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VwGH 20.04.2001, 2000/05/0123

VwGH 20.04.2001, 2000/05/0123

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
BauO NÖ 1996 §14 Z4;
BauRallg;
RS 1
Die Baubewilligung für eine Abänderung eines Bauwerks (siehe § 14 Z. 4 NÖ BauO 1996) setzt eine - zumindest vermutbare - Baubewilligung für den Bestand voraus (siehe Hauer-Zaussinger, Niederösterreichisches Baurecht, 6. Auflage, Seite 237, Anm. 12).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde der Christiana Emsenhuber in Herzogenburg, vertreten durch Dr. Max Urbanek, Rechtsanwalt in St. Pölten, Riemerplatz 4, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. RU1-V-94083/07, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. Gemeinde Weißenkirchen an der Perschling, vertreten durch den Bürgermeister, 2. Anton und Hilde Köstler in Langmannersdorf, Untere Ortsstraße 22), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom wurde - soweit für das Beschwerdeverfahren maßgeblich - der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Bürgermeisters dieser Gemeinde vom , mit welchem die von den zweitmitbeteiligten Parteien beantragte Baubewilligung erteilt worden ist, "insoweit Folge gegeben, als der bekämpfte Bescheid der Baubehörde erster Instanz wegen mangelnder Konsensfähigkeit des Bauansuchens bezüglich Dachvorsprunges ersatzlos behoben und dem Bürgermeister aufgetragen wird, über das gesamte, hier einzig verfahrensgegenständliche Bauobjekt ein neues baubehördliches Verfahren auf Grundlage der NÖ Bauordnung 1996 einzuleiten und durchzuführen". Der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde führte in der Begründung hiezu aus, mit seinem Bescheid trage er dem von der Vorstellungsbehörde mit ihrem Bescheid vom erteilten Auftrag Rechnung.

Der vorgenannte Bescheid der NÖ Landesregierung vom war Gegenstand des mit Erkenntnis vom heutigen Tag abgeschlossenen hg. Beschwerdeverfahrens Zl. 99/05/0070. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde der - auch im gegenständlichen Beschwerdeverfahren - beschwerdeführenden Partei wurde als unbegründet abgewiesen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf dieses Erkenntnis vom heutigen Tag verwiesen.

Mit dem hier angefochtenen Bescheid der NÖ Landesregierung vom wurde der Vorstellung der Beschwerdeführerin gegen den eingangs zitierten Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom Folge gegeben, dieser Bescheid behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die mitbeteiligte Gemeinde zurückverwiesen. Die Berufungsbehörde entspreche nicht ihrer Verpflichtung zur Entscheidung in der Sache, wenn der mittels Berufung angefochtene erstinstanzliche Bescheid aufgehoben werde, im Übrigen aber ein Abspruch über den dem Bescheid zu Grunde liegenden Antrag der Partei unterbleibe. Die Berufungsbehörde dürfe sich also nicht mit der bloßen Behebung und Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz begnügen. Eine Zurückweisung an die Behörde erster Instanz sei nur im Rahmen des § 66 Abs. 2 AVG zulässig. Im vorliegenden Fall sei das mit Ansuchen der zweitmitbeteiligten Parteien vom März 1997 eingeleitete Baubewilligungsverfahren betreffend die Vergrößerung des Dachvorsprunges an der Ostseite der bestehenden Mehrzweckhalle anhängig gemacht worden. Über diesen Antrag habe der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde mit dem angefochtenen Bescheid nicht entschieden, diese Angelegenheit sei nach wie vor offen. Der Auftrag an den Bürgermeister, ein neues baubehördliches Verfahren einzuleiten bzw. durchzuführen, sei der gesetzlich verankerten Verpflichtung zur Entscheidung in der Sache im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG nicht gleichzuhalten. Sollte das vorliegende Bauansuchen der Bauwerber vom März 1997 durch den Gemeinderat zurückgewiesen (richtig wohl: abgewiesen) werden, werde der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde die Eigentümer des Grundstückes, auf dem die Mehrzweckhalle entgegen der erteilten Baubewilligung aus dem Jahre 1985 - somit insoweit konsenslos - errichtet worden ist, zur Antragstellung nach § 35 Abs. 2 Z. 3 zweiter Fall NÖ Bauordnung 1996 aufzufordern haben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in folgenden Rechten verletzt:

"1) auf fehlerfreie Handhabung der Verfahrensvorschriften, insbesondere auf Durchführung eines Ermittlungsverfahrens unter Heranziehung des gesamten Akteninhaltes und Gewährung des Parteiengehörs; ohne überraschende rechtliche Beurteilung ohne vorherige Gelegenheit zum Parteiengehör; ohne Vernachlässigung der amtswegigen Ermittlungspflicht und Pflicht zur Aufnahme beantragter geeigneter Beweismittel; sowie nachvollziehbare Feststellungen und Begründungen;

2) auf Einhaltung der Bestimmungen der §§ 68 ff AVG und Anordnung der Aufhebung rechtskräftiger Bescheide nur unter Beachtung der Bedingungen dieser Bestimmung, insbesondere Wahrung der mir daraus erwachsenen Rechte; insbesondere Unterlassung der Vorschreibung der Aufhebung des rechtskräftigen Baubewilligungsbescheides aus 1985;

3) auf rechtliche Bindung der untergeordneten Behörde nur an die dem Sachverhalt entsprechende Fassung verschiedener Rechtslagen, und Beachtung der Übergangsvorschriften, insbesondere des § 77 NÖ BO 1996; konkret Bindung des weiteren Verfahrens der Behörde an die NÖ BO 1976;

4) im Recht auf Unterlassung bindender Vorschriften an die untergeordnete Behörde, wenn die Aufsichtsbehörde keine Zuständigkeit bezüglich rechtskräftig erlassener Baubewilligungsbescheide (1985) hat; und im Recht auf Behandlung eines Bauvorhabens als unteilbares Ganzes gemäß VwSlg. 8896/A;

5) im Recht auf Bestimmtheit eines Leistungsauftrages insbesondere im Sinne des § 59 AVG;

6) im Recht auf Berücksichtigung sowohl des Inhaltes, als auch der Grenzen der materiellen Rechtskraft des im Jahr 1985 erteilten Baubewilligungsbescheides;

7) im Recht auf Einhaltung der mit diesen öffentlichen Rechten zusammenhängenden Verfahrensvorschriften, insbesondere derjenigen des AVG, so § 37 AVG, über das Verfahren zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes, das Prinzip der Offizialmaxime, wie auch der Verpflichtung der Behörde zur Erforschung der materiellen Wahrheit; sowie auf Gewährung von Parteiengehör;

durch Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften, bei deren Einhaltung die Behörde zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können und gekommen wäre;

8) im Recht auf Wahrung des subjektiv-öffentlichen Rechtes eines Anrainers auf Einhaltung der Abstände der Fluchtlinien gemäß § 118 NÖ BO 1976 zu (...) und auf die aller aus r.k. Bewilligungsbescheiden erwachsenen derartigen Rechte; wie Vermeidung einer Wasserableitung auf den Nachbargrund, und wie sonst in den Rechtsmitteln bekämpft."

Sie macht Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Die mitbeteiligte Gemeinde erstattete ebenfalls eine Gegenschrift, stellte jedoch keinen Antrag.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde ein Berufungsbescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde in dem von den zweitmitbeteiligten Parteien durch einen Antrag vom März 1997 eingeleiteten Baubewilligungsverfahren gemäß § 61 Abs. 4 der NÖ Gemeindeordnung 1973 aufgehoben. Dieses nach Inkrafttreten der NÖ Bauordnung 1996 (siehe hiezu § 78 Abs. 1 NÖ Bauordnung 1996) eingeleitete Baubewilligungsverfahren hat - wie sich aus dem Einreichplan vom März 1997 ergibt - die "teilweise Überdachung des seitlichen Bauwichs im Anschluss an die bestehende Mehrzweckhalle" auf dem Grundstück der zweitmitbeteiligten Parteien zum Gegenstand und ist demnach auf Abänderung der rechtskräftig erteilten Baubewilligung des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom , mit welchem die Errichtung dieser Mehrzweckhalle bewilligt worden ist, gerichtet. Ein Vergleich des dem baubehördlichen Bewilligungsbescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom zu Grunde liegenden Einreichplanes mit dem dem beschwerdegegenständlichen Antrag auf Änderung dieser Baubewilligung zu Grunde liegenden Einreichplan vom März 1997 ergibt, dass die im Einreichplan vom März 1997 dargestellte Halle insbesondere hinsichtlich Lage, Länge und auch Ausführung nicht der bewilligten Mehrzweckhalle entspricht, weshalb nicht von einer bewilligten Mehrzweckhalle, wie im Einreichplan vom März 1997 dargestellt, auszugehen ist und daher auch nicht eine Abänderung der baubehördlichen Bewilligung dieser Mehrzweckhalle (wie beantragt Überdachung des seitlichen Bauwichs) möglich ist, wie dies im hg. Erkenntnis vom heutigen Tag zu Zl. 99/05/0070 näher ausgeführt worden ist. In diesem Erkenntnis wurde auch näher begründet, warum die belangte Behörde mit ihrem aufhebenden Bescheid vom in rechtlich einwandfreier Weise dem Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde aufgetragen hat, das Ansuchen der zweitmitbeteiligten Parteien vom März 1997 um Erteilung der Baubewilligung zurückzuweisen (richtig: abzuweisen). In diesem Bescheid wurde von der belangten Behörde auch zutreffend darauf hingewiesen, dass es eines Bauansuchens der Grundeigentümer bedürfe, welches sich auf die bereits errichtete (insoweit konsenslose) Mehrzweckhalle bezieht. Als Abänderung kommt natürlich auch eine Abweichung von einem bereits bewilligten Projekt in Betracht. Die Baubewilligung für eine Abänderung eines Bauwerks (siehe § 14 Z. 4 NÖ Bauordnung 1996) setzt aber eine - zumindest vermutbare - Baubewilligung für den Bestand voraus (siehe Hauer-Zaussinger, Niederösterreichisches Baurecht, 6. Auflage, Seite 237, Anm. 12).

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom hat die belangte Behörde den Ersatzbescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom in Übereinstimmung mit der Rechtslage deshalb aufgehoben, weil in diesem Bescheid des Gemeinderates dem Bürgermeister als Baubehörde erster Instanz aufgetragen worden ist, "über das gesamte hier einzig verfahrensgegenständliche Bauobjekt ein neues baubehördliches Verfahren auf Grundlage der NÖ Bauordnung 1996 einzuleiten und durchzuführen", obwohl ein solcher Antrag nicht vorliegt. Antragsbedürftige Verwaltungsakte - um solche handelt es sich bei Baubewilligungen - dürfen von Amts wegen nicht gesetzt werden, geschieht dies dennoch, so ist der Verwaltungsakt rechtswidrig. Die Baubehörde darf daher grundsätzlich nur das bewilligen, was der Bauwerber beantragt hat (vgl. hiezu auch Hauer-Zaussinger, Niederösterreichisches Baurecht, 6. Auflage, Seite 346, und die dort wiedergegebene hg. Rechtsprechung). Die Berufung der Beschwerdeführerin richtete sich gegen die über den Antrag der Bauwerber hinausgehende Baubewilligung des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom ; darüber hatte der Gemeinderat als Berufungsbehörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG zu entscheiden. Da jedoch das Ansuchen der Bauwerber nach der Sach- und Rechtslage nicht bewilligungsfähig ist, hätte der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde im Sinne des Auftrages der Vorstellungsbehörde vom gemäß § 66 Abs. 4 AVG in der Sache entscheiden und den Antrag der Bauwerber abweisen müssen. Den Antrag der Bauwerber vom März 1997 hat aber der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde trotz des Auftrages der Vorstellungsbehörde in ihrem Bescheid vom nicht abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin als Nachbarin der Bauwerber hat weder in den in der Beschwerde enthaltenen Beschwerdepunkten noch in den Gründen ihrer Beschwerde ausgeführt, in welchen ihr nach der NÖ Bauordnung 1996 zukommenden subjektiv-öffentlichen Rechten sie durch die tragenden Aufhebungsgründe des angefochtenen Bescheides verletzt ist. Mit ihren Beschwerdeausführungen entfernt sich die Beschwerdeführerin von den allein maßgeblichen, als zutreffend erkannten tragenden Aufhebungsgründen des angefochtenen Bescheides.

Da die Beschwerdeführerin sohin eine Verletzung ihrer subjektiv-öffentlichen Rechte nicht aufzuzeigen vermocht hat, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
BauO NÖ 1996 §14 Z4;
BauRallg;
Schlagworte
Baubewilligung BauRallg6
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2001:2000050123.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
EAAAE-32716