zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 18.02.1986, 85/07/0302

VwGH vom 18.02.1986, 85/07/0302

Beachte

Vorgeschichte:

85/07/0198 E ;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Hoffmann und Dr. Fürnsinn als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Pinter, über die Beschwerde des OW in W, vertreten durch Dr. Hilbert Aubauer, Rechtsanwalt in Wien I, Rosenbursenstraße 8, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom , Zl. III/1-24-520-84, betreffend Bestrafung nach dem Wasserrechtsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Hinsichtlich der Vorgeschichte bzw. des Sachverhaltes wird auf das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 85/07/0198, 85/07/0226, verwiesen, mit dem eine Beschwerde des nunmehrigen Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom betreffend Kostenersatz nach § 31 Abs. 3 WRG 1959 abgewiesen worden ist; der vorliegende Beschwerdefall geht auf denselben Vorfall zurück, welcher dem vorgenannten Erkenntnis zugrunde lag.

Nach einem von der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung durchgeführten Ermittlungsverfahren hat diese Behörde dem Beschwerdeführer mit ihrem Straferkenntnis vom zur Last gelegt, der Beschwerdeführer habe am gegen

8.30 Uhr in P in der Halle I der B-werke unter Außerachtlassung der erforderlichen Aufmerksamkeit Heizöl in den Tagesbehälter gepumpt, wobei überfließendes Öl durch den Regenwasserkanal in den Wienfluß und anschließend weiter in den Wienerwaldstausee gelangt sei, wodurch es zu einer Wasserverunreinigung gekommen sei; er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 137 in Verbindung mit § 31 WRG 1959 begangen. Über den Beschwerdeführer wurde eine Geldstrafe von S 5.000,--, im Nichteinbringungsfall eine Woche Arrest, verhängt. In der Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, das Straferkenntnis gründe sich auf eine Anzeige des Gendarmeriepostens Tullnerbach sowie die gepflogenen Erhebungen. Bei der Einvernahme zur Rechtfertigung habe der Beschwerdeführer angegeben, daß, wie sich erst nach dem Unfall herausgestellt habe, am Tagesbehälter ein falsches Schwimmersystem angebracht gewesen sei, wodurch der Tank undicht geworden sei und überfließendes Heizöl nicht über die Überlaufleitung zum Bodentank zurückfließen habe können. Seine Unvorsichtigkeit beim Überpumpen könne er nicht bestreiten, doch habe er seine Arbeiten bei den B-werken zusätzlich zu anderen Arbeiten leisten müssen und sei daher stark überfordert gewesen. Er fühle sich daher der ihm angelasteten Verwaltungsübertretung nicht schuldig. Die Behörde erster Instanz kam hiebei zu dem Ergebnis, daß die Rechtfertigungsangaben des Beschwerdeführers nicht geeignet seien, ihn von der Schuld zu befreien, da er in Anwendung der beim Überpumpen von Öl erforderlichen Aufmerksamkeit das Überfließen von Öl hätte bemerken müssen und er daher die durch sein Fehlverhalten verursachte Wasserverunreinigung voll zu verantworten habe. Die Strafe sei innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens festgesetzt sowie unter Berücksichtigung des § 19 VStG, insbesondere der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten bemessen worden. Mildernd sei die bisherige Unbescholtenheit gewertet worden. Erschwerend habe jedoch das beträchtliche Ausmaß der Wasserverunreinigung gewertet werden müssen.

Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer mit der Begründung berufen, es sei richtig, daß sich am gegen 8.30 Uhr in den in Konkurs geratenen B-werken ein Ölunfall ereignet habe, für den er allerdings nicht zur Verantwortung zu ziehen sei. Der dem Straferkenntnis zugrundeliegenden Anzeige sowie den von der Behörde gepflogenen Erhebungen sei zu entnehmen, daß sich der Ölunfall in Zusammenhang mit dem Betrieb einer Ölheizungsanlage ereignet habe. Wie sich weiters auch schon der Rechtfertigung ergebe, sei die Ursache des Ölunfalles darauf zurückzuführen, daß die zur Vermeidung des Überlaufens von Öl angebracht gewesene Rückflutleitung ihre Funktion nicht erfüllt habe. Der Beschwerdeführer sei nicht Eigentümer der gegenständlichen Anlage; sein Handeln stehe im Zusammenhang mit dem Benützen der Anlage und gehöre mithin zu deren Betrieb; der gemäß § 31 Abs. 1 WRG 1959 "Verpflichtete" sei der Eigentümer der Anlage und nicht er. Er könne daher schon aus objektiven Gründen nicht gemäß § 31 WRG 1959 zur Verantwortung gezogen werden. Überdies sei für ihn die Tatsache, daß trotz der Rückfluteinrichtung Öl aus dem geschlossenen Kreis Überfließen könnte, unvorhersehbar gewesen, sodaß ihm auch kein fahrlässiges Verhalten angelastet werden könne, aus welchem Grunde er auch im Zuge des oben erwähnten Gerichtsverfahrens bei der am stattgefundenen Hauptverhandlung rechtskräftig freigesprochen worden sei. Richtig sei wohl, daß auf Grund der Blankettstrafnorm des § 137 WRG 1959 eine Bestrafung neben einer strafgerichtlichen Ahndung möglich gewesen wäre, doch müsse auch für die Strafbarkeit einer Verwaltungsübertretung ein Verschulden des Täters vorliegen, was das Landesgericht für Strafsachen Wien im vorliegenden Fall zutreffend verneint habe.

Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom wurde der Berufung nicht Folge gegeben. Zur Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, im Fall des Vorliegens von Übertretungen nach dem Wasserrechtsgesetz sei die Wasserrechtsbehörde gemäß § 84 StPO verpflichtet, bei Verdacht des Vorliegens von strafbaren Handlungen gemäß § 180 und § 181 StGB 1975 Anzeige an die Staatsanwaltschaft zu erstatten; diese Verpflichtung umfasse nicht alle nach § 137 WRG 1959 zu ahndende Delikte, sondern nur solche, auf welche die qualifizierten Tatbestandsmerkmale des § 180 Abs. 1 StGB 1975 (Gefahr für Leib und Leben sowie große Gefahr für Haus- und Jagdtiere) zutreffen. Ein Freispruch in einem etwaigen Gerichtsverfahren könne daher keinen Einfluß auf die Beurteilung eines Verwaltungsstrafverfahrens nach dem Wasserrechtsgesetz haben. Die Reinhaltepflicht gemäß § 31 Abs. 1 WRG 1959 werde nicht nur Wasserberechtigten oder Anlagebesitzern, sondern im Rahmen seiner Handlungsweise jedermann zur Pflicht gemacht. Diese gesetzliche Bestimmung umfasse daher alle Vorsorgen, die dazu angetan seien, eine zwar nicht vorher bedachte, aber immerhin mögliche Verunreinigung auszuschließen. Diesem Gebot werde durch ein Verhalten zuwidergehandelt, das dazu führe, daß eine verbotene (weil bewilligungslose) Verunreinigung eintrete. Eine Gewässerverunreinigung sei in diesem Fall ein notwendiger Bestandteil des Tatbildes "mangels der Obsorge gegenüber der Gewässergüte". Nach diesen Bestimmungen werde der Manipulation mit Öl und anderen schwer abbaufähigen oder giftigen Stoffen, welche in Wasserläufen und im Grundwasser nicht bloß empfindliche, sondern auch nachhaltige und meist kaum behebbare Schäden verursachen, besondere Bedeutung zugemessen. In den Richtlinien zum Schutz des Wassers bei Auslaufen von Mineralölen - herausgegeben vom Wasserwirtschaftsverband im Jahre 1963 - seien konkrete Maßnahmen im Falle einer Gefährdung des Wassers festgelegt worden. Durch das durchgeführte Ermittlungsverfahren insbesondere durch die Zeugenaussage des Ing. H. und des Josef S. sowie durch ihre niederschriftliche Einvernahme bei der Behörde erster Instanz vom sei der strafbare Tatbestand nach § 31 Abs. 1 WRG 1959 als erwiesen anzunehmen; der Beschwerdeführer selbst habe die Außerachtlassung der Sorgfaltspflicht bei der Ölmanipulation nicht bestritten. Die belangte Behörde sehe das Verschulden des Beschwerdeführers in der Vernachlässigung dieser Sorgfaltspflicht nach den oben angeführten Bestimmungen des ABGB insofern, als er bis zum Ende des Abfüllvorganges in der Halle I verbleiben und die beiden Öltanks laufend kontrollieren hätte müssen. In diesem Fall hätte der Beschwerdeführer bei einem eventuellen Gebrechen den Pumpvorgang sofort stoppen und die erforderlichen Maßnahmen sofort treffen können, um ein weiteres Überlaufen von Heizöl zu verhindern.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinen Rechten gemäß §§ 31 und 137 WRG 1969 in Verbindung mit § 5 VStG 1950 verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 31 Abs. 1 WRG 1959 in der Fassung der Wasserrechtsnovelle 1969, BGBl. Nr. 207, hat jedermann, dessen Anlagen, Maßnahmen oder Unterlassungen eine Einwirkung auf Gewässer herbeiführen können, mit der im Sinne des § 1297 zutreffendenfalls mit der im Sinne des § 1299 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches gebotenen Sorgfalt seine Anlagen so herzustellen, instandzuhalten und zu betreiben oder sich so zu verhalten, daß eine Gewässerverunreinigung vermieden wird, die den Bestimmungen des § 30 zuwiderläuft und nicht durch eine wasserrechtliche Bewilligung gedeckt ist. Die Strafbarkeit des vom Beschwerdeführer gesetzten Verhaltens hat die belangte Behörde auf § 137 Abs. 1 WRG 1959 gestützt.

Der Beschwerdeführer gab in seiner Verantwortung vom an, für die Besorgung der Heizung verantwortlich zu sein; er stellt damit eine Person vor, der Einwirkungen aus der Heizungsanlage der Fa. B. auf ein Gewässer im Sinne des § 31 Abs. 1 WRG 1959 zurechenbar sind.

Wie der Verwaltungsgerichtshof dazu bereits in seinem Erkenntnis vom , Slg. Nr. 7893/A, dargelegt hat, umfaßt das Gebot des § 31 Abs. 1 WRG 1959 alle die Vorsorgen, die dazu angetan sind, eine an sich zwar nicht vorbedachte, aber immerhin mögliche Verunreinigung auszuschließen. Diesem Gebot wird durch ein Verhalten zuwidergehandelt, das dazu führt, daß eine verbotene (weil bewilligungslose) Verunreinigung eintritt. Eine Zuwiderhandlung gegen § 31 Abs. 1 leg. cit. setzt demnach den Eintritt einer verbotenen Gewässerverunreinigung voraus. Die Gewässerverunreinigung ist in diesem Fall ein notwendiger Bestandteil des Tatbildes mangelnder Obsorge gegenüber der Gewässergüte.

Diese Voraussetzungen der Strafbarkeit hat die belangte Behörde unbedenklich festgestellt. Hinsichtlich des persönlichen Verschuldens genügt nach § 5 Abs. 1 VStG 1950, wenn die Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Täter den Erfolg, dessentwegen das Gesetz die Tat als strafbar erklärt, gar nicht gewollt, aber auch nicht vermieden hat, obwohl er ihn hätte vermeiden können oder sollen.

Der Grund der Strafbarkeit liegt in dem negativen Moment eines Mangels an Pflichtgefühl, nämlich in der Vernachlässigung der unter den gegebenen Umständen und nach den persönlichen Verhältnissen gebotenen pflichtgemäßen Sorgfalt und Rücksicht gegenüber den Interessen anderer, mag der Täter auch infolge seiner Nachlässigkeit den Erfolg seiner Handlungsweise nicht vorausgesehen haben (vgl. Erkenntnis des Bundesgerichtshofes vom , Slg. Nr. 469/A, und des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 281/73). Auf die im § 31 Abs. 1 WRG 1959 angeführten Vorschriften über den zu vertretenden Grad des Fleißes und der Aufmerksamkeit im Sinne der §§ 1297 und 1299 ABGB ist dabei Bedacht zu nehmen.

Für die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung ist es ohne Bedeutung, ob der Beschwerdeführer vom Strafgericht freigesprochen worden ist. Der Beschwerdeführer, wie bereits dargelegt, war verantwortlich für die Heizungsanlage in den B-werken und wußte auch, daß durch die Stromabschaltungen seitens der Newag und durch seine eigenen Manipulationen an den elektrischen Einrichtungen die Ölpumpe nur händisch ausgeschaltet werden kann. Der Beschwerdeführer hat sich dennoch von dem Ort, an dem der Pumpvorgang erfolgte, durch längere Zeit wegbegeben.

Die belangte Behörde hat einwandfrei festgestellt, daß es Pflicht des Beschwerdeführers gewesen wäre, dafür Sorge zu tragen, daß alle technischen Einrichtungen, zu denen zweifellos auch die Heizanlage gehört, entsprechend den gesetzlichen Vorschriften betrieben werden. Damit hatte aber der Beschwerdeführer auch die Aufgabe, den Pumpvorgang bis zum Ende zu beobachten. Bei Erfüllung der vom Beschwerdeführer zu verantwortenden Sorgfaltspflicht wäre die Verunreinigung eines Gewässers zu verhindern gewesen. Im vorliegenden Fall bedurfte es daher keiner besonderen Bedienungsanleitung oder Auflagen der Behörden. Wenn der Beschwerdeführer behauptet, daß die Überlaufsicherung defekt gewesen sei, er dies nicht gewußt habe und für ihn auch nicht erkennbar gewesen sei, so ist dem entgegenzuhalten, daß - abgesehen von der teilweisen Absperrung der Stromzufuhr für die Absperrvorrichtung durch die Newag, was dem Beschwerdeführer ohnedies bekannt war - von ihm solches im Verwaltungsverfahren nicht vorgebracht wurde und dieses Vorbringen daher als unbeachtliche Neuerung anzusehen ist.

Da sich die Beschwerde sohin als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 243.

Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden, da die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt.

Wien, am