Beschwerdeführerin die Auffassung, es sei keine Schenkungssteuer zu entrichten.
Gegen den daraufhin vom Finanzamt erlassenen Schenkungssteuerbescheid berief die Beschwerdeführerin unter anderem mit dem ausdrücklichen Vorbringen, das in Maria Lanzendorf angemietete Objekt sei nur ein Provisorium bis zur Anschaffung eines dem Standard der Familie entsprechenden Objektes gewesen.
Wörtlich führte die Beschwerdeführerin dazu folgendes aus:
"Das in Maria Lanzendorf angemietete Objekt hatte eine Wohnfläche von rund 80 m2, wobei der Grund 500 m2 betrug. Das nunmehr von meinem Ehemann und mir käuflich erworbene Wohnhaus hat eine Wohnfläche von über 400 m2 und einen Grund von rund 1.200 m2 und kostete S 10 Mio.. Das Einkommen meines Vaters betrug zuletzt rund S 5.860.000,--. Bei Gegenüberstellung dieser Relationen wird deutlich, dass das angemietete Objekt, welches meinem Ehemann und mir als provisorische Wohnstätte diente, in keiner Weise den Lebensbedürfnissen meiner Familie und mir angemessen war und gerecht wurde.
Am wurde mein Sohn L und am mein Sohn P geboren. Es war von vornherein die Absicht meines Ehemannes und von mir, dass wir ein adäquates Wohnobjekt kaufen werden, welches in weiterer Folge angemessen einzurichten ist. Ein adäquates Wohnobjekt, das auch preislich entspricht, bedarf aber einer intensiven Suche. Dazu kam noch, dass ich kurz nach der Eheschließung im Juli 1994 schwanger wurde und innerhalb kurzer Zeit 2 Kinder gebar. Dadurch war es mir auch nicht möglich, die gesamte Zeit zur Suche einer entsprechenden Wohnstätte zu verwenden. Trotzdem wurde bereits im Juli 1998 ein Kaufvertrag über das meinem Ehemann und mir nunmehr gehörige Haus abgeschlossen.
Es hätte wenig Sinn gemacht, wenn mein Vater, bevor noch das entsprechende Haus gefunden war, seine Ausstattungspflicht durch Zuwendung eines Betrages von rund S 3 Mio. erfüllt hätte, weil dieser Betrag zur Einrichtung des Hauses udgl. bestimmt war. Ein 80 m2 angemietetes Wohnobjekt kann nicht mit jenen Gegenständen um rund S 3 Mio. eingerichtet werden, die in ein Haus mit einer Wohnfläche von über 400 m2 passen. Es war daher von vornherein klar, dass ein Ausstattungsanspruch realisiert wird, wenn das Provisorium des angemieteten Hauses beendet wird.
Das erstinstanzliche Verfahren ist mangelhaft, weil die Erstbehörde die von mir beantragten Beweismittel, nämlich die Vernehmung meines Vaters und von mir, nicht eingeholt hat. An dieser Stelle beantrage ich nochmals die Vernehmung meines Vaters, Herrn FD, sowie meine Vernehmung zum Beweis des hier wiedergegebenen rechtsrelevanten Sachverhaltes."
Die belangte Behörde wies - ohne die beantragten Beweise aufzunehmen - die Berufung als unbegründet ab und vertrat im Kern der Begründung ihres Bescheides die Auffassung, es sei die Unmittelbarkeit der Zuwendung zu verneinen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Nichtfestsetzung der Schenkungssteuer verletzt.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet begehrt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 3 Abs. 5 ErbStG lautet:
"(5) Eine Ausstattung oder ein Heiratsgut, das Abkömmlingen zur Einrichtung eines den Vermögensverhältnissen und der Lebensstellung der Beteiligten angemessenen Haushaltes gewährt wird, gilt nicht als Schenkung, sofern zur Zeit der Zuwendung ein Anlass für eine Ausstattung oder ein Heiratsgut gegeben ist und der Zweck der Zuwendung innerhalb zweier Jahre erfüllt wird. Eine Ausstattung oder ein Heiratsgut, das über das angegebene Maß hinausgeht, ist insoweit steuerpflichtig."
Die Eigenschaft eines Heiratsgutes (einer Ausstattung) geht nicht verloren, wenn es nicht schon bei der Verehelichung sondern erst später hingegeben wird (vgl. dazu die bei Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band III Erbschafts- und Schenkungssteuer unter Rz 84 Abs. 5 und 6 zu § 3 ErbStG referierte hg. Judikatur.
Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass als Anlass iS des § 3 Abs. 5 ErbStG die durch die Eheschließung notwendig werdende Einrichtung des ersten gemeinsamen Haushalts der Eheleute ist (bei Fellner a. a.O. Rz 91 Abs. 1 und Rz 92 Abs. 1 zu § 3 ErbStG).
Allerdings hat der Verwaltungsgerichtshof auch ausgesprochen, dass ein wegen der erst zu erfolgenden Errichtung eines Einfamilienhauses vorübergehend angemietetes Objekt der Anwendung des § 3 Abs. 5 leg. cit. nicht schadet (Erkenntnis vom , Zl. 1778/76; bei Fellner a.a.O. Rz 92 Abs. 3). Auch aus den hg. Erkenntnissen vom , Zl. 2376/79 und vom , Zl. 88/16/0231 (siehe bei Fellner a. a.O. Rz 92 Abs. 5 und 6) ergibt sich die Unmaßgeblichkeit vorübergehender Provisorien.
Da im vorliegenden Fall die Beschwerdeführerin in ihrer Berufung ausdrücklich geltend machte, die Anmietung des Objektes in Maria Lanzendorf sei nur ein Provisorium gewesen, bis ein dem Standard der Familie angemessenes Haus gefunden wird und dass die Suche eines solchen Objektes (unter Berücksichtigung der zwischenweilig erfolgten Geburt zweier Kinder) entsprechende Zeit erfordert hätte, hätte die belangte Behörde in Erfüllung der sie treffenden Ermittlungspflicht diesem Umstand die erforderliche Aufmerksamkeit zuwenden und insbesondere die dazu von der Beschwerdeführerin ausdrücklich angebotenen Beweise aufnehmen müssen. Die Unterlassung der entsprechenden Ermittlungen belastet den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben war.
Mit Rücksicht auf die einfache Sach- und Rechtslage konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994.
Wien, am